Protokoll der Sitzung vom 16.01.2013

(Sprechen bei der LINKEN.)

Ja, ja, ich merke, Sie sind vehement dabei. - Bei den Heranwachsenden ist es schon eine Frage, wie man so etwas wie das Rauchen gesellschaftsfähig macht und wie man die Vorbilder wählt. Es ist schon etwas anderes, wenn man als Heranwachsender merkt, ja, Rauchen ist zwar erlaubt, aber es geht nicht überall und es ist ein bisschen igitt. Das ist einer der Gründe, warum die Zigarettenlobby so massiv gegen diese Rauchverbote kämpft. Die wissen ganz genau, dass die Rauchverbote den Beginn des Rauchens ein bisschen hinausschieben. Das führt mit dazu, dass weniger geraucht wird. Unter dem Strich findet man nur Vorteile durch dieses Rauchverbot. Es gibt eigentlich keinerlei Gründe, dieses Gesetz wieder zurückzudrehen. Vor diesem Hintergrund werden

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) )

auch wir GRÜNE diesen Gesetzentwurf der LINKEN ablehnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei B 90/GRÜNE.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Ulrich. - Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache. Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie zu überweisen.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Gesetzentwurfes Drucksache 15/297 in Erster Lesung unter gleichzeitiger Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf Drucksache 15/297 in Erster Lesung abgelehnt ist. Zugestimmt hat die Fraktion DIE LINKE. Dagegen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen von CDU und SPD und B 90/GRÜNE sowie die Abgeordneten Augustin und Hilberer von den PIRATEN. Enthalten haben sich der Abgeordnete Neyses und die Abgeordnete Maurer von der Fraktion der PIRATEN.

Wir kommen zu Punkt 5 der Tagesordnung:

Erste Lesung des von der PIRATEN-Landtagsfraktion eingebrachten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Friedhofs-, Bestattungs- und Leichenwesen (Bestattungsge- setz - BestattG) (Drucksache 15/296 - neu)

Zur Begründung erteile ich Herrn Abgeordneten Andreas Augustin das Wort.

Danke schön, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte das Gesetz vorstellen. Es geht um die Aufhebung des Friedhofszwanges bei Urnenbestattungen und die daraus folgenden Konsequenzen. Die aktuelle Regelung besagt, dass mit gewissen Ausnahmen, die im Saarland schon recht liberal geregelt sind, Urnen auf einem Friedhof bestattet werden müssen. Eine Alternative hierzu ist beispielsweise der Friedwald. Aber Möglichkeiten wie in anderen Ländern, dass man zum Beispiel die Urne mit nach Hause nehmen kann, gibt es nicht. Diese Regelung wollen wir aufheben und stattdessen den letzten Willen des Verstorbenen ins Zentrum stellen. Wenn es also der letzte Wille des Verstorbenen ist, nach seinem Tod in diesem Sinne bei seiner Familie zu bleiben, also dass die Urne nach Hause zurückkehrt, dann soll das möglich sein.

(Vizepräsident Linsler übernimmt den Vorsitz.)

Es gibt noch zwei Folgeregelungen. Das eine ist sozusagen eine Übergangsregelung, nämlich für den Spezialfall, dass jemand verfügt hätte, dass er gerne eingeäschert werden würde, aber keine weitere Regelung besteht. Daher ist eigens bei uns für den Fall einer fehlenden Aussage geregelt, dass die Urne weiterhin auf einem Friedhof bestattet werden soll. Dann fallen für die Leute auch keine Notargebühren zur Erhaltung des Status quo an.

Weiterhin sieht das aktuelle Gesetz die Möglichkeit vor, biologisch abbaubare Urnen zu verwenden, vor allem für die Bestattung im Friedwald. Das Problem bei biologisch abbaubaren Urnen ist, dass „biologisch abbaubar“ in der Regel auch „brennbar“ heißt. Etwas Brennbares will man nicht über dem Kamin lagern. Das wäre sehr kritisch. Dementsprechend ist der Fall geregelt, dass man schon im Testament entscheiden muss oder kann, was passiert. Insbesondere wenn die Urne nicht auf dem Friedhof bestattet werden soll, soll auch keine brennbare, also biologisch abbaubare Urne verwendet werden. - So viel zum Inhalt des Gesetzes.

