Opfer zu denken, zum Beispiel: Ist die benannte Person, dieser Beamte, auch gerade erreichbar oder hebt vielleicht doch ein weniger sensibilisierter Kollege ab, wenn ich dort anrufe? Muss ich meinen Namen nennen? Welchen Automatismus setze ich in Gang, wenn ich anrufe? Alle diese Zweifel können Betroffene von einem Anruf abhalten. Zweitens gibt es einen Fakt, der nicht wegzudiskutieren ist: das Legalitätsprinzip. Dieses Prinzip beinhaltet, dass stets eine Anzeige erfolgen muss, sobald ein Polizeibeamter oder eine -beamtin von einer Straftat Kenntnis erlangt. Das ist möglicherweise nicht in jedem Fall im Sinne des Opfers.
Meine Damen und Herren, deshalb schlagen wir vor, dass die Polizei eine Kooperation mit einer externen Beratungs- und Vermittlungsstelle eingeht. Uns erscheint für diese Aufgabe der saarländische Lesbenund Schwulenverband prädestiniert, er bringt beste Voraussetzungen mit und genießt allseits Vertrauen. Ich darf dem Verband und seinen Akteuren von dieser Stelle aus ein herzliches Wort des Dankes für die geleistete Arbeit sagen!
Polizei und LSVD sollten nach unserem Wunsch zu einer Kooperation finden, innerhalb derer der LSVD als erster Ansprechpartner fungiert, den Anrufenden vertraulich zur Seite steht und bei Bedarf Unterstützungsangebote jedweder Art unterbreitet, im Bedarfsfall aber dann auch zu den bekannten Ansprechpartnern bei der Polizei vermittelt. Wir haben in diesem Sinne, das hat die Vorlage unseres Antrages auch ein wenig verzögert, zunächst einmal mit beiden Seiten gesprochen und durchweg positive Reaktionen und Unterstützung für diese Lösung erfahren. Weiterhin gehen wir auch davon aus, dass sich die Fallzahlen in einem Rahmen halten, der es erlaubt, dass der LSVD Saar diese Ansprechstelle innerhalb seines bestehenden Kontakt- und Beratungsangebots leisten kann. Der Landesverband erhält ja für seine Arbeit jährliche Fördermittel aus dem Landeshaushalt. Es freut mich auch, dass ich an dieser Stelle mitteilen kann, dass seitens des Sozialministeriums ein positiver Bescheid zu dem aktuellen Projektantrag des Verbandes, der sich um Toleranzförderung bemüht, unterwegs ist. Wir verstehen auch das erweiterte Aufgabenfeld als Teil der Toleranzförderung.
Deshalb meine ich, wir bieten im Vergleich zu den anderen Ländern sowohl eine niedrigschwelligere als auch eine effizientere Struktur an, die geeignet ist, den Weg der Normalität breiter auszuleuchten. Insoweit haben wir mit unserem Antrag den Ihren erweitert und würden uns sehr freuen - es wäre ein positives Signal für alle Betroffenen wie auch für die
angestrebte Kooperation -, wenn wir hier zu einer gemeinsamen Beschlussfassung kommen könnten. Ich empfehle daher unseren Antrag Ihrer aller Zustimmung. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete. - Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollegin Jasmin Maurer von der Fraktion der PIRATEN.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie sicher nun jeder von uns mitbekommen hat, ereignete sich Anfang Februar eine äußerst feige und verurteilenswürdige Tat ein feiger und nicht zu tolerierender Angriff von Rechtsgesinnten gegen Homosexuelle in einem Supermarkt bei Merzig. Die regelrechte Hetzjagd auf zwei Schwule durch mutmaßliche Täter der Sturmdivision Saar wurde erst gut drei Wochen später öffentlich bekannt, aber sie versetzte trotzdem noch große Teile unseres Landes in Aufruhr. Was für mich aber noch viel schlimmer ist als die Tat an sich, ist die Tatsache, dass sowohl das Supermarktpersonal als auch die anderen Kunden davon Kenntnis hatten. Die körperlichen Angriffe und Rufe wie „Ihr gehört vergast“ konnte man eigentlich nicht überhören. Aber trotzdem ist niemand zu Hilfe gekommen. Mittlerweile ermittelt die Kriminalpolizei, der SLVD hat Anzeige erstattet wegen Volksverhetzung und unterlassener Hilfeleistung.
