Protokoll der Sitzung vom 14.05.2014

(Beifall von der CDU.)

Herr Strobel, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Huonker? Sie wird nicht auf Ihre Redezeit angerechnet.

Selbstverständlich.

Abg. Huonker (DIE LINKE) mit einer Zwischenfrage: Herr Kollege Strobel, würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen, dass man Ihrer Logik zufolge dann auch in Berlin sagen müsste, die dortige CDU habe alle Polizisten unter Generalverdacht genommen, und würden Sie bitte auch zur Kenntnis nehmen, dass in Hessen im Koalitionsvertrag zwischen CDU und GRÜNEN genau diese Kennzeichnungspflicht auch vorgesehen wird?

(Abg. Theis (CDU) : Das ist etwas, was im Saarland nicht passieren wird.)

Frau Huonker, jedes Land macht das für sich. Wir sind hier für unser Land verantwortlich und die saarländische CDU handelt so, wie ich es eben dargestellt habe.

(Beifall von der CDU.)

Überdies, Frau Huonker, ist zu sagen, dass eine gesetzliche Grundlage existiert, nach der sich Polizisten auf Verlangen ausweisen müssen, und dieser Pflicht wird auch nachgekommen. Das belegt die Tatsache, dass bisher jeder Polizeibeamte nach einer Beschwerdeführung identifiziert werden konnte. Die offene Darlegung der Identität eines Polizeibeamten könnte leicht missbräuchlich verwandt werden, um zum Beispiel einen fiktiven Tatvorwurf mit einem konkreten Namen zu verbinden. Zudem können ähnliche oder gleich klingende Namen beziehungsweise Zifferkombinationen von Polizeibeamten leicht zu Verwechslungen führen.

(Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Eine Kennzeichnungspflicht jeglicher Art schränkt auch die Privatsphäre eines Polizeibeamten in einem nicht akzeptablen Maß ein. Gerade in einem so kleinen Bundesland wie dem Saarland wäre es schnell möglich, persönliche Daten eines Polizeibeamten herauszufinden.

(Abg. Kugler (DIE LINKE) : Es geht nicht um persönliche Daten!)

Dadurch wäre im Falle einer Nachstellung nicht nur der Polizeibeamte selbst, sondern auch seine Familie realen Gefahren ausgesetzt. In der Vergangen

(Abg. Strobel (CDU) )

heit wurde immer wieder deutlich, dass sich die Gewaltbereitschaft gegenüber Polizeibeamten erhöht hat. Allein deswegen sind wir verpflichtet, den Polizeibeamten und ihren Familien einen gewissen Schutz zu gewähren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Abg. Huonker (DIE LINKE) : Gilt das in anderen Bundesländern etwa nicht? - So ein Schwachsinn! Abg. Kugler (DIE LINKE): Man braucht die Namen doch nicht!)

Ich möchte nochmals hervorheben, wie wichtig die Arbeit der saarländischen Polizeibeamten ist. Wir schätzen unsere Polizei als zuverlässigen Partner für Sicherheit und Ordnung in unserem Land.

(Abg. Huonker (DIE LINKE) : Wir auch! - Abg. Schramm (DIE LINKE): Unverschämt!)

Die Beamtinnen und Beamten verdienen unseren Respekt und unsere Anerkennung, nicht unser Misstrauen. Wir unterstützen die wichtige und professionelle Arbeit der Polizei nach Kräften. Unsere Haltung wird auch weiterhin davon geprägt sein, die Rahmenbedingungen für eine qualitativ hochwertige Arbeit der Polizei sicherzustellen. Ich bitte um Zustimmung für den vorgelegten Gesetzentwurf in Erster Lesung und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat für die Fraktion der PIRATEN Herr Fraktionsvorsitzender Michael Hilberer.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte die Zeit kurz zu etwas anderem nutzen. Wir hatten in einer Veranstaltung des Presseclubs in der vergangenen Woche zwei Jahre PIRATEN-Fraktion im Landtag des Saarlandes. An dieser Stelle möchte ich mich - vielleicht etwas ungewöhnlich - bei Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen in unserem Landtag, bedanken für die meist freundliche und meist faire Aufnahme. Vielen Dank.

(Beifall des Hauses.)

Ich weiß, wenn eine Fraktion völlig neu in den Landtag kommt, dann muss man manchmal Geduld mit ihr haben. Man kennt noch nicht die Prozesse, die hier so üblich sind. Wir wollen ja auch nicht alles so machen, wie es alle schon vorher gemacht haben. Ich sage Ihnen aber ebenso offen: Manchmal mussten wir auch viel Geduld mit Ihnen haben.

(Heiterkeit.)

Wo wir gerade beim Thema Geduld sind: Bei diesem Entwurf zum Polizeigesetz ist unsere Geduld leider am Ende.

(Beifall von den PIRATEN.)

