Ich gebe das Ergebnis der Wahl bekannt: Es wurden 50 Stimmen abgegeben, davon 33 Ja-Stimmen, 13 Nein-Stimmen und vier Enthaltungen. Frau Abgeordnete Barbara Spaniol, ich darf Sie fragen: Nehmen Sie die Wahl zur Zweiten Vizepräsidentin an?
Ich stelle fest, dass Frau Abgeordnete Barbara Spaniol zur Zweiten Vizepräsidentin gewählt ist. Frau Abgeordnete Barbara Spaniol, ich beglückwünsche Sie zu Ihrem neuen Amt und wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Wahrnehmung Ihrer neuen Pflichten. Herzlichen Glückwunsch!
Bevor ich die Aussprache zu den Punkten 3 und 4 der Tagesordnung eröffne - Haushaltsgesetz 2014 und Haushaltsbegleitgesetz 2014 -, weise ich erneut darauf hin, dass die Gesetzentwürfe wegen des inhaltlichen Zusammenhangs in der Aussprache gemeinsam behandelt werden. Das Erweiterte Präsidium ist übereingekommen, als Redezeit für die Aussprache das zweifache Grundredezeitmodul vorzusehen. Ich gehe davon aus, dass das Haus mit dieser im Präsidium vereinbarten Verfahrensweise einverstanden ist. Wir werden dann so verfahren.
Erste Lesung des von der Regierung eingebrachten Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans des Saarlandes für das Rechnungsjahr 2014 (Haushaltsgesetz - HG - 2014) (Drucksache 15/650)
Erste Lesung des von der Regierung eingebrachten Haushaltsbegleitgesetzes 2014 (HBeglG 2014) (Drucksache 15/651)
Ich eröffne nun die Aussprache. - Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE Herr Professor Dr. Heinz Bierbaum.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Haushaltsentwurf 2014 steht natürlich - wie auch die vorigen - unter dem Diktat der Schuldenbremse, deren Vorgaben eingehalten werden, darauf hat der Finanzminister hingewiesen. Somit werden auch die Auflagen des Stabilitätsrats erfüllt. Allerdings, meine Damen und Herren, eine Lösung der Finanzprobleme des Saarlandes stellt dieser Haushaltsentwurf nicht dar. Eine nachhaltige Konsolidierung der öffentlichen Finanzen des Saarlandes kann damit nicht erreicht werden. Die Schuldenbremse ist Gesetz und kann daher nicht einfach ignoriert werden. Allerdings, darauf will ich ganz deutlich hinweisen, halten wir sie grundsätzlich für falsch.
Die Schuldenbremse hat einen Konstruktionsfehler, sie berücksichtigt überhaupt nicht die Gesamtheit des Staatshaushaltes, die Staatsquote fließt nicht ein. Ökonomen wie beispielsweise Peter Bofinger
haben schon sehr früh darauf hingewiesen, dass es verkehrt ist, allein auf Sparen zu setzen und dass die anderen Elemente des Haushalts ebenfalls berücksichtigt werden müssen. Diese einseitige Orientierung in Richtung Einsparung birgt auch die Gefahr - nicht nur die Gefahr, sondern es führt tatsächlich dazu -, dass notwendige Zukunftsinvestitionen nicht ausreichend getätigt werden oder sogar ganz unterbleiben. Es wird bei der Schuldenfrage überhaupt nicht berücksichtigt, wofür die Schulden gemacht werden. Es macht einen grundsätzlichen Unterschied, ob Schulden für unproduktiven Konsum gemacht werden oder für wichtige Investitionen in die Zukunft. Der Kollege Hilberer von der PIRATENFraktion hat vor einigen Tagen bereits darauf aufmerksam gemacht, dass die Schuldenbremse Zukunftsinvestitionen behindert. Ich glaube, das ist ein ganz wesentlicher Zusammenhang, der aufgegriffen werden muss. Die Schuldenbremse wird immer damit begründet, dass wir den kommenden Generationen keinen riesigen Schuldenberg hinterlassen dürfen. Das ist sicherlich richtig, aber wir dürfen ihnen auch nicht eine kaputte Infrastruktur hinterlassen.
