Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die LINKE-Landtagsfraktion beantragt, dass das Fraktionsrechtsstellungsgesetz wie folgt verändert wird. In Paragraf 5 soll nach Absatz 2 folgender Absatz 3 neu eingefügt werden: „Tritt eine gewählte Bewerberin/ein gewählter Bewerber aus der Partei, für die sie/er einen Sitz erhalten hat, noch vor Zusammentritt des Landtages aus, so werden die Zuschläge für das Mitglied weiterhin der Fraktion zugerechnet, die sich für die entsprechende, das Mitglied verlierende Partei gebildet hat.“
Der Hintergrund unseres Antrags besteht in einem in der Parlamentsgeschichte einmaligen Vorgang, wonach eine Abgeordnete aus der Partei austritt, auf deren Liste sie gewählt wurde, noch bevor der Landtag sich konstituieren konnte und natürlich auch lange bevor sich die Fraktionen konstituieren konnten. Diese Abgeordnete hat dann nicht, wie dies eigentlich zu erwarten gewesen wäre, ihr Mandat niedergelegt, sondern hat sich der Fraktion einer anderen Partei angeschlossen. Diese beiden Parteien, von denen ich rede, waren im Wahlkampf keineswegs politische Freunde, sondern haben aufs Heftigste politisch miteinander konkurriert. Das muss man hier einmal sehr deutlich machen. Es ging nicht um die Frage, dass man etwa gleichgerichtete politische Ziele hatte -
(Abg. Pauluhn (SPD) : Es wurde aber auch schon einmal von ewiger Freundschaft gesprochen. Weitere Zurufe von der SPD.)
Vielleicht lassen Sie mich einfach ausreden. - Sie müssen die Äußerungen eines bestimmten Kollegen nicht der Partei insgesamt zurechnen.
Ich möchte es konkret nennen. Tatsache ist, dass es sich bei der LINKEN und bei der SPD gerade in diesem Wahlkampf um deutlich politisch konkurrierende Parteien handelte. Der Anschluss an eine solche Partei unter Mitnahme des Mandates ist ein einmaliger Fall von Wahlbetrug, der in jeder Hinsicht zu verurteilen ist und der überhaupt nicht akzeptiert werden kann.
Er ist auch überhaupt nicht vergleichbar mit Vorgängen wie einem Wechsel, wenn man sich politisch auseinandergelebt hat. Das passiert immer mal wieder. Das ist durchaus ein Punkt, der vorkommt, der aber überhaupt nicht vergleichbar ist mit dem Fall, der hier angesprochen ist. Ich muss schon sagen, dass ich das Grinsen und Lächeln bei der SPD
Hier offenbart sich ein Ausmaß an Skrupellosigkeit und ein Mangel an politischer Moral, der wirklich einmalig ist.
Diese moralischen und politischen Aspekte können wir nicht regeln. Das müssen die betroffene Abgeordnete und die sie aufnehmende Fraktion mit sich selbst ausmachen.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Fall hat natürlich nicht nur moralische und politische Aspekte, sondern er hat auch materielle Folgen, und zwar erhebliche finanzielle Folgen. Er bedeutet, dass die Partei finanziell geschädigt wird, aus der die Abgeordnete ausgetreten ist und von wo sie das Mandat mitgenommen hat, bevor der Landtag sich konstituiert hat. Das ist der entscheidende Punkt. Diesen Punkt aber können und wollen wir regeln. Ich bitte Sie daher, unserem Antrag zuzustimmen, schon vor dem Hintergrund, dass das, was uns als Fraktion DIE LINKE passiert ist, Ihnen allen auch passieren kann. Durch eine solche Regelung kann solchen Vorgängen, die wirklich einmalig sind, wirksam ein Riegel vorgeschoben werden. Ich bitte Sie daher, unserem Antrag zuzustimmen, der sicherlich nur die materiellen Folgen dieses Vorgangs regeln kann. Von den moralischen und politischen Aspekten ist hier ganz zu schweigen. Ich wiederhole: Ich halte das für einen Fall von Wahlbetrug und von moralischer Verkommenheit, wie er bisher kein Beispiel hat. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abscheu und Empörung, Skrupellosigkeit, Mangel an politischer Moral - wenn man so will, haben wir das breitgefächerte Repertoire der Entrüstung zur Begründung eines Antrages zur Änderung des Fraktionsrechtsstellungsgesetzes gehört. Es gibt aber überhaupt keinen Änderungsbedarf. Es geht der Partei DIE LINKE um zwei Dinge. Zum einen um die Aufarbeitung und darum, ihr Mütchen zu kühlen, wegen der aus ihrer Sicht - wie Sie gesagt haben - skrupellosen und an Mangel an politischer Moral nicht mehr zu überbietenden Tatsache, dass eine Abgeordnete, die über Ihre Liste gewählt
Zum Zweiten, Kollege Linsler, und das ist wahrscheinlich der entscheidende Punkt, geht es Ihnen um den schnöden Mammon. Es geht Ihnen ums Geld.
(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Abg. Linsler (DIE LINKE) : Das steht uns zu. - Abg. Lafontaine (DIE LINKE): So eine Dreistigkeit!)
Herr Kollege Lafontaine, die Dreistigkeit ergibt sich durch das Lesen Ihres Antrages. Der ist in der Tat dreist. Sie wollen das Fraktionsrechtsstellungsgesetz hinsichtlich der Finanzierung ändern. Es geht um Paragraf 5.
