Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir setzen unsere unterbrochene Sitzung fort und kommen zu Punkt 4 der Tagesordnung:
Erste Lesung des von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Gesetzes zur Änderung des Saarländischen Sparkassengesetzes (Drucksache 15/1288)
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit vielen Jahren wird in Deutschland darüber diskutiert, dass die Dispozinsen zu hoch sind, dass sie insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen, aber auch für kleine Betriebe ein Problem darstellen. Seit vielen Jahren wird auch gesagt, man müsse etwas ändern. Leider hat sich bis zum heutigen Tag nichts getan. Wir haben daher im Landtag versucht, für unseren Zuständigkeitsbereich eine Regelung zu finden. Unser Vorschlag hat bis dato keine Mehrheit gefunden.
Wir haben deshalb den Weg des Volksbegehrens beschritten und haben 5.000 Unterschriften gesammelt. Das war etwas schwierig, aber wir haben die 5.000 Unterschriften zusammenbekommen. Ich danke allen, die unterschrieben haben, insbesondere den Leuten, die nicht selbst betroffen waren, sondern die durch ihre Unterschrift anderen helfen wollten. Das sollte man auch einmal im Rahmen einer Bürgerdemokratie anerkennen.
Das weitere Verfahren sieht jetzt so aus, dass die Listen in den Rathäusern ausliegen. Aber Sie wissen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass es einen Unterschied macht, ob man an einem Stand unterschreibt oder sich entschließen muss, ins Rathaus zu gehen und dort eine Unterschrift zu leisten. Deshalb wissen wir, dass es sehr schwer sein wird, die notwendige Zahl, die noch viel höher ist, zu erreichen. Wir haben daher heute noch einmal versucht, einen Anlauf im Landtag zu machen, um zu sehen, ob sich vielleicht der eine oder andere inzwischen in dieser Frage anders besonnen hat, wo wir doch wissen, dass die Dispozinsen quer durch alle Parteien als ein ernsthaftes Anliegen angesehen werden.
Es ist auch nicht so, als wenn dieser Vorschlag einer Begrenzung von 5 Prozent über dem Diskontsatz unzumutbar wäre. Vor einigen Tagen wurden in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die derzeitigen Dispozinssätze veröffentlicht: Die Deutsche Skatbank hat 4,8 Prozent, die PDS Bank Berlin-Brandenburg, Entschuldigung, die PSD Bank -
Es wäre natürlich lobenswert, wenn es eine PDS Bank wäre. Es ist aber die PSD Bank Berlin-Brandenburg und die hat 6,49 Prozent. Die PSD Bank Niederbayern hat 6,89 Prozent, die PSD Bank Westfalen/Lippe hat 6,9 Prozent, die Volksbank Göppingen hat 6,95 Prozent. Es handelt sich hier ausnahmslos um kleine Banken, die ungleich weniger
Volumina haben als unsere größeren Sparkassen, die vor Ort tätig sind wie die Sparkassen und es trotzdem schaffen, solche Dispozinsen anzubieten. Das sind Genossenschaftsbanken beziehungsweise Volksbanken. Sie haben teilweise nicht das Modell, dass sie nur Privatkunden bedienen, sie bedienen auch Wirtschaftskunden, etwa die Volksbank Göppingen.
Deshalb sind die vorgebrachten Argumente, man könne das nicht so gestalten, dass das finanziell verkraftbar wäre, durch diese Banken widerlegt. Aus Wettbewerbsgründen kann man bei dieser These nicht bleiben. Es ist kein Wunder, dass die Stadtsparkasse Düsseldorf dann die nächste ist, aber die weist mit 11,70 Prozent fast den doppelten Disposatz auf.