Wir sehen es jetzt schon sehr deutlich. Ich verweise auf die große Demonstration, die am Samstag in Saarbrücken zum Thema Krankenhaus und Krankenhausfinanzierung stattgefunden hat. Diese Demonstration war in der Tat sehr beeindruckend, nicht nur was die Anzahl angeht - es waren rund 4.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer -, sondern insbesondere was die Zusammensetzung angeht: Es waren alle Beschäftigtengruppen vertreten, von den Pflegekräften bis hin zu den Ärzten. Es waren auch diejenigen vertreten, die in diesem Bereich Arbeitgeberfunktion haben. Wann gibt es das schon, dass sowohl Beschäftigte als auch Arbeitgeber zusammen demonstrieren? Sie haben darauf aufmerksam gemacht, dass es an Pflegekräften fehlt, dass die Versorgung nicht gewährleistet ist, und haben den dringenden Appell an den Landtag gerichtet, den ich jetzt in diesem Hause wiederholen will, die vorgesehenen 3,6 Millionen Euro Kürzungen zurückzunehmen. Wir sind dafür, dass dies gemacht wird im Interesse der Versorgung der Patienten und im Interesse eines ordentlichen Krankenhausbetriebes!
(Beifall von der Opposition. - Abg. Pauluhn (SPD) : Es werden im Saarland mehr Pflegekräfte ausgebildet als vor zehn Jahren. Die Zahlen sind steigend.)
Das, Herr Kollege Pauluhn, hätten Sie vielleicht den Demonstranten am Samstag in dieser Form auch mitteilen sollen.
Ich komme auf einen zweiten Punkt, der hier öfters eine Rolle gespielt hat, das ist das Thema der Kom
munen. In dem Haushaltsentwurf und auch in der Rede des Ministers ist sehr eindrücklich darauf abgehoben worden, dass das Land sehr viel für die Kommunen tun wird. Es ist auf der einen Seite richtig, dass mehr getan wird, ich verweise insbesondere auf den Kommunalen Entlastungsfond. Auf der anderen Seite müssen wir aber auch feststellen, wenn wir die Gesamtbelastung der Kommunen sehen, dass das überhaupt nicht ausreicht, zumal sie auch Beiträge etwa im Kulturbereich leisten müssen. Den Kommunen bleibt also relativ wenig übrig von dem, was ihnen zusätzlich zugesprochen wird.
Die ganze Geschichte hat einen weiteren Konstruktionsfehler, weil die Kommunen nämlich auch unter das Diktat der Schuldenbremse gestellt werden. Das ist der entscheidende Punkt. Die Gewerkschaft Verdi hat beispielsweise zu Recht darauf hingewiesen, dass das nicht geht, überhaupt keine wirksame Hilfe für die Kommunen darstellt und geändert werden muss. Das ist auch ein Punkt, der hier festgehalten werden muss.
Trotz der Einsparungen, meine Damen und Herren, steigen die Schulden weiter an. So werden sie sich im Jahr 2014 auf rund 14 Milliarden belaufen und bis 2017 auf rund 15 Milliarden ansteigen. Der Zinsaufwand liegt bei deutlich über 500 Millionen Euro, das sind über 13 Prozent der Gesamtausgaben. Wenn wir noch die Belastungen aus den Versorgungsbezügen bei den Pensionen hinzunehmen, dann ist es so, dass 25 Prozent der Ausgaben auf diese beiden Bereiche entfallen, also jeder vierte Euro dafür ausgegeben werden muss. Herr Minister Toscani hat gestern zu Recht darauf hingewiesen: In der Frage der Altschulden sind wir in diesem Hause einig, dass es eine Lösung geben muss. Ohne eine Lösung der Altschuldenfrage werden wir die finanziellen Probleme des Landes nicht lösen.
Wir als LINKE schlagen vor, eine Initiative in Richtung einer Föderalismusreform III zu ergreifen, in die auch das Thema Solidaritätszuschlag und dergleichen einbezogen wird. Es ist notwendig, eine generelle Neuordnung der Finanzen und der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden vorzunehmen. Das, was wir gegenwärtig haben - ab und zu gibt es ein bisschen Hilfe vom Bund -, ist nur Stückwerk, es ist Flickwerk und löst die Probleme überhaupt nicht. Deswegen brauchen wir eine Neuordnung, darauf komme ich später zurück.
Was nun das Sparpaket angeht, so liegt der Schwerpunkt nach wie vor beim Personal. Es ist gestern ausgeführt worden, dass es vier Schwerpunkte gibt: Personalabbau, Landesgesellschaften, Förderprogramme und Effizienzsteigerung der Systemsteuerung. Wir sehen insbesondere, dass beim
Personal gespart werden soll; es ist bekannt, dass 2.400 Stellen eingespart werden sollen. Wenn man sich die mittelfristige Finanzplanung anschaut - dort ist es näher aufgeführt -, sieht man, dass es 815 Stellen im Bereich der Landesverwaltung sind, 300 im Bereich der Polizei, 697 bei den Lehrern und entsprechende Zahlen bei den Sonderbereichen Hochschulen, Finanzämter und Rechtsschutz, sodass wir insgesamt auf 2.400 Stellen kommen.
