Wenn wir aufrechnen, was Ihre Vorschläge alle kosten, dann reicht Ihre Gegenfinanzierung bei Weitem nicht aus. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir hier eine glaubwürdige und verantwortungsvolle Politik machen. Wir übernehmen auch im Bereich der Bildungspolitik die Verantwortung, zum einen für die notwendige Haushaltskonsolidierung, aber zum anderen auch für eine Investition in Bildung unter Einhaltung der Schuldenbremse. Meine sehr geehrten Damen und Herren, dies ist eine große Herausforderung, das wissen wir alle. Aber wir stellen uns dieser Herausforderung und übernehmen in diesem Be
Vielen Dank, Frau Kollegin Rink. - Das Wort hat für die Fraktion B 90/GRÜNE Herr Abgeordneter Klaus Kessler.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben ja gestern und natürlich auch in der Debatte soeben sehr viel über die Bedeutung gehört, die die Große Koalition dem Thema Bildung beimisst und insbesondere den Investitionen in diesem Bereich. Ich sage vorab: Aus meiner Wahrnehmung heraus sind diese Aussagen der Kollegin Rink und der Kollegin Kolb eher eine Lobhudelei, zum Teil auch eine Schönrechnerei. Ganz offensichtlich haben sich die Große Koalition und Kollege Commerçon, der Bildungsminister, darauf verständigt, die Öffentlichkeit ein wenig zu täuschen
darüber, was man in diesem Land unter Bildungsinvestitionen versteht. Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, neuerdings, das ist ja angesprochen worden, werden die Versorgungsausgaben in die Bildungsausgaben eingerechnet - das sind Personalausgaben für Lehrkräfte im Ruhestand, das ist schon klar. Aber es ist schon ein starkes Stück, wenn man das als Bildungsinvestitionen bezeichnet.
Das ist meines Erachtens für die Bürgerinnen und Bürger in der Öffentlichkeit eine glatte Irreführung, denn dies sind keine echten Verbesserungen im Bildungsbereich.
Das haben wir als Vorgängerregierung einfach so nicht gemacht. Wenn ich die Versorgungsbezüge aus dem Bildungshaushalt herausrechne, bleibt eine magere Steigerungsrate von 0,3 Prozent - Sie sprachen von 0,2 Prozent, wir haben 0,28, also fast 0,3 Prozent errechnet. Ich bin der Kollegin Kolb ausgesprochen dankbar, denn es ist mutig, in diesem Gremium zuzugeben, dass die Steigerungsrate so mager ist.
Sie sagen damit etwas anderes, als gestern etwa der Kollege Meiser gesagt hat oder der Kollege Toscani, was die Investitionen in die Bildung angeht. Ich kann aber noch weitergehen, es wird dann noch weniger, die Suppe wird dann ganz dünn. Wenn ich die
Funktionsbereiche betrachte und nur die echten Ausgaben für die Bildung rechne, und zwar die für Schulen und für die frühkindliche Bildung, dann sinken die eigentlichen Bildungsausgaben sogar um 5,3 Millionen Euro. Das ist die Realität dieses Bildungshaushalts, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Zum Vergleich: Der Gesamthaushalt steigt um 2 Prozent an. Es gibt aber im Koalitionsvertrag die Aussage, dass die Bildungsausgaben stärker ansteigen sollen als der Gesamthaushalt.
Das hat gestern auch der Kollege Meiser gesagt und das ist falsch! Mit dieser Meinung stehe ich nicht alleine. Ich schaue den Kollegen Kurtz an und zitiere aus der Stellungnahme der Arbeitskammer zu diesem Haushalt, mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin: Während der Gesamthaushalt prozentual um fast 2 Prozent steigt, verzeichnet der Bildungshaushalt lediglich ein Wachstum von circa 0,3 Prozent. Dem stets zugewiesenen Sonderstatus des Bildungsbereichs im Zuge der Konsolidierungsmaßnahmen steht eine deutliche Absenkung des Stellenwerts von Bildungsausgaben gemessen am Gesamtetat gegenüber. Der im Koalitionsvertrag getroffenen Aussage der Landesregierung wird hier faktisch widersprochen. Zitat Ende aus der Stellungnahme der Arbeitskammer mit der Überschrift: Ziel verfehlt. Dem kann ich, meine Damen und Herren, nichts hinzufügen.
