Protokoll der Sitzung vom 16.01.2013

Ich denke, dass Rauchen ungesund ist, das wissen wir alle, dazu brauchen wir keine Rede im Plenum. Rauchen erhöht das Risiko von Herzinfarkten und Hirnschlägen und ist auch für ein erhöhtes Auftreten von Lungenkrebs verantwortlich. Aus diesem Grund wurde in der letzten Legislaturperiode, in der Jamaika regiert hat, ein Gesetz verabschiedet, welches das damals bestehende Nichtraucherschutzgesetz massiv verschärfte. Der vorliegende Entwurf der LINKEN möchte zur vorherigen Regelung zurückführen. Gehen wir dies der Reihe nach durch.

Abgeschlossene und belüftete Nebenräume, in denen geraucht werden darf, sind mit einem richtigen Nichtraucherschutz nicht zu vereinbaren. Ich gehe einmal davon aus, dass jeder von Ihnen schon einmal in einer Kneipe war. Ich meine, das hat ja schon etwas mit Wirtschaftspolitik zu tun. Jedenfalls sehen wir dort immer wieder, dass an gut besuchten Abenden die Türen ständig offen sind. Das Personal muss in den einen Raum und wieder in den ande

(Abg. Linsler (DIE LINKE) )

ren, nimmt die Bestellung auf, bringt das Essen und die Getränke hinein. Es ist selbstverständlich, dass der Rauch von einem Zimmer ins andere Zimmer zieht. Spätestens nach zwei, drei Stunden ist der Rauch vom Raucherbereich auch im Nichtraucherbereich angelangt, sodass die Nichtraucher in den Genuss kostenlosen Nikotins kommen.

(Lachen bei der CDU.)

Ganz zu schweigen vom Personal, das in der Gaststätte arbeitet. Da kann man nicht einfach sagen, die Leute können woanders arbeiten, wo nicht geraucht wird. Das geht so einfach nicht, denn in solchen Lokalen arbeiten überwiegend Schüler, Azubis und Studenten. Nebenjobs sind bekanntlich Mangelware, die wachsen nicht auf Bäumen.

In der Regelung, das Rauchen in Gaststätten mit einer Größe von weniger als 75 Quadratmetern zu erlauben, sehen wir eine zu große Wettbewerbsverzerrung. Die größeren Gaststätten hätten per Gesetz nicht mehr die gleichen Chancen wie die kleineren, hier würde der Markt allzu sehr von der Politik beeinflusst.

(Beifall von den PIRATEN und vom Abgeordne- ten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Ferner ist seit der Verschärfung des Rauchverbotes seit dem 01. April 2011 zu beobachten, dass sich die Gesundheit der Bevölkerung verbessert hat. Das muss man ganz einfach positiv herausheben, meine Damen und Herren.

(Beifall von den PIRATEN und vom Abgeordne- ten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Diese immens positiven Effekte werden von mehreren Studien bestätigt. Es kam zu einem starken Rückgang der Herzinfarktquote und damit einhergehend zu starken Einsparungen im Gesundheitssystem. Ebenso ist die Anzahl an Jugendlichen, die mit dem Rauchen anfangen, zurückgegangen, da die Gelegenheiten und auch der Gruppenzwang nach dem Motto „Rauch doch mal eine mit!“ geringer werden.

Es ist aber auch eine Tatsache, dass das Rauchverbot zu einem Kneipensterben geführt hat, das kann man nicht von der Hand weisen, das stimmt.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Das stimmt nicht!)

Man sieht aber auch, dass es gerade in der Vergangenheit zu sehr vielen Neugründungen im Kneipenbereich gekommen ist, wo sich die Wirte umgestellt und darauf eingestellt haben, dass man auch mit Nichtrauchern sehr gut ins Geschäft kommen kann. Es gibt beispielsweise auch das Konzept des beheizten Außenbereiches, sodass die Raucher angenehm draußen rauchen können und die Nichtraucher in den Lokalen nicht durch Rauch belästigt werden.

Natürlich sehen wir als PIRATEN auch die andere Seite, nämlich die des freien und mündigen Bürgers, der das Recht hat zu rauchen, der das Recht hat, Nikotin zu konsumieren, und, wenn er möchte, dadurch auch seinem Körper zu schaden. Dieses Recht kann man einem Menschen nicht nehmen. An dieser Stelle sage ich gleich dazu, dass wir sowohl in der Fraktion als auch in der Partei zu diesem Thema unterschiedliche Meinungen haben. Wir haben im vergangenen Jahr eine Umfrage in unserer Partei durchgeführt. Ein Drittel zeigte sich mit dem jetzigen Gesetz zufrieden, ein Drittel hätte das Gesetz gerne verschärft, und ein weiteres Drittel würde sich der Position der LINKEN anschließen.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Also zwei Drittel sind für das Rauchverbot!)