Nun ein paar Worte dazu, wie wir zu dem Thema kamen. Es ist ein Punkt - das muss ich dazu sagen der es erst nach der Landtagswahl ins Programm geschafft hat. Auf unserem Parteitag zwei Wochen vor der Landtagswahl war es schon einmal Thema und fand auch großen Zuspruch. Der Antrag auf diesem Parteitag hatte jedoch einige Schwächen, was dazu geführt hat, dass er eher aus formellen Gründen abgelehnt wurde. Er wurde nachgebessert und fünf Wochen später beschlossen.

Der Kern ist die Selbstbestimmung. Wir sagen, auch das Grundgesetz sieht einen freiheitlichen, selbstbestimmten Menschen im Zentrum. Das sollte man nur dort einschränken, wo es nötig ist. Überall, wo es Einschränkungen gibt, hinterfragen wir sie erst einmal für uns selbst, was häufig dazu führen kann, dass man sagt, ja, diese Einschränkung ist korrekt, das soll so sein. Manchmal führt es jedoch dazu, dass wir es für Überreglementierung halten. Das ist hier der Fall. Wir sagen, der letzte Wille des Verstorbenen sollte mehr wiegen als der derzeit staatlich geltende Friedhofszwang. Wir wollen diesen Zwang also aufheben. Man merkt dabei auch, dass dem Ganzen sehr unterschiedliche Weltbilder zugrunde liegen. In der Haushaltsdebatte im Dezember hat der Kollege Hermann Scharf dazu schon etwas gesagt. Mich hat gewundert, dass es bei Einzelplan 5 kam, denn meines Erachtens hat es dort nichts zu suchen, aber das ist Ihr gutes Recht.

(Zuruf des Abgeordneten Scharf (CDU).)

Mit Ihrer Erlaubnis Herr Präsident und Herr Scharf, möchte ich das zitieren. Sie haben gesagt: „Wie eine Gesellschaft ihre Toten behandelt, so geht sie auch irgendwann mit ihren Lebenden um.“ Das würde ich

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) )

sogar unterschreiben. Der Punkt ist aber, es liegen dem Ganzen unterschiedliche Weltbilder zugrunde. Unseres ist das des selbstbestimmten Menschen. Der Tote hat gelebt, hat einen letzten Willen. Wenn er dort verfügt hat, dass er gerne zu seiner Familie zurückkehren möchte, dann sehe ich nichts, was dem entgegensteht.

(Beifall von den PIRATEN und dem Abgeordne- ten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Ähnliche Debatten gab es in anderen Landtagen und auch hier vor etwa eineinhalb Jahren. Allerdings geschah dies bislang immer mit einer völlig anderen Motivation. Entweder spielte das Geld eine Rolle, was bei uns absolut keine Motivation ist. Bei der FDP im Landtag von Nordrhein-Westfalen war die Motivation, das gesamte Bestattungswesen, insbesondere die Friedhöfe, zu privatisieren. Das ist nicht unser Anliegen. Das lehnen wir ab. Kern bei uns ist der letzte Wille. Diesem möchte ich gerne auch dann Rechnung tragen, wenn er nicht zum aktuellen Gesetz passt. Es sollen Möglichkeiten vorgesehen werden, wie zum Beispiel die Urne mit nach Hause zu nehmen.

(Beifall von den PIRATEN und dem Abgeordne- ten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat Herr Abgeordneter Hans.

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Auch wenn es für die lebenden Saarländerinnen und Saarländer vielleicht wichtigere Anliegen gibt als die Frage, wie mit ihnen nach ihrem Ableben verfahren wird und ob die Asche von Verstorbenen irgendwohin expediert werden kann oder auf einen Friedhof kommen muss, so bin ich doch gerne bereit, mit Ihnen über die Frage zu diskutieren, wie die Bestattungskultur im Saarland aussieht.

Es gibt im Saarland wie auch im Rest der Republik zweifelsohne eine Bestattungskultur, die auf christlich-abendländische Traditionen zurückgeht. Sie geht letztendlich zurück auf den Glauben an das Leben nach dem Tod. Deshalb wollen auch die meisten Menschen in unserem Land an einen Ort der Erinnerung zurückkehren, an einen Ort der Totenehrung, der für jedermann frei zugänglich ist. Bei der Ausgestaltung dieses Ortes der letzte Ruhestätte, des Ortes des Gedenkens sind wir im Saarland aus meiner Sicht mit einem der liberalsten Bestattungswesen, das es in der Bundesrepublik gibt, und mit weitaus mehr Bestattungsmöglichkeiten ausgestattet, als die Kommunen davon Gebrauch machen. Wir sind im Saarland meiner Meinung nach außeror

dentlich gut aufgestellt. Das Saarland kann sich sehen lassen.