Ein weiteres Ziel, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat diese Landesregierung verfehlt, nämlich die schrittweise Erhöhung des Anteils der Bildungsausgaben auf 30 Prozent des Gesamtetats. Auch hier bemühe ich die Feststellungen der Arbeitskammer des Saarlandes: Der Haushalt im Jahr 2005 hat eine Anteilsquote am Gesamtetat von 21,21 Prozent - das stellt die Arbeitskammer fest, nicht wir. Wenn ich im Vergleich dazu sehe, wie der Anteil im Jahr 2011 war, da gab es eine andere Regierung in diesem Land, da lagen wir anstatt bei 21,21 Prozent bei einer Quote von 21,99 Prozent. Nach Adam Riese ist das zwar nicht viel mehr, aber doch deutlich mehr als das, was die jetzige Landesregierung als Anteil ausweist. Dies haben nicht wir festgestellt, sondern die Arbeitskammer des Saarlandes.
Ein drittes Ziel haben Sie nicht erreicht, Sie erhalten die demografische Rendite weder im Schulsystem noch in der frühkindlichen Bildung. Die Ausgaben in der frühkindlichen Bildung sinken nämlich in diesem Haushalt nachweislich um 1,3 Millionen Euro. Also kann von einer Kapitalisierung von Lehrerstellen, die Sie immer wieder wohlfeil anpreisen, zumindest in
diesem Bereich niemals die Rede sein. Sie streichen nämlich in diesem Haushalt insgesamt sage und schreibe 230 Stellen.
Wie errechnen wir das? Das lege ich einmal dar. Wir sehen zunächst einmal die Stellenstreichungen in diesem Schuljahr, das bekanntlich Mitte des kommenden Jahres endet. Dann schauen Sie bitte - Sie können es im Haushalt lesen - auf die kw-Vermerke, die dort stehen und bis zum Ende des kommenden Jahres fällig werden. Wir reden hier über das Haushaltsjahr 2015. Dann rechnen wir auch noch die zu streichenden Stellen in den Studienseminaren hinzu. Das sind 118.
Ich erlaube mir, mit einem Blick in die Vergangenheit darauf hinzuweisen: 2009 waren es plus 30 Stellen in den Studienseminaren, 2010 plus 40 Stellen, 2011 plus 12 Stellen. Wir haben in unserer Regierungszeit insgesamt um 82 Stellen erweitert.
Und jetzt kommt die exakte Abrechnung. Im nächsten Haushaltsjahr wird es an den Grundschulen 20 Stellen weniger geben, an den Förderschulen eine Stelle weniger, an den Gemeinschaftsschulen, Erweiterten Realschulen und Gesamtschulen zusammen 53 Stellen weniger, an den Gymnasien 18 Stellen weniger und an den beruflichen Schulen minus 20 Stellen. Die Studienseminare habe ich bereits erwähnt. Das kann man ja als Kapitalisierung umrechnen, das macht insgesamt 6,3 Millionen Euro Einsparung in diesem Haushalt aus. Und diese werden nicht kapitalisiert.
Jetzt können Sie natürlich sagen, wir brauchen weniger Lehrerstellen, weil die Schülerzahlen zurückgehen. Auch das muss man sich genauer anschauen, insbesondere im Hinblick auf die Prognosen, es gibt ja mehrere Berechnungen. Die erste Berechnung wurde von der PwC angestellt, sie hatten festgestellt, bis zum Jahr 2020 gehen die Schülerzahlen um 21,5 Prozent zurück. Das wurde bereits vom Bildungsminister korrigiert auf 17,9 Prozent. Nach einer anderen Statistikauswertung, die wir angestellt haben ab dem Jahr 2010, sind es nur noch 12 Prozent.