Ein Hineinhorchen in die Bevölkerung hat bei uns das gleiche Ergebnis gebracht. Daher fordern wir gerade bei diesem brisanten Thema, bei dem es schon öfter zu sehr emotionalen Diskussionen kam, wo die Emotionen auch heute wieder hochkochen, einen Volksentscheid. Diese Möglichkeit haben uns CDU und SPD vorhin erfreulicherweise gegeben. Nur durch einen Volksentscheid kann man ein Gesetz erhalten, das von der Mehrheit akzeptiert ist. Nur ein allgemein akzeptiertes Gesetz ist ein starkes Gesetz, bei dem die Bürger auch dazu bereit sind, dieses einzuhalten. Die unendliche Geschichte, was das Thema Nichtraucherschutz angeht, könnte dann eventuell einmal abgeschlossen werden. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN und vom Abgeordne- ten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Das Wort hat der Abgeordnete Tobias Hans von der CDU-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Was die Frau Kollegin Maurer mit der unendlichen Geschichte umschrieben hat, soll auch am Beginn meiner Rede stehen. Die unendliche Geschichte der Wiederaufführungen von CDU-Gesetzen im Rahmen des Nichtraucherschutzes durch die Linksfraktion erfüllt mich schon ein Stück weit mit Erheiterung. Ich bin nachhaltig berauscht - würde ich fast sagen, Herr Kollege Linsler -, wenn ich mir Ihre Worte noch mal vor Augen führe, mit denen Sie darum geworben haben, dass man doch dem CDU-Gesetz von 2007 beziehungsweise in seiner Modifikation von 2008 unbedingt zustimmen müsse, da dies eine ausgewogene Regelung im Nichtraucherschutz darstelle.

Herr Kollege Linsler, wenn wir uns dann aber anschauen, dass Ihre Partei, vertreten durch die Frau

(Abg. Maurer (PIRATEN) )

Kollegin Spaniol, die damals auch schon im Parlament saß, diesem Gesetz nicht zustimmen wollte, jetzt Jahre später aber der Überzeugung ist, dass es richtig gewesen wäre zuzustimmen,

(Zurufe der Abgeordneten Spaniol (DIE LINKE) )

dann beweist das zwar, dass Sie auf dem richtigen Weg sind, aber der Entwicklung doch um einige Jahre hinterherhinken. Das passt im Wesentlichen zu der Auffassung, die ich von Ihrer Arbeit hier habe.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Linsler (DIE LINKE) : Kollege Hans, Sie müssen auch mal andere Meinungswechsel aufzählen!)

Kolleginnen und Kollegen, die Tatsache, dass Sie dieses Gesetz hier zum wiederholten Mal einbringen, und zwar unmodifiziert einbringen, beweist doch, dass es Ihnen überhaupt nicht um die Wahrung der Interessen oder der Freiheit von Bürgerinnen und Bürgern geht, Ihnen geht es überhaupt nicht um Gesundheitsschutz und um Nichtraucherschutz, und es geht Ihnen in meinen Augen erst recht nicht um das Wohl der saarländischen Gastronomen. Ihnen geht es einzig und allein darum, hier diejenigen vorzuführen, die möglicherweise anderer Meinung in diesem Parlament waren und jetzt nicht bereit sind, dieses Gesetz zum x-ten Mal zu verändern.

Ich sage Ihnen, um im gesundheitspolitischen Jargon zu bleiben: Der Patient Nichtraucherschutz ist in diesem Hause austherapiert, wir werden dieses Gesetz jetzt nicht erneut ändern. Sie geben ja in Ihrer Begründung selbst den Hinweis, indem Sie sagen, es wäre gut, wenn es eine Volksabstimmung darüber geben würde, wie der Nichtraucherschutz geregelt sein soll. Das wurde heute in die Wege geleitet. Wir werden dazu eine Anhörung haben, wir werden das Gesetz in Zweiter Lesung und die Verfassungsänderung in Dritter Lesung durchbringen. Dann ist es selbstverständlich möglich, dass sich aus dem Volk heraus eine Initiative bildet und darüber abgestimmt wird. Das ist auch heute schon möglich, aber die Hürden dafür werden gesenkt.