Meine Damen und Herren, es ist nun einmal so: Unsere Sparkassen sind gegründet worden - wie die Volksbanken und die Genossenschaftsbanken, die ich gerade genannt habe -, um mit den Dispozinsen den Menschen vor Ort günstige Konditionen zu bieten. Es geht um Menschen mit geringem Einkommen und es geht um kleine Betriebe. Wir möchten Sie herzlich bitten, dieses Mal unserem Gesetzentwurf zuzustimmen, dann hätten wir das Problem gelöst.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In der Tat diskutieren wir bereits zum dritten Mal über diesen Gesetzentwurf. Und in der Tat tauschen wir jedes Mal die gleichen Argumente aus. Wir werden aber auch dieses Mal nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Es ist richtig - da haben Sie recht, Herr Lafontaine -, dass zu wenig geschehen ist. Es ist auch nicht in Ordnung, dass die Dispozinsen heute, bei der jetzigen Zinslage immer noch so hoch sind, da sind wir genau Ihrer Meinung. Es kann nicht sein, dass in einer Zeit, in der sich die Banken bei der Europäischen Zentralbank so günstig Geld wie noch nie leihen können, die Kundinnen und Kunden im Durchschnitt 12 Prozent Zinsen auf einen einfachen Dispo bezahlen müssen. Das sind die Zahlen, die die Stiftung Warentest vor Kurzem ermittelt hat.
Die Dispozinsen in Deutschland gehören damit zu den höchsten Zinsen in ganz Europa. Eine Studie des Bundesministeriums für Verbraucherschutz hat die Argumente der Kreditinstitute widerlegt, dass diese hohen Zinsen durch ein hohes Ausfallrisiko und durch hohe Bearbeitungskosten gerechtfertigt
seien. Das ist mitnichten so. Nicht nur Menschen mit geringem Einkommen, sondern auch Kleinbetriebe, ja jeder sechste Bankkunde steht in Deutschland mit seinem Konto in den Miesen. Das ist teuer, unverschämt teuer. Die Bandbreite liegt zwischen 7 und 17 Prozent. Im Saarland hat zum Beispiel die Santander Bank bis 500 Euro 7 Prozent, von 500 bis 1.000 Euro 14 Prozent und ab 1.000 Euro stolze 17 Prozent. Ich halte das für eine Unverschämtheit.
Im Gegensatz dazu ist der Leitzins seit 2008 von 4,25 auf - man höre und staune - 0,05 Prozent gesenkt worden, und die Banken leihen sich Geld noch günstiger. Da stimmt irgendwas nicht, das ist richtig. Bei diesem Punkt sind wir uns hier im Hause alle einig. Wir sehen alle Regelungsbedarf. Nur die Schlussfolgerungen, wie sie von der LINKEN gezogen werden, und die Zwänge, die Sie einführen wollen, sehen wir anders. Die Große Koalition ist dagegen, dass die Sparkassen isoliert in Haftung genommen werden.
Wir waren schon in Oppositionszeiten dagegen. Die SPD vertritt diese Position jetzt nicht, weil es etwa Koalitionszwang wäre, sondern wir hatten diese Position schon in der Opposition. Wir sind unter anderem dagegen, weil alle Verbraucherinnen und Verbraucher davon gar nicht erfasst sind. Nicht alle Verbraucherinnen und Verbraucher sind Sparkassenkunden. Deshalb sagen wir, Regulierungen müssen sich auf das gesamte Bankensystem beziehen und nicht nur auf die Sparkassen.
Das können Sie jetzt hier bestreiten oder nicht: Sparkassen stehen als Geldinstitute im Wettbewerb mit den anderen Instituten. Einen gesetzlichen Deckel nur für die Sparkassen einzuziehen, muss ordnungspolitisch sehr wohl überlegt sein. Sparkassen haben einen Auftrag zur Förderung des Gemeinwohls. Aber auch dieser Auftrag hat irgendwo seine Grenzen, und zwar dort, wo man ein Kreditinstitut überfordert.
Die Sparkassen im Saarland halten zum Beispiel im Gegensatz zu anderen Geldinstituten ein Filialnetz vor von 315 Geschäftsstellen bei sieben Sparkassen. Ich vergleiche das mal mit anderen Instituten im Saarland. Die Bank 1 Saar hat 57 Geschäftsstellen, die Commerzbank sieben, die Deutsche Bank fünf. Es gibt 46 Servicecenter und 340 Geldautomaten im Saarland. Einen Geldautomaten aufzustellen und zu pflegen kostet 60.000 Euro, das muss man sich mal vorstellen. Und jeder Sparkassenkunde, der an den 340 Geldautomaten im Saarland die Chance hat, Geld abzuheben, zahlt keinen Cent.