Dieser Übergriff ist wohl leider kein Einzelfall. Wie viele Übergriffe es auf Homosexuelle im Saarland gibt, ist leider schwer herauszufinden, weil hier anders als beispielsweise in Berlin nicht vermerkt wird, ob es sich um einen Hassangriff auf Homosexuelle handelt. Aber genau das wäre dringend nötig, um zu sehen, welche Wirkung die Aufklärungs- und Präventionsarbeit hat.
Homosexuelle Frauen und Männer wurden leider schon immer Opfer von Straftaten, antihomosexuelle Gewalt stellt sich vielfältig dar. Delikte der psychischen Gewalt wie sexistische Beschimpfungen und Beleidigungen, Mobbing oder Stalking und gewisse Formen des Vandalismus gehören ebenso dazu wie physische Gewalt in Form von Körperverletzungsdelikten, Sexualdelikten, Raubüberfällen oder gar Tötungsdelikten. Die Opfer erleben diese Gewalt als Angriff auf ihre Identität als Lesbe, als Schwuler, als Bisexueller oder als Transgender. Eine der wesentlichen Folgen daraus können erhebliche Störungen in der Persönlichkeitsentwicklung der Betroffenen sein. Nicht alle Geschädigten wagen den Weg zur Polizei oder gar in die Öffentlichkeit, weil sie Angst haben vor Repressalien, weil sie versuchen, ihre Identität zu verbergen. Eine Vielzahl von Gewalttaten wird
deshalb bei der Polizei gar nicht angezeigt. Damit sind sie leider auch zukünftig kaum zu verhindern, weil sich die Täter in Sicherheit wiegen und ohne Angst vor Strafverfolgung weitere Straftaten begehen können.
Im Saarland gibt es nach außen hin keinen festen Ansprechpartner im Polizeipräsidium für Schwule und Lesben. Dies ist aber dringend nötig, um die Opfer von antihomosexueller Gewalt besser zu betreuen und zu beraten. Da dafür keine neue Stelle geschaffen werden muss, ist dies auch in einem Haushaltsnotlageland wie dem Saarland möglich. Wir haben eben von der Kollegin bereits gehört, dass es polizeiintern bereits feste Ansprechpartner gibt. Ich sehe nicht, wo das Problem ist, diese auch nach außen zu benennen, damit die Opfer selbst wissen, wer hier der beste Ansprechpartner bei der Polizei ist. Es ist natürlich richtig, dass auch die anderen Kolleginnen und Kollegen bei der Polizei dorthin verweisen können, aber ich denke, es stärkt auch noch mal das Vertrauen der Homosexuellen, Bisexuellen und als Transgender Lebenden in die Polizei. Es schafft auch Mut, zur Polizei zu gehen.
In Hessen und Berlin, wo es spezielle Ansprechpartner gibt, hat man positive Erfahrungen gemacht. Diese Ansprechpartner machen, wie ich bereits erwähnt habe, Mut. Ebenso profitieren natürlich auch die Kolleginnen und Kollegen von der Erfahrung und dem Hintergrundwissen, so dass Verbrechen schneller aufgeklärt werden können.
