Protokoll der Sitzung vom 18.03.2015

halb, weil die Aufnahmestelle in Lebach zum einen Erstaufnahmestelle ist und zum anderen eine Sammelunterkunft darstellt.

Im Oktober 2014 hat der saarländische Innenminister endlich angewiesen, dass die dezentrale Unterbringung in den Kommunen für diese Menschen ermöglicht wird. Das ist eine alte Forderung von uns GRÜNEN. Aber der Grund war offenbar der, dass Lebach überfüllt war. Dieser Schritt war in unseren Augen ein erster wichtiger und richtiger Schritt, er geht aber nicht weit genug. Insbesondere lehnt die Landesregierung bis zum heutigen Tag immer noch ab, die Verpflichtung zur Wohnsitznahme in Lebach fallen zu lassen, und zwar für all die Menschen, die eben keinen Identitätsnachweis haben.

Eine konsequente dezentrale Unterbringung sieht in unseren Augen anders aus. Es wäre dringend notwendig vor dem Hintergrund der problematischen Lage vieler Menschen und vor dem Hintergrund dessen, was diese Menschen zum großen Teil erlebt haben, mehr Integrationslotsen im Land zu finanzieren und zu bestellen. Es wäre dringend notwendig, einen angemessenen Betreuungsschlüssel festzulegen, weil wir auch nicht wissen, wie sich die ganze Situation in Zukunft entwickeln wird.

Ein weiterer wichtiger Punkt in unseren Augen ist natürlich die Gesundheitsversorgung. Die heutige Gesundheitsversorgung ist bei einem Teil der Flüchtlinge schlichtweg diskriminierend und nicht in Ordnung. Es gibt das Bremer Modell, das mittlerweile in Bremen und Hamburg praktiziert wird, bei dem die Menschen eine elektronische Gesundheitskarte haben und bei dem viele Schritte wegfallen, bevor sie eine medizinische Betreuung bekommen. Vor allem hätte eine solche elektronische Gesundheitskarte den Vorteil, dass eine Menge Verwaltungsarbeit in unseren Verwaltungen wegfallen würde. Das heißt, unter dem Strich ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass der Staat durch die elektronische Gesundheitskarte insgesamt mehr Geld spart, als er dafür ausgeben müsste.

Deshalb haben wir heute den Antrag eingebracht, der Ihnen mit einer ganzen Reihe von Forderungen vorliegt. Einige habe ich jetzt genannt. Wir haben auch eine alte zentrale Forderung von uns formuliert, dass die Landesregierung endlich von Sachleistungen auf Geldleistungen umstellt. Auch hier gibt es dringenden Handlungsbedarf. Es ist dringend geboten, dass es hier Bewegung gibt, weil diese Sachleistungen für viele Menschen diskriminierend sind.

Die Gegenargumente sind bekannt. Es wird immer wieder gesagt, da gab es früher Missbrauch und so weiter. Aber es gibt mittlerweile eine große Anzahl von Bundesländern, die das getan haben. Die Probleme dort halten sich in Grenzen. Auf der anderen

(Abg. Meyer (CDU) )

Seite gibt es überall Missbrauch. Missbrauch gibt es in jedem System, natürlich auch in unserem Steuersystem. Es gibt auch deutsche und ausländische Steuerbetrüger. Man sollte nicht die Missbrauchsfälle, die die absolute Minderheit darstellen, als Argument nehmen, um den Menschen diese Geldleistungen vorzuenthalten. Auch das haben wir in unserem Antrag formuliert.

Insgesamt beinhaltet dieser Antrag eigentlich nur Positionen, die auch von der SPD in ihren neuesten Beschlüssen mitgefordert und mitgetragen werden, und vor diesem Hintergrund müsste es ja zumindest dem sozialdemokratischen Teil der Großen Koalition relativ leicht fallen, diesem Antrag heute zuzustimmen. Dass die CDU mit dem einen oder anderen Punkt in der Sache Probleme hat, wissen wir, obwohl wir auch damals bereits in unserer Koalition einiges vereinbart hatten, was leider Gottes bis zum heutigen Zeitpunkt immer noch nicht umgesetzt ist, auch nicht in der Großen Koalition. Aber wir haben heute zumindest einmal die große Hoffnung in die Sozialdemokratie, dass die SPD das, was sie selbst noch vor einigen Wochen im Saarland beschlossen hat, heute hier im Parlament umzusetzen gedenkt. Wir haben den entsprechenden Antrag vorgelegt. Ich bitte um Zustimmung. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Danke, Herr Fraktionsvorsitzender. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat für die CDU-Fraktion die Kollegin Dagmar Heib.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Hubert Ulrich hat den Antrag der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Fraktion vorgestellt. In den letzten Sätzen hat er sich eigentlich entlarvt, worum es ihm in diesem Antrag geht.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Richtig. Wir haben die Hoffnung, eine Mehrheit zu finden, deshalb haben wir ihn gestellt.)