Wir sind mit diesem liberalen Bestattungsgesetz deshalb gut aufgestellt, weil es das Ergebnis einer langjährigen Fortschreibung in diesem Parlament ist. Wir haben 2003 eine grundlegende Novelle des Bestattungsgesetzes im Saarland erlebt. 2005 und 2006 wurde das Gesetz wiederum sehr umfangreich novelliert. Damals wurden unter anderem auf Anregung unserer südeuropäischen Mitbürgerinnen und Mitbürger oberirdische Grabkammern eingeführt, die es in dieser Form keineswegs überall gibt. Diesem Anliegen ist man entgegengekommen. Die letzte Anpassung erfolgte 2009 und 2010, als man europarechtlichen Anforderungen gerecht wurde. Das zeigt, dass man stetig versucht hat, das Bestattungsrecht im Saarland den Anforderungen des Bestattungswesens, aber auch der Bestattungskultur, die sich im Wandel der Zeit befindet, gerecht zu werden.

Ich erinnere daran, dass es vor wenigen Jahren zumindest in den ländlichen Gegenden unseres Landes gang und gäbe war, dass man eine Erdbestattung durchführte. Wenn man sich für eine Urnenbestattung entschied, wurde man schon schräg angeschaut. Ich muss sagen, Gott sei Dank hat man sich angepasst. Nachdem heute schon über die Hälfte der Bestattungen in Deutschland in Form von Urnenbestattungen durchgeführt werden, hat man einen Weg gefunden, den Bedürfnissen der Menschen gerecht zu werden.

Ein weiteres großes Thema auch der Anhörung des Jahres 2005 bei der Novelle des Bestattungsgesetzes war die Frage, ob ich auf vorgesehenen Feldern und Friedhöfen meine Asche verstreuen lassen kann. Das ist ein Wunsch, der an uns herangetragen wurde. Letztendlich wurde in der Anhörung auch im Dialog mit den Kirchen, die im Saarland eine wichtige Rolle spielen - Vertreter sind auch regelmäßig zu unseren Plenarsitzungen anwesend -, darauf hingewiesen, dass weniger aus religiösen Gründen, sondern mehr aus Gründen der Erfahrungen in der Trauerarbeit es für wichtig erachtet wird, dass es einen Ort der Rückkehr gibt, sodass für jedermann klar ist, hier sind die sterblichen Überreste einer Person - von mir aus eben auch verstreut. Es wurde darauf hingewiesen, wenn man einen solchen Weg gehen würde, der nicht begrüßt werde, solle man zumindest dafür sorgen, dass der Name des Verstorbenen hinterlegt oder angeschrieben sei, damit man wisse, wer dort bestattet sei.

Wenn man sich anschaut, was an Allerheiligen landauf, landab an Lichtern und Kränzen auf unseren Friedhöfen zu finden ist, und wenn man sich in Luxemburg umschaut, wo es diese Streufelder gibt, dann sieht man, dass insbesondere dort sehr viele solcher Gestecke und Lichter aufgestellt werden. Damit ist für mich bewiesen, dass es das Bedürfnis

(Abg. Augustin (PIRATEN) )

nach einer Rückkehr und Begehung eines Ortes des Gedenkens bei den Menschen gibt, nicht nur in Luxemburg, sondern mit Sicherheit auch bei uns.

Während es bei solchen Feldern zumindest diesen Ort geben würde, verhält es sich bei Ihrem Vorschlag, den Sie gemacht haben, anders. Die Asche von Verstorbenen soll in den Besitz von Angehörigen oder Berechtigten übergeben werden, diese Überreste sollen zuhause aufbewahrt oder möglicherweise bestattet werden. Hier ist der Ort der Totenruhe nicht gegeben. Das ist aus meiner Sicht nicht das richtige Signal. Es wäre ein falsches Signal, das wir senden würden, wenn wir das erste Bundesland wären, das ein solches Bestattungsgesetz verabschiedet, in dem eine Friedhofspflicht nicht mehr gegeben wäre. Ich halte es deshalb für das falsche Signal, weil wir ein Land sind, das durch die christlichen Kirchen geprägt ist. Vor allen Dingen sind wir aber auch ein Land, in dem - nach allem, was ich in Diskussionen von den Menschen erfahre - die Bestattungskultur wirklich sehr groß geschrieben wird.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich will dennoch - auch wenn ich sage, wir wären hier die Ersten, kein anderes Bundesland geht diesen Weg - auf Ihre Regelungen noch einmal eingehen. Sie sagen in § 28 Abs. 4 Ihres Gesetzes, wie nach dem Willen des Verstorbenen mit der Totenasche umgegangen werden soll, das heißt, auf welchen Grundstücken diese bestattet werden kann. Ich glaube, dass Ihre Formulierung hier deutlich zu weit gefasst ist. Selbst wenn dies Gesetz würde, ist aus meiner Sicht nicht klar, welche Grundstücke letztlich als Bestattungsgrundstücke in Frage kommen würden. Sie sprechen von Einschränkungen durch das Bodennutzungsrecht. Daraus geht aber nicht hervor, was dies letztendlich bedeutet. Bedeutet das, dass zum Beispiel in Wohngebieten nicht bestattet werden darf, dies aber in Mischgebieten zulässig ist? Das ist aus meiner Sicht nicht klar. Wollen Sie haben, dass Kommunen Flächennutzungspläne erstellen, die klarmachen, wo neben Friedhöfen zusätzlich bestattet werden darf?

