Einige Opfer lassen somit die Tat auf sich beruhen oder versuchen, sie in irgendeiner Weise zu verdrängen. Die Folge ist, dass bei der Polizei laut dieser MANEO-Studie - ich beziehe mich jetzt auf 2008 - lediglich 10 Prozent der Überfälle angezeigt wurden. Wir gehen davon aus, dass es auch im Saarland eine relativ hohe Dunkelziffer von nicht angezeigten Straftaten gegenüber Lesben und Schwulen gibt. Deshalb schlagen wir mit dem Antrag vor, im Landespolizeipräsidium namentliche Ansprechpartner zu benennen, die als Anlaufstelle für die Betroffenen zur Verfügung stehen. Wir erhoffen uns davon, dass mehr Vertrauen in unsere Polizei in dieser Frage aufgebaut wird und sich dadurch auch mehr Opfer sogenannter hassmotivierter Straftaten - dar
Wir wären in dieser Frage nicht das erste Bundesland, das eine Benennung von konkreten Ansprechpartnern umsetzt. Es gibt so etwas schon in Hessen, wo in jedem der sechs Polizeipräsidien jeweils ein namentlich bekannter Ansprechpartner zur Verfügung steht. Dort hat man erkannt, wie wichtig es ist, Ängste und Hemmschwellen abzubauen und so dem oftmals vorhandenen Misstrauen auch bei der Polizei entgegenzutreten. Durch einen namentlich bekannten Ansprechpartner bekommt die Institution Polizei für die Opfer natürlich auch ein Gesicht. Betroffene könnten Bekannten, denen Ähnliches zustößt, eine Vertrauensperson bei der Polizei empfehlen. Das ist unser Antrag.
Kollege Thul, jetzt kann man über den Begriff „weitergehend“ streiten. Inhaltlich ist der Antrag der Koalitionsfraktionen schon weitgehend, aber er beinhaltet - darauf lege ich Wert - lediglich einen Prüfauftrag. Wenn die Prüfung als weitergehend bezeichnet ist, sehe ich das ein bisschen anders. Insofern sage ich hier selbstbewusst, dass unser Antrag weiter geht, weil er keine Prüfung enthält, sondern einen konkreten Vorschlag.
Selbstverständlich stimmen wir dem Antrag einer Prüfung auf Einrichtung einer öffentlichen Stelle in Kooperation mit dem LSVD zu, das ist überhaupt keine Frage. Den Weg kann man einschlagen. Aber wir würden es besser finden, wenn wir eine namentliche Einrichtung bei unserer saarländischen Polizei hätten, zumal hierfür auch keine neue Stelle geschaffen werden müsste. Wir wollten hier lediglich einen konkreteren Antrag im Sinne einer konkreteren Hilfestellung stellen. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag, gleichwohl stimmen wir dem Koalitionsantrag ebenfalls zu. - Danke.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil mir einiges noch zu unklar formuliert ist und ich gerne etwas mehr Klarheit reingebracht hätte. Ich bin mit Ihnen einig, Herr Abgeordneter Thul, dass wir auf einem guten Weg sind, dass es schon mal in die richtige Richtung geht. Ich finde es auch gut, dass Ihr Vorschlag so weit gekommen ist, und ich finde es noch löblicher, dass sich auf Bundesebene etwas tut, damit den Menschen, die hier als Opfer diskriminiert werden, wirklich geholfen werden kann.
Frau Meyer, in einem Punkt bin ich anderer Auffassung als Sie. Sie sagen, dass der Ansprechpartner für die Kolleginnen und Kollegen bei der Polizei etwas nutzt. Das ist nur eine interne Sache. Ein Ansprechpartner intern für die Polizei ist kein Ansprechpartner für Menschen von außen, die Schwule oder Lesben sind. Es ist nur für die Kolleginnen und Kollegen, und das nutzt denen draußen gar nichts. So steht es auch hier in der Antwort auf die Anfrage, die ich gestellt habe. Deshalb habe ich im Moment auch nicht so viel Verständnis dafür, weil mir entweder die Anfrage falsch beantwortet wurde dann finde ich das auch ein starkes Stück, wie hier mit Anfragen umgegangen wird - oder weil wir hier ein Stück weit aneinander vorbeireden.