Es geht ihm nicht um das Interesse und die Nöte derjenigen, die von diesem Antrag betroffen sind, die Millionen an Flüchtlingen, sondern es geht ihm darum, unseren Koalitionspartner vorzuführen, dessen Partei sich in eine Diskussion begeben und Beschlüsse gefasst hat. Dazu wird aber auch noch die Rednerin von der SPD - ich nehme an, Petra Berg macht das - sprechen. Ich denke, es ist wichtig an der Stelle, dass es einen Koalitionsvertrag gibt, und diesen Vertrag haben SPD und CDU miteinander vereinbart. Dort haben wir Einigung gefunden und Sachen festgeschrieben. Ich bin mir sicher, dass er für unsere beiden Fraktionen weiterhin gilt. In der

Richtung, Herr Kollege Ulrich, geht Ihr Antrag, glaube ich, ins Leere.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Sie sprechen ein sehr wichtiges Thema an. Sie sprechen von den Millionen von Menschen, die auf der Flucht sind, die ihre Familien, ihre Heimatdörfer und Heimatstädte verlassen müssen, die nach einer langen und gefährlichen Flucht in Zeltstädten und ähnlichen schrecklichen Unterkünften unter schwierigsten Bedingungen leben müssen. Viele Männer machen sich dann weiter auf einen gefährlichen Weg, auf dem man Schlepperbanden und Ähnlichem ausgesetzt ist. Im Grunde genommen haben die Menschen nur die Hoffnung im Gepäck, einen Weg in ein sicheres Land zu finden, das es ihnen dann ermöglichen wird, für sich und ihre zurückgelassenen Familien eine Zukunft aufzubauen. Von diesen Männern - in der Regel ist der Flüchtling jung und männlich - kommen einige auch zu uns ins Saarland. Ich nehme die Zahlen, die wir im Januar und Februar dieses Jahres an Asylanträgen hatten, insgesamt 857, aufgeteilt nach Herkunftsstaaten: 607 aus Syrien, 54 aus dem Kosovo, 43 aus Palästina, 40 aus Serbien, 37 aus Afghanistan und 76 aus sonstigen Staaten. 857 Asylanträge, das sind im Vergleich zu der Zahl derer, die unterwegs sind, sicher nur einige, aber für unser Land sind es sehr viele.

Seit 2012 sind die Flüchtlingszahlen stark angestiegen. Die fürchterlichen Zustände in Syrien, im Irak und in anderen Regionen treiben die Menschen in die Ungewissheit. Natürlich, davon bin ich fest überzeugt, wäre es am besten, wir könnten diesen Menschen vor Ort helfen. Sie könnten in ihren Herkunftsländern bleiben - ich gehe auch davon aus, dass viele das auch eigentlich wollen. Sie geben ihre Heimat nicht freiwillig auf. Viele bleiben auch unter den schwierigsten Umständen und es gibt sehr viele extreme Schicksale in dieser Frage.

Wir hatten am Montag fraktionsübergreifend die Gelegenheit zum Gespräch mit den Assyrern, mit dem Vorsitzenden des assyrischen Kulturvereins. Das Schicksal, das dort vorgestellt wurde, das der freigelassenen Geiseln, die dort vor Ort sind und auf Rettung warten, aber auch das der noch in Geiselhaft verbliebenen Assyrer - eine Zahl von 300 wurde genannt - ist eine schier unerträgliche Situation. Unerträglich für die betroffenen Menschen vor Ort, aber auch für ihre Familien dort und hier. Das ist ganz deutlich geworden am Montag, das ist auch eine Debatte für sich. Ich möchte jetzt zu diesem Punkt nur noch feststellen: Das Christentum ist die weltweit am stärksten verfolgte Religion. Deshalb ist es hier ganz besonders unsere Aufgabe, diese Fragen zu diskutieren und zu versuchen, dort auf Lösungen hinzuwirken. Gerade als Christen haben wir hier Verantwortung.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) )

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Die Lebenssituation in der Landesaufnahmestelle in Lebach steht seit Jahren in der öffentlichen Diskussion und in der Kritik von politischen Parteien, Wohlfahrtsorganisationen, Kirchen sowie Flüchtlingsorganisationen und Trägern von Integrationsangeboten. Kritisiert wurde und wird, was auch der Antrag hier noch einmal darlegt, die allgemeine Lebens- und Wohnsituation, die Gewährung von Sach- und nicht von Geldleistungen an der Stelle, die Gesundheitsversorgung in der Landesaufnahmestelle und die hohen Aufenthaltszeiten.