Ich will weiterhin noch anführen, dass, wenn Ihr Gesetz im Saarland tatsächlich Gesetz werden würde, es aus meiner Sicht unklar wäre, wer für die Asche zuständig ist. Sie sprechen von Berechtigten, die der Tote in einer Verfügung von Todes wegen, also im Testament festgelegt hat. Sie sagen aber nicht, was passiert, wenn nur eines der Kinder benannt ist. Was ist dann mit den anderen Kindern? Haben die dann nicht das Recht, des Toten zu gedenken an der Stätte, wo er bestattet ist? Was passiert, wenn jemand sozusagen als Erbengemeinschaft auftritt? Muss dann die Erbengemeinschaft dafür Sorge tragen, wo der Tote zu bestatten ist? Aus meiner Sicht legen Sie mit diesen Regelungen wirklich den

Grundstein für Streitigkeiten in einer Familie. Sie legen den Grundstein für Zwist in Familien, was den Umgang mit den Überresten eines Verstorbenen anbelangt.

Ich sage Ihnen ganz deutlich: Das hat für mich viel zu sehr den Anschein, dass es sich hier nicht um eine Urne handelt, sondern um einen Wanderpokal. Es ist aus meiner Sicht unzureichend, wie Sie mit diesen sensiblen Dingen umgehen. Wir wissen überhaupt nicht, was passieren würde, wenn ein Grundstück veräußert wird. Wir wissen nicht, was passiert, wenn es zum Erbfall kommt. Muss dann möglicherweise nach dem Versterben des ursprünglich Berechtigten die Asche des Toten umgebettet werden auf ein anderes Grundstück? Sie wissen, dass dies in Deutschland höchst schwierig ist. Wir haben es bei der Wahrung der Totenruhe mit einem strafbewehrten Tatbestand zu tun, der in § 168 des Strafgesetzbuches eindeutig geregelt ist. Deshalb kann man nicht so einfach mir nichts, dir nichts mit dem Spaten in den Garten gehen, eine Urne ausgraben und sie woanders hintun.

Was passiert, wenn derjenige, der die Urne hat - ich habe es eben angesprochen -, selbst verstirbt? Wie ist dann, von der Umbettung einmal abgesehen, rechtlich damit umzugehen? Geht die Urne in die Erbmasse ein? Wer erbt die? Man kann sie ja schlecht aufteilen! Das sind alles Fragen, die sich mir stellen, wenn ich mir Ihr Gesetz durchlese.

Was passiert letztendlich, wenn sich Bodennutzungsrechte ändern? Der klassische Fall: Ein Haus wird verkauft, muss möglicherweise verkauft werden. Sie wollen doch nicht wirklich den Saarländerinnen und Saarländern zumuten, dass sie beim Kauf eines Grundstücks eine ganze Generation von Verstorbenen erben oder kaufen! Das ist aus meiner Sicht wirklich kein Umgang mit den Überresten von verstorbenen Menschen!

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich will noch auf einen weiteren Punkt eingehen, damit Sie sehen, dass ich das nicht lapidar abtue, weil ich möglicherweise eine andere Weltanschauung habe als Sie. Ich habe mir das schon genau angesehen, auch den § 28 Abs. 5, wo Sie sich über die Beschaffenheit von Urnen auslassen. Insbesondere geht es darum, dass die Urne aus Ihrer Sicht, wenn sie denn nicht zur Bestattung freigegeben wird, sondern mitgenommen wird, aus einem feuerfesten Material bestehen muss; es könnte ja passieren, wenn sie zum Beispiel in der Nähe eines Kamins steht das kennen wir aus Hollywood-Filmen, klar, daher kommt das -, dass sie in den Kamin fällt und die Asche des Verstorbenen sozusagen - - Man mag gar nicht darüber nachdenken. Einmal abgesehen davon, dass der Tatbestand der Beschaffenheit der Urne falsch verortet ist und in § 34 Abs. 3 angesie

