Protokoll der Sitzung vom 06.02.2013

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Meine Damen und Herren, im Übrigen ist das ja auch kein starrer Mindestlohn, denn wenn die Kommission eingesetzt wird - das ist ja auch in Rheinland-Pfalz geschehen, da gibt es dieses Gesetz schon etwas länger -, wird man sich damit auseinandersetzen, wie der Mindestlohn weiterentwickelt wird. Wenn man sich die Lebenshaltungskosten und den Inflationsindex anschaut, wird man feststellen, dass sich das sicher nicht nach unten bewegen wird. Insofern sind wir ganz vorne mit dabei, die 8,50 Euro sind auf einer vernünftigen, sachlichen Grundlage in den Gesetzentwurf aufgenommen worden.

Man hätte, wie das von LINKEN, GRÜNEN und auch den PIRATEN vorgeschlagen wird, den Auf

(Minister Maas)

tragswert noch einmal reduzieren können, auf 10.000 oder 5.000 Euro. Wir haben uns ganz einfach daran orientiert, mit welchem Auftragswert wir tatsächlich die Einhaltung des Gesetzes überwachen können. Wir können den Auftragswert so weit runtersetzen, dass wir tatsächlich Schwierigkeiten haben werden, das Gesetz und seine Einhaltung insgesamt zu kontrollieren. Deshalb ist der Wert mit 25.000 Euro auch einer, der, wie ich finde, richtig, vor allem sachlich richtig gewählt worden ist.

Es ist gefordert worden, sonstige Kriterien aufzunehmen, Umwelt- und Beschaffungsfragen, im Übrigen ein sehr schwierig zu kontrollierender Bereich, oder etwa eine Frauenquote einzuführen. Die Kollegin und der Kollege von den GRÜNEN haben das dem entsprechenden Gesetz in Nordrhein-Westfalen entnommen. Ich will nur einmal darauf hinweisen: In Nordrhein-Westfalen steht im Gesetz drin, dass dies durch eine Rechtsverordnung zu regeln ist. Die Rechtsverordnung ist in Nordrhein-Westfalen aber noch nie erlassen worden.

(Zuruf der Abgeordneten Dr. Peter (B 90/GRÜ- NE).)

Es wird also gar nicht geprüft, weil man in Nordrhein-Westfalen noch keine Möglichkeit gefunden hat, es in einer Rechtsverordnung so zu regeln, dass es auch praktikabel ist. Man sieht also, wie schwierig das ist. Wir haben von vornherein darauf verzichtet, weil wir glauben, es gibt andere Instrumente, mit denen wir das Thema Frauen, Frauenquote oder Frauenerwerbstätigkeit viel schlagkräftiger angehen können.

Der letzte Punkt, der von den Oppositionsfraktionen vorgetragen wurde, ist der repräsentative Tarifvertrag, wie es ihn etwa im Gesetz in Rheinland-Pfalz gibt. Das ist ein Thema - der Kollege Roth hat darauf hingewiesen -, mit dem wir uns hier noch einmal beschäftigen werden. Ich will dazu nur sagen, ich bin gespannt, ob das in ein, zwei, drei Jahren überhaupt noch ein großes Thema sein wird. Dort, wo es insbesondere relevant wird, nämlich beim Busverkehr, haben wir jetzt schon die Situation, dass der Markt für Busfahrer so leergefegt ist, dass es in Zukunft niemand mehr geben wird, der Tarifverträge unter 11 Euro abschließen kann, weil er überhaupt keine Busfahrer mehr dafür findet. Letztlich geht es nur noch darum, welchen Tarifvertrag man für repräsentativ erklärt. Aber ich glaube, dass wir aufgrund des Facharbeitermangels in Zukunft da keine großen qualitativen Unterschiede mehr haben werden. Damit ist auch substanziell der Bedarf für den repräsentativen Tarifvertrag entfallen. Wir werden uns aber dennoch - so wie vereinbart - mit diesem Thema auf der Basis dessen, was in Rheinland-Pfalz Praxis ist, noch einmal beschäftigen und das dann hier noch einmal zum Thema machen.