Der entscheidende Punkt ist, dass nach wie vor die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst bluten müssen, dass dort der Sparstift angesetzt wird. Das halten wir für falsch, weil die Beschäftigten dort in der Vergangenheit bereits sehr viele Beiträge gebracht haben. Es kann nicht sein, und es kann auch nicht zielführend sein, die Probleme immer auf das Personal abzuwälzen.
Ich erkenne durchaus an, dass es andere Einsparungsanstrengungen gibt. Zum Beispiel halte ich das Thema Effizienzsteigerung für vernünftig. Auch das Thema Landesgesellschaften halte ich für einen Punkt, wo man in der Tat näher diskutieren kann, wie das durch Neuordnung verbessert werden kann. Aber diese Frage des Öffentlichen Dienstes ist doch der zentrale Punkt, an dem angesetzt wird. Das halten wir für sehr problematisch. Ob das wirklich ausreicht, was hier dargestellt worden ist, muss mit Fug und Recht bezweifelt werden.
Herr Präsident, ich darf mit Ihrer Erlaubnis zitieren aus einem Interview, das Professor Kaul von der Universität Saarbrücken im Februar der Saarbrücker Zeitung gegeben hat. Ich zitiere: „Problematisch werden die Jahre ab 2017, in denen die harten Einschnitte bevorstehen. Für diese Zeit sehe ich wenig Spielraum, die ausgabenseitige Konsolidierung voranzutreiben - außer einem sozialen und bildungspolitischen Kahlschlag.“
Das ist genau der Punkt, auf den wir immer wieder aufmerksam gemacht haben, dass eine Konsolidierung des Haushalts alleine über Sparmaßnahmen oder mit dem Schwerpunkt dieser Sparmaßnahmen die Gefahr des sozialen und bildungspolitischen Kahlschlags mit sich bringt. Es ist nicht so, wie immer gesagt worden ist, dass der Bildungsbereich davon verschont bliebe. Das sehen wir bei den Hochschulen, das sehen wir bei den Lehrerstellen. Es ist zwar darauf hingewiesen worden, dass der Bildungsetat stärker steigt als der Haushalt insgesamt, um 0,3 Prozentpunkte, aber dass auch dort eingegriffen wird, ist sowohl in den Ausschusssitzungen als auch hier deutlich geworden. Das wird weiter zunehmen. Da können Sie nicht drumherum reden.
Deswegen, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden wir die Probleme nicht lösen, wenn wir nicht die Einnahmen des Landes er
höhen. In dem Zusammenhang ist ja gerade von den Koalitionsfraktionen, insbesondere von der SPD, immer wieder betont worden, dass wir Einnahmenerhöhungen brauchen, auch in der Haushaltsrede des Finanzministers gestern ist darauf hingewiesen worden. Allerdings fand ich die Ausführungen doch eher enttäuschend, weil im Wesentlichen nur auf ein Gutachten verwiesen worden ist, das im Zusammenhang mit einem Modell der Erhöhung des Spitzensteuersatzes erstellt worden ist. Das, meine Damen und Herren, halte ich für viel zu wenig.
Zu Recht haben Sie, Herr Minister, im Zusammenhang mit den Steuern darauf hingewiesen, dass es bei den Steuern nicht nur um Höhe, um Konjunkturdaten geht, sondern auch um Steuergerechtigkeit. Sie haben darauf hingewiesen, dass Maßnahmen unternommen werden, gerade auch im Saarland, etwa durch Ausweitung entsprechender Stellen, um die Steuerflucht wirksam zu bekämpfen. Damit sind wir selbstverständlich einverstanden. Wo das hinführen kann - auch das haben Sie zu Recht dargestellt -, zeigt das griechische Beispiel, wo wir keinen funktionierenden Steuervollzug haben. Das ist in der Tat ein Problem.