Sie vermitteln häufig in Ihren Darstellungen und Reden die Auffassung, dass wir in einer unglaublich gefährlichen Welt leben, dass allerorten der Terrorismus blüht und dass man sich aufgrund von kriminellen Banden kaum vor die Tür wagen kann. Das entspricht aber nicht der Lebensrealität in unserem Land - zum Glück.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Ich glaube, es ist auch Ausdruck dieser Lebensrealität, dass die Landesregierung es für recht und billig gehalten hat, Polizeiwachen im Nordsaarland über Nacht nicht mehr zu besetzen. Was sich die Regierung jedoch bei der Formulierung dieses Gesetzentwurfs gedacht hat, frage ich mich schon. Das Gesetz ist in der Form, wie der Gesetzentwurf vorliegt, verfassungswidrig und muss daher in Erster Lesung abgelehnt werden.

Ich möchte dies gerne erläutern. Es geht auch mir um den bereits genannten § 9, die Identitätsfeststellung und Prüfung von Berechtigungsscheinen durch die Polizei. Es stand bisher im Gesetz, dass die Polizei die Identität von Personen feststellen kann zur Abwehr einer Gefahr, wenn sich die Person an einem Ort aufhält, an dem aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung verabreden, vorbereiten oder verüben oder Straftäterinnen oder Straftäter sich verbergen. Neu ist der Passus, dass die Feststellung der Identität möglich sein soll, wenn die Person sich an einem Ort aufhält, an dem Personen der Prostitution nachgehen. Die Neufassung dieser Norm widerspricht dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nach Art. 12 Abs. 1 der Saarländischen Verfassung, nach dem eine Ungleichbehandlung zumindest dann verfassungswidrig ist, wenn sich kein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonst wie einleuchtender Grund für diese Ungleichbehandlung finden lässt. Vorliegend ist dieser Grund nicht ersichtlich, denn - ich nehme an, Sie haben es vernommen und wissen es - Prostitution ist in Deutschland nicht strafbar.

(Beifall von den PIRATEN.)

Jetzt hat Kollege Strobel kurz angesprochen, dass es um so etwas wie Milieustraftaten geht, dass man also Orte der Prostitution in den Verdacht stellt, dass dort Verbrechen verübt werden. Aber all dies lässt sich nach bestehender Rechtslage problemlos abdecken. Es ist keine Erweiterung auf diese Orte, an denen der Prostitution nachgegangen wird, nötig. Was man aber tut, wenn man einen solchen unnötigen Passus einführt, ist, Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter und ihre Kunden mit Straftätern gleichzusetzen. Das wäre eine De-facto-Kriminalisierung der Prostitution. Das können wir in der Art nicht mittragen.

(Abg. Strobel (CDU) )

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Tatsache ist, dass hier eine Diskriminierung aufgrund der Ausübung und Inanspruchnahme einer legalen Tätigkeit erfolgt. Das ist in dieser Form nicht hinnehmbar.

Ich möchte kurz auf das eingehen, was Kollege Strobel allgemein zur Prostitution gesagt hat. Es ist nicht so, dass es ein Gewerbe wäre - formal gesehen ist es auch kein Gewerbe -, in dem keine Probleme bestünden. Das ist ganz klar und liegt natürlich auch daran, dass es in einem Graubereich stattfindet. Durch die Liberalisierung der Prostitutionsgesetze in der Vergangenheit hat man versucht, es mehr aus diesem Graubereich herauszuführen. Das war durchaus teilweise erfolgreich. Nun geht es darum, weitere Schritte in diese Richtung zu unternehmen, und nicht darum, den Weg zurückzugehen, wie es die saarländische Landesregierung momentan macht, indem sie die Situation für die Prostituierten de facto verschlimmert.

(Beifall von den PIRATEN.)

Wenn man es ehrlich meint mit den Frauen und Männern, die in diesem Gewerbe arbeiten, und wenn man sie wirklich schützen möchte, muss man auf Präventionsangebote setzen. Es kann nicht sein, dass wir Hilfsorganisationen wie Aldona nicht die Mittel zur Verfügung stellen, dies zu tun. Es kann nicht sein, dass wir eine Kondompflicht einführen, die nicht kontrollierbar ist, und dann sagen, wir geben Flyer mit, dass eine Kondompflicht besteht. Dann hätten wir auch einfach nur Flyer zur Sicherheit von Kondomen mitgeben können.

Gegen den groben Unfug von § 9 wirken sich die anderen Fehler fast gering aus. Ich möchte trotzdem kurz darauf eingehen. Es sind Dinge, die man im Ausschuss noch heilen könnte. In § 27 gibt es einen neuen Absatz 4, der die Vollzugspolizei berechtigt, eingehende Notrufe zur Dokumentation des Notfallgeschehens aufzuzeichnen. Dagegen ist nichts zu sagen, was aber fehlt, ist eine konkrete Festlegung der Speicherdauer. Das kann man nachschieben. Das ist kein Problem.