Erstmals wurde mit dem Heim-TÜV eine Großeinrichtung bewertet, unter Beteiligung der Bewohner in Lebach. Aufgrund des Heim-TÜVs kommen wir zu einer ganzheitlichen Betrachtung, die es ermöglicht, Verhältnisse transparent zu erfassen und Veränderungspotenziale zu erkennen. Gerade letzten Mittwoch war das Gegenstand der Berichterstattung der Landesregierung im zuständigen Sozialausschuss. Ich kann an der Stelle nur jedem empfehlen, sich das Protokoll anzuschauen, weil dort der ausführliche Bericht des Heim-TÜVs wiedergegeben wurde. Ich will mich nur auf einige Fragen konzentrieren. Ich möchte die Handlungsfelder und die Themen aufzeigen, die Fragestellungen im Heim-TÜV waren. Das waren die Rahmenbedingungen, die Unterbringung von Familien und Frauen und die Sicherheit der Bewohner dort. Es geht um die soziale und gesundheitliche Betreuung, um die Förderung von Kindern und Jugendlichen, um Sprach- und Bildungsangebote und um Mitwirkungsmöglichkeiten.

Wir haben festgestellt - das ist im Heim-TÜV deutlich geworden -, dass in der Landesaufnahmestelle im Jahr 2014 über 2.000 Menschen weniger als zwei Monate dort gewohnt haben. Das ist eine sehr gute Zahl, die deutlich macht, dass es uns gelungen ist, die langen Aufenthalte dort herabzusetzen. Es gibt durchaus noch längere Aufenthalte dort. Das hängt oft damit zusammen, dass die Identität der jeweiligen Person nicht feststellbar ist, dann kann auch keine Abschiebung erfolgen. Es ist aber auch so, dass etwa 10 Prozent in der Landesaufnahmestelle verbleiben, die sich keinen anderen Wohnraum suchen, obwohl sie sie eigentlich verlassen sollten.

Wir haben mit der Gesetzesänderung im Oktober 2014 - es ist vom Innenminister angesprochen worden - das Landesaufnahmegesetz geändert und damit ist die Grundlage für eine dezentrale Unterbringung in den Kommunen geschaffen worden. Das Flüchtlingswohnraumprogramm - ein etwas sperriges Wort - wurde aufgelegt. Es sind derzeit 170 Maßnahmen, mit denen in der nächsten Zeit 27.000 m² Wohnraum geschaffen werden sollen. Es ist auch so, dass über 1.700 Flüchtlinge Wohnungen in unseren Kommunen gefunden haben. Es ist im Heim-TÜV positiv festgestellt worden, dass die Aus

länderbehörde in Lebach vor Ort ist, dass die Anbindung zum ÖPNV bestens ist, dass die Beratungsstellen von Caritas, DRK und vom Diakonischen Werk vor Ort und nah bei den Menschen sind, dass eine soziale und gesundheitliche Betreuung erfolgt und dass die soziale Beratung durch Fachkräfte vor Ort erfolgt. Die gesundheitliche Versorgung ist gegeben. Es gibt eine Erstuntersuchung, wenn man in der Landesaufnahmestelle ankommt. Es gibt niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten, es gibt ein Krankenhaus und eine Außenstelle der Fachklinik St. Nikolaus.

Sie haben in Ihren Antrag das Bremer Modell mit der Gesundheitskarte aufgenommen. Auch das haben wir im Ausschuss thematisiert. Kollege Kessler ist Mitglied in diesem Ausschuss und weiß es, denn es wurde dort gesagt. Auch beim Bremer Modell muss es Partner für die elektronische Karte geben. Die gesetzlichen Krankenkassen müssen mit an Bord sein. Wir sind leider im Saarland in der Situation, dass wir diese Partner nicht haben. Das ist bedauerlich. Wir wären auch froh, wenn es anders wäre. Wir haben es im Ausschuss aufgenommen. Hermann Scharf als unser Vorsitzender hat es angesprochen. Wir haben demnächst ein Gespräch mit der Barmer Ersatzkasse, um dieses Thema zu erörtern.

