Protokoll der Sitzung vom 19.03.2014

Gegenstand des Streitpunktes war damals, wie die Gegenfinanzierung gemacht werden soll. Das ist also eine andere Problemstellung als bei Bauleitplänen. An solchen Stellen müsste man nachbessern. Dort müsste man ansetzen. Deshalb sind wir der Meinung, dass der Vorstoß der LINKEN zunächst einmal in den Ausschuss überwiesen werden sollte, damit man einmal über solche Punkte diskutieren kann. Wir sind aber nicht mit der eigentlichen Zielrichtung der LINKEN einverstanden, nämlich nur eine Windkraftverhinderungsgesetzgebung zu schaffen. Darum geht es. Deshalb werden wir uns bei der Abstimmung enthalten. Wir werden weder ablehnen noch zustimmen, weil wir - das sage ich ganz offen hin und her gerissen sind.

Wir brauchen eine Reform. Es gibt viele Beispiele im Saarland, die belegt haben, dass auch die Menschen im Saarland gerne mehr an konkreten Projekten beteiligt wären. Man muss es hier immer wieder betonen: Bürgerbegehren und Bürgerbeteiligung sind gute Instrumente gegen Politikverdrossenheit. Wir klagen alle darüber. Darunter leidet auch unsere Demokratie. Man muss sich ernsthaft Gedanken machen, wie man die Menschen in der Sache bes

ser und mehr einbinden kann. Aber darüber sollte man im Ausschuss diskutieren können. Deshalb sind wir der Meinung, dass man das Ganze überweisen sollte, um darüber reden zu können und Fachleute zu Wort kommen zu lassen. - Vielen Dank.

(Beifall von B 90/GRÜNE.)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun die Abgeordnete Barbara Spaniol von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Gläser! Gesetze werden immer noch hier im Parlament mit den Stimmen der Abgeordneten beschlossen, nicht durch die Regierung. Da muss ich Sie korrigieren. Im Eifer des Gefechts geht mal was schief, dafür habe ich vollstes Verständnis.

(Zuruf des Abgeordneten Gläser (CDU).)

Lieber Kollege, ich muss auf Ihren Redebeitrag antworten, über den ich mich in einiger Hinsicht gewundert habe. Wir haben doch in Homburg gerade in dieser Richtung einiges erlebt! Es hat gerade in Homburg im Vorfeld der Planung und des Baus von Windkraftanlagen extrem gehapert. Es gab keine echte Bürgerbeteiligung! Die Ortsräte fühlten sich nicht mitgenommen. Es gab handwerkliche Fehler im Verfahren. All das wissen Sie! Das zeigt ganz genau, wie dringend wir eine andere Beteiligungskultur brauchen, wie dringend wir hier andere Regularien brauchen, um die Bürger mehr mitzunehmen. Das ist doch ein Riesenpetitum vor Ort, dem muss man doch nachgehen, wenn hier so eine Vorlage auf dem Tisch liegt, Kolleginnen und Kollegen!

Und noch etwas. Wir hatten das nur so am Rande gestreift, vielleicht kann der Kollege Jost nachher dazu noch etwas sagen. Wir halten es in dieser Frage doch lieber mit der CDU-Bürgermeisterin Annelie Faber-Wegener in Blieskastel,

(Oh-Rufe von der CDU)

die gestern Abend im Aktuellen Bericht ganz klar gesagt hat: Es gibt immer noch eine Kommune und es gibt immer noch eine Planungshoheit und es gibt immer noch das Votum eines Stadtrates. Sie hat nicht verstanden - wie viele andere vor Ort auch -, warum das Landesamt, sprich das Ministerium, über die Köpfe hinweg vier Windkraftanlagen bauen will, die dort nicht gewünscht sind. Es hapert also an allen Ecken und Enden mit der Bürgerbeteiligung, mit der Mitsprache, mit der Mitnahme. Hier müssen wir Abhilfe schaffen. Dieser Entwurf ist dafür die beste Lösung, Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall von der LINKEN.)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun der Fraktionsvorsitzende der SPD-Landtagsfraktion Stefan Pauluhn.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst will ich unterstreichen, dass die Koalitionsfraktionen mehr direkte Demokratie im der Regierung zugrunde liegenden Koalitionsvertrag beschlossen und auch bereits umgesetzt haben. Die Hürden für Volksbegehren und Volksentscheide wurden gesenkt, wie Sie wissen. Man hätte durchaus auch im Rahmen dieser Diskussion im letzten Jahr, so lange ist das ja noch nicht her, erwarten können, dass auf die heute in Rede stehenden Ausweitungen des Instruments auf die Bereiche Bauleitplanung und Planfeststellung eingegangen worden wäre. Das war aber vor einem dreiviertel Jahr kein Thema, obwohl der Opposition der damalige Gesetzentwurf nicht weit genug ging; sie hat uns damals dafür kritisiert, dass wir einen zu kleinen Schritt zu mehr Bürgerbeteiligung machen würden.

