Erste Lesung des von der CDU-Landtagsfraktion und der SPD-Landtagsfraktion eingebrachten Gesetzes zur Änderung abfallrechtlicher Vorschriften (Drucksache 15/957)
Zur Begründung erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Magnus Jung von der SPD-Fraktion das Wort, wohl für beide Koalitionsfraktionen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir in der zurückliegenden Stunde eine - mit Blick auf die saarländische Wirklichkeit - Phantomdebatte geführt haben, können wir uns nun den tatsächlichen Problemen unseres Landes zuwenden -
(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) : Das ist eine Unverschämtheit! Das ist wirklich eine Unverschämtheit, diese Debatte, die das ganze Haus geführt hat, als Phantomdebatte zu bezeichnen! Zurufe von der LINKEN: Unmöglich! - Abg. Kugler (DIE LINKE): Nur weil ihr euch nicht damit befassen wollt, ist das noch keine Phantomdebatte!)
Wir können Beschlüsse zu Maßnahmen fassen, die zur konkreten Verbesserung der Situation in unserem Land beitragen. Wir von der SPD-Fraktion und der CDU-Fraktion bringen heute ein Gesetz zur Änderung abfallrechtlicher Vorschriften ein. Wir wollen damit das Saarländische Abfallwirtschaftsgesetz und das EVS-Gesetz ändern.
Mit dieser Gesetzesänderung verfolgen wir fünf Ziele: Erstens wollen wir ökologische Verbesserungen in der Abfallwirtschaft im Saarland herbeiführen. Wir wollen weniger Abfall, den weiterhin anfallenden Abfall wollen wir ökologisch höherwertig verarbeiten. Zweitens wollen wir dadurch die Wertschöpfung im Saarland verbessern und die Zahl der hiesigen Arbeitsplätze erhöhen. Drittens wollen wir die Kommunen im Land entlasten und die kommunale Kooperation fördern. Viertens wollen wir effizientere Entscheidungsstrukturen beim EVS schaffen. Und fünftens wollen wir im Zuge dieser Operation für die Bürgerinnen und Bürger stabile Gebühren ermöglichen.
Ein wesentlicher Gegenstand dieses Gesetzes ist die Einführung einer Andienungspflicht für Grünschnitt von den Kommunen an den EVS. Wir sprechen hierbei von circa 80.000 bis 100.000 Tonnen Grünschnitt. Die Einführung einer Andienungspflicht ist notwendig geworden durch verschärfte Anforde
rungen im Kontext des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Es ist zwingend vorgesehen, künftig den Grünschnitt, zu dem auch holzartige und krautige Mengen gehören, in wesentlich geringerem Maße zu kompostieren und in wesentlich höherem Maße anderen Zwecken, insbesondere der energetischen Verwendung, zuzuführen. Damit diese Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes von ihnen umgesetzt werden könnten, müssten die Gemeinden, die bislang für die Grünschnitt-Verwertung zuständig sind, in den kommenden Jahren in nicht unerheblichem Maße in ihre Anlagen investieren. Das würde aber die Leistungsfähigkeit vieler Gemeinden übersteigen, wodurch der ökologische Fortschritt in diesem Zusammenhang behindert würde.
Es bleibt nach unseren Überlegungen dabei, dass das Einsammeln des Grünschnitts eine gemeindliche Aufgabe ist, denn die Gemeinden haben dies in den zurückliegenden Jahren bereits mit großer Bürgernähe umgesetzt. Uns ist aber auch bewusst, dass es in der einen oder anderen Gemeinde den Wunsch gibt, auch diese Aufgabe künftig an den EVS zu übertragen. Dies ist allerdings nicht Gegenstand unseres Gesetzentwurfes.
Wir haben für diese Übertragung im Gesetzentwurf einen recht langen Übergangszeitraum vorgesehen: Diese Andienungspflicht soll tatsächlich erst im Jahr 2020 greifen. Angesichts dessen mag man sich zunächst einmal die Frage stellen: Warum so spät? Ist es nicht vielleicht doch etwas allzu wenig ehrgeizig, das erst im Jahr 2020 zu machen? - Beschäftigt man sich aber mit den konkreten Problemen, erkennt man, dass der Übergang relativ schwierig zu organisieren ist. Es gibt Kommunen, die in den zurückliegenden Jahren in erheblichem Maße in ihre Anlagen investiert haben. Es stellt sich die Frage, was mit diesen Investitionen geschieht. Es gibt viele Kommunen, die miteinander oder mit Privaten Verträge haben, die weit die Zukunft reichen; insoweit sind die entsprechenden Aufgaben schon vergeben. Natürlich ist auch die Frage zu stellen, wie das Ganze so organisiert werden kann, dass es für die Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahler eine effiziente Lösung darstellt. Dabei steckt der Teufel im Detail. Um das sauber lösen zu können, braucht man einen entsprechend langen Übergangszeitraum.
