Protokoll der Sitzung vom 02.12.2014

Da wir gerade bei den Bund-Länder-Finanzverhandlungen sind, wenden wir uns noch kurz dem Antrag der Koalition zu zur Anerkennung der Haushaltsnotlage des Saarlandes bei der Kofinanzierung von Bundesmitteln. Inhaltlich ist dagegen nichts zu sagen. Wir werden dem zustimmen. Die Übernahme des Kofinanzierungsanteils ist auch nur logisch bei den gegebenen Rahmenbedingungen. Aber weshalb dann schon wieder dieser devote Tonfall? Ist das die Verhandlungsstrategie der Landesregierung? Ist es die Verhandlungsstrategie der Landesregierung, in dieser Form in die Verhandlungen zu gehen? Gibt es überhaupt eine Verhandlungsstrategie? Sie müssen wenigstens ein Verhandlungsziel haben.

(Lachen bei den Regierungsfraktionen. - Anhal- tendes Sprechen.)

Ich lasse mich nachher gerne entsprechend informieren.

(Abg. Schmitt (CDU) : Wenn Sie nur ansatzweise eine Ahnung hätten! - Sprechen bei den Koalitionsfraktionen.)

Sie müssen wenigstens ein Verhandlungsziel haben, das über die Aussage „Wir sind so arm, gebt uns Geld“ hinausgeht. Welche Position vertritt das Saarland beispielsweise beim Soli? Das wurde mir aus der Berichterstattung nicht klar.

(Zurufe der Abgeordneten Pauluhn (SPD) und Meiser (CDU).)

Nein. Ich weiß, wir wollen das Geld aus dem Soli, das ist mir völlig klar, aber in welcher Art und Weise das jetzt passieren soll, ist unklar. Wollen wir es über die Einkommenssteuer, wollen wir einen Altlastenfonds, der über den Soli finanziert wird? Diese Details fehlen doch völlig in der Diskussion.

(Beifall von den PIRATEN. - Anhaltendes Spre- chen.)

Das Saarland ist eines von 16 Bundesländern in der Bundesrepublik Deutschland, mit allen Rechten und Pflichten eines Bundeslandes. Wir sind weder der Wurmfortsatz der Republik, noch sind wir der arme Schwager, der erst seit 1957 mitspielen darf.

(Beifall bei den PIRATEN.)

Als echtes Bundesland mit allen Rechten und Pflichten brauchen wir eine vernünftige Finanzausstattung, um diese zu erfüllen. Das ist die Grundlage des Eintritts in den Bundesstaat und das ist auch nicht verhandelbar.

(Abg. Hilberer (PIRATEN) )

(Beifall von den PIRATEN.)

Wenn Sie sich mit den Saarländerinnen und Saarländern unterhalten, die sich mit der Thematik auseinandersetzen, dann werden Sie auch von vielen hören, dass sie sich eine härtere Verhandlungsposition bei diesem Thema wünschen.

(Lachen bei den Regierungsfraktionen.)

Also kommen Sie bitte dieser Verantwortung auch als Landesregierung nach.

(Beifall von den PIRATEN.)

Bildung, Breitband, Gesundheit, Mobilität, das sind die vier Leitinvestitionen für ein zukunftsfähiges und zukunftswertes Saarland. Wir PIRATEN zeigen, wie man das machen kann. Gerade in Zeiten der Haushaltsnotlage, gerade wenn man finanziell mit dem Rücken zur Wand steht, muss man auch mutig sein und etwas wagen.

(Beifall von den PIRATEN.)

Dieses Land, unser Saarland hat das Recht auf eine tragfähige Zukunftsaussicht, eine bessere Aussicht, als auf milde Gaben anderer Bundesländer zu hoffen. Wenn Sie den Weg der Konsolidierung wirklich beschreiten wollen, dann müssen Sie den Menschen in unserem Bundesland auch eine Perspektive bieten. Die kann eben nicht sein: Wir müssen bei den Bund-Länder-Verhandlungen bemüht aussehen. Das ist keine Perspektive und hilft auch nicht beim Sparen.

Wenn eine Mutter, die arbeitet und Budgetverantwortung hat, in diesem Land spart, damit ihre Tochter eine vernünftige Familienplanung machen kann weil diese Tochter dank des schnellen Internets auch auf dem Dorf zwei Tage die Woche von zu Hause aus arbeiten kann und so Familienplanung und Karriereplanung unter einen Hut kriegt -, dann ist das eine Motivation zu sparen.

(Sprechen bei den Regierungsfraktionen.)

Wenn im Ministerium jemand sitzt, der über die Besetzung einer Stelle entscheidet und diese vielleicht zwei Monate nach hinten schieben kann, weil er weiß, dass er damit seinem Enkel eine bessere Schulbildung auf Weltniveau ermöglicht und das beste Studium, dann ist das eine echte Motivation zu sparen. Dann können wir auch gemeinsam ehrlich an der Haushaltskonsolidierung dieses Landes arbeiten.