(Abg. Kessler (B 90/GRÜNE) : Das steht so in unserem Antrag. Man soll erneut in weitere Kooperationsgespräche eintreten.)

Denn wir können uns vorstellen, dass wir auf diese Weise etwas voranbringen können. Meine Damen und Herren, die Sicherheit der Bewohner in der Landesaufnahmestelle war ein ganz wichtiges Thema im Heim-TÜV. Die Flüchtlinge, die dort ankommen, sind Menschen, die vor Verfolgung und Lebensbedrohungen geflohen sind. Sie brauchen Sicherheit. Sie kommen zu uns, weil sie Sicherheit suchen. Diese Sicherheit müssen sie dort auch finden. Es darf nicht sein, dass es Menschen bei uns gelingt, den Konflikt, der diese Flüchtlinge aus ihren Heimatländern hinausgejagt hat, in unsere Landesaufnahmestelle zu tragen. Das kann nicht sein. Das können wir nicht zulassen. Von daher bin ich froh, dass sich das Innenministerium und die Sicherheitsbehörden gerade dieser Fragestellung annehmen, um den Menschen, die zu uns kommen, die Sicherheit zu geben, die sie suchen.

Gestatten Sie mir eine ganz persönliche Bemerkung zu diesem Punkt: Die Menschen, die unseren Rechtsstaat nicht akzeptieren, die die Regeln unseres Rechtsstaates nicht befolgen und leben wollen und die andere Flüchtlinge, die an Leib und Leben bedroht wurden, auch hier wieder an Leib und Leben bedrohen, haben meines Erachtens kein Recht auf einen Aufenthalt bei uns. Sie haben dieses Recht verwirkt.

(Abg. Heib (CDU) )

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Das Sachleistungsprinzip in der Landesaufnahmestelle Lebach, das Sie angesprochen haben, hat im Koalitionsvertrag eine Einigung gefunden. Es bedarf auch keiner Änderung. Es hat sich in all den Jahren bewährt und sichert die Versorgung von Frauen und Kindern - auch noch am letzten Tag eines Monats. Das muss man sehen. Die Versorgung mit Nahrungsmitteln kommt direkt bei den Menschen an. Ich denke, diese Regelung findet Zustimmung bei Kommunalpolitikern über Parteigrenzen hinweg. Das ist für mich ein Indiz, dass wir eine pragmatische Lösung gefunden haben, die wir beibehalten sollten.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Auch Artikel 3 des Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsstellung von Asylsuchenden und geduldeten Ausländern vom 23. Dezember des vergangenen Jahres ändert nichts an der Form der Leistungsgewährung in der Erstaufnahmeeinrichtung Lebach, weil dort die gesetzliche Verpflichtung zum Sachleistungsprinzip weiterhin gegeben ist. Seit dem 01. März dieses Jahres haben wir die geänderte Rechtslage für die Landesgemeinschaftsunterkunft, die Lebach für uns ist. Demnach sind Geldleistungen zu gewähren. Davon kann aber abgesehen werden, wenn dies nach den Umständen erforderlich ist. Ich bin davon überzeugt, dass eine unterschiedliche Leistungsgewährung innerhalb der Landesaufnahmestelle - sie ist und bleibt ein Gelände, die Häuser stehen nebeneinander, die Menschen leben dort gemeinsam - mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Unzufriedenheit und Spannungen führen würde. Deshalb ist es meines Erachtens durchaus gerechtfertigt, am Sachleistungsprinzip für alle festzuhalten.

Die Landesregierung hat bereits viele Maßnahmen auf den Weg gebracht. Die dezentrale Unterbringung wurde angesprochen, auch das Sonderprogramm zur finanziellen Unterstützung der Städte und Gemeinden. Es ist eine Servicestelle eingerichtet worden, in der Bürgerinnen und Bürger gerade zu diesem Programm Fragen stellen können und entsprechende Hinweise bekommen. Ganz wichtig war es, einen Handlungsleitfaden zur Verteilung, Betreuung und Integration von Asylbewerbern und Personen mit Aufenthaltstiteln zu entwickeln. Die Zahl der Asylbegleiter und Integrationslotsen wurde aufgestockt. Genauso wurde die Stelle für die Landesintegrationsbegleitung zur Verbesserung der Arbeitsmarktintegration aufgestockt. Auch im Rahmen der Sprachkompetenz wurden Anstrengungen unternommen. Es ist ganz wichtig, dass das ehrenamtliche Engagement und das Ehrenamtsnetzwerk zur Begleitung und Integration von Flüchtlingen in den Städten und Gemeinden in diesem Jahr mit 200.000 Euro gefördert werden.