(Abg. Huonker (DIE LINKE) : Genau.)

Mir stellte sich deshalb beim Lesen des Gesetzentwurfs die Frage, warum das heute kommt. Wenn man die Begründung verfolgt hat, wurde es klar; die Debatte machte es zusehends deutlicher: Es geht dem Antragsteller primär darum, die von ihm selbst so genannte Verspargelung der Landschaft zu verhindern. Sie benutzen das Instrument der Bürgerbeteiligung, um Ihren Kampf gegen Windkraft zu führen. Das finde ich nicht ganz in Ordnung.

(Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE) : Sie gehen wohl davon aus, dass die Bürger grundsätzlich Nein sagen.)

Die Debatte, meine sehr geehrten Damen und Herren von der LINKEN, gehört an eine andere Stelle.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE) : Also wissen Sie schon, dass die Bürger grundsätzlich Nein sagen? Was ist, wenn die Bürger Ja sagen?)

Sie können gern eine Zwischenfrage stellen. Ich bin gespannt.

Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE) mit einer Zwischenfrage: Herr Pauluhn, die Bürger können sich auch für Windkraftanlagen entscheiden, nicht nur dagegen. Sie gehen ja grundsätzlich davon aus, dass sie Nein sagen. Also wollen Sie aus diesem Grund die Beteiligung ausschließen, weil Sie wissen, dass viele Bürger triftige Gründe haben, in ihrem Bereich einzuschreiten. Das wollen Sie verhindern. Deshalb lehnen Sie so etwas ab und wollen auch gar nicht darüber diskutieren!

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) )

Ich bin für dieses Zwischenstatement dankbar, weil es mir Gelegenheit gibt, die falsche Auffassung geradezurücken. Ich will deutlich machen, wie die Beteiligung im laufenden Verfahren jetzt schon ist, und dass wir am Ende des Tages durch Ihr Instrument gerade in Bezug auf Planfeststellung und Bauleitplanung nicht mehr Bürgerbeteiligung hätten, sondern weniger.

Es stellt sich - jetzt komme ich zu Ihrem Einwand - in der Tat die Frage, ob es sinnvoll ist, dass Aufstellungen, Aufhebungen, aber auch Änderungen und Ergänzungen von Bebauungsplänen oder Flächennutzungsplänen überhaupt Bestandteil von direkter Entscheidungskompetenz der Bürger sein sollten. Bislang ist das, wie ich finde, aus gutem Grund nicht der Fall! Es gibt bei uns, genau wie in einer Reihe anderer Bundesländer - es lassen sich ja immer Beispiele für das eine und das andere finden -, etwa in unserem Nachbarland Rheinland-Pfalz, mit Recht und Absicht Schranken der direkten Entscheidungskompetenz gerade bei Planfeststellungsverfahren und der Bauleitplanung. Jeder von uns, der kommunalpolitisch tätig ist oder es einmal war, sollte wissen, wie schwierig es ist, bei jeder Veränderung in diesem Bereich alle Partikularinteressen zu überwinden. Oftmals ist das gar nicht möglich. Allzu oft gilt auch hier der Satz, der in anderem Zusammenhang in den letzten Wochen verschiedentlich zu hören war: Die Summe von Einzelinteressen ist nicht gleichbedeutend mit dem Gemeinwohl.