Die PMK, die politisch motivierte Kriminalität, wird zwar erfasst. Unter die Rubrik müssten aber auch Straftaten gegen Schwule und Lesben fallen. Es gibt aber keine einzige Kategorie, wo Derartiges ausgewiesen wird. Ich zitiere einmal aus der Antwort zu dieser Anfrage: „Eine grundsätzliche Aussage zu Gewalttaten gegen Homosexuelle und deren Anteil an den Gewaltdelikten insgesamt kann nicht getroffen werden.“
Herr Schmitt, es gibt keine Statistik, die das erfasst, es gibt keine Zahlen. Ich habe gefragt, ob eine Statistik geführt wird. In der Antwort heißt es: „Weitere Statistiken zu homophober Gewalt werden nicht geführt.“
Es gibt keine Statistik. Wir haben hier nur die politisch motivierte Kriminalität. Hier besteht die Möglichkeit. Wollen Sie mir jetzt ernsthaft weismachen, dass in den letzten Jahren nichts passiert ist? Die Fälle sind aber in der Antwort nicht aufgezählt worden.
Es gab keine, weil auch die Statistik nicht vorsieht, dass diese Sachen zurzeit dort erfasst werden.
Abg. Thul (SPD) mit einer Zwischenfrage: Vielleicht zur Klarstellung. Frau Kollegin Kugler, wenn wir sagen, es gab in den letzten Jahren keine Fälle, dann kann ich aus dem Verband berichten, dass in den letzten Jahren auch dem Verband keine Fälle in diesem Bereich gemeldet wurden. Das ist also nicht nur bei der Polizei so, sondern auch an den Verband ist niemand herangetreten. Der aktuelle Vorfall in Merzig war der erste Fall seit Jahren.
Danke. - Nur, ich muss dieser Antwort der Landesregierung eigentlich entnehmen, dass theoretisch - Ich zitiere mal aus der Antwort: „Wenn die Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür bieten würde, könnte man eventuell so etwas machen.“ Aber wie gesagt, es ist hier nichts an Fällen aufgeschlüsselt. Ich meine, man müsste in Zukunft etwas sensibler an die Sache herangehen und auch das als möglichen Hintergrund mit aufnehmen, sonst kann man es nicht erfassen. Dafür müssen die Kolleginnen und Kollegen auch bei der Polizei geschult sein, das kann man so nicht einfach voraussetzen.
Mich würde interessieren, in welcher Kategorie in Zukunft solche Fälle wie jetzt der in Merzig aufgeführt werden. Ich werde das verfolgen. Ich denke, wir werden es irgendwann noch mal zum Thema machen. Dass wir Netzwerkarbeit für sinnvoll halten, ist vollkommen klar. Es ist gut, wichtig und richtig, dass da endlich etwas passiert. Aber aus unserer Sicht passiert noch zu wenig, solange kein konkreter Ansprechpartner für die Menschen vor Ort da ist.
Ich mache nicht alles negativ, aber ihr könnt doch einfach einmal zustimmen, Herr Abgeordneter Scharf. Es ist doch kein Problem, wenn man sagt, bei der Polizei ist dieser oder jener zuständig, wenden Sie sich dorthin, er ist ausgebildet, er kennt sich aus - und fertig.
Das ist zurzeit nicht vorhanden! Das ist nur beim Schwulen- und Lesbenverband vorhanden und nicht bei der Polizei.
Nein. Dann stimmen neuerdings die Aussagen in den Antworten nicht. Damit habe ich ein gehöriges Problem. - Danke.
Vielen Dank, Frau Kollegin Kugler. - Das Wort hat für die CDU-Fraktion noch einmal die Abgeordnete Ruth Meyer.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Kugler, vielleicht gelingt es mir, Ihren Blutdruck ein bisschen runterzuholen, denn ich glaube, wir sind ganz nah beieinander.