Helfen Sie mit, diesem Land eine Zukunft zu bauen. Lassen Sie uns nicht in Lethargie verharren, die Saarländerinnen und Saarländer haben etwas Besseres verdient. Wir haben einen zugegebenermaßen kleinen, aber vorhandenen Spielraum. Wenn wir den Hebel richtig ansetzen, können wir mit diesem kleinen Spielraum viel hebeln. Wir müssen noch mehr

tun, aber die Landesregierung ist momentan bei Weitem nicht so weit, wie es dieses Land braucht. Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN und bei der LINKEN.)

Das Wort hat für die CDU-Fraktion Herr Fraktionsvorsitzender Klaus Meiser.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst darf ich mich dem Dank des Kollegen Pauluhn an alle Beteiligten anschließen, an der Spitze unser Finanzminister und unser Vorsitzender im Haushaltsausschuss: Herzlichen Dank für die geleistete Vorbereitung.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Der Kollege Hilberer hat praktisch den Einstieg meiner Rede geahnt und deshalb darf ich ihn gerne zitieren. Er hat gesagt, über die Zukunft des Saarlandes wird nicht in dieser Legislaturperiode entschieden. Ich glaube, es ist auch gut so, wenn darüber entschieden wird, wenn die PIRATEN nicht mehr dabei sind.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen und Heiter- keit.)

Er hat vier Leitbilder beschrieben. Es tut mir leid, ich muss das schon in dieser Klarheit heute sagen, Sie haben von vier Leitbildern gesprochen, Bildung, Breitband, Gesundheit und Mobilität, bei Ihnen kommt als fünftes Ahnungslosigkeit hinzu. Das ist ihr fünftes Leitbild, das haben Sie heute beeindruckend dargelegt. Damit bin ich genau bei dem Punkt, den Sie angesprochen haben. Es ist ein Armutszeugnis, was Sie hier abgelegt haben. In einer Phase, in der dieses Land um seine Existenz ringt, auf allen Ebenen darum kämpft, reformwillig ist und die Dinge angeht, hier so zu tun, als würde die Regierung versagen, als würden wir in Berlin nicht das Notwendige tun, als würden wir nicht kämpfen, das ist ein Armutszeugnis und eine Unverschämtheit gegenüber dieser Landesregierung. Das weise ich mit Entschiedenheit zurück!

(Anhaltender Beifall von den Regierungsfraktio- nen.)

Dem will ich ein Zweites anschließen. Ich bin davon überzeugt, dass wir in einer Lage sind, in der ein Parlament an alle gesellschaftlichen Gruppierungen appellieren darf, in die Gesamtverantwortung zu gehen. Wir haben eine Phase, wo es keinen Sinn macht, bestimmte Gruppierungen aufzuhetzen, dass sie immer mehr fordern sollen. Wir haben eine Phase, wo wir alle gesellschaftlichen Gruppierungen brauchen, die Gewerkschaften, die Verbände, die

(Abg. Hilberer (PIRATEN) )

Wirtschaft, die Fraktionen im Landtag und die Parteien, die den Menschen in diesem Land klar vermitteln: Wir haben begrenzte Ressourcen und kämpfen darum, diese begrenzten Ressourcen fair und gerecht einzusetzen für Prioritäten, die wir in diesem Land setzen müssen. Diese Gesamtverantwortung möchte ich heute auch einfordern. Es macht keinen Sinn, dass jeder sein Wunschkonzert vorträgt. Jeder sagt, wir werden benachteiligt. Jeder hat die Verantwortung, hinzuschauen, ob er fair behandelt wird. Jeder hat die Verantwortung mitzusparen und mit an der Zukunft dieses Landes zu arbeiten.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Deshalb eine letzte Anmerkung gegenüber dem Kollegen Hilberer. Wer hier in einem Parlament, das zum Teil schmerzhaft um 10.000 Euro ringen muss, das Gruppierungen Mittel kürzen muss, was wir nicht gerne tun, so tut, als würden 40 Millionen Euro keine Rolle spielen, der hat nicht verstanden, was Verantwortung gegenüber der Bevölkerung bedeutet. Deshalb erlaube ich mir, heute - nicht für Sie, Sie kennen die Zahlen, aber für die Zuhörinnen und Zuhörer, für die Zuschauerinnen und Zuschauer ein paar Zahlen zu wiederholen, damit deutlich wird, wo unser Land steht, warum wir um den Haushalt so ringen und warum wir allen Bereichen wehtun müssen.