Wir von den Koalitionsfraktionen wünschen uns, dass Lösungen gefunden werden, bei denen die bestehenden gemeindlichen Anlagen genutzt werden. Wir wünschen uns aber auch, dass durch die Andienungspflicht für die Anlagen, die künftig gebraucht werden, Planungssicherheit geschaffen wird. Der EVS muss nicht eigene Anlagen bauen, er kann sich auch der Anlagen der Gemeinden und möglicherweise auch der Anlagen von Privaten oder unserer Partner in Lothringen bedienen. Wichtig ist, dass der EVS mit diesem Gesetz verpflichtet wird,
bis zum Ende des Jahres 2015 ein detailliertes Konzept vorzulegen, damit dann mit den notwendigen Vorbereitungen und Investitionen tatsächlich begonnen werden kann.
Die Detailregelung all dieser Aufgaben wird im Aufgabenbereich der kommunalen Selbstverwaltung belassen. Die Gemeinden und Städte im Saarland, die Mitgliedskommunen des EVS, regeln diese kommunale Aufgabe im Zweckverband selbst. Es ist nicht Aufgabe des Landtages oder der Landesregierung, hier in Details einzugreifen, detaillierte Vorgaben zu machen.
Vor allem erwarten wir uns durch diese Regelung die Möglichkeit, den Grünschnitt künftig gemeinsam mit den Bioabfällen im Saarland zu verwerten. Wir haben ja die etwas missliche Situation, dass ein großer Teil der Bioabfälle, insgesamt circa 50.000 Tonnen, derzeit außerhalb des Saarlandes behandelt werden muss. Dies geschieht teilweise in Hessen, die Abfälle müssen über viele Hundert Kilometer transportiert werden. Es wäre sinnvoll, auch diese Stoffe im Saarland zu verwerten. Für eine Verwertung gemeinsam mit dem Grünschnitt gibt es gute technische Voraussetzungen. Dies belegen auch zwei Gutachten, die der EVS in Auftrag gegeben hat und die im vergangenen Jahr vorgestellt wurden.
Es wird also ein erheblicher ökologischer Fortschritt erreicht. Ein Problem, über das viele Jahre hinweg im Saarland eine Diskussion geführt wurde, wird mit diesem Gesetz einer Lösung zugeführt. Damit wird auch ein wesentlicher Baustein unseres Koalitionsvertrages erfüllt.
Wenn wir diese Dinge regeln, haben wir uns gesagt, wollen wir auch andere Dinge im Rahmen der Abfallwirtschaft und im EVS-Gesetz ändern, die sich in den letzten Monaten und Jahren als veränderungsbedürftig herausgestellt haben. Wir werden beispielsweise Prozesse der Entscheidungsfindung erleichtern, indem wir zwar einerseits im Bereich der Haushaltsberatungen und der Satzungen das Mitwirkungsrecht der Räte belassen, andererseits aber im Bereich der Personalentscheidungen beim EVS die Verantwortung auf die direkt gewählten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister als Mitglieder der Zweckverbandsversammlung übertragen.
Wir werden wunschgemäß den Aufsichtsrat des EVS von 13 auf 17 Mitglieder vergrößern, um eine größere Beteiligung zu erreichen, mehr Transparenz und damit auch eine größere Akzeptanz der Arbeit des EVS in der kommunalen Familie. Wir werden allen Mitgliedern der Verbandsversammlung ein Stimmrecht für alle Aufgaben im Aufsichtsrat ermöglichen, in Zukunft also auch für die sogenannten §-3-Kommunen.
dungsgruppe B 5 erfolgen soll, so wie es de facto jetzt auch schon ist. Das ist eine leistungs- und aufgabengerechte Besoldung. Es ist eine Besoldung, die auch mit Blick auf die Interessen des Gebührenzahlers angemessen ist. Und wir werden klarstellen, dass in Zukunft auch die Möglichkeit besteht, sich zwischen einem Beamtenverhältnis oder einer Anstellung im Angestelltenverhältnis zu entscheiden.