Alles in allem, meine sehr verehrten Damen und Herren, freue ich mich, dass das Tariftreuegesetz, das die Große Koalition hier eingebracht hat, heute hier einstimmig verabschiedet wird. Ich bedanke mich bei den Oppositionsfraktionen, die zustimmen, aber auch bei denen, die sich enthalten. Ich glaube, es gibt niemand, der ernsthaft behaupten könnte, dass wir dieses Gesetz nicht brauchen. Wir bewegen uns mit diesem Gesetz hier im Saarland für den Bereich der öffentlichen Hand genau in die richtige Richtung und werden uns auch zusammen für die Debatte positionieren, die sich dieses Jahr ergeben wird, und dabei geht es um einen gesetzlichen Mindestlohn für alle. - Schönen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank. Ich schließe die Aussprache, da keine weiteren Wortmeldungen eingegangen sind.

Zu diesem Gesetzentwurf sind drei Abänderungsanträge eingebracht worden. Über den weitestgehenden Antrag wird zuerst abgestimmt, das ist der Abänderungsantrag der Fraktion DIE LINKE Drucksache 15/337. Wir kommen zur Abstimmung über diesen Abänderungsantrag. Wer für die Annahme des Abänderungsantrages Drucksache 15/337 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Abänderungsantrag Drucksache 15/337 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Dagegen gestimmt haben CDU- und SPD-Landtagsfraktion, zugestimmt hat die Fraktion DIE LINKE, enthalten haben sich die PIRATEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Die BÜNDNIS 90/GRÜNE-Landtagsfraktion und die PIRATEN-Landtagsfraktion haben mit der Landtagsdrucksache 15/336 einen Abänderungsantrag zu dem Gesetzentwurf eingebracht. Wir kommen zur Abstimmung über diesen Abänderungsantrag. Wer für die Annahme der Drucksache 15/336 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Abänderungsantrag Drucksache 15/336 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Dagegen gestimmt haben CDU- und SPD-Landtagsfraktion. Zugestimmt haben die PIRATEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Enthalten hat sich die Fraktion DIE LINKE.

Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Energie, Verkehr und Grubensicherheit hat mit Drucksache 15/ 335 einen Abänderungsantrag zum Gesetzentwurf eingebracht. Wir kommen zur Abstimmung über diesen Abänderungsantrag. Wer für die Annahme des Abänderungsantrages Drucksache 15/335 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Abänderungsantrag Drucksache 15/335 einstimmig angenommen ist. Zugestimmt haben die CDU

(Minister Maas)

Fraktion, die SPD-Fraktion und die Fraktion DIE LINKE. Enthalten haben sich die PIRATEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucksache 15/96 - neu. Wer für die Annahme des Gesetzentwurfs Drucksache 15/96 - neu - unter Berücksichtigung des angenommenen Abänderungsantrages in Zweiter und letzter Lesung ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf Drucksache 15/96 - neu - in Zweiter und letzter Lesung unter Berücksichtigung des angenommenen Abänderungsantrages einstimmig angenommen ist. Zugestimmt haben CDU-Fraktion, SPD-Fraktion und die PIRATEN-Fraktion, enthalten haben sich die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wir kommen zu Punkt 8 der Tagesordnung:

Zweite Lesung des von der Regierung eingebrachten Gesetzes zur Änderung des Landesjustizkostengesetzes (Drucksache 15/248)

