Protokoll der Sitzung vom 18.09.2013

Auch ein Kriterienkatalog für die finanzielle Förderung wäre absolut wünschenswert, wenn wir in Zeiten knapper Kassen darüber reden, wie wir einen deutschlandweiten Bedarf von 42 Milliarden Euro an

(Abg. Dr. Peter (B 90/GRÜNE) )

Sanierungskosten für Sportstätten bewältigen wollen. Von daher appellieren wir, dass es Konzepte geben muss. Wir haben dazu eine Anfrage laufen, die seit sechs Wochen unbeantwortet ist. Ich hoffe, wir bekommen bald Ergebnisse dazu, wie sich die Sportstättensituation im Saarland darstellt.

Ein abschließender Satz zu dem Antrag der PIRATEN. Wir werden ihn ablehnen, weil wir es nicht als Lösung ansehen, dass einzelne Vereine in das Verbandsprinzip hineindrängen. Vor allen Dingen soll Vereinen, denen es heute schon möglich ist, einer Verbandsstruktur anzugehören, kein Weg eröffnet werden, der das Verbandsprinzip aushebelt. Deshalb keine Zustimmung zum Antrag der PIRATEN und Enthaltung zum Antrag der Großen Koalition. Vielen Dank.

(Beifall von B 90/GRÜNE.)

Das Wort hat die Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dankbar, dass mir die Sportministerin ihre Wortmeldung überlassen hat. Normalerweise ist es auch als Ministerpräsidentin nicht üblich, in eine solche Debatte einzugreifen, aber angesichts des Bildes, das die Oppositionsparteien vom Saarsport allgemein gezeichnet haben, fühle ich mich nicht nur als ehemalige Sportministerin, sondern auch als Ministerpräsidentin verpflichtet, im Interesse all derjenigen Menschen, die in diesem Land Sport treiben, das Wort zu ergreifen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Zuruf von der Opposition: Jetzt langt es aber!)

Wenn man knapp zusammenfasst, was PIRATEN, GRÜNE und LINKE gesagt haben, und wenn ein unbeteiligter Beobachter von außen nur diese Redebeiträge gehört hat, dann hat er den Eindruck, dass wir in einem Land leben, in dem es erstens keine Sportstätten gibt,

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Etwas mehr Differenzierung bitte! Was Sie gerade sagen, ist so nicht richtig!)

in dem es zweitens nur fehlernährte Menschen gibt, in dem es drittens nur arme Menschen gibt, die sich Sport nicht leisten können, und in dem es schließlich nur Randsportarten gibt, die keine Chance haben, sich zu entwickeln. Das ist ein Zerrbild des saarländischen Sportes. Das kann so nicht stehen bleiben.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Weitere Zurufe von den Oppositionsfraktionen.)

Wir haben im Saarland in den letzten Jahrzehnten in gemeinsamer Verantwortung mit der Sportplanungskommission große Fortschritte bei den Sportstätten erzielt.

(Abg. Dr. Peter (B 90/GRÜNE) : Die Kommission. - Genau das ist das Problem.)

Nein, Herr Kollege Ulrich! - Sie wollen eine Zwischenfrage stellen, aber ich möchte nun gerne vortragen.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Das ist mir klar: Wenn Sie mal Rede und Antwort stehen müssen, dann tun Sie es nicht! - Abg. Pauluhn (SPD): Es ist ungeheuerlich, wie Sie sich hier auslassen, Herr Kollege! - Weitere Zurufe. - Unruhe.)

Wenn sich die Gelegenheit ergibt, werde ich auch auf das Verhalten der GRÜNEN bei der Frage der Sportstätten in der Stadt Saarbrücken kurz zurückkommen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Anhal- tende Zurufe von den Oppositionsfraktionen.)

Wir haben in diesem Land mit der Landessportschule und dem Olympiastützpunkt eine zentrale Sportstätte, um die uns alle anderen Bundesländer in dieser Republik beneiden. Das war die Kraftanstrengung des Sportes in diesem Land.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Frau Ministerpräsidentin, wer hat das kritisiert? Dazu habe ich keinen einzigen Satz gehört! - Weitere Zurufe des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Herr Kollege Ulrich!

Sehr geehrter Herr Kollege Ulrich, es gilt der alte Spruch: Lautstärke ersetzt keine Argumente. Insofern kann ich feststellen, dass die GRÜNEN gut bei Stimme sind, aber ohne Argumente.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Frau Ministerpräsidentin, dann bringen Sie doch einmal Argumente! Sie lassen ja noch nicht einmal Zwischenfragen zu! - Gegenrufe von den Regierungsfraktionen. Anhaltendes Sprechen des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, entschuldigen Sie bitte das Krakeelen des Kollegen Ulrich, aber wenn man in seiner Fraktion die Redezeit der Kollegin aufgebraucht hat, dann muss man sich dieser Methode bedienen, um in diesem Parlament noch aufzufallen. Aber auch das dient dem Saarsport nicht. Das möchte ich an dieser Stelle einmal festhalten.