Wir werden, meine Damen und Herren, in den nächsten Tagen und Wochen sehr intensiv an diesem Gesetzeswerk arbeiten müssen, denn wir haben nur eine relativ kurze Zeit für das Anhörungsverfahren. Wir halten dies allerdings auch für vertretbar, denn alle Fragen, die in diesem Gesetz geregelt werden sollen, sind ja schon in den letzten Jahren in vielen Sitzungen des saarländischen Landtagsausschusses beraten worden, sodass es hier nicht um neue Themen geht. Es geht darum, dass Themen, die schon lange zur Entscheidung angestanden haben, jetzt endlich entschieden werden. Ein gewisser Zeitdruck ergibt sich auch daher, dass es Sinn macht, die demnächst - nach der Kommunalwahl - anstehende Neubesetzung der Gremien des EVS schon auf der neuen gesetzlichen Grundlage vorzunehmen. Wie immer wird es möglich sein, im Rahmen des Verfahrens das ein oder andere, was an Anregungen aus den Städten und Gemeinden und von anderer Seite kommen wird, in die Diskussion aufzunehmen. Aber am Ende werden wir relativ zügig entscheiden müssen.
Ich möchte zusammenfassen: Das vorgelegte Gesetzeswerk ist ein erheblicher Fortschritt in der Abfallbewirtschaftung im Saarland. Es ist eine Möglichkeit für die Städte und Gemeinden, besser zusammenzuarbeiten, das Geld für Investitionen an vielen Stellen einzusparen. Es schafft schlanke Strukturen beim EVS und sichert stabile Gebühren für die Bürgerinnen und Bürger. Es ist im Großen und Ganzen eine gute Entscheidung für unser Land. Ich bitte um Zustimmung. - Vielen Dank.
Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE Frau Abgeordnete Dagmar Ensch-Engel.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung abfallrechtlicher Vorschriften soll eine Anpassung des Saarländischen Abfallwirtschaftsgesetzes und des Gesetzes über den Entsorgungsverband Saar an die neue Rechtslage erfolgen. Hierzu wurde uns nun recht kurzfristig, nämlich Ende letzter Woche, ein Entwurf von 43 Seiten vorgelegt. Dieser soll nun innerhalb von vier Wochen beraten und noch vor der
Sommerpause verabschiedet werden. Mein sehr geschätzter Kollege Roth hat eben bei der Einbringung unseres Gesetzentwurfes gesagt, ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, den ungefähren Wortlaut: Gesetzentwurf einbringen, ein bisschen Ausschussarbeit, dann abnicken - so einfach geht das nicht! Das gilt dann aber auch bitte für Ihren Entwurf!
Wenn man bedenkt, dass sich die Lenkungsgruppe zwei Jahre Zeit genommen hat, um sich mit der Sache EVS zu beschäftigen und sich beim Thema Grünschnittverwertung noch ein Zeitfenster von mindestens anderthalb Jahren vorbehält, sind vier Wochen doch mehr als dürftig.
Wie wir alle wissen, waren der EVS und seine Arbeitsweise in den letzten Jahren massiv in der Kritik. Das ist Grund genug, eine langfristige, effiziente Konzeption zu erarbeiten, die den Interessen der Kommunen, des EVS selbst und natürlich der Verbraucher gerecht wird. In der Tat kann es doch nur in unser aller Interesse sein, ein Entsorgungskonzept zu entwickeln, das in fachlicher Hinsicht professionell, wirtschaftlich und kostenstabil funktionieren kann.
Mit der Drucksache 15/25 vom 22.05.2012 wurde der EVS vom Landtag des Saarlandes unter anderem aufgefordert, die Wirtschaftlichkeit seines Handelns im Abfallbereich zu überprüfen und alle Möglichkeiten der Einsparpotenziale zur Stabilisierung der Gebühren aufzuzeigen. Vor diesem Hintergrund des Nachweises der Wirtschaftlichkeit haben wir erwartet, dass es betriebswirtschaftliche Kennzahlen und einen bundesweiten Vergleich mit anderen Organisationen in der Abfallwirtschaft geben würde. Das war nicht der Fall.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, laut § 4 EVSG hat der EVS seine Aufgaben nach wirtschaftlichen Grundsätzen unter besonderer Berücksichtigung der geringeren Belastung der Gebührenzahler zu erledigen. Ausgehend von den Unterlagen, die vom EVS bislang zur Verfügung gestellt wurden, ist aus meiner Sicht eben nicht dargelegt, dass ein Maximum an Sparsamkeit und Effizienz erreicht ist. Neben der zeitlichen Enge, die wir bemängeln, fehlen uns auch aussagekräftige Unterlagen! So liegen uns die Gutachten von IZES und IfaS nur in Kurzversion vor. Ein Biomüll-Konzept, hierzu eine Wirtschaftlichkeitsberechnung oder etwa eine Risikobewertung im Hinblick auf die Kostenentwicklung, auf Verbraucherverhalten oder die demografische Entwicklung - all das fehlt. Da erlaube ich mir die Frage: Wo bleibt da die viel gerühmte Transparenz? Wie stellen Sie sich da die Zusammenarbeit vor?