Ein zweites Argument scheint mir wichtig. Wir haben in Deutschland bereits eine Bauleitplanung, die europaweit einmalig ist. Bauleitplanung bei uns bedeutet nämlich, dass während des Verfahrens sämtliche öffentlichen und privaten Interessen berücksichtigt werden, einschließlich der Offenlegung jedes Planungsstandes gegenüber allen Interessierten und vor allem gegenüber allen Betroffenen. Das bezieht heute schon alle entsprechenden Anregungs-, Einspruchs- und Klagemöglichkeiten ein. Es gibt nicht wenige, die heute schon diese Vielfalt der Mitwirkung bemängeln. Man hört auch immer wieder den Vorwurf, in Deutschland könne kaum mehr etwas geschehen, die Verfahren gerade bei großen Infrastrukturinvestitionen dauerten angeblich viel zu lange. Ich möchte nicht falsch interpretiert werden: Ich bin nicht für weniger Mitwirkungsrechte, aber ich denke, dass bei uns die Verfahren so angelegt sind, dass die Bauentscheidungen in der Kommune äußerst transparent sind. Sie beinhalten Abwägungsprozesse, und was das Wichtigste ist: Es wird in den allermeisten Fällen ein Konsens zwischen Bürgern und allen Interessenträgern erreicht.

Die im Baugesetzbuch vorgesehenen Verfahren sind somit ausgesprochen komplex. Da sehe ich einen inneren Widerspruch zu dem, was durch Bür

gerentscheide auch im Saarland beabsichtigt war und bleibt. Dort soll es nämlich eigentlich um ein einfaches Ja oder Nein bei einem klaren Sachverhalt gehen. Die Erfahrung zeigt doch, dass es gerade bei Bebauungs- und Flächennutzungsplänen, bei denen die frühe Bürgerbeteiligung immer stattfindet, immer seltener um die Frage geht, ob ein solcher Plan überhaupt aufgestellt wird oder nicht, sondern darum, wie man Bürgerinteressen berücksichtigen kann und Anregungen und Veränderungen aufgenommen werden können.

Der vorliegende Gesetzentwurf würde diese Grundsätze der Bauleitplanung erstens nicht außer Kraft setzen und nebenbei suggerieren, dass man über das Instrument des Bürgerentscheids oder des Bürgerbegehrens im Verfahren tatsächlich Veränderungen bewirken könnte, was allerdings nach dem Bundesbaugesetz gar nicht geht. Hier liegt einfach eine rechtliche Hürde vor. Nach Ihrer Auffassung soll die Bündelung und Abwägung von unterschiedlichen Interessen, die in den allermeisten Fällen tagtäglich in unseren Kommunen zu einem ausgewogenen und bunten Bild führt, durch ein einfaches Ja oder Nein, also „schwarz oder weiß“ ersetzt werden. Das ist schlichtweg nicht möglich.

Es ist auch, wie ich finde, nicht im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger, zumindest nicht im Sinne der schweigenden Mehrheit. Es ist auch im Sinne der Zukunftsfähigkeit dieses Landes überhaupt nicht wünschenswert, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wir debattieren später noch auf der Grundlage einer gemeinsamen Resolution die Zukunftssicherung der Schienenschnellverbindung nach Paris. Diese Trasse ist darum so interessant und wichtig für uns, weil sie die Metropole Paris und unsere Landeshauptstadt Saarbrücken - Entfernung rund 400 Kilometer in weniger als zwei Stunden verbindet. Wer schon einmal mit dem TGV oder ICE gefahren ist, wird wissen, dass diese schnelle Verbindung von 400 Kilometern in nicht einmal 2 Stunden nur möglich ist, weil in Frankreich die Trasse - ich überzeichne ein wenig - mit dem Lineal durch die Landschaft gezogen wurde. Ich bin mir relativ sicher, dass die heute geltenden Regeln bundesdeutscher Prägung so etwas kaum ermöglicht hätten. Was will ich damit deutlich machen? - Bei allem notwendigen und wünschenswerten Mehr an Demokratie muss man auch darauf achten, dass man das Kind nicht mit dem Bade ausschüttet.

Ich will, dass unser Land auch in Zukunft ein Land bleibt, in dem Strukturen für Wachstum und notwendige Veränderungen geschaffen werden können. Ich will nicht nur sagen, dass ich die Risiken der Atomkraft für nicht vertretbar halte und der Ausstieg richtig war, ich will auch sagen, wo der Strom der Zu

kunft erzeugt werden soll. Ich will nicht nur hören, was alles aus welchen Gründen auch immer nicht geht, sondern ich will auch sagen, dass unsere Bürgerinnen und Bürger ihre berechtigten Interessen einbringen können, dann aber am Ende des Prozesses auch mit gefundenen Kompromissen leben müssen. Ich will letztlich, dass wir unser Land weiterentwickeln können, dass aber ab einem gewissen Zeitpunkt Planungssicherheit herrschen muss und wir nicht nur Stillstand verwalten. All dies ist zu berücksichtigen. Ich meine deshalb, dass Sie mal wieder mit Kanonen auf Spatzen schießen, zugegebenermaßen noch rechtzeitig vor der Kommunalwahl.

