Aufgrund der Kleinheit der drei Standorte, aber auch der Arbeitsgerichtsbarkeit insgesamt, war keine Manövriermasse vorhanden, um analog zu den Maßnahmen in der ordentlichen Gerichtsbarkeit kleinere Standorte zu stärken. Denn wir haben nur kleine und kleinste Gerichte. Auch für eine Zuständigkeitskonzentration ist mit Blick auf den sehr homogenen Aufgabenbereich der Arbeitsgerichte kein Raum. Vor diesem Hintergrund hatte es sich angeboten, die drei Gerichte zusammenzufassen und mit dem Landesarbeitsgericht als zweite Instanz an einem zentralen Standort zu bündeln. So wird eine Einheit mit aktuell zehn erstinstanzlichen Kammern gebildet, auf die regionale Belastungsspitzen gleichmäßig verteilt werden können.
Die Zusammenlegung von Gerichten führt aber zwangsläufig zu zwei Fragestellungen, auf die ich kurz eingehen möchte. Zunächst die Frage, wo wir die zentralen Arbeitsgerichte schaffen. Ich habe eben ausgeführt, dass wir uns zur Justiz in der Fläche bekennen. Insoweit hat es sich verboten, von vorneherein nur eine Ansiedlung in Saarbrücken, in der Landeshauptstadt ins Auge zu fassen, ohne andere Optionen zu prüfen. Im Gegenteil sind wir sehr offen in die Standortsuche gegangen, um einen gleichermaßen günstigen, verkehrsmäßig gut erreichbaren und den Bedürfnissen der Praxis, also der Bediensteten ebenso wie der Rechtsuchenden und der Anwaltschaft, Rechnung tragenden Ort zu finden. Insbesondere auch eine Ansiedlung an den bisherigen Standorten in Saarlouis und Neunkirchen wurde geprüft.
Eine Zusammenlegung ist aber letztlich nur in Saarbrücken möglich. Dies hat folgende Gründe: Erstens haben wir mit der Liegenschaft Hardenbergstraße 3 eine hinreichend große und vor allem auch im Eigentum des Landes stehende Immobilie, die keinerlei Mietkosten verursacht. Entsprechende Liegenschaften hat es in Saarlouis oder Neunkirchen nicht gegeben.
Zweitens ist diese Liegenschaft verkehrstechnisch hervorragend angebunden. Das Gebäude bietet zudem den Vorteil, dass es sich mitten im Justizviertel befindet. Künftig wird die Arbeitsgerichtsbarkeit über eine Eingangsschleuse verfügen, in der bei Bedarf Personalkontrollen vorgenommen werden können. Die Nähe zu den anderen Behörden ermöglicht bei Bedarf die kurzfristige Zuweisung von Wachtmeisterpersonal.
Drittens dürfen wir bei allen Planungen diejenigen, die unmittelbar betroffen sind, nicht vergessen. Das sind insbesondere die Bediensteten, die teilweise schon mehr als drei Jahrzehnte der Arbeitsgerichtsbarkeit treu verbunden sind. Es sind aber auch die
Anwältinnen und Anwälte, Juristinnen und Juristen von Gewerkschaften und Arbeitgebern, die ihre Mitglieder oftmals in arbeitsgerichtlichen Verfahren vertreten. Die Arbeitsgerichtsbarkeit selbst hat bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt deutlich gemacht, dass sie große Präferenz für eine Zusammenlegung in Saarbrücken hat. Die Anwaltschaft, aber auch die Arbeitgeber haben ebenfalls sehr rasch verdeutlicht, dass sie - auch wegen der oben beschriebenen Gründe - auf eine Zusammenführung der Standorte in der Landeshauptstadt erste Priorität legen.