Was die Kollegin Maurer für Ihre etwas kleinere Fraktion richtig beschrieben hat, gilt auch für die Fraktion der CDU, das gilt sicherlich für alle Fraktionen in diesem Haus. Sie werden in jeder Fraktion jemanden finden, der sagt, es sei am besten, noch mal zum Gesetz von 2008 zurückzukehren. Genauso gut finden Sie aber Abgeordnete, die sagen, man solle den Status quo belassen, das Gesetz habe sich bewährt, der Nichtraucherschutz in seiner jetzigen Form sorge für Klarheit bei den Menschen in unserem Land, deshalb solle es so bleiben. Diese Positionen gehen querbeet durch alle Fraktionen, wie sie sich auch in der Bevölkerung widerspiegeln.

Wenn Sie der Meinung sind, Kolleginnen und Kollegen, dass Meinungsumfragen, die belegen, dass eine Mehrheit im Saarland mit dem jetzigen Gesetz zufrieden ist, nicht genug Legitimation für dieses Gesetz ist, dann wird die saarländische Bevölkerung künftig die Möglichkeit haben, darüber abstimmen zu lassen. Dann kann sie darüber befinden, ob es richtig ist, wenn in einer Kneipe zwölf Leute sitzen, die allesamt rauchen und das Recht zur Selbstvergiftung ausüben - die Kollegin Maurer hat es eben etwas charmanter umschrieben. Und wenn es sich bestätigen sollte, dass dieses Gesetz von der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land gewollt ist, dann wird es dabei bleiben.

Wir jedenfalls sehen als Parlament, als Gesetzgeber keine Notwendigkeit, jetzt erneut eine Änderung vorzunehmen. Wir haben es hier auch mit Fragen der Rechtssicherheit zu tun. Wir müssen darauf achten, dass die Gastronomen in unserem Land nicht weiter verunsichert werden, wenn wir zum x-ten Mal eine Änderung vornehmen. Die Leute müssen Sicherheit haben und sich darauf verlassen können, was Gesetzeslage in unserem Land ist. Aus diesem Grund lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Hubert Ulrich. Sie haben Redezeit der PIRATEN-Fraktion übertragen bekommen, sodass Ihnen 9:21 Minuten zur Verfügung stehen.

(Oje! bei den Regierungsfraktionen.)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir führen heute zum wirklich x-ten Mal eine Debatte, die in diesem Hause längst entschieden ist. Herr Linsler, ich sage Ihnen ganz ehrlich: Es fällt einem schwer, auf das Wirrwarr, das Sie argumentativ herübergebracht haben, sachlich und ernsthaft einzugehen. Sie haben erneut versucht, ein Bild zu vermitteln, als gäbe es ein friedvolles Nebeneinander in gastronomischen Betrieben - nur davon reden wir, um das klar zu sagen - von Rauchern und Nichtrauchern. Herr Linsler, die Physik spricht dagegen. Wenn hier jemand steht, der raucht, und dort jemand, der nicht raucht, dann raucht der, der nicht raucht, automatisch mit. Es kann also kein Nebeneinander geben.

(Zuruf des Abgeordneten Linsler (DIE LINKE).)

Viele Menschen in gastronomischen Betrieben stört das; nicht alle, da haben Sie recht. Ich selbst habe mein ganzes Studium in Kneipen gearbeitet und war einer von den vielen, die immer gezwungen waren

(Abg. Hans (CDU) )

mitzurauchen. Es war mein Job! Das geht auch heute sehr vielen so. Mit zunehmend größerer Zahl von Nichtrauchern nimmt diese Zahl von Menschen, die mitrauchen müssen, zu. Das ist einer der Gründe, warum nicht nur hier im Saarland, sondern in vielen Ländern dieser Welt, insbesondere in vielen westeuropäischen Ländern - mittlerweile zunehmend in Deutschland - absolute Rauchverbote erlassen werden. Ich glaube, in Frankreich haben wir im vierten oder fünften Jahr ein absolutes Rauchverbot. Haben wir in Frankreich ein Kneipensterben? Ich habe nichts davon gelesen! In Italien herrscht absolutes Rauchverbot; ebenso in Spanien, in Irland, in England.