Aber, meine Damen und Herren, die Frage der Steuergerechtigkeit ist nicht nur eine Frage der Steuerflucht, sondern da geht es auch um die Höhe der Steuern und darum, wer die Steuern bezahlt. Wir verfechten den Grundsatz, dass starke Schultern mehr tragen müssen als schwache Schultern. Hier haben wir genau die Situation, dass die Realität in der Bundesrepublik Deutschland eine andere ist. Kürzlich ist eine Studie des IMK, des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung, veröffentlicht worden. Ich darf mit Ihrer Erlaubnis die Überschrift zitieren -
Ich will auch noch etwas zur Steuerpolitik sagen. Es ist immer davon die Rede - darauf komme ich noch zurück -, Steuererhöhungen ja oder nein. Der Punkt ist nicht die Frage der Erhöhung. Der Punkt ist die Frage der Umverteilung. Das ist der entscheidende Punkt. Wir sind der Auffassung, dass diejenigen, die mehr haben, mehr zahlen müssen, und dass diejenigen, die weniger haben, entlastet werden sollen.
Ich muss leider sagen, dass die Rahmenbedingungen gegenwärtig in Berlin nicht besonders günstig sind, denn bei dem, was wir von den Gesprächen
zur Regierungsbildung mitbekommen, kann von einer anderen Steuerpolitik kaum gesprochen werden. Das ist nicht gut für das Saarland. Das will ich ganz eindeutig sagen. Auch von Teilen der Koalitionsfraktionen ist vor der Bundestagswahl durchaus die Hoffnung gehegt worden, dass es in der Frage der Steuerpolitik zu Veränderungen kommt. Das scheint wohl nicht der Fall zu sein.
Die Steuern sind ein Element, um Einnahmen zu erhöhen. Wir haben immer wieder deutlich gemacht auch wenn viele von Ihnen dessen schon fast überdrüssig sind, ist es dennoch notwendig, es zu wiederholen -, dass wir eine grundsätzlich andere Steuerpolitik brauchen mit Vermögenssteuer, höherer Erbschaftssteuer, mit einer höheren Besteuerung der Unternehmen, vor allen Dingen mit einer höheren Besteuerung der Finanztransaktionen. All dies ist notwendig, auch die Erhöhung des Spitzensteuersatzes, von dem ich übrigens einmal geglaubt habe, dass er im Grundsatz hier Konsens wäre. Das ist wohl nicht mehr der Fall.
Steuerpolitik ist der eine Punkt, um Einnahmen zu erhöhen. Der andere Punkt - auch darauf ist in der Haushaltsrede verwiesen worden - ist das Thema der wirtschaftlichen Entwicklung. Ich darf wiederum zitieren mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident: Gute Konjunktur ist die grundlegende Voraussetzung. Das haben Sie, Herr Minister, gestern gesagt. Dem kann ich mich anschließen, dass natürlich die Frage der konjunkturellen Entwicklung, die Frage der wirtschaftlichen Entwicklung, ein entscheidender Punkt ist, auch was die Einnahmen angeht.
Sie verweisen in der mittelfristigen Finanzplanung etwas ausführlicher auf die verschiedenen Prognosen. Sie unterlegen die Prognosen der Bundesregierung mit einem Plus von 1,6 Prozent für das nächste Jahr. Wir liegen damit im Rahmen der anderen Prognosen. Es gibt auch kritischere Stellungnahmen, zum Beispiel die vom IMK mit 1,2 Prozent. Aber sei es drum. Das ist durchaus in etwa der Rahmen.
Sie verweisen in Ihrer Haushaltsrede aber auch darauf, dass sich in der europäischen Entwicklung Besserungen zeigen, verweisen allerdings im gleichen Zusammenhang auf die großen Risiken, die von den USA ausgehen. Heute haben wir einen entscheidenden Tag, was die Entwicklung angeht. Hier werden doch erhebliche Befürchtungen gehegt, was die Weltwirtschaft angeht, inwieweit sich hier bestimmte Risiken ergeben. Das muss man wirklich in Rechnung stellen, wobei man das natürlich nicht richtig abschätzen kann. Aber was die europäische Entwicklung betrifft, wo Sie davon sprechen, dass es Anzeichen für eine Abmilderung der Wirtschaftskrise in den südeuropäischen Ländern gebe, da - muss ich Ihnen sagen - bin ich sehr viel skeptischer, was diese Entwicklung angeht.
Es ist so, dass wir in der Eurozone, also in den Ländern, wo der Euro angewandt wird, für 2013 einen Zuwachs von 0,4 Prozent haben. Für 2014 wird das etwas höher eingeschätzt, was aber durchaus unsicher ist. Schaut man sich die einzelnen Länder an, so haben wir in der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich ein leichtes Wachstum, auch in Irland, von etwa 1 Prozent. Aber die Wirtschaftsleistung in Spanien, Griechenland, Portugal und Italien geht zurück. Ich verweise darauf, dass man in Griechenland seit der Krise 25 Prozent, also ein Viertel, der gesamten wirtschaftlichen Leistung verloren hat.