Wie eben bereits gesagt wurde, ist der Antrag der Großen Koalition eine Ergänzung dazu. Dem werden wir zustimmen. Besonders freut mich hier, dass die Ausbildung der Polizeibeamten und Polizeibeamtinnen bereits jetzt oder in naher Zukunft die Sensibilisierung für dieses Thema beinhalten soll. Ich denke, es ist wichtig - es ist leider auch nicht selbstverständlich -, dass dieses Thema in allen seinen Facetten jedem Menschen oder jedem Polizeianwärter bekannt ist. Ebenso begrüße ich auch die Aufnahme in den kriminalpolizeilichen Meldedienst für politisch motivierte Kriminalität. Somit ist es wichtig und nötig, dass man erst einmal sieht, wie viele Angriffe es überhaupt auf Homosexuelle im Saarland gibt. Ist die Zahl steigend, ist die Zahl sinkend? Wo ist sie besonders stark? Wo müssen wir noch mehr ran mit Präventionsarbeit?
Nicht zuletzt sehe ich auch die Kooperationsmöglichkeit mit dem LSVD hier als sehr wichtig an. Das angesprochene Hilfetelefon, das es bereits für Übergriffe gegen Frauen gibt, ist ein gutes Beispiel, wie wir hier an diese Sache herangehen können. Was man auch bedenken muss, ist, wenn sich ein Opfer dieser Gewalt an den LSVD wendet, dann bekommt es da qualifizierte Hilfe, es bekommt einen qualifizierten Ansprechpartner genannt. Aufgrund des Legalitätsprinzips ist der LSVD natürlich nicht dazu
verpflichtet, direkt Anzeige zu erstatten, was der Fall wäre, wenn sie sich direkt bei der Polizei melden würden. Ganz klar, der LSVD ist in unserem Land Experte auf diesem Gebiet. Ich bitte Sie um Zustimmung zu beiden Anträgen. Ich denke, beide Anträge sind wichtig, beide Anträge haben ihre Berechtigung. Ich finde es eigentlich schade, dass wir in einer so aufgeklärten Gesellschaft immer noch über dieses Thema diskutieren müssen. - Danke sehr.
Vielen Dank, Frau Kollegin Maurer. Das Wort hat nun für die SPD-Fraktion der Kollege Sebastian Thul.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr dankbar für die sachlich geführte Debatte zu den beiden Anträgen, die uns heute vorliegen. Es wurde schon erwähnt, Aufhänger war der Übergriff in Merzig, den wir in unserem Antrag auf das Schärfste verurteilen. Ich möchte auch sagen, dass ich gerade Gewalt, die sich aufgrund gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ereignet, als besonders verabscheuungswürdig empfinde. Ich finde, das ist ein starkes Signal, dass wir das heute hier so deutlich verurteilen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich begrüße deswegen auch die Initiative von Bundesjustizminister Maas, der das StGB novelliert. Frau Kollegin Kugler hat auch schon auf die USA verwiesen. Dort gibt es einen sogenannten Hate-Crime-Paragrafen, der genau das aufgreift. Genau das greift Bundesjustizminister Maas in seiner StGB-Novellierung auch auf. So wird die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit aller Voraussicht nach, wenn es durch die parlamentarische Beratung durch ist, auch in das StGB aufgenommen. Ich finde, das ist ein wichtiges Signal, dass wir auch endlich einen Hate-Crime-Paragrafen einsetzen. Das ist ein deutliches Zeichen gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen. Deswegen unterstützen wir mit aller Kraft die Bemühungen der Bundesregierung auf diesem Gebiet.
Der Antrag der DIE LINKE-Landtagsfraktion umfasst einen Ansprechpartner. Es wurde schon gesagt, es gibt Ansprechpartner bei der Polizei, die sind intern für ihre Kolleginnen und Kollegen Ansprechpartner. Es wurde uns aber auch versichert, dass in den Fällen, in denen sich Opfer an die Polizei wenden, die sagen, sie wurden Opfer aufgrund homophober Einstellungen, sie auch an diese Beamtinnen und Beamten verwiesen werden. Das wurde uns zugesichert. Wie die Polizei im Einzelnen diese Ansprech
partner benennt oder auf ihrer Website präsentiert, ist ein Stück weit auch innere Organisationsstruktur unserer Polizei.
