Protokoll der Sitzung vom 20.04.2016

Das Wort hat nun die Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der HIL! Ich darf mich am Ende dieser Debatte zu Wort melden und mich ganz herzlich bedanken für die Ausführungen der Kollegin Anke Rehlinger, die die Argumente dargelegt hat. Sie hat deutlich gemacht, dass wir uns in der Landesregierung sehr intensiv mit der Situation der HIL und mit den vorzutragenden Argumenten auseinandersetzen und dass wir hier an einem Strang ziehen.

Ich darf mich bei den beiden Regierungsfraktionen für die Einbringung dieses Antrages bedanken. Ich darf mich auch bedanken bei allen Vertretern der Opposition, die hier und heute erklärt haben, dass sie diesen Antrag unterstützen. Ich glaube, es ist ein ganz wichtiges Signal, das heute von dieser Debatte mit der Beschlussfassung ausgeht, dass es hier mit Blick auf die Erhaltung der Arbeitsplätze und der Struktur der HIL in St. Wendel wirklich eine gemeinsame Position über alle Parteigrenzen und geografischen Grenzen der Landkreise gibt. Das ist ein gutes, wichtiges und notwendiges Signal.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Dieses Signal brauchen wir, denn wir wissen, dass das keine einfache Auseinandersetzung werden wird. So begrüßenswert es ist, dass von der Bundesregierung die Signale kommen, nicht nach dem alten Plan das beigestellte Personal des Bundes einfach auslaufen zu lassen und damit einfach einem Sterben auf Raten zuzusehen, sondern Klarheit über die Zukunft der HIL-Werke zu schaffen, so wichtig ist es, dass es das richtige Signal und die richtige Entscheidung ist. Deswegen müssen wir in Berlin deutlich machen, was für den Erhalt der jetzigen Struktur spricht. Da darf ich mich ganz herzlich beim Werksleiter, vor allem aber auch bei den Kolleginnen und Kollegen des Betriebsrates bedanken, die im Nachgang zu unserem Gespräch für die heutige Debatte noch einmal sehr ausführlich und sehr nachdrücklich die Argumente aus den unterschiedlichsten Bereichen aufgeführt haben, die für den Erhalt der HIL in der jetzigen Struktur und für den Erhalt des Werkes und der Ausbildungsstätte in St. Wendel sprechen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben uns innerhalb der Landesregierung und mit dem Landrat des Landkreises St. Wendel und dem Bürgermeister der Stadt St. Wendel verständigt, dass wir gemeinsam im Nachgang zur heutigen Sitzung den entsprechenden Stellen in der Bundesregierung - der Bundesregierung insgesamt, denn ich glaube, das ist eine Entscheidung, die die Bundesregierung insgesamt treffen muss - noch einmal in einem Schreiben nicht nur die Resolution und damit die Stellungnahme des Landtages mit übersenden, sondern vor allen Dingen auch die Argumente, die uns

(Ministerin Rehlinger)

vom Werk und vom Betriebsrat an die Hand gegeben worden sind.

Es ist ein nachdrückliches Schreiben, wenn es von der Landesregierung, den zuständigen Ministerien, von den beiden Koalitionsparteien und von den Verantwortlichen auf der kommunalen Ebene unterzeichnet wird. Ich würde mich auch sehr freuen, wenn Werksleitung und Betriebsrat sich diesem gemeinsamen Schreiben anschließen würden, wenn wir es auch gemeinsam formulieren würden, damit in Berlin deutlich wird, dass es in dieser ganz speziellen Frage um saarländische Interessen geht und wir alle zusammenstehen. Es gilt der alte Spruch: Wenn man kämpft, kann man verlieren, wenn nicht, hat man schon verloren. Wir fangen mit dem Widerstand gerade erst an. - Herzlichen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Antrages Drucksache 15/1778 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag einstimmig, mit den Stimmen aller Fraktionen dieses Hauses, angenommen wurde.

(Beifall des Hauses.)

Wir kommen nun zu den Punkten 14 und 22 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Stellenabbau der saarländischen Polizei aussetzen - wieder mehr Kommissaranwärterinnen und -anwärter einstellen (Drucksache 15/1774)

Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion und der SPD-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Sicherheit im Saarland gewährleisten - Saarländische Sicherheitsbehörden weiterentwickeln

(Drucksache 15/1787)