Zu § 28a Abs. 5. Der neu eingeführte Absatz besagt, dass die Landesregierung und der Landtag jährlich über den erfolgten Einsatz technischer Mittel in Wohnungen unterrichtet werden sollen. Es geht also um die Abhörmaßnahmen. Das ist sehr gut. Die Idee dahinter ist, eine parlamentarische Kontrolle über die technische Überwachung von Wohnungen auszuüben. Das Problem ist, dass es nicht konkret genug gefasst ist. Es fehlt an einer konkreten Art und Weise der Information, die die Landesregierung dem Landtag geben soll: Etwa im Rahmen eines schriftlichen Berichts oder würde ein mündlicher Bericht genügen? Soll dieser Bericht veröffentlicht werden? Wenn ja, in welcher Form? Es könnte beispielsweise

auch eine Drucksache des Landtages sein. Es ist fraglich, ob die parlamentarische Kontrolle alleine auf Grundlage des Berichts der Landesregierung erfolgen kann. Falls sie das kann, welche Befugnisse soll der Ausschuss haben, die dem Bericht zugrunde liegenden erhobenen Daten, Akten und sonstigen Informationen einzusehen? Eine einfache Aufstellung bringt insofern keine weitere Kontrolle, sondern es muss darum gehen, dass der Ausschuss das Recht hat, sich die zugrunde liegenden Daten anzuschauen. Auch fehlt es an Regelungen möglicher Sanktionen, wenn der Ausschuss im Rahmen seiner Kontrolle eben diese Punkte kritisieren muss. So kann man konstatieren: In der vorliegenden Form ist dieses Kontrollrecht des Landtages ein sehr zahnloser Tiger, der keine Verbesserung bei den Bürgerrechten bringt.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Kleinere Fehler gibt es auch in § 28c bei der Erhebung der Telekommunikationsdaten. Hier spricht man einfach nur von denjenigen, die geschäftsmäßig an Telekommunikationsdiensten mitwirken. Das ist ein viel zu weit gefasster Begriff. Hier muss deutlich enger gefasst werden. Folgendes ist in diesem Paragraf ebenfalls extrem schlecht formuliert. Man behandelt die Verkehrsdaten in Absatz 1 anders als die Kommunikationsdaten in den Absätzen 2 und 3, die man unter Richtervorbehalt stellt. Für die Verkehrsdaten gilt das im vorliegenden Entwurf nicht. Wir haben in diesem Landtag schon hinreichend die Debatte geführt, dass gerade Verkehrsdaten in Zeiten des Internets eine sehr große Auskunftsmöglichkeit darüber bieten, was der Nutzer tut und mit wem er worüber kommuniziert. Das ist de facto eine Einschränkung der Meinungsfreiheit, die man so nicht hinnehmen kann.

Ich beeile mich jetzt etwas aufgrund meiner Redezeit und lasse einige kleinere Anmerkungen weg. Ich appelliere an Sie, den Landtag, an dieser Stelle gegenüber der Regierung, vor allem gegenüber dem Regierungsentwurf, eine klare Kante zu zeigen. Über einzelne Punkte kann man streiten, aber bezüglich der Verfassungswidrigkeit von § 9 kann die Empfehlung nur lauten, diesen Gesetzesantrag in Erster Lesung abzulehnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den PIRATEN.)

Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache -

(Sprechen.)

Entschuldigung, jawohl, das war mein Fehler. - Das Wort hat für die SPD-Fraktion Herr Fraktionsvorsitzender Stefan Pauluhn.

(Abg. Hilberer (PIRATEN) )

Vielen Dank. - Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Unabhängig von den nicht haltbaren Vorwürfen des Kollegen der PIRATEN, nämlich dass es im vorliegenden Entwurf um nicht verfassungskonforme Einzelaspekte ginge, zeigt die Debatte bislang doch ein anderes Bild: Gerade aus den Einlassungen der LINKEN hörte man heraus, dass es dem Grundsatz nach bei dem Entwurf um ein Gesetz geht, das auf breite Zustimmung stößt. Zumindest in wesentlichen Einzelpunkten geht die Zustimmung auch über den Kreis der Koalitionsfraktionen hinaus. Ich gehe einmal davon aus, dass insbesondere zu zwei Punkten, die eigentlich Grund der Gesetzesnovellierung sind und die bereits Bestandteil zweier Koalitionsverträge waren, auch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Fraktion keine Einwendungen hat.

Ich entnehme der Diskussion heute ein Zweites: Es ist bald Kommunalwahl. Da sind wir alle sehr schnell dabei, eigene Parteipositionen etwas stärker zu betonen, als man dies vielleicht machen würde, wenn man die Debatte in drei Wochen zu führen hätte.