Wir haben es uns also nicht leicht gemacht. Es ist eine gründlich durchdachte und gute Entscheidung. Ich verbinde damit allerdings nochmals meine Botschaft, dass es keinen Rückzug der Justiz aus der Fläche ist. Daher ist es wichtig, die heutigen Gesetzgebungsvorhaben meines Hauses in Zusammenhang zu sehen. Die Stärkung der kleinen Amtsgerichtsstandorte ist deren Bestandsgarantie. Wir haben es sogar geschafft, gerade die Amtsgerichte in Saarlouis und Neunkirchen, die ohnehin zu den größeren im Lande gehören, weiter zu stärken. Sie sehen, wir machen keine Symbolpolitik, sondern senden ein klares Zeichen an die beiden Kreisstädte: Ihr bleibt weiterhin wichtige Justizstandorte.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der Frage, was mit den Rechtsuchenden ist, haben wir uns ebenfalls sehr stark auseinandergesetzt. In diesem Zusammenhang habe ich eben schon ausgeführt, dass wir uns weiterhin zu einer bürgernahen Justiz bekennen. Die Frage, ob die Fusion der Arbeitsgerichtsstandorte nicht zulasten der Bürgernähe geht, ist mit einer klaren Antwort zu versehen: Nein! Natürlich kann die Reduzierung von drei Standorten auf einen im Einzelfall zu längeren Wegen führen. Ein Automatismus ist es allerdings nicht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Arbeitsgericht Saarbrücken hat schon heute das stärkste Fallaufkommen zu verzeichnen. Angelegenheiten des öffentlichen Dienstes werden seit jeher für das gesamte Saarland dort verhandelt. Es hat in dieser Frage noch nie Beschwerden über die örtliche Zuständigkeit gegeben. Darüber hinaus ist festzustellen, dass sich die örtliche Zuständigkeit eines Arbeitsgerichtes grundsätzlich nicht nach dem Wohnsitz des Arbeitnehmers, sondern nach dem Sitz des Arbeitgebers richtet. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir leben in einem Land der vielbeschworenen kurzen Wege. Auch mit einem einzigen Arbeitsgerichtsbezirk können wir uns im Vergleich zu anderen Bundesländern immer noch blicken lassen, was Entfernungen und Wegezeiten anbelangt.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu unterstellen, sie würden jetzt nicht mehr gegen eine Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses klagen, weil sie zum Beispiel von Mettlach aus nicht mehr nach Saarlouis sondern nach Saarbrücken fahren müssen, ist ge
nauso unsinnig wie zu unterstellen, es würde kein rückständiger Lohn mehr eingeklagt. Wir haben mit dieser Zentralisierung, wie ich finde, einen richtigen Schritt gemacht.
Mit der geplanten Strukturreform der Arbeitsgerichtsbarkeit machen wir einen bedeutsamen Zweig unserer Justiz fit für die Zukunft. Wir gewährleisten Arbeitnehmern wie Arbeitgebern weiterhin eine effiziente, zeitnahe Rechtsgewährung und wir werden mit der angedachten Lösung zugleich den Interessen der Bediensteten, der Anwaltschaft und der Sozialpartner gerecht. Daher bitte ich Sie höflich um Überweisung des Entwurfs in den Ausschuss zur weiteren Beratung und danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister. Das waren zwei Gesetzentwürfe. Es wurde mehr Redezeit verbraucht als eingeplant. Für jede Fraktion stehen weitere 12 Minuten zur Verfügung.
Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende Hubert Ulrich von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Staatsekretärin, Herr Minister, Sie stehen hier nach der Vorstellung Ihres Konzeptes für die Strukturreform der saarländischen Amts- und Arbeitsgerichte voller Stolz und möchten wie der Legionär im Asterix-Band „Tour de France“ auf Seite 7 sagen - Frau Präsidentin, mit Ihrer Erlaubnis darf ich zitieren -: „Exegi monumentum aere perennius!“ - Zu Deutsch: „Ich habe ein Denkmal errichtet, dauerhafter als Erz!“
Herr Minister, Frau Staatsekretärin, wir sind gespannt, aber wir bezweifeln, dass Ihre Reform die Dauerhaftigkeit etwa des Vierten Pavillons erreichen wird. Vielmehr ist bereits jetzt abzusehen, dass Ihr Reformvorschlag Stückwerk schafft und weitere Reformen nach sich ziehen wird. Es wird dann Amtsgerichte geben, die nicht mehr als eigene Amtsgerichte zu erkennen sein werden, Amtsgerichte, die nur noch von Straf- und Bußgeldsachen leben sollen wie zum Beispiel die Gerichte in St. Ingbert und Ottweiler. Oder aber das Amtsgericht Lebach: Entkleidet um die Zuständigkeit für Familiensachen, die zum Amtsgericht Saarlouis wandert, soll es Spezialzuständigkeiten für Streitigkeiten über Honorarforde
rungen freier Berufe wie etwa Anwälte und Architekten erhalten, aber nichts, was die Bürgerinnen und Bürger vor Ort wirklich brauchen. So werden Rumpfgerichte geschaffen, die kaum mehr als vollständige Amtsgerichte zu erkennen sind und deren Abwicklung vermutlich nur noch eine Frage der Zeit sein wird.