Der vorliegende Entwurf ist aber auch in anderer Hinsicht für mich bedenklich. Er beinhaltet Einschränkungen der Möglichkeit von Weisungen sei
tens der Gemeinderäte. Die Aufgabe von bewährten demokratischen Strukturen ist für uns überhaupt nicht vorstellbar!
Mein Hauptkritikpunkt ist aber das Fehlen von gesetzlichen Regelungen für mehr Kontrolle bei wirtschaftlichen und technischen Entscheidungen. Bisher liegt die Zuständigkeit beim Landesverwaltungsamt, das nach eigenen Angaben bisher keine Veranlassung zur Überprüfung gesehen hat, da die wirtschaftliche Ausrichtung des EVS eine kommunale Aufgabe ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor man ein Gesetz auf den Weg bringt, sollte man ein tragfähiges Konzept erarbeiten und nicht umgekehrt. Der vorliegende Entwurf wird aus unserer Sicht dieser wichtigen Sache nicht gerecht. Wir können ihm deshalb nicht zustimmen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Ensch-Engel! Außer pauschaler Kritik war das wenig Substanzielles zum vorliegenden Gesetzentwurf! Wenn Sie ein Konzept verlangen,
hätten Sie sich zumindest einmal konzeptionell zu dem vorliegenden Gesetzentwurf äußern müssen. Das haben Sie nicht getan. Im Übrigen, glaube ich, müssen Sie sich einmal erkundigen, wer der EVS ist. Der EVS, das sind die saarländischen Städte und Gemeinden.
Meine Damen und Herren, ich komme zum vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung abfallrechtlicher Vorschriften. Er ist die Folge der Umsetzung von EU-Recht sowie der Anpassung und Ergänzung von abfallrechtlichen Regelungen des Bundes bezüglich des aktuellen Kreislaufwirtschaftsgesetzes, das seinerseits die Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie verfolgt, die Stärkung nachhaltigen Wirtschaftens sowie den Ressourcenschutz.
Die Zielsetzung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ist wegen ihrer besonderen Bedeutung nochmals im Saarländischen Abfallwirtschaftsgesetz aufgenommen worden, und zwar als fünfstufige Abfallhierarchie. Die erste Stufe ist die Vermeidung von Abfall,
die zweite und für uns wahrscheinlich wichtigste die Vorbereitung zur Wiederverwendung. Dann kommen Recycling, Verwertung und Verfüllung sowie Beseitigung. Das sind die wesentlichen Punkte der Abfallhierarchie, die wegen ihrer Bedeutung nochmals im Gesetz aufgenommen worden sind.
Eine besondere Verpflichtung und Vorbildwirkung wird mit dem Saarländischen Abfallwirtschaftsgesetz den Behörden und den Körperschaften des öffentlichen Rechts auferlegt. Sie sollen unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Vorbild in Bezug auf die Ressourcenverantwortung sein. Das betrifft insbesondere den Erwerb von Gebrauchs- und Verbrauchsgütern und in ganz besondere Weise Bauvorhaben im Rahmen der Bauverwaltung. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ändert sich die Zuständigkeit der Kommunen im Bereich Grünschnitt, Laub, Äste, Strauchwerk und vergleichbare Materialen. Derzeit sind die Kommunen für Sammeln und Verwertung zuständig, zukünftig wird sich die Zuständigkeit der Kommunen auf das Sammeln beschränken. Wobei wir eine lange Übergangszeit bis zum 01. Januar 2020 ins Saarländische Abfallwirtschaftsgesetz aufgenommen haben. Ich komme später noch darauf zu sprechen.