Gerade das Bauplanungsrecht ist eine Materie, die Initiatoren von Bürgerentscheiden nur schwer zugänglich ist. Darum wäre, selbst wenn man in unserem KSVG, wie im Gesetzentwurf der LINKEN beabsichtigt, auf den Negativ-Tatbestand von Bürgerentscheiden und -begehren verzichten würde, der Weg zu einem solchen gerade bei Bauplanungsentscheidungen wegen des Vorrangs des Baugesetzbuches schmal und ungewiss. Dieser Meinung sind zumindest einschlägige Rechtsgutachten. Eine solche Ungewissheit sollte aber Initiatoren von Bürgerbegehren nun wirklich nicht zugemutet werden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, aus Kostengründen sollte dies unseren Kommunen ebenfalls nicht zugemutet werden. Deshalb lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender. - Das Wort hat nun der Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE Oskar Lafontaine.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da ich keine vorbereitete Rede habe, kann ich auch auf die Argumente eingehen. Ich muss also nicht vorlesen, was irgendein Referent mir aufgeschrieben hat.

(Beifall von der LINKEN. - Zuruf des Abgeordne- ten Ulrich (B 90/GRÜNE). - Abg. Pauluhn (SPD): Man muss sich doch ein paar Stichpunkte machen!)

Ich habe mich auf den Abgeordneten Pauluhn bezogen. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie etwas mehr auf die Argumente eingegangen wären. Ich will nun auf Ihre Argumente eingehen. Zuerst haben Sie die Frage angeführt, warum wir 1996 oder 1998 dieses Gesetz nicht eingebracht hätten. Meine Damen und Herren, ich hätte eigentlich nicht erwartet, dass Sie mit solchen Argumenten kommen. Denn wenn dieses Argument schlüssig ist, dürfen Sie überhaupt nichts mehr einbringen. Jede Fraktion kann gefragt

werden, warum sie nicht schon früher damit gekommen sei. Es ist nun einmal die Methode des Parlamentes, bestimmte Diskussionen aufzugreifen und darauf zu reagieren. Das erste Argument, warum wir nicht früher damit gekommen seien, ist also völlig daneben. Deshalb würde ich Sie bitten, dies nicht mehr zu verwenden. Denn jede Ihrer Vorlagen ist auf diese Art und Weise ebenfalls zu konterkarieren. Was soll also dieses Argument?

(Beifall von der LINKEN. - Weitere Zurufe des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE) und des Abgeordneten Pauluhn (SPD).)

Es geht mir um eine einigermaßen akzeptable und schlüssige Argumentation. Das Zweite ist etwas komplizierter. Sie haben vorgetragen, es sei so komplex. Das ist natürlich richtig. Es gibt eine ganze Reihe von Entscheidungen, die komplex sind. Wer wollte das bestreiten? Die Abwägung im Planfeststellungsverfahren ist an dieser oder jener Stelle komplex. Deshalb ist auch nicht jedes Bauleitplanungsprojekt dem Bürgerentscheid von der Sache her zugänglich. Nehmen wir einmal den Bebauungsplan von Saarbrücken. Ich sage Ihnen das als ehemaliger Bürgermeister. Wenn Sie irgendwo in Malstatt oder Burbach einen Bürgerentscheid machen wollen, dann fragt man Sie, was Sie damit wollen. Insofern wird es auch nicht bei jeder Maßnahme dazu kommen, weil Sie gar nicht die notwendigen Mehrheiten dafür bekommen. Man braucht dafür doch auch Quoren! Damit können Sie das schon einmal ausschließen.