Das Saarland ist ein Einwanderungsland und wird es auch bleiben, bedingt durch unsere Lage mitten in Europa und durch unsere wechselvolle Geschichte. Das hat dazu geführt, dass das Saarland ein weltoffenes, europäisches und menschenfreundliches Land geworden ist und auch bleibt. Davon bin ich überzeugt. Es ist von daher nicht verwunderlich, dass eine Welle von Hilfsbereitschaft und Solidarität durch unser Land geht, wenn es darum geht, wie wir Flüchtlingen helfen und wie wir sie willkommen heißen können. Landesregierung, Kommunen, Wohlfahrtsverbände, Kirchen, Gewerkschaften, Vereine und ganz viele Ehrenamtliche tragen gemeinsam Sorge für eine menschenwürdige Aufnahme, Betreuung und Begleitung der Flüchtlinge.

An dieser Stelle, meine Damen und Herren, möchte ich den aufrichtigen Dank an alle richten, die sich ehrenamtlich engagieren, aber auch an die Hauptamtlichen, die sich darum kümmern, dass diese Menschen das Willkommenheißen in unserem Land erfahren. Es gilt, dies weiter auszubauen. Die Saarländerinnen und Saarländer setzen ein klares Zeichen und bekennen sich klar zu Vielfalt, kulturellem Reichtum und Weltoffenheit, es ist ein Bekenntnis für Freiheit, Gleichwertigkeit, Zusammenhalt und gegen Gewalt und jegliche Form von Extremismus. Da ist natürlich schlimm, wenn man hört, was sich heute in Frankfurt ereignet hat. Man muss sagen, das ist mehr als bedauerlich. Das ist Extremismus.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Man kann nicht deutlich genug dafür werben, dass jegliche Form von Extremismus, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus bei uns keinen Nährboden findet und auch nicht stattfindet. Dies tun die Saarländerinnen und Saarländer. Dafür heißt es, vielen Dank zu sagen.

Zu dem, was ich Ihnen vorgestellt habe, gehört auch die Sprachförderung zur Entwicklung der Schlüsselkompetenz Sprache. Sprachkompetenz ist maßgebend für eine gelingende Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Hier ist ehrenamtliche Begleitung notwendig, um die berufliche Anerkennung und den interkulturellen Dialog zu fördern. Ohne Sprachkompetenz geht das alles nicht. Deshalb ist es richtig zu verfolgen, dass Sprachkompetenz gerade den Kindern und Jugendlichen in den Schulen vermittelt wird. Es ist wichtig, dass es Maßnahmen gibt, die von der Grundschule mit dem Programm „Früh Deutsch lernen“ über die Einstellung von mehr Lehrkräften gehen. Die Maßnahmen reichen weiter von den allgemeinbildenden Schulen bis zu den berufsbildenden Schulen. Genauso ist das Berufsqualifikationsanerkennungsgesetz zu nennen. Hier waren wir die Ersten. Es ist auch ein Anliegen der Landesregierung, Migrantinnen und Migranten im Sinne einer kultursensiblen Altenpflege zu gewinnen. Dies sind nur einige der Maßnahmen, die im Saarland stattfin

(Abg. Heib (CDU) )

den. Das ist unsere Willkommenskultur, eine Willkommenskultur, die die Grundlage für die Gestaltung des Miteinanders in einer lebendigen Bürgergesellschaft ist. Ich glaube, wir haben hier keinen Nachholbedarf, sondern wir haben eine gute Willkommenskultur im Saarland. Sie wird von allen Menschen angenommen - von denen, die sie geben und leben, und von denen, die kommen und sich freuen, dass sie bei uns angenommen werden.

Gestatten Sie mir zum Abschluss noch eine Bemerkung. Unser Grundgesetz - das ist auch heute Morgen beim Gleichstellungsgesetz schon deutlich geworden - ist immer wieder eine gute Basis. Es ist kein kleinster gemeinsamer Nenner, den wir haben, sondern ein Fundament für unser Miteinander, für unseren Zusammenhalt, für unsere Anerkennung, für unseren Respekt und unsere Solidarität. Unabhängig von der Herkunft eines Menschen, seiner Religion, seinem Geschlecht, einer eventuellen Behinderung, seiner sexuellen Orientierung oder seiner Rasse auf der Basis unseren Grundgesetzes erkennen wir einander an. An der Stelle kann man nur ein bedingungsloses Ja sagen, das ist Willkommenskultur. Ich bin froh, dass wir sie leben und dass ich sie hier unterstützen konnte. - Danke.