(Abg. Dr. Peter (B 90/GRÜNE) )

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Abg. Ul- rich (B 90/GRÜNE) : Dann berichten Sie einmal, wie es wirklich ist!)

Wir haben Sportstätten und wir haben mit einer großen Kraftanstrengung insbesondere der Sportplanungskommission in vielen Bereichen Sportstätten entwickelt. Das gilt nicht nur für die führende Sportart in diesem Land, für den Fußball, das gilt auch für viele Vereine und Sportarten, die mit eigener Kraftanstrengung ihre Vereinsanlagen aufgebaut haben - etwa im Tennis. Dort haben wir heute eher das Problem, dass wir die Vereine unterstützen müssen, wie sie bei sich verändernden Mitgliederzahlen die Anlagen erhalten können. Das gilt aber auch mit Blick auf die Leichtathletik, wo wir mittlerweile in diesem Land reine Leichtathletikanlagen haben.

Bei den Schwimmbädern haben wir, wenn wir uns die Unterlagen und Berechnungen anschauen, nach der reinen Wasserfläche nach wie vor mit die höchsten Zahlen in der gesamten Bundesrepublik Deutschland. Das führt aber auch dazu, dass wir bei zurückgehenden Mitteln mit den Kolleginnen und Kollegen vor Ort reden müssen, wie wir bei einer Tendenz weg von normalen Schwimmbädern hin zu Spaßbädern - was ja kommunale Entscheidung und Verantwortung ist - nach wie vor auch die Interessen des Schwimmsports und der Kinder, dass diese nämlich schwimmen lernen, berücksichtigen können. Ich bitte die GRÜNEN, einmal sehr genau hinzuschauen, wie sie sich in Saarbrücken bei der dortigen Bäderdebatte und der Vorentscheidung verhalten.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Weitere Zurufe von B 90/GRÜNE.)

Ich will an dieser Stelle etwas zur Entlastung des Sports sagen. Bei allem, was ein Sportverein leisten kann und muss, ist und bleibt die Frage, ob ein Kind schwimmen lernt oder nicht - da bin ich vollkommen altmodisch -, in erster Linie eine Frage der Erziehung in der Familie. Es ist eine Frage der Verantwortung der Eltern. Auch Folgendes müssen wir deutlich machen: Ein Sportverein kann nicht jede Verpflichtung dieser Welt übernehmen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Die Vereine und Strukturen sind sehr wohl in der Lage und auch offen dafür, neue Entwicklungen im Sport aufzugreifen und umzusetzen. Wenn das nicht so wäre, hätten wir im Jahre 2013 eine Vereins- und Verbandsstruktur wie noch im Jahre 1950. Wir stellen aber doch fest, dass neue Entwicklungen innerhalb der Sportarten selbst erfolgen. Stichworte sind Fußball und Futsal. Diese werden bei uns nicht nur aufgegriffen, sondern sie werden im Saarland schneller und intensiver vorangetrieben, als es sonst wo der Fall ist. Wir stellen fest, dass Sportarten,

über die vor vielen Jahren noch niemand geredet hat, mittlerweile zu den stärksten Gruppen und Antreibern innerhalb des Landessportverbandes und der Sportszene gehören.

Sehr geehrter Herr Kollege Augustin, diejenigen, die sich auf einem neuen sportlichen Feld betätigen und die wollen, dass es sich in der Breite ausdehnt, müssen selbst etwas dafür tun. Man kann nicht sagen, wenn drei Personen ein Interesse daran haben, irgendwo über eine Mauer zu hüpfen, dann muss der Landessportverband diese drei als Verband aufnehmen. Eine gewisse Struktur und einen gewissen Rahmen braucht man in diesem Lande auch noch, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Das Gleiche gilt für das Thema Beteiligung im Sport. Es gibt keine Bewegung in dieser Gesellschaft, die integrativer wirkt - sowohl mit Blick auf Menschen mit Migrationshintergrund als auch mit Blick auf Menschen mit einem unterschiedlichen familiären Hintergrund, auch was das Familieneinkommen anbelangt - als der Sport. Es gibt keine Bewegung in diesem Land, die Menschen ohne Ansehen ihrer persönlichen Umstände näher zusammenbringt als der Sport, meine sehr geehrten Damen und Herren, das muss noch einmal ganz deutlich gesagt werden.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich kenne keinen Verein, der sich weigern würde, ein Kind aufzunehmen - auch ein Kind, das im Hartz-4-Bezug ist, ein Kind, das nach den Regelungen etwa den Vereinsbeitrag erstattet bekommt, wo es vielleicht darum geht, dass ein Trainingsanzug, ein Trikot, eine Sportausstattung oder was auch immer bezahlt wird. Ich kenne keinen Verein vor Ort, der einem solchen Kind die Aufnahme verweigern würde, wo nicht die Bereitschaft vorhanden wäre, spätestens über einen Förderverein diesem Kind das Geld zur Verfügung zu stellen.