Die Sparkassen beschäftigen im Saarland 4.883 Mitarbeiter und 283 Auszubildende. Sie zahlen Körperschafts- und Gewerbesteuern in Höhe von 38 Millionen Euro. Weil die Sparkassen ihren Sitz im Saarland haben, zahlen sie auch ihre Gewerbesteuer im Saarland - das tun die anderen Institute nicht. Und sie zahlen Lohnsteuer in Höhe von 43 Millionen Euro. Die Sparkassen fördern außerdem Kultur, Wissenschaft, Sport und soziale Projekte mit rund 6 Millionen Euro jährlich. Sie stellen JedermannKonten zur Verfügung. Das sollten andere auch, machen sie aber meistens nicht. Viele Kreditinstitute tun das nicht. Sparkassen gehen auf ihre Kunden zu, wenn sie feststellen, dass diese längere Zeit ihren eingeräumten Dispo überzogen haben. Ich kann es nicht oft genug sagen, dass die Finanzkrise vor sieben Jahren mit der Lehman-Pleite deutlich gemacht hat, wie wichtig und unverzichtbar die öffentlich-rechtlichen Sparkassen im deutschen Bankenwesen sind.
Die stabilisierende Leistung, die durch die Sparkassen gerade während der Krise erbracht wurde, kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. - Ich wäre froh, wenn es ein bisschen ruhiger wäre.
Ich danke Ihnen. - An diesem Sonntag war in der Welt am Sonntag zu lesen: Sparkassen leiden unter niedrigen Zinsen und zu hohen Kosten. Manches Institut steht schon im Überlebenskampf. Es drohen zahlreiche Filialschließungen und Fusionen. Meine Damen und Herren, zum Glück nicht bei uns im Saarland. Damit dies so bleibt, können wir nicht zulassen, dass Sparkassen isoliert weitere Auflagen erhalten und der Wettbewerb weiter verzerrt wird.
Folgende Frage stellt sich. Wenn wir die Sparkassen gesetzlich dazu zwingen, würde das Signalwirkung entfalten - das ist ja das, was Sie glauben - und die anderen Banken würden ihre Dispozinsen senken. Das ist eher nicht anzunehmen. Es ist auch die Frage, ob die Kunden von ihrem Bankinstitut zu den Sparkassen rennen würden, weil sie dort geringere Dispozinsen erwarten. Dazu sage ich Ihnen, dass die Neunkircher Sparkasse dies probiert hat - mit 7 Prozent Dispozinsen über eineinhalb Jahre. Es gab keine neuen Kunden, gar nichts. Das hat sich überhaupt nicht gerechnet.
Glauben Sie wirklich, dass Kunden, die ihr Konto ständig überzogen haben, ihr Kreditinstitut wechseln, dass sie zu einem anderen Institut gehen und
sagen, hallo, ich habe zwar mein Konto überzogen, möchte aber bei euch ein neues Konto eröffnen? Mitnichten! Das werden die Kunden nicht tun. Deshalb muss man alle einbeziehen, wenn wir Regelungen wollen, und nicht alleine nur die Sparkassen. Wir brauchen eine Gesamtlösung; die muss bundeseinheitlich gefunden werden.
Die Verbraucherschutzministerkonferenz hat sich mit diesem Thema befasst - 2012, 2013, 2014. Sie hat die Bundesregierung zuletzt im Mai letzten Jahres aufgefordert zu reagieren, wenn die Banken nicht freiwillig die Zinssätze für Dispokredite und für geduldete Überziehungen senken. Es gab in dem einen oder anderen Fall leichte Senkungen beziehungsweise wurden Überziehungszinsen, die höher sind, abgeschafft, weil ihnen das nicht wehtut, weil die meisten nur den Dispo ausnutzen.
Die SPD hat im Koalitionsvertrag mit der CDU in Berlin vereinbart, dass Banken verpflichtet werden sollen, Kunden mit einem überzogenen Konto zu warnen und bei längerer Inanspruchnahme günstigere Alternativen anzubieten. Ein weiterer Punkt war und ist die Verbesserung der Transparenz bei der Veröffentlichung der Dispozinsen. Mehr war in Berlin leider nicht möglich auszuhandeln, weil wir als SPD 2012 einen Gesetzentwurf eingebracht hatten, Dispozinsen generell zu beschränken - das bezog sich aber auf alle Kreditinstitute - und das Kreditwesengesetz zu ändern. Das steht im Gegensatz zur CDU hier, die bei uns eine Protokollnotiz bei der Verbraucherministerkonferenz aktiv unterstützt hat. Sie ist auch dafür, dass die Dispozinsen für alle Institute gedeckelt werden sollen. In Berlin ist das etwas anders.