Ich vertraue unserer Polizei dahingehend, dass sie das vernünftig organisiert. Wir haben auch gesehen, dass in anderen Bereichen Ansprechpartner nicht unbedingt namentlich auf der Website der Polizei erwähnt sind. Ich denke, was ganz wichtig ist - die Kollegin Maurer hat es dankenswerterweise herausgestellt - und was auch deutlich macht, dass unser Antrag etwas weiter geht, ist, dass wir nicht nur einen Ansprechpartner bei der Polizei haben wollen, sondern dass wir ein Netzwerk haben wollen, das solchen Menschen Beratungen anbietet. Dieses Netzwerk gibt es schon die ganze Zeit, aber wir haben uns entschlossen, es zu stärken. Das steht in diesem Antrag. Deswegen ist der Antrag weitergehend und auch zustimmungswürdig, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich möchte an dieser Stelle auch einmal erzählen, dass ich bei dieser Sache zwei Hüte aufhabe. Ich bin auch im Vorstand des LSVD Saar. Zu uns kam wenn ich „uns“ sage, meine ich in dem Fall den LSVD Saar - das Paar aus Merzig, das sich direkt an uns gewandt hat. Wir haben nach einer Diskussion beschlossen, Anzeige zu erstatten. Ich habe dem zunächst kritisch gegenübergestanden. Im Nachhinein hat sich herausgestellt, die Polizei hat es befürwortet, dass der LSVD Klage erhoben hat, die Opfer waren froh, der LSVD wurde auch in den Medien genannt als der Anwalt für Schwule, Lesben und Transgender. In diesem Sinne würdigen wir auch diese Ansprechpartner beim LSVD. Das ist ein guter Tag für den Verband und ein guter Tag für Schwule, Lesben und Transgender in unserem Land.
Natürlich freut es mich ganz besonders - das Sozialministerium wurde eben schon erwähnt -, dass der LSVD noch mehr Unterstützung durch das Sozialministerium für seine wichtige Arbeit erhält. Aber ich glaube, Merzig - ohne das jetzt überdramatisieren zu wollen - war so ein bisschen die Spitze des Eisberges. Kurz nach Merzig hat sich ein Mann an den LSVD gewandt, dem Ähnliches widerfahren ist. Er hat uns explizit darauf hingewiesen, dass die Presseberichterstattung zu Merzig ihn dazu animiert hat, sich beim LSVD zu melden. Ich befürchte, dass sich noch mehr Menschen mit ähnlichen Erfahrungen melden werden. Auf der einen Seite befürchte ich es, auf der anderen Seite finde ich es auch gut, weil das die Probleme verdeutlicht, die Probleme, dass eben nicht alle Menschen hier im Land tolerant sind, und das nicht nur bei der „Sturmdivision Saar“, liebe Kolleginnen und Kollegen. In unserem Antrag steht, dass es heutzutage glücklicherweise oft kein Tabuthema mehr ist. Aber es ist für viele weiterhin nicht nur ein Tabuthema, sondern es ist auch ein
Ventil, um Druck abzulassen. Wenn sich Gewalttäter dazu entscheiden, Gewalt gegen Schwule und Lesben auszuüben, dann kommt das nicht unbedingt immer nur von dem ganz rechten Rand, sondern dann sind das einfach Gewalttäter wie andere auch. Dementsprechend zeigt es uns, dass es leider nach wie vor ein Problem ist, ebenso wie Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe Opfer von Gewalt werden.