Wir haben einen Haushalt von knapp 4 Milliarden Euro. Ich habe es Ihnen mehrfach vorgetragen. Wir haben Altlasten, die anerkannt sind, mit 500 Millionen Euro Zinsen, mit 500 Millionen Euro Versorgungslasten. Ich nenne nur noch zwei Zahlen: über 800 Millionen Euro aktive Bezüge und Sozialhilfe ich rede jetzt nur von Sozialhilfe - von weit über 200 Millionen Euro. Das macht deutlich, wie eng der Rahmen für dieses Land ist. Wenn wir es bei einem Ausgangspunkt von strukturell 1,2 Milliarden Euro Kreditaufnahme, um jahresbezogen den Haushalt finanzieren zu können, bis heute geschafft haben, natürlich nach Abzug der Konsolidierungsbeihilfen durch den Bund, bei rund 360 Millionen Euro zu landen - strukturelles Defizit -, dann ist das eine Riesenleistung, die wir vielen abverlangt haben, die aber auch viele mitgetragen haben. Auch dafür heute ein herzliches Dankeschön an alle, die diesen Weg konstruktiv mitgegangen sind.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wir sind gefordert, im Schnitt 65 Millionen Euro jährlich zusätzlich einzusparen, und wir werden nur so die Konsolidierungshilfen von jährlich 260 Millionen Euro erhalten. Das ist klar. Deshalb muss ich noch einmal den Kollegen Hilberer zitieren, der hier davon spricht, wir würden „devot“ auftreten, wir hätten keine Verhandlungsstrategie. Ja was ist das denn, was seit Monaten stattfindet? - Das Gegenteil. Ich will in aller Klarheit sagen, so wie unsere Ministerpräsiden

tin in Berlin verhandelt, wie unser Finanzminister, wie die ganze Koalition in Berlin einheitlich auftritt und kämpft, wenn das keine Strategie ist, dann weiß ich nicht, was Sie so den Tag über hier in diesem Parlament tun und ob Sie ab und zu einmal zuhören.

Selbstverständlich haben wir immer klar formuliert, wir sind keine Bittsteller, wir haben einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf gleichwertige Lebensverhältnisse. Das ist eindeutig, das ist klar, das ist auch immer so formuliert worden. Wir haben ein Verfassungsgerichtsurteil von 1992, das das bescheinigt. Aber dieses Urteil schreibt uns auch ins Stammbuch, dass wir diesen verfassungsrechtlichen Anspruch dann verwirken, wenn wir nicht alles in unserer Macht Stehende tun, um einzusparen und deutlich zu machen, dass aus eigener Kraft alles getan wird. Nun zu sagen, wir hätten kein Konzept, nachdem wir alles tun, was aus eigener Kraft geht, um diese Voraussetzungen zu erfüllen, nachdem wir im Bund über alle möglichen Wege verhandeln, natürlich auch mit etwas Verhandlungsgeschick -

(Zuruf.)

Ich habe dieser Tage in einem Gespräch mit der Ministerpräsidentin noch einmal vereinbart, wir wollen keinesfalls den Eindruck erwecken, dass wir heute schon von einer Verfassungsklage reden. Aber selbstverständlich weiß jeder, dass verfassungsrechtlicher Anspruch auch heißt, wenn uns in dem Rahmen, wie er uns zusteht, nicht geholfen wird, muss man über weitere Dinge nachdenken. Aber das ist eine Frage von morgen, und hoffentlich stellt sich diese Frage nicht.

Von der Ministerpräsidentin und von unserem Finanzminister ist immer klargemacht worden, dass wir alle Wege in Berlin mitverhandeln müssen. Kollege Hilberer, das ist der Bund und das sind 15 andere Bundesländer. Wir sind dort nicht der Nabel der Welt. Da haben Sie recht. Insofern ist es auch klug zu wissen, wie stark unsere Verhandlungsposition ist. Dort geschickt aufzutreten heißt alle Wege auszuloten. Deshalb haben wir immer deutlich gesagt, wir legen uns nicht auf einen Weg fest, sondern der Weg muss zu einem Ergebnis führen, das uns die Eigenständigkeit bewahren lässt. Deshalb sage ich auch zum Thema Soli, abgesehen davon, dass die CDU Deutschlands und auch wir als CDU Saar nicht für Steuererhöhungen eintreten, wäre die Einarbeitung ins Steuersystem Steine statt Brot.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Zuruf des Abgeordneten Lafontaine (DIE LINKE).)

Wenn der Soli beibehalten wird auf rechtlich zulässigem Wege - Kollege Lafontaine, wir liegen da ja nicht auseinander, Sie haben es ja genauso dargelegt; ich wiederhole nur, dass wir keine Einarbeitung ins Steuersystem wollen -, wenn der Soli erhalten bleibt - es muss rechtlich geklärt werden, wie - und

(Abg. Meiser (CDU) )

entsprechend aus den Mitteln, die da sind, unserem Land geholfen wird, soll uns der Weg recht sein. Ob das Kind Altlastenfonds, Altschuldenfonds oder Beibehaltung Soli heißt, ist nicht die entscheidende Frage. Entscheidend ist, ob die Bundesländer, der Bund solidarisch unserem verfassungsrechtlichen Anspruch Rechnung tragen und wir die Grundlage für die weitere Eigenständigkeit des Landes erhalten. Das ist das Thema.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)