Mein entscheidendes Argument ist aber Folgendes: Die Zeit ist natürlich vorangeschritten. Heute gibt es Diskussionen in der Bevölkerung, die vor 15 Jahren noch nicht da waren. Das klassische Beispiel, das auch hier angeführt worden ist, ist Stuttgart 21. Es hat zu einem Umdenken geführt. Die Kollegin Ensch-Engel hat Heiner Geißler zitiert. Der hätte das vor 15 Jahren auch nicht so vorgetragen, wie er es heute getan hat. Erlauben Sie doch auch älteren Parlamentarierinnen und Parlamentariern, im Laufe der Zeit dazuzulernen. Dafür sind wir doch eigentlich da. Deswegen relativieren Sie bitte das Argument, vor 15 Jahren hätte ich das Problem noch nicht so gesehen. Ich begrüße es, dass heute ein solch profilierter, ehemaliger, aber immer noch aktiver Politiker der CDU an dieser Stelle zu einer ganz anderen Auffassung gekommen ist.

Stuttgart 21 steht als Symbol für eine Entwicklung in unserer Gesellschaft, die bei der bayerischen Kommunalwahl ebenfalls wieder deutlich geworden ist: Es gehen immer weniger Bürger zur Wahl. Als wir beispielsweise die Mehrheiten hatten, da hatten wir manchmal Wahlbeteiligungen, die weitaus höher waren, als sie es heute bei Landtagswahlen sind. Darauf waren wir damals stolz. Die Frage ist jedoch, warum die Bürger nicht mehr zur Wahl gehen. Das

(Abg. Pauluhn (SPD) )

Argument ist doch: Wir können wählen, was wir wollen, die Politiker machen ja doch, was sie wollen. Das ist das Problem, mit dem wir konfrontiert sind und das eine entscheidende Herausforderung unserer Zeit ist.

Wir haben in der Fraktion darüber diskutiert und gesagt, dass der Ausgangspunkt natürlich die Windkraft ist. Wir haben weiter gesagt, wir können es nicht darauf einengen. Ich habe in der Fraktion gesagt: In den Siebzigerjahren gab es in Saarbrücken das Projekt der Planung des Schlosses. Damals gab es eine heftige Diskussion in der Stadt. Heute würde ich sagen, ein Bürgerentscheid wäre wahrscheinlich das Richtige gewesen, weil dann, wenn man so will, eine demokratische Grundlage für die Entscheidung vorhanden gewesen wäre, denn diese Entscheidung war zwischen Stadtverband und Stadt sehr kontrovers.

Es geht also nicht nur um diese Frage. Wir haben es sehr wohl relativiert und den Gesetzentwurf offen formuliert. Sie sagen, wir würden es eingrenzen. Wir wären ja dazu bereit. Was mich aber stört, ist, dass ein bisschen der Eindruck entsteht, dass Sie immer ablehnen, wenn eine Initiative kommt, denn Sie haben ja schließlich die Mehrheit. Bedenken Sie wohl, dass es um ein sehr ernsthaftes Problem geht. Die Bürgerinnen und Bürger sind mehr und mehr enttäuscht - man kann das jetzt Populismus nennen -, dass es bestimmte Dinge gibt, die einfach über ihre Köpfe hinweg entschieden werden.

(Beifall von der LINKEN.)

Ich sage Ihnen in aller Offenheit, dass es etwa in der Frage von Planungen bei Windkraft meistens schon viel zu spät ist, bis das beim Bürger ankommt. Bei mir war es auch viel zu spät, bis ich zur Kenntnis genommen habe, dass neuere Planungen in meiner Nähe stattgefunden haben, wo ohnehin schon eine enorme Ballung energetischer Anlagen ist. Ich habe es viel zu spät wahrgenommen. Das sage ich hier ohne irgendwelche Hemmungen. Wenn ich es zu spät wahrgenommen habe, dann darf ich einmal schließen, dass Bürger, die nicht so häufig Zeitung lesen oder Unterlagen zur Kenntnis erhalten, es vielleicht überhaupt nicht wahrgenommen haben. Es geht hier gar nicht um eine parteipolitische Debatte nach dem Motto, wer den besseren Grundansatz hat, sondern es geht um folgende Frage: Wollen wir die Bürgerinnen und Bürger mehr beteiligen, insbesondere auf Gemeindeebene, ja oder nein?

Ich habe es beispielsweise begrüßt, dass man auf europäischer Ebene zum ersten Mal nach den Reformen der letzten Jahre so etwas wie einen Bürgerentscheid auf den Weg gebracht hat. Nur, meine Damen und Herren, wenn es auf europäischer Ebene avisiert ist, dann wissen wir doch, wie unendlich schwer es ist, so etwas in Gang zu bringen. Wenn