Ich will an dieser Stelle sagen, Schwule und Lesben werden immer noch einmal genannt, aber wer ganz besonders oft Opfer von Gewalt wird, sind zum Beispiel Transgender-Menschen, denen man es oft auf Anhieb ansieht, dass sie eine andere sexuelle Orientierung haben oder dass sie nicht der gesellschaftlichen Norm entsprechen. Deswegen haben wir auch die Gruppe Transgender mit aufgenommen. Ich möchte an dieser Stelle einmal eine Lanze brechen, denn es ist oftmals noch ein Tabuthema, dass Menschen, die fremd im eigenen Körper sind, auch Opfer von Gewalt werden, weil man es ihnen ansieht. Das ist besonders verabscheuungswürdig, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich danke auch der saarländischen Polizei. Wir haben offene Türen eingerannt. Ich sage nicht, dass dort alles Gold ist, was glänzt, ich sage auch nicht, dass das ein Prozess ist, der schon abgeschlossen ist, aber ich habe mich mit Kolleginnen und Kollegen unterhalten, die mir gesagt haben, dieses Thema spielt in der Kommissaranwärterausbildung zukünftig eine Rolle, und die Konzepte dafür entwickelt haben. Das ist etwas, was wir jetzt aufbauen. Ich kann mir auch sehr gut vorstellen, dass nach und nach ältere Kolleginnen und Kollegen bei der Polizei geschult werden, sodass sie für dieses Thema sensibilisiert werden. Ich denke, da sind wir auf jeden Fall einen Schritt in die richtige Richtung unterwegs. Wir werden den Prozess weiter begleiten. Ich denke, wir werden uns auch im Ausschuss über die Maßnahmen, die da vorgesehen sind, berichten lassen.
Eines ist mir noch wichtig, was bei uns auch weitergehend ist als im Antrag der Opposition. Es gibt die sogenannte PKS-Statistik. Wer oder was darin aufgenommen wird, ist keine Entscheidung des Saarlandes, darüber gibt es eine Bund-Länder-Vereinbarung. Wir haben jetzt angeregt, dass zur Aufhellung dieser Delikte auch Gespräche in der Bund-LänderKoordinierung geführt werden. Ich glaube, wir leisten dadurch einen Beitrag, dass zum Beispiel in Ländern wie Berlin oder in Großstädten wie Frankfurt so etwas zukünftig eventuell statistisch erfasst wird. Bisher ist es so, dass der LSVD ehrenamtlich ihm bekannt werdende Fälle in Berlin in einer eigenen Statistik führt. Ich glaube, das ist wenig sinnvoll. Mir persönlich wäre es lieber, wenn die Polizei diese Statistik führen würde. Ich weiß, dass es Schwierigkeiten beim Erkennen gibt, dass es Schwierigkeiten
bei der Erfassung gibt, aber auch da befinden wir uns ja durch das Fortbildungsprogramm, das ich eben erwähnt habe, auf einem guten Weg.
Alles in allem finde ich, dass der Antrag der Koalitionsfraktionen ein sehr gelungener Antrag ist. Er unterstreicht die Bedeutung unserer Ehrenamtlichen, die die Arbeit die ganze Zeit schon mit sehr viel Verve und sehr vielen Emotionen machen -, das ist keine einfache Arbeit, wenn sich Gewaltopfer an einen wenden, das belastet einen selbst auch psychisch -, er stellt in Aussicht, was sich in der Polizei alles ändern wird, ein rundum guter und gelungener Antrag. - Ich bitte um Ihre Zustimmung.
Vielen Dank, Herr Kollege Thul. Das Wort hat nun für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abgeordneter Klaus Kessler.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren, seit dem Jahr 2005 wird alljährlich am 17. Mai der Internationale Tag gegen Homophobie begangen, um weltweit Respekt und Toleranz für Lesben und Schwule einzufordern. Dieses Datum 17. Mai kann man auch anders lesen, man kann auch „17.5.“ sagen. Wenn man es dann in der Ziffernfolge liest, 175, kommt man sehr schnell auf diesen § 175 des deutschen Strafgesetzbuches, wonach sexuelle Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechtes seit dem 15. Mai 1871 unter Strafe standen. Nach einer gescheiterten Gesetzesinitiative von uns GRÜNEN in den Achtzigerjahren wurde dann dieser § 175 endlich - meiner Information nach war es das Jahr 1994 - und Gott sei Dank aufgehoben.