(Beifall bei der CDU.)

Das Wort hat nun für die Fraktion DIE LINKE die Kollegin Heike Kugler.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Werte Gäste! Der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht von Willkommenskultur. Der Begriff Willkommenskultur findet sich auch in Wikipedia, dort mit drei Aspekten. Erstens. Die Demonstration einer positiven Einstellung von Politikern, Unternehmen, Bildungseinrichtungen, Sportvereinen und anderen Institutionen Migranten gegenüber. Der Begriff ist also speziell auf Migrantinnen und Migranten geprägt. Zum Zweiten drückt er den Wunsch aus, dass Migrantinnen und Migranten allen Menschen, denen sie begegnen, willkommen sein mögen. Damit erfolgt eine Abgrenzung gegenüber Diskriminierungen. Das ist insbesondere wichtig mit Blick auf das, was wir in letzter Zeit an Demonstrationen Saargida und so weiter - erlebt haben. Drittens bezeichnet das Wort Willkommenskultur die Gesamtheit aller Maßnahmen, durch die die positive Haltung gegenüber Migranten und anderen gefördert und dem Gefühl von Migranten, willkommen zu sein, eine Grundlage in der Realität gegeben werden soll. Das Gefühl, willkommen zu sein.

Selbst wenn Punkt 1 und 2 der Definition von Willkommenskultur bei uns zutreffen - in diesem Lichte sehe ich auch die Lebacher Erklärung, die Frau Mi

nisterin ist jetzt leider hinausgegangen -, so müssen wir doch in der Umsetzung der Maßnahmen noch gehörig nachsteuern, um eine möglichst reibungslose Einbindung in unsere Gesellschaft zu ermöglichen. Einige Beispiele. Im Saarland haben wir inzwischen bei anerkannten Flüchtlingen nicht mehr die Wartezeiten wie noch vor einem Jahr, die haben sich erheblich verkürzt. Die Landesaufnahmestelle wird bei anerkannten Flüchtlingen nur für relativ kurze Zeit in Anspruch genommen. Der Übergang in die Kommunen ist aber noch immer extrem schwierig, da fehlende Sprachkenntnisse eine große Hürde bei der Integration darstellen. Wir haben zu wenig Integrationslotsen, erst recht mit entsprechenden Sprachkenntnissen. Bei Leuten aus Eritrea beispielsweise fehlen uns zum Teil einfach die Dolmetscher. Unsere Forderungen sind hier bekannt. Ich habe an dieser Stelle bereits darauf hingewiesen, dass wir einen niedrigen Betreuungsschlüssel als sinnvoll und notwendig erachten, insbesondere in der Anfangszeit, wenn jemand neu in unser Land kommt und sich eingewöhnen muss und lernen muss, selbstständig zu leben.

Ein weiteres Problem ist die medizinische Versorgung, gerade was die derzeitige Finanzierung durch die Kommunen betrifft. Unsere Kommunen stehen finanziell mit dem Rücken an der Wand, manche kurz vor dem Kollaps. Daher muss es möglich sein, hier zu entlasten. Der Städte- und Gemeindetag hat bereits auf diese Problematik hingewiesen und bemerkt, dass die entstehenden Krankheitskosten nicht ausreichend finanziert seien. Die zurzeit geplanten Aufnahmepauschalen seien nicht annähernd kostendeckend. Das Bundesland Hessen geht hier einen anderen Weg. Es hat die Krankheitskosten für die Kommunen übernommen, sofern sie einen gewissen Sockelbetrag übersteigen. Das heißt, die Kommunen übernehmen einen Teil, was darüber hinausgeht, wird vom Land getragen. Dies wird insbesondere dort bedeutsam, wo es um die Behandlung von traumatisierten Menschen geht, die wir zusehends häufiger auch in unser Saarland bekommen. Wichtig ist, dass die Betroffenen unproblematisch ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen können. Gerade ärztliche Hilfe ist einer der wichtigsten Aspekte, die nach Auffassung der LINKEN zur Willkommenskultur gehören. - In diesem Sinne Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Danke, Frau Kollegin Kugler. Das Wort hat nun die Abgeordnete Petra Berg, SPD-Fraktion.