Zur Berichterstattung erteile ich der Ausschussvorsitzenden, Frau Abgeordneten Petra Berg, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf wurde vom Plenum in seiner 11. Sitzung am 16. Januar 2013 einstimmig angenommen und zur weiteren Beratung an den zuständigen Ausschuss für Justiz, Verfassungs- und Rechtsfragen sowie Wahlprüfung überwiesen. Änderungsbedarf bezüglich des Landesjustizkostengesetzes ergab sich zum einen aufgrund des Inkrafttretens des Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung zum 01. Januar 2013. Dieses Bundesgesetz schafft unter anderem die Möglichkeit der Einsichtnahme Dritter in ein elektronisches Schuldnerverzeichnis, welches durch ein zentrales Vollstreckungsgericht geführt wird. Der Gesetzentwurf führt hierfür einen entsprechenden Gebührentatbestand ein. Ferner war das Landesjustizkostengesetz in Bezug auf europäische Vorgaben richtliniekonform auszugestalten, indem bei richtlinienrelevanten Vorgängen auf das Kostendeckungsprinzip abgestellt wird. Letztlich sieht der Gesetzentwurf eine Anpassung des seit 1992 unveränderten Gebührenverzeichnisses an die allgemeine Preis- und Einkommensentwicklung vor. Der Ausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner Sitzung vom 24. Januar 2013 beraten und empfiehlt dem Plenum einstimmig die Annahme des Gesetzes in Zweiter und letzter Lesung. - Vielen Dank.

Vielen Dank, Frau Berichterstatterin. Ich eröffne die Aussprache. - Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Gesetzentwurfes Drucksache 15/248 in Zweiter und letzter Lesung ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf 15/248 in Zweiter und letzter Lesung einstimmig mit Zustimmung aller Fraktionen angenommen ist.

Wir kommen zu den Punkten 9, 10, 12, 16 und 17 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Energiemanagement in landeseigenen Gebäuden voranbringen - Kosten sparen, Umwelt schützen, Vorbild sein (Drucksache 15/327)

Beschlussfassung über den von der PIRATEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Soziale Wohnraumförderung für Studentenwohnheime (Drucksache 15/323)

Beschlussfassung über den von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Stromsperren verhindern (Druck- sache 15/325)

Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion und der SPD-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Förderung studentischen Wohnraumes (Drucksa- che 15/346)

Beschlussfassung über den von der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Strompreise stabilisieren und Stromabschaltungen in einkommensschwachen Haushalten verhindern (Drucksache 15/348)

Die Fraktionen sind aber übereingekommen, Punkt 9, Punkt 10 und Punkt 12 samt korrespondierender Anträge, die Punkte 16 und 17, von der Tagesordnung abzusetzen.

Wir kommen deshalb zu Punkt 11 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Sicherheit im Straßenverkehr

(Vizepräsidentin Ries)

mehr Sicherheit durch mehr soziale Gerechtigkeit (Drucksache 15/324)

Zur Begründung des Antrags der DIE LINKE-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Rolf Linsler das Wort.

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! „125 Euro für eine rote Ampel sind für einen Normalverdiener eine Menge Holz. Einen gut verdienenden Manager kostet ein solcher Betrag höchstens ein müdes Lächeln.“ Dieser Satz stammt nicht von mir, sondern von Rainer Brüderle, dem Fraktionsvorsitzenden der FDP im Bundestag. Hat nix mit Sexismus zu tun.

(Zurufe von der SPD.)

Und ich denke, Herr Brüderle steht nicht im Verdacht, radikalsozialistische Verhältnisse einführen zu wollen. Aber wo er recht hat, hat er recht. Tatsächlich sollen Bußgelder ja für alle Verkehrssünder gleichermaßen gelten. Eine Strafe für ein und dasselbe Vergehen sollte auch jeden gleich treffen. Es darf nicht der eine härter bestraft werden als der andere, wenn beide in gleicher Weise zu schnell gefahren sind. Verdient jemand Millionen Euro im Jahr, sind 100 Euro Bußgeld ja tatsächlich „Peanuts“. Den Geringverdiener, der mit 800 Euro im Monat auskommen muss, treffen 100 Euro sehr viel mehr.

In Skandinavien hat man das erkannt. Dort richtet sich die Höhe des Bußgeldes nach der Höhe des Einkommens: Wer mehr hat, der muss auch mehr blechen. Und es ist doch gerecht, wenn einer der reichsten Männer in Finnland 170.000 Euro zahlen muss, weil er in Helsinki doppelt so schnell gefahren ist, wie erlaubt ist. Er musste 170.000 Euro zahlen, weil er im vergangenen Jahr fast sieben Millionen Euro an Einkommen hatte. Ich denke, das ist angesichts der 100 Euro, die der Geringverdiener zahlen muss, mehr als gerecht.