Zur Begründung des Antrags der B 90/GRÜNELandtagsfraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Klaus Kessler das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Terroranschläge in Brüssel am 22.03.2016 haben uns in erschreckender Weise erneut die dramatische Sicherheitslage in der EU insgesamt vor Augen ge

führt. Angesichts dieser und anderer Terrorakte, die wir in letzter Zeit immer wieder erleben mussten, brauchen wir mehr denn je einen sehr gut funktionierenden staatlichen Sicherheitsapparat. Das muss aus unserer Sicht in erster Linie aber auch bedeuten, dass wir mehr Polizeipräsens in der Fläche brauchen, um zum einen die Kriminalitätsprävention zu verstärken und zum anderen das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger, insbesondere das Vertrauen in die staatlichen Sicherheitskräfte wieder zu verstärken. Das gilt insbesondere für das Saarland.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, die Vorgängerregierung hatte im Jahr 2010 unter dem Druck der Schuldenbremse im Rahmen der Polizeireform den Abbau von 300 Polizeiplanstellen beschlossen. Doch damals war noch überhaupt nicht abzusehen, wie sich die Sicherheitslage in diesem Land, wie sich die Bevölkerungsentwicklung allein schon durch die Flüchtlingszuwanderung, aber auch wie sich die Kriminalität, insbesondere die organisierte Kriminalität, im Land entwickeln würde. Heute wissen wir, dass sich die aktuelle Sicherheitslage in unserem Land deutlich verschärft hat. Die Anforderungen an unsere Polizei sind durch den Flüchtlingszuwachs, die gestiegene Kriminalität, insbesondere die Gewaltkriminalität und auch - das konnten wir heute in der Saarbrücker Zeitung nachlesen - durch den Anstieg rechter Straftaten deutlich angewachsen.

Trotz dieses Anstiegs der Aufgaben der Polizei sind bis heute 135 Polizeiplanstellen gestrichen worden. 2017 sollen weitere 10 Planstellen folgen, sodass, wenn die Reform weiter umgesetzt wird, ab 2018 noch 155 Stellen gestrichen werden müssen, um das Einsparziel von 300 Planstellen zu erreichen. Infolge dieser drastischen Sparpolitik, trotz der veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, haben sich natürlich auch die Arbeitsbedingungen der Polizei deutlich verschlechtert, das heißt, auch die Belastungssituation hat sich verschärft. Als Beleg dafür sei wiederum einmal - ich kann es nur immer wiederholen - der riesige Überstundenberg von 262.000 Überstunden aus dem Jahr 2015 genannt. Sollte dieser Stellenabbau so weitergehen, ist damit zu rechnen, dass dieser Berg noch höher wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, angesichts dieser angespannten Situation müssen wir grundsätzlich den weiteren Stellenabbau bei der Polizei in Frage stellen.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Wir können doch nicht einfach die Augen vor den Tatsachen verschließen, dass sich die Welt durch Terror, durch Kriminalität, aber auch durch die Flüchtlingsbewegungen insgesamt verändert hat.

(Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer)

Das heißt, die gesellschaftlichen Verhältnisse und die Ausgangssituation von damals - ich kann auch sagen, die Geschäftsgrundlage für die damalige Vereinbarung der Landesregierung mit den Gewerkschaften zum Stellenabbau bei der Polizei - hat sich bis heute verändert. Und wenn sich die Geschäftsgrundlage verändert, muss auch die Vereinbarung zum Stellenabbau verändert werden. Deshalb fordern wir mit unserem Antrag: Beenden Sie den Sparkurs bei der Polizei! Wir wollen keinen weiteren Stellenabbau. Stattdessen wollen wir kontinuierliche Neueinstellungen von jährlich 110 Kommissaranwärterinnen und -anwärtern.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Um es nochmals in aller Deutlichkeit zu sagen: Weder ein Polizeilicher Ordnungsdienst als Hilfspolizisten eingesetzt noch die bestens ausgefeilten technischen Überwachungsmaßnahmen können gut ausgebildete und qualifizierte Polizistinnen und Polizisten in unserem Land ersetzen.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Wir brauchen mehr Polizeipersonal in der Fläche. Beim vorhandenen ist die Belastungsgrenze längst erreicht. Eine Verstärkung des Polizeiapparates ist dringend erforderlich.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Einen Stopp dieses Personalabbaus fordert aktuell auch die junge Gruppe der GdP. Sie hat mit einer Infoaktion mit dem Titel „4 nach 5 vor 12 - Zeit für Sicherheit“ in St. Ingbert begonnen. Diese Aktion soll auch in weiteren saarländischen Städten stattfinden. Die Gewerkschaft der Polizei geht also selbst zunehmend auf Distanz zum Stellenabbau bei der Polizei und weist einerseits auf die Belastungssituation hin, andererseits aber auch auf die Nichteinhaltung von Vereinbarungen durch die Landesregierung.