Seit dieser Zeit, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat sich auf dem Gebiet der Gleichstellung aufgrund der sexuellen Identität doch einiges getan, sehr viel getan. Auch in diesem Parlament haben wir im Jahre 2011 - da war noch die Jamaika-Koalition an der Regierung - die Verfassung des Saarlandes geändert. Im neuen Artikel 12 Abs. 3 heißt es nun: „Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauung, seiner sexuellen Identität“ - das ist damals neu aufgenommen worden - „benachteiligt oder bevorzugt werden.“
Der Diskriminierungsschutz für Lesben, Schwule, Transsexuelle und intersexuelle Menschen hat jetzt in diesem Land Verfassungsrang. Das ist gut so. Das setzt ein starkes Zeichen für Akzeptanz, für Respekt und Würde auch gleichgeschlechtlich Liebender.
Auch die Debatte heute zu diesem Tagesordnungspunkt zeigt, dass wir schon sehr weit gekommen sind. An dieser sachlichen Debatte zeigt sich, wie ernsthaft und würdevoll wir mit dieser Situation umgehen und dieses Thema hier beraten. Das ist kein Punkt, an dem wir in die parteipolitische Auseinandersetzung geraten werden. Da bin ich ganz sicher.
Jetzt ist die Verfassungsrealität eine Sache, die gelebte Realität aber leider noch eine andere in diesem Land. Wir wissen, dass das Wort „schwul“ auf Schulhöfen häufig noch als Schimpfwort gebraucht wird. An Stammtischen und in Fußballstadien sind homophobe Äußerungen leider Gottes immer noch keine Seltenheit. Das ist schlimm genug. An dieser Stelle gibt es noch sehr viel Aufklärungsarbeit zu leisten. Aber noch viel schlimmer sind gewalttätige, körperliche Angriffe auf Menschen in gleichgeschlechtlichen Beziehungen. Das ist eigentlich der Anlass dieses Antrages, unseres gemeinsamen Antrages, der Angriff durch Neonazis auf ein schwules Paar am 04. Februar in einem Merziger Supermarkt. Das zeigt, dass auch im Deutschland des 21. Jahrhunderts Gewalt gegen Homosexuelle nach wie vor ein ernst zu nehmendes Problem darstellt.
Es wurde bereits gesagt, dass es keine genauen Zahlen über die Gewalt gegen Schwule und Lesben gibt. Es gibt eine bundesweite Studie des Berliner schwulen Anti-Gewalt-Projekts MANEO, wonach rund ein Drittel aller Befragten allein in den letzten zwölf Monaten Gewalt erfahren hat, viele sogar mehrmals. Repräsentative Erhebungen gibt es nicht. Stattdessen gehen aber alle Experten in dieser Frage von einer hohen Dunkelziffer aus, da viele Opfer die Übergriffe nicht melden. Offensichtlich haben viele Betroffene Angst, sich durch eine Anzeige als homosexuell zu outen. Oder sie sind sich oftmals gar nicht sicher, dass der Angriff aufgrund ihrer Sexualität erfolgte.
Einige Opfer lassen somit die Tat auf sich beruhen oder versuchen, sie in irgendeiner Weise zu verdrängen. Die Folge ist, dass bei der Polizei laut dieser MANEO-Studie - ich beziehe mich jetzt auf 2008 - lediglich 10 Prozent der Überfälle angezeigt wurden. Wir gehen davon aus, dass es auch im Saarland eine relativ hohe Dunkelziffer von nicht angezeigten Straftaten gegenüber Lesben und Schwulen gibt. Deshalb schlagen wir mit dem Antrag vor, im Landespolizeipräsidium namentliche Ansprechpartner zu benennen, die als Anlaufstelle für die Betroffenen zur Verfügung stehen. Wir erhoffen uns davon, dass mehr Vertrauen in unsere Polizei in dieser Frage aufgebaut wird und sich dadurch auch mehr Opfer sogenannter hassmotivierter Straftaten - dar