(Beifall bei der LINKEN.)

Der Präsident des Technik-Konzerns NOKIA musste 35.000 Euro zahlen, weil er eine rote Ampel ignoriert hat. In Finnland gibt es eben bei den Bußgeldern Tagessätze, die sich am Einkommen orientieren. In der Schweiz legt das Gericht die Strafe fest, wenn man mehr als 25 Stundenkilometer zu schnell gefahren ist, und dabei wird das gesamte Vermögen als Maßstab herangezogen. In Dänemark gilt bei Trunkenheit am Steuer als Maßstab für das Bußgeld die Formel „Nettoeinkommen mal Promillewert“. Es geht also, wenn man nur will.

Zum dagegen angeführten Argument des Verwaltungsaufwandes. Kolleginnen und Kollegen, wir haben im Saarland und in der Bundesrepublik Deutschland eine der besten Verwaltungen in Euro

pa, wenn nicht gar weltweit. Und wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Bei der Katastrophe in Burbach hat es ja am Anfang sehr schnell geheißen: Das ist ja gar nicht zu machen; wir wissen ja nicht, was die Leute da verdienen. - Siehe da, die Frau Rehlinger als Ministerin hat einen Runden Tisch einberufen, mit den Leuten gesprochen. So, wie ich das einschätze, ist das zu regeln, und es ist auch richtig, dass es geregelt wird. Also: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Entsprechendes gilt, wenn man nur will, auch bezüglich der Bußgelder. Das Argument, der Verwaltungsaufwand sei zu groß, zieht auf keinen Fall.

Bußgelder nach Einkommen, jeder zahlt, wie er kann - das wäre nicht nur gerecht, das würde auch viel Geld in die öffentlichen Kassen spülen. Womit ich natürlich Gutverdiener nicht auffordern möchte, zu schnell zu fahren.

(Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Das kann man sehen, Kollege Ulrich, wie man will. Du sieht es so, und ich sehe es so. - Vor allem geht es ja um Gerechtigkeit. Das haben auch die GRÜNEN erkannt. Deren Bundesdelegiertenkonferenz hat sich 2008 ebenfalls für nach der Einkommenshöhe gestaffelte Bußgelder ausgesprochen. Auch Bußgelder müssen eben sozial gerecht sein.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : So Sachen beschließen die! - Abg. Pauluhn (SPD): Da warst du bestimmt nicht dabei. - Amüsiertes Sprechen.)

Bei Strafverfahren gilt das bekanntlich schon lange: Es werden Tagessätze je nach Einkommenshöhe als Strafe gezahlt, und das zu Recht, denn nur so werden alle auch wirklich gleich behandelt. Alle Menschen sollen ja, wie wir wissen, vor dem Gesetz gleich sein. Das sagt ja auch das Grundgesetz. Warum sollte dieser Grundsatz im Straßenverkehr nicht gelten?

Es ist nicht zu erklären, weshalb ein Geringverdiener bei einem Vergehen, das heute mit einem Bußgeld von 100 Euro belegt ist, fast ein Drittel seines Regelsatzes zahlen muss, ein Durchschnittsverdiener mit einem Einkommen von 1.600 Euro beim gleichen Vergehen und bei der genannten Strafhöhe aber nur ein Sechzehntel seines Einkommens zahlt. Ganz zu schweigen beispielsweise vom VW-Chef, der, wie heute nachzulesen war, 17,5 Millionen Euro im Jahr erhält: Für ihn sind diese 100 Euro Bußgeld überhaupt nicht spürbar. Damit wirklich Gleichheit herrscht und der Topmanager ebenso behandelt wird wie ein Geringverdiener, müsste der Manager mehr als das Hundertfache zahlen, und das könnte er bei dem Einkommen ja auch.