Mit diesem Verschieben von ganzen Fachabteilungen wie etwa den Zuständigkeiten für Familienrecht aus St. Ingbert nach Homburg und aus Lebach nach Saarlouis wird das System der Zuständigkeiten für die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land immer undurchsichtiger. Warum - so muss man sich fragen - muss eine Beklagte/ein Beklagter für eine Zivilsache von Ottweiler nach St. Wendel fahren? Das war bisher anders und es war besser geregelt. Warum muss ein Jugendlicher für seine Strafsache durch die Gegend fahren? Weshalb muss man für Familiensachen von St. Ingbert nach Homburg fahren, für Bußgeldsachen aus dem ganzen Saarland nach St. Ingbert?
Diese willkürliche und allein anhand der bisherigen Geschäftszahlen erfolgte Aufteilung ist nicht gerade ein Meilenstein in der Fortentwicklung der saarländischen Gerichtsbarkeit. Im Gegenteil, für viele Aufgaben wird es kein zuständiges Gericht vor Ort mehr geben, die Bürgerinnen und Bürger werden mehr und viel öfters fahren müssen als bisher.
Wenn Sie seitens der Regierung sagen, dass doch alle Amtsgerichte in diesem Land erhalten werden und so auch an allen Standorten Rechtsschutz gewährt würde, dann ist diese Aussage scheinheilig, sie ist ein Trugbild. Das muss man hier ganz klar feststellen. Tatsache ist, dass die Zahl der Fachabteilungen im Lande schrumpfen wird und für viele Menschen wird es zu weiteren Wegen zu den zuständigen Gerichten kommen. Aus diesen Gründen lehnen wir diesen Gesetzentwurf bereits in Erster Lesung ab.
Gleiches gilt für die Reduzierung der Arbeitsgerichte im Saarland auf einen einzigen Standort. Die Landesregierung plant, die Arbeitsgerichte Neunkirchen und Saarlouis komplett aufzugeben. Künftig soll es in Saarbrücken nur noch das sogenannte Arbeitsgericht Saarland geben. Auch darin sehen wir einen ganz erheblichen Verlust an Bürgernähe. Außerdem bezweifeln wir, ob durch diese Zentralisierung wirklich Einsparungen erzielt werden können. Denn im Falle von Saarlouis befindet sich das Arbeitsgericht im selben Gebäude wie das Amtsgericht. Das heißt, durch eine Schließung dort wird noch nicht einmal eine Immobilie frei, noch nicht einmal an dieser Stelle können Sie Kosten einsparen.
Insgesamt halten wir die vorgelegten Reformentwürfe für unausgegoren. Sie werden die Bürgernähe der Justiz empfindlich schmälern und letztlich auch nicht
dazu geeignet sein, ihr Versprechen zur Kosteneinsparung einzulösen. Denn solche Zahlen, wo und wie Kosten eingespart werden können, haben Sie bis zum heutigen Tage nicht auf den Tisch gelegt. Es gibt nicht unerhebliche Stimmen aus Justizkreisen, die sogar behaupten, dass Ihre Reform zunächst zu einer deutlichen Kostensteigerung führen wird. Und ob das mittel- und langfristig kostenseitig wirklich abgebaut werden kann, steht auch noch auf einem ganz anderen Blatt. Das ist auch ein Grund, weshalb wir als GRÜNE diesen Gesetzentwurf bereits in Erster Lesung ablehnen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute in Erster Lesung mit der Gerichtsstrukturreform im Saarland, und ich muss sagen, ich war sehr überrascht, wie schnell dies jetzt passieren soll. Es sind noch nicht einmal drei Monate vergangen, seit verkündet wurde, 2017 solle die Neuordnung den Landtag passieren, um 2018 in Kraft zu treten. Jetzt kann es gar nicht schnell genug gehen.