Folgendes steht aktuell im Gesetzentwurf des Bundesverbraucherschutzministers Maas: Wer länger als drei Monate den Dispo in Anspruch nimmt oder mit einem Betrag, der den durchschnittlichen Geldeingang überschreitet, muss ein Beratungsgespräch über Alternativen zum Dispo von den Kreditinstituten bekommen. Außerdem werden Banken und Sparkassen verpflichtet, die Dispozinssätze deutlich auf ihrer Homepage zu veröffentlichen. Das ist wegen der Vergleichbarkeit notwendig.
Es ist in der Tat nicht so, dass alle Kreditinstitute ihre Dispozinsen deutlich veröffentlichen. Eine Befragung der Stiftung Warentest hat ergeben, dass noch nicht einmal die Hälfte der Kreditinstitute so transparent ist. Transparenz und Vergleichbarkeit sind die Schlüssel zu einem funktionierenden Wettbewerb. Ein zentrales Vergleichsportal im Internet würde zusätzlich helfen. Hierzu gibt es in der Tat schon Überlegungen.
Meine Damen und Herren, das sind für uns wichtige Schritte, die wir zuerst prüfen müssen. Führen all diese Maßnahmen nicht zum Ziel, dann lassen Sie
uns gemeinsam hier im Land und außerhalb des Saarlandes Unterschriften dafür sammeln, dass wir das Kreditwesengesetz auf der Bundesebene ändern, damit alle Kreditinstitute verpflichtet werden, die Dispozinsen zu deckeln. Eine einseitige und ungleichmäßige Belastung der Sparkassen lehnen wir ab.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete. - Das Wort hat nun für die Fraktion der PIRATEN Herr Abgeordneter Andreas Augustin.
Danke. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit wir uns am 16.10.2012 zuletzt mit dem Thema befasst haben, hat sich zwar im Umfeld einiges getan, inhaltlich aber rein gar nichts. Das muss ich vorab schon einmal feststellen. Im Umfeld wurde der Leitzins von der EZB noch weiter gesenkt. Da es keine entsprechende Regelung gibt, wie sie jetzt von den LINKEN gefordert wird, sind die Banken - insbesondere die Sparkassen - nicht dazu verpflichtet, solche Änderungen weiterzugeben.
Außerdem läuft derzeit ein Volksbegehren, ebenfalls durch die LINKEN gestartet. Insofern ist das heute eine gute Gelegenheit, das Thema zu kapern und Werbung dafür zu machen. Wie wir bereits gehört haben - die Kollegin Isolde Ries sprach hierzu -, wird die Koalition den Gesetzentwurf ablehnen. Dementsprechend wird es wohl dazu kommen, dass das Volksbegehren nicht frühzeitig hinfällig ist, sondern bis zum Ende weiterlaufen muss. Es wird eventuell dazu führen, dass wir uns infolge dieses Volksbegehrens in ein paar Monaten wieder mit dem Thema befassen werden.
Damit es so weit kommt, müssen beim Volksbegehren mindestens 7 Prozent der Stimmberechtigten das sind etwa 56.000 Menschen - unterschreiben. Unserer Meinung nach ist das Problem dabei die Amtseintragung. Die halten wir nach wie vor für eine zu hohe Hürde. Deshalb rufe ich an dieser Stelle dazu auf, bei dem Volksbegehren mitzumachen und zu unterschreiben, weil ich mich bei dieser These nur zu gerne widerlegen lassen würde.
So viel zum Umfeld. Zum Inhalt kann ich mich sehr kurz fassen, da sich wie gesagt seit dem letzten Mal nichts geändert hat. Ich verweise auf das Protokoll vom Oktober 2012. An meinen Argumenten hat sich nichts geändert. Das Protokoll steht öffentlich im Internet. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.