Herr Kollege Lafontaine, vielleicht sollten Sie auch das einmal lesen. Sie sollten nicht nur das lesen, was über Sie geschrieben wird, sondern auch Ihre Anträge. Schließlich sind Sie Fraktionsvorsitzender. Sie sollten lesen, was man beschließt.
Ja, der Spruch kommt immer dann, wenn er sich getroffen fühlt. - Bei Paragraf 5, den Sie ändern wollen, geht es nicht um Moral oder die Aufhebung von Skrupellosigkeit.
(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Doch. Sie hat vor dem Wahlkampf bei euch geholfen. Sie hat gewusst, dass sie geht. - Weitere Zurufe von der LINKEN.)
Auch hier ist das Nachlesen des Fraktionsrechtsstellungsgesetzes nicht hinderlich, sondern förderlich. Paragraf 5 des Fraktionsrechtsstellungsgesetzes regelt die Geld- und Sachleistungen. Geld- und Sachleistungen ist das, was Sie im Blick haben. Deswegen noch einmal: Es geht Ihnen um den schnöden Mammon, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Zuruf von der LINKEN: Und Sie bekommen etwas, was Ihnen nicht zusteht. - Unruhe bei der LINKEN.)
Geldleistungen, heißt es dort, setzen sich zusammen aus einem Grundbetrag für jede Fraktion, aus einem Betrag für jedes Mitglied und einem Zuschlag für jede Fraktion, die nicht die Landesregierung trägt. - Sie wollen die Kohle, nichts anderes. Das garnieren Sie mit Empörung. Ich sage Ihnen, das ist
(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Abg. Kugler (DIE LINKE) : Sie tun das! Sie wollen die Kohle! - Weitere Zurufe von der LINKEN.)
Ich bin dem Kollegen Professor Bierbaum nachgerade dankbar, dass er es angesprochen hat. Denn es gab ähnliche Fälle. Man muss sich einmal anschauen, wie wer reagiert hat. Ich will Ihnen einige Zitate nennen und damit unter Beweis stellen, dass der Vorwurf der Skrupellosigkeit, der angebliche Mangel an politischer Moral, Kolleginnen und Kollegen der Linkspartei, manchmal als Vorwurf auf sich selbst zurückfällt. Und dann bleiben nicht mehr als Verlogenheit und Heuchelei übrig.
Diese Eigenartigkeit - wie es der Kollege Bierbaum eben formuliert hat - unserer Gesichtsausdrücke geht wahrscheinlich auch auf die Heuchelei bei der Begründung zurück, die wir hier hören. In der Saarbrücker Zeitung war Anfang August 2007 nachzulesen: Linkspartei-Boss Oskar Lafontaine - damals noch in dem jungen Alter von 63 Jahren - ist es gelungen, die ehemalige GRÜNEN-Abgeordnete Barbara Spaniol zum Wechsel in seine Partei zu bewegen. Am Montag, dem 06. August präsentierte er sie stolz auf einer Pressekonferenz als neues Mitglied der Linkspartei.
(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Das ist nicht vergleichbar! - Lautes Lachen bei den Regierungsfraktionen.)
Aber auch wenn es für Sie nicht vergleichbar war, möchte ich Ihnen vorlesen, was die taz geschrieben hat: „Lafontaine jedenfalls strahlte bei der Vorstellung seiner neuen Vorzeigefrau.“
(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Wie der Pauluhn - nur hatte er kein schlechtes Gewissen dabei! - Vereinzelt Lachen.)
Kollege Linsler, es kommt noch besser. „Der große Bellheim von der Saar“ titelte die Saarbrücker Zeitung vom 11. August 2007. Da spielen Sie auch eine Rolle, Kollege Linsler. „Wie Lafontaine die Überläufer Rolf Linsler und Barbara Spaniol präsentierte, war bühnenreif, chapeau!“, schreibt die Saarbrücker Zeitung. „Inklusive des großen Zähneknirschens bei Saar-SPD und Grünen. Davon abgesehen lässt dieser Streich Lafontaine wohl die Herzen vieler hierzulande zufliegen. Die eigenen Leute werden sagen: ‚De Oskar hat’s denne mo widder gezeid!’ (...).“ So weit zur Begründung für die Überläufer Rolf Linsler
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Skrupellosigkeit und Mangel an politischer Moral haben Sie uns vorgeworfen. Übrig geblieben ist nicht mehr als Verlogenheit und Heuchelei Ihrerseits. Ich kann nachvollziehen, dass das wehtut. Aber ich kann Ihnen auch eines sagen: Irgendwann muss man damit leben können, und ich gehe davon aus, dass das auch Ihnen gelingen wird, gelingen muss. Ansonsten, denke ich, kriegt man es davon „an die Gall“, und das wünschen wir niemandem.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will auf den zweiten Punkt noch einmal zurückkommen, das eigentliche Kernthema des Antrages der Partei der LINKEN, nämlich den schnöden Mammon. Sie haben vor, die entsprechende Fraktionsrechtsstellungsgesetzesregelung zu ändern. Sie wollen das Geld der von Ihnen leider nicht mehr in der Fraktion befindlichen Kollegin. Da mache ich Ihnen einen Vorschlag. Wenn Sie es damit ernst meinen, dann gehen Sie zu allererst einmal in sich, machen einmal die Rechnung auf, was Sie beispielsweise noch aus den Jahren 2007 bis 2009 den Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu zahlen haben. Wir haben uns einmal die Mühe gemacht: Das sind über 70.000 Euro. Wenn man es verzinst, sind wir bei 80.000 Euro.