In Bayern - Herr Linsler, Sie haben eben von Volksbegehren gesprochen - ist dieses absolute Rauchverbot vor drei Jahren mittels Volksbegehren eingeführt worden, daran muss man Sie erinnern, und zwar nicht mit einer knappen Mehrheit, sondern mit einer Zweidrittelmehrheit. Das heißt, es gibt in der Bevölkerung - auch in Deutschland und im Übrigen auch hier im Saarland - eine klare und deutliche Befürwortung einer solchen Gesetzgebung. Das ist das eine.

Das andere ist Folgendes. Nordrhein-Westfalen, das größte deutsche Bundesland, hat das saarländische Gesetz mittlerweile übernommen, an bestimmten Punkten sogar verschärft. Ab 01. Mai nächsten Jahres gilt auch in Nordrhein-Westfalen unter der dortigen rot-grünen Landesregierung ein absolutes Rauchverbot. Das heißt in Ihrer Argumentation, auch Hannelore Kraft hat ein Gesetz unterstützt, was völlig gegen den Bürgerwillen geht.

(Sprechen bei der LINKEN.)

Herr Linsler, Sie sind auf dem völlig falschen Dampfer. Sie führen die Schlachten der Vergangenheit. Was ich an Ihrer Art der Argumentation nicht verstehe ist die Kaltschnäuzigkeit, mit der Sie mit Leben umgehen. Wir diskutieren hier zu Recht in diesem und in anderen Parlamenten über alle möglichen Maßnahmen, wie wir die Menschen in diesem Land vor Schaden schützen - im Verkehr und anderen Bereichen. Aber in einem Bereich darf das nicht gelten, das ist das Rauchen. Die Zahlen hierzu sind eben angedeutet worden. Es gibt eine aktuelle Studie der DAK - ein Jahr alt -, die belegt, dass in Deutschland durch die Einführung der noch sehr löchrigen Nichtraucherschutzgesetze ab 2007 die Zahl der Herzinfarkte bereits innerhalb des ersten Jahres um 8 Prozent zurückgegangen ist und die Fälle von Angina pectoris, also der Vorstufe des Herzinfarktes, um 13 Prozent - und das bei löchrigen Gesetzen!

In anderen Ländern, die komplette Gesetze haben, sind es 15 bis 20 Prozent. Das heißt, mit diesem Gesetz haben wir im Saarland - und andere Bundesländer auch - direkt Leben gerettet. Das schieben

Sie einfach so weg. Insofern ist die Diskussion, die Sie führen, absolut zynisch! Sie führen noch ins Feld, wir hätten durch diese Gesetze ein Kneipensterben, die Gastronomie würde darunter leiden. Herr Linsler, auch hier gilt: Wer lesen kann, ist eindeutig im Vorteil! Schauen Sie sich zum Beispiel die Studie des Statistischen Landesamtes vom letzten Jahr an. Hier im Saarland haben wir von 2011 - da gab es noch kein Rauchverbot - auf 2012 - da gab es das Rauchverbot - ein Umsatzplus in den saarländischen gastronomischen Betrieben.

(Sprechen bei der LINKEN.)

Dieselben Zahlen haben wir aus Bayern, Irland, Frankreich und all den Ländern, die absolute Rauchverbote eingeführt haben. Wenn Sie heute mit Gastronomen im Saarland reden - ich tue das oft, weil ich gerne in Kneipen gehe -, dann wird Ihnen die Mehrzahl der Wirte sagen: Um Gottes Willen, rührt nicht mehr an diesem Gesetz! Macht bitte nicht mehr die alte Regelung! Diese hat bedeutet, in Kneipen ab 75 Quadratmeter - das sind im Saarland nur ungefähr 10 Prozent - darf geraucht werden; darunter darf nicht geraucht werden.

Herr Linsler, wozu führt denn das? Das führt dazu, dass die Kneipen, die eine bestimmte Größe haben, zunächst einmal Umsatzeinbußen haben, weil die Raucher sich an den Kneipen orientieren, in denen geraucht werden darf. Wir verzerren also mit einem solchen Gesetz den Wettbewerb. Das kann nicht im Sinne des Erfinders sein. Herr Linsler, auch dieser Gedanke geht völlig in die falsche Richtung.

(Zuruf des Abgeordneten Linsler (DIE LINKE).)

Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung der großen Koalition klug und richtig, dass wir endlich nach hartem Kampf inklusive Verfassungsklagen ein Gesetz durchgekriegt haben und dass der Stand der Dinge so bleibt, wie er heute ist. Viele Menschen in diesem Lande werden uns das danken. Da spreche ich als Vater. Das sage ich Ihnen auch, Herr Linsler.

(Sprechen bei der LINKEN.)