Ja, ich komme gleich darauf, wir werden auch noch unterstützt. - Jetzt schauen wir die Berechnung der Arbeitskammer des Saarlandes an. Die kommen auf einen Schülerrückgang von 10 Prozent.
So. Wenn man jetzt sagt, dieser Schülerrückgang ist der Grund, Lehrerstellen abzubauen, dann sagen wir in aller Deutlichkeit, diese Prognosen sind keine verlässliche Datengrundlage für einen Stellenabbau im Lehrerbereich in diesem Umfang.
Wenn Sie dennoch Stellen abbauen, dann sage ich, dass die Schulen völlig neue Aufgaben haben, was Sie immer übersehen. Wir haben einen Zuwachs an Schülern nichtdeutscher Herkunft und mit unzureichenden Deutschkenntnissen. Wir haben das Thema Inklusion, dem wir zugestimmt haben, wobei wir auch gesagt haben, die Rahmenbedingungen müssen aber stimmen. Sie prahlen mit dem Ausbau der Ganztagsschulen. Der Kollege Pauluhn hat gestern die Zahl von zehn Schulen genannt, die Sie neu eingerichtet haben - es sind zwar nur acht, aber mit den Zahlen nehmen Sie es nicht so genau -, dafür brauchen wir mehr Lehrerstellen. Außerdem ist ein solcher Stellenabbau ein Schlag ins Gesicht aller engagierten Lehrerinnen und Lehrer vor Ort, die sich nach wie vor unter ungünstigen Rahmenbedingungen darum bemühen, unsere Schülerinnen und Schüler zu erziehen und zu bilden.
Es gibt aber auch noch weitere Probleme in unserem Schulsystem. Wir haben nach wie vor massiven Unterrichtsausfall, der nicht durch eine Lehrerfeuerwehr aufgefangen wird. Wir haben nach Berechnungen der GEW einen aktuellen strukturellen Fehlbedarf insbesondere im beruflichen Bereich, an den beruflichen Schulen von 48 festen Stellen. Im berufsbildenden Bereich fehlt insgesamt eine mobile Lehrerreserve, die haben wir nicht, keine Lehrerfeuerwehr. Wenn man gerade im berufsbildenden Bereich anfängt, Stellen abzubauen, meine sehr geehrten Damen und Herren, kommt das einer Todsünde gleich.
Die Klassengrößen sind aber auch ein Problem. Herr Minister, schauen Sie sich die Eingangsklassen im Kreis Saarlouis an den Gymnasien im 5. Schuljahr an. Dort gibt es nach wie vor 27 bis 29 Schülerinnen und Schüler. Im 6. Schuljahr sind es 30 Schülerinnen und Schüler. Das ist doch viel zu viel und entspricht überhaupt nicht Ihren Vorstellungen von 25, die Sie im Koalitionsvertrag als Klassenhöchstgrenze für weiterführende Schulen festgelegt haben, für Grundschulen 22. Da sind wir weit davon entfernt.
Wie Sie sparen, merkt man zum Beispiel auch an den Gemeinschaftsschulen. Die Gemeinschaftsschule In den Fliesen in Saarlouis stand in diesem Jahr vor der Situation, dass Eltern weitere Kinder dort anmelden wollten, 28 Kinder waren angemeldet. Es ist ihnen nicht erlaubt worden. Ihr Ministerium hat gesagt, die Schule darf keine Kinder mehr aufnehmen, weil ja ab 29 die Klasse hätte geteilt werden müssen. So spart man natürlich Schulklassen ein. Das ist aus unserer Sicht ein Spardiktat, das sich diese Landesregierung im Bildungsbereich verordnet hat. Das kann eigentlich so nicht weitergehen.
Zu den Gemeinschaftsschulen ist bereits einiges gesagt worden. Sie schließen Schulen trotz Elternprotesten in Wadgassen-Differten, Mandelbachtal, Nonnweiler, dort ist Widerstand signalisiert worden -
Abg. Kurtz (SPD) mit einer Zwischenfrage: Sie haben eben die Arbeitskammer zitiert. Können Sie mir sagen, wo das veröffentlich wurde?