(Abg. Hans (CDU) )

delt sein müsste, denn dort geht es um die Beschaffenheit von Urnen, ist aus meiner Sicht die Formulierung, die Sie da wählen, an der Grenze zum Zynismus. Wenn wir uns allein das Bild vor Augen führen, dass mit diesen Urnen alles Mögliche passieren könnte, sie sozusagen in den Kamin fallen, von Haustieren verspeist werden oder Ähnliches, dann muss ich einfach sagen, Kollege Augustin: Das entspricht wirklich nicht meinen Vorstellungen von Totenruhe. Es entspricht nicht meinen Vorstellungen vom Umgang mit verstorbenen Menschen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wenn wir uns die allgemein gängige Interpretation des Begriffes der Wahrung der Totenruhe - ich habe es eben gesagt: in § 168 StGB entsprechend bewehrt - anschauen, ist es so, dass nach herrschender Meinung diese Totenruhe auf Pietät gründet, auf der Würde des Toten, die sich letztlich aus der Menschenwürde ableitet. Sie beziehen sich ja auch auf die Menschenwürde, wenn Sie sagen, es geht um die freie Entfaltung des Menschen nach dem Tod, sozusagen in der Urne. Es wird weiterhin gesagt, dass diese Totenruhe sich auch auf das sittliche Empfinden der Allgemeinheit gründet, letztlich auch auf dem Wesen des Friedhofes, dem letzten Ruheort als Stätte der Totenehrung.

Deshalb: Sobald die Urne außerhalb eines Friedhofes, außerhalb eines dafür vorgesehenen Friedortes oder Friedwaldes oder Mausoleums, so etwas gibt es ja auch, bestattet ist, ist aus meiner Sicht die Totenruhe nicht mehr gewahrt. Wenn überhaupt - ich kann mir schon vorstellen, dass man die Totenruhe auch außerhalb eines Friedhofes wahren kann -, könnte dies nur unter massivem bürokratischen Aufwand geschehen. Ich habe es eben deutlich gemacht: Es ist fast unmöglich, dafür Sorge zu tragen, dass bei der Asche eines Verstorbenen in einer Urne, die übergeben wird zur privaten Bestattung oder zur privaten Verwahrung, die Totenruhe gewahrt ist. Das sehe ich nicht gegeben und deshalb machen wir das auch nicht mit, Herr Kollege.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das wichtigste Argument in der Auseinandersetzung mit Ihrem Gesetzesentwurf - und da habe ich es mir nicht leicht gemacht, wir diskutieren ja schon länger darüber - ist aber das Argument der Liberalität, das Sie anführen. Sie sprechen davon, dass es um die freie Entfaltung der Persönlichkeit geht und darum, dass derjenige, der dem Tode nahe verfügt, wie mit seiner Asche umgegangen werden soll, darin nicht gehindert werden soll. Ich sage Ihnen: Überreste von Verstorbenen gehören nicht den Angehörigen oder irgendjemandem, auch nicht, wenn der Verstorbene das verfügt. Sie schaffen aus meiner Sicht durch Ihre Regelung letztlich Bevormundung. Bevormundet werden doch diejenigen, die den Verstorbe

nen gekannt haben und die eben nicht zum erlauchten Kreis derer gehören, die ihn besuchen können, nachdem er verstorben ist! Sie müssen sich einmal vorstellen, wie vielfältig die Beziehungen sind, die man im Laufe seines Lebens aufbaut. Ich will nicht unbedingt sagen, dass es da nur um Ehen oder Liebesbeziehungen oder Ähnliches geht, es geht auch um Freunde, die man einmal hatte, ehemalige Arbeitskolleginnen und -kollegen. Das können Sie alles überhaupt gar nicht wissen, wenn Sie im Besitz einer solchen Urne sind, wer da alles in Frage kommt! Wenn Sie öfter zu Beerdigungen gehen, was bei den meisten von uns in Zeiten des demografischen Wandels leider Gottes der Fall sein dürfte, werden Sie vor Ort immer wieder Leute finden, bei denen Sie sich fragen: Wer ist denn das? Was hat der denn mit dem Verstorbenen zu tun? - Das wissen wir nicht, das müssen wir auch nicht wissen. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass wir einen Ort der Bestattung brauchen, der für jedermann zugänglich ist.