Zunächst einmal zur Antwort auf die Anfrage, die Sie gestellt haben; sie stammt aus dem letzten September. In der Zwischenzeit hat sich einiges getan. Unser Antrag versucht, die Dinge voranzutreiben. Richtig ist, dass es seit längerer Zeit - das steht auch so in der Anfrage drin - interne Ansprechpartner gibt. Unser Gedanke ist nun, diese internen Ansprechpartner zu benennen - die keinerlei Scheu hätten, ihren Namen zu nennen -, aber aus den genannten Gründen nicht deren Gesichter auf die Seite zu setzen. Ich nenne die Stichworte Legalitätsprinzip oder Verfügbarkeit. Sie sind ja nicht immer im Dienst, sondern auch einmal im Urlaub oder im Einsatz, wie auch immer.
Wir glauben, dass es gut ist, wenn die Polizei auf diese Kooperation mit dem Lesben- und Schwulenverband eingeht und sagt, das ist der Ansprechpartner, dem wir vertrauen und an den wir die Informationen weitergeben, die wissen immer, wo sie sich in welchen Fällen hinwenden, die können auch beraten. Es kann ja auch einmal sein, dass jemand zunächst einmal wissen will, was passiert, wenn er sich an die Polizei wendet. Auch das ist eine berechtigte Haltung. Deshalb glauben wir, dass wir damit viel mehr von diesen Fällen erfassen können. Der LSVD ist für uns ganz bestimmt eine Stelle, die Vertrauen genießt. Wir können viel mehr Beratung leisten, wenn wir diesen niedrigschwelligen Ansprechpartner von der Polizei benennen lassen. Dieser wiederum vermittelt an die Stellen in der Polizei. Gleichwohl geht der Prozess innerhalb der Polizei weiter. Sie sind auch für diese Themen offen.
Das Nächste ist, dass wir in einer Statistik nur das erfassen können, was uns bekannt ist. Gerade das wollen wir erreichen. Noch einmal zur Trennung zwischen PKS und PMK. Über die PKS haben wir schon gesprochen. Für diese werden die Kriterien von den Bundesländern gemeinsam festgelegt. Die PMK erfasst - das steht auch in der Anfrage drin Straftaten, wenn bei Würdigung der Umstände der Tat oder der Einstellung des Täters diese Anhaltspunkte vorliegen. Diese werden aber erst ab einer bestimmten Schwelle erfasst. Das ist so ähnlich, wie wenn ein Polizist denkt, er muss sich sämtliche Beleidigungen und andere Dinge gefallen lassen. Solche Beleidigungen werden da zum Beispiel nicht erfasst. Deshalb haben wir die auch nicht in der PMK.
Aber durch unsere Stelle käme so etwas zum Tragen. Auch diese Personen würden Hilfe und Unterstützung erfahren. So viel zur Klarstellung. Ich glaube, wir sind ganz nahe beieinander, so hoffe ich jedenfalls.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete. - Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Antrag der Oppositionsfraktionen Drucksache 15/ 1289 - neu. Wer für die Annahme des Antrages ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 15/1289 - neu mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Oppositionsfraktionen, dagegen gestimmt die Koalitionsfraktionen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Koalitionsfraktionen Drucksache 15/1301. Wer für die Annahme des Antrages Drucksache 15/1301 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Danke schön. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 15/1301 einstimmig angenommen ist. Zugestimmt haben alle Fraktionen des Hauses.
Beschlussfassung über den von der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Willkommenskultur für Flüchtlinge im Saarland konsequent umsetzen (Drucksache 15/1294)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Über 50 Millionen Menschen sind zurzeit weltweit auf der Flucht. Das ist seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs die höchste Zahl, die man in diesem Zusammenhang kennt. Es hat in den letzten Jahren einen massiven Anstieg gegeben, insbesondere durch die Kriege in Nordafrika und im Vorderen Orient, speziell durch den Syrien-Krieg. Alleine dadurch gibt es zweieinhalb bis drei Millionen Flüchtlinge mehr.
Alleine 2012 kamen knapp über 1.300 Menschen in das Saarland. 970 blieben hier aufgrund des sogenannten Königsteiner Schlüssels. Eine Folge war, dass die Kapazitätsgrenze der zentralen Aufnahmestelle in Lebach erschöpft war, vor allen Dingen des
halb, weil die Aufnahmestelle in Lebach zum einen Erstaufnahmestelle ist und zum anderen eine Sammelunterkunft darstellt.