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das ist die Realität in diesem Land, meine Damen und Herren. Deswegen müssen wir noch einmal deutlich machen, was hier wirklich geleistet wird.

Der Sport im Saarland ist nicht nur die größte Bürgerbewegung in der Breite - die Mitgliederzahlen sind genannt worden - und sorgt, etwa mit dem parteiübergreifenden Ansatz „wir im Verein mit dir“, mit dem LPH, ganz gezielt dafür, dass auch Kinder aus sportfernen Familien über das System Kindergarten, über das System Schule in den Verein hineinkommen, er steht auch für den Leistungsgedanken in diesem Land. Und wir wissen, wir brauchen im Sport beides, wir brauchen die Breite, wir brauchen aber auch die Spitze, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer)

An dieser Stelle will ich eines sagen: Ich bin sehr dankbar, dass - Günter Becker und Günter Waluga haben ja auf die Erfolge im Saarsport hingewiesen es uns in den letzten Jahren gelungen ist, über eine gezielte Förderung, etwa über den Förderausschuss Spitzensport, über das Fördersystem der Eliteschulen des Sports, über das Fördersystem des Olympiastützpunktes, diese Spitze herauszubilden. Es gibt keine besseren Botschafter und Vertreter für dieses Land als die Spitzensportlerinnen und Spitzensportler, die wir haben. Sie erbringen einen großen Dienst für unser Land und das rechtfertigt jeden Einsatz, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Deswegen ist es auch so wichtig, dass wir die ökonomische Grundlage, die der Sport in diesem Land hat, die Einnahmen von Saartoto, die Einnahmen aus dem Glücksspiel, die Einnahmen aus Sportwetten, die Einnahmen aus Toto und Lotto, erhalten bleibt. Es gibt in keinem anderen Land eine Situation, wo der Sport mit Blick auf diese Einnahmen so autark gestellt ist wie im Saarland, und das in einem Haushaltsnotlageland. Das ist eine der ganz großen Konstanten auch der Politik seit vielen, vielen Jahrzehnten.

Weil wir um diesen Wert wissen, weil wir wissen, was mit Blick auf den Sport in diesem Land möglich ist, kämpfen wir alle so entschlossen gegen eine falsch verstandene Liberalisierung, kämpfen wir so entschlossen dagegen, dass die privaten Wettanbieter dieser Welt sich diesen Markt zur Beute machen, gegen die Interessen des Sportes, gegen die Interessen des Breitensportes. Und da kann ich nur hoffen, dass jeder Einzelne in diesem Haus bei der Verfolgung dieser Linie mitzieht, denn da sind wir auf jede Unterstützung angewiesen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Der Sport steht in den nächsten Jahren vor großen Herausforderungen. Er steht deshalb vor großen Herausforderungen, weil er nicht etwas ist, was sich außerhalb der Gesellschaft entwickelt; er ist Spiegelbild dieser Gesellschaft. Er nimmt die gesellschaftlichen Entwicklungen mit.

Dass sich Kinder heute nicht mehr so viel und so selbstverständlich bewegen, sehr geehrte Frau Kollegin Peter, ist eine Tatsache. Ich habe eben die Ansätze geschildert, mit denen wir gegenzusteuern versuchen. Aber auch das ist etwas, was zunächst einmal jeder Einzelne in Eigenverantwortung entscheiden muss. Jedes einzelne Elternteil hat die Möglichkeit, das Kind morgens nicht über einen Kilometer mit dem Auto zur Schule zu fahren, sondern kann das Kind morgens - ob begleitet oder unbegleitet - auch zu Fuß in die Schule gehen lassen. Jedes Elternteil hat die Möglichkeit, Kinder über eine Gartenmauer balancieren zu lassen. Das ist die beste

turnerische Grundausbildung, die man haben kann! Das liegt zunächst einmal in der Eigenverantwortung, und die sollten wir nicht ganz ausblenden, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)