Protokoll der Sitzung vom 13.07.2016

Lassen Sie mich auch noch auf das Thema Clearingstelle eingehen. Ich hatte ehrlich gesagt gar nicht so richtig verstanden, was die GRÜNEN wollten, als ich ihren Antrag gelesen habe. Mittlerweile habe ich es etwas besser verstanden. Ich habe eigentlich den Eindruck, dass Sie Angst vor dem haben, was die Clearingstelle macht,

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Wir halten das für Parlamentsrechte!)

dass Sie Angst haben vor dem, was die Clearingstelle auch mit Überlegungen und Positionen, die gelegentlich auch von Ihrer Partei vertreten werden, machen könnte. Ich meine aber, dass Angst selten ein guter Berater ist.

(Zuruf des Abgeordneten Hilberer (PIRATEN).)

Deshalb bin ich stolz darauf, dass wir das geschafft haben, was Sie als Makel bezeichnet haben, nämlich dass wir es als einziges Bundesland geschafft haben, ein Initiativrecht einzurichten. Ich bin stolz darauf, dass wir das hinbekommen haben. Denn man muss, wenn man vernünftige Gründe für ein bestimmtes Rechtsetzungsvorhaben hat, wenn man das abgewogen hat und zum Schluss kommt, dass es notwendig ist, keine Angst davor haben, dass sich das jemand noch einmal vorknöpfen könnte, dass sich das jemand genauer anschaut, dass darüber eine Debatte geführt wird. Deshalb ist unser Ansatz kein Makel, sondern im Gegenteil etwas sehr Positives, worauf wir stolz sein sollten. Wir sollten keinesfalls darauf verzichten, wie Sie das in Ihrem Abänderungsantrag fordern.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Es ist auch angesichts der Tatsache, dass die GRÜNEN ja eigentlich sehr basisdemokratisch aufgestellt sind, etwas befremdlich,

(Lachen des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜ- NE) )

dass Sie nun plötzlich sagen, dass niemand mehr etwas von außen hineinbringen darf.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Ähnlich wie beim Naturschutz? Ein Initiativrecht? Das gibt es nicht! - Abg. Wegner (CDU): Verbandsklagerecht!)

Die haben zum Beispiel das Verbandsklagerecht!

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Haben die ein Initiativrecht? Haben die das? Das glaube ich nicht. Zurufe von den Regierungsfraktionen: Verbandsklagerecht!)

Es geht hier um ein Mittelstandsförderungsgesetz. Wenn es um die Frage einer mittelstandsfreundlichen Politik geht, ist es doch sinnvoll, dass diejenigen, um die es geht, auch als erste gefragt werden. Jeder hier im Raum weiß doch, was manchmal durch Halbsätze, selbst wenn sie keinen ideologi

(Ministerin Rehlinger)

schen Hintergrund haben, sondern einfach als Überlegung geäußert werden, an Bürokratie ausgelöst werden kann. Genau