Meine Damen und Herren, als im März seitens der Landesregierung im zuständigen Ausschuss über die geplante Strukturreform der ordentlichen Gerichtsbarkeit berichtet wurde, hieß es, dass keine endgültigen Ergebnisse präsentiert werden könnten. Einen konkreten Vorschlag der Landesregierung gebe es noch nicht. Sobald dieser vorliege, würde Herr Minister Jost oder Frau Staatssekretärin Dr. Morsch im Ausschuss natürlich gerne darüber berichten. Man bitte um Verständnis, dass man nicht weiter auf Einzelheiten eingehen könne, keine weiteren Auskünfte geben könne. Sobald ein zwischen dem Justizministerium und der Landesregierung abgestimmter Konzeptentwurf vorliege, werde dem Ausschuss gerne Bericht erstattet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist bis heute nicht passiert. Stattdessen liegen uns seit vergangener Woche die Gesetzentwürfe vor, Einzelheiten durften wir aus der Presse erfahren - im Übrigen gleich am Tag nach besagter Ausschusssitzung im März. Daher wiederhole ich meinen Vorwurf an dieser Stelle. Dies ist eine Missachtung des Parlaments und unakzeptabel.
Es stellt sich die Frage, ob der Justizminister überhaupt weiß, was seine rechte und linke Hand tun. Anders ausgedrückt: Dann würde die kürzlich ge
stellte Frage des Verwaltungsgerichts, ob der Justizminister im Amt ist, erneut an Aktualität gewinnen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, landauf landab hört man von vielen Richtern: „Wir wurden zwar gefragt, aber egal, was wir sagen, sie machen ja doch, was sie wollen.“ - Ein nicht gerade schmeichelhaftes Urteil. Schaut man sich die Pläne genauer an, liest sich das so: Wer im Bußgeldverfahren Widerspruch einlegt, muss zum Amtsgericht St. Ingbert, denn hier sollen Ordnungswidrigkeiten für das gesamte Saarland bearbeitet werden, aber ebenso Strafsachen aus dem Bezirk Homburg. Dafür übernimmt das Amtsgericht Homburg die Zivil- und Familiensachen von St. Ingbert. Ich hoffe, ich habe da nichts verwechselt, aber so wie es scheint, handelt es sich vorwiegend um einen großen Verschiebebahnhof.
aber wie Sie wissen, bin ich aus dem Köllertal, und die Gemeinde Heusweiler fällt nun nicht mehr in die Zuständigkeit des Amtsgerichtes Saarbrücken, sondern in die des Amtsgerichtes Völklingen. Ich kann Ihnen nur sagen, von Heusweiler nach Saarbrücken nimmt man einfach die Saarbahn, das ist unglaublich gut erreichbar.
Heusweiler fällt aber jetzt in die Zuständigkeit von Völklingen und da ist die Verbindung nicht so gut. Außerdem würde ich darum bitten, dass hier seitens der Landesregierung etwas Ruhe einkehrt. - Strafsachen werden von St. Wendel nach Ottweiler verschoben, währenddessen Ottweiler wiederum die Zivilsachen nach St. Wendel abgibt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, böse Zungen sprechen heute schon vom programmierten Chaos. Der Standort Wadern soll neben Merzig bestehen bleiben. Vielleicht wirft der Wahlkampf hier schon seine Schatten voraus, man weiß es nicht.
Meine Damen und Herren, die jetzt geplante Struktur gibt es bundesweit ähnlich nur in Berlin, allerdings schon seit Jahrzehnten. Gut gemeint ist also nicht immer gut gemacht und wir warten die Anhörung ab.
Ich frage mich schon, ob das Saarland nicht bundesweit Schlagzeilen macht, wenn bekannt wird, dass Anwälte etwa aus Bayern, Hessen oder RheinlandPfalz erst durch einen Blick ins Internet erfahren, welches Gericht im Saarland ab Januar 2018 für ihre Mandanten zuständig ist.
Interessant finde ich auch die durch den Bundesrat vielleicht durch das Saarland verursacht - angestrebte Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes. Demnach sollen Verfahren, die bei einem Gericht anhängig sind, nach der Strukturreform auf das neue zuständige Gericht übertragen werden können. Das soll damit klargestellt werden. Die Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes muss allerdings noch den Bundestag passieren. Warten wir es also ab.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird die viel gepriesene Bürgernähe nicht spätestens dann ad absurdum geführt, wenn es nur noch ein einziges saarländisches Arbeitsgericht in Saarbrücken gibt? Und muss das Gebäude des Arbeitsgerichtes in der Nähe vom Staden tatsächlich verkauft werden? Wir verschließen uns sicherlich nicht dringend erforderlichen Verbesserungen im Justizbereich, es bestehen aber für uns noch sehr viele Fragen. Daher werden wir mit Spannung die Anhörung im Ausschuss abwarten und uns heute bei der Abstimmung enthalten. Wir erwarten, dass es nach der Anhörung noch massive Änderungen geben wird. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.