In einer GdP-Mitgliederbefragung als Zwischenbilanz zur Polizeireform 2020 kritisiert die GdP zur Umsetzung der Polizeireform, dass bislang mehr Stellen abgebaut wurden, als ursprünglich vereinbart war, weil auch Stellen im Bereich der Tarifbeschäftigten abgebaut worden seien. Diese Tarifbeschäftigten sollten aber eigentlich den Stellenabbau im Bereich der Vollzugsbeamten abfedern, indem sie beispielsweise administrative Büroarbeiten der Beamtinnen und Beamten übernehmen. Somit hätten die Beamtinnen und Beamte mehr Zeit für den Streifendienst, die Kriminalitätsbekämpfung und vieles mehr. Ich verwende bewusst den Konjunktiv „hätten“, denn, so die GdP, diese Verlagerung von Büroarbeit, die die Beamten viel Zeit kostet, scheint nicht wie geplant zu funktionieren. Damit können die Beamtinnen und Beamten auch keine zufriedenstellende Präsenz in der Fläche zeigen. Die Gewährleistung einer hinreichenden Bürgernähe rückt im Hin

blick auf einen weiter geplanten Stellenabbau der saarländischen Polizei in weite Ferne.

Die Präsenz der saarländischen Polizei in der Fläche ist auch aus einem anderen Grund in Gefahr. Die sogenannten B-Inspektionen, vor allem im ländlichen Bereich, sind nur mit wenig Personal und auch nicht mehr rund um die Uhr besetzt. Die Folge: Die Beamtinnen und Beamten der A-Inspektionen müssen für die B-Inspektionen Unterstützungsleistungen erbringen und sind so natürlich in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt. Insgesamt wird bei der aktuellen Aufbauorganisation eine personelle Unterbesetzung in der Fläche beklagt, die den Anforderungen der Bürgernähe nicht mehr gerecht wird. Hinzu kommt, dass die in der Reform zugesagten jährlichen 100 Neueinstellungen bislang auch nicht realisiert sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die zuletzt genannten Punkte sind nicht meine Feststellung, sondern die der Gewerkschaft der Polizei in ihrer Mitgliederbefragung im Jahr 2015, die eine Beteiligung von 66 Prozent hatte und damit repräsentativ ist. Das heißt also, auch die Gewerkschaft der Polizei sieht die Umsetzung der Polizeireform mittlerweile kritisch und fordert mehr Personal. Mehr Personal fordert auch die andere Gewerkschaft. Die Deutsche Polizeigewerkschaft hat dazu eine Online-Petition an uns Landtagsabgeordnete mit der gleichen Forderung gerichtet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, geben Sie sich einen Ruck. Schlagen Sie im Interesse einer besseren Sicherheitslage und einer größeren Bürgernähe unserer Polizei einfach einen neuen Kurs ein. Beenden Sie den Stellenabbau bei der Polizei und stellen Sie wieder mehr Polizisten neu ein. Unserer Auffassung nach müssten es jährlich 110 sein, da die jetzige Quote, zurzeit sind es 90, noch nicht einmal der damaligen Vereinbarung mit der GdP von 100 entspricht. Ändern Sie Ihren Kurs.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Auch wenn Sie jetzt sagen, die Ausbildung der jungen Kommissaranwärter dauert einige Jahre, bis sie zur Verfügung stehen - das ist ja auch die Argumentation für den Polizeilichen Ordnungsdienst -, so muss ich entgegnen, das reicht uns nicht. Das muss schneller gehen. Wir sagen, auch wenn die Ausbildung einige Jahre dauert, so müssen wir doch zur Kenntnis nehmen, dass sich auch in einigen Jahren die Sicherheitslage in diesem Land nicht verbessert haben wird, dass auch in einigen Jahren die Kriminalitätsbekämpfung und die Kriminalitätsprävention genauso notwendig sein werden wie heute. Insofern ist heute ein Kurswechsel in der Einstellungspolitik der Polizei dringend erforderlich, um für die Anforderungen und Herausforderungen von morgen im Be

(Abg. Kessler (B 90/GRÜNE) )

reich der inneren Sicherheit und Kriminalitätsprävention gut gerüstet zu sein. Dafür müssen wir den Kurs heute ändern.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Deshalb bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag. Es liegt seit gestern ein Antrag der Großen Koalition vor. Dazu möchte ich nur Folgendes sagen. Der Antrag ist aus meiner Sicht an Dürftigkeit nicht zu überbieten.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Ich persönlich würde mich schämen, der hoch belasteten Polizei mit einem solchen Antrag voll mit Worthülsen und Hohlsätzen gegenüberzutreten. Da steht überhaupt nichts drin. Kein einziger Satz in Richtung der Erwartung einer perspektivischen Verbesserung der Situation für die Polizei ist in diesem Antrag zu finden. Das Mindeste, was zu erwarten gewesen wäre, ist, dass Sie einen Prüfauftrag zur Verbesserung der Belastungssituation bei der Polizei hineingeschrieben hätten, aber noch nicht einmal das ist der Fall. Ich würde mich für einen solchen Antrag gegenüber der saarländischen Polizei sehr schämen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Zur Begründung des Antrages der Koalitionsfraktionen erteile ich Herrn Abgeordneten Günter Becker das Wort.

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie sehen wegen dieses Antrags einen sehr verschämten Vertreter der Regierungskoalition am Mikrofon. Ich hoffe, ich kann einiges aufklären.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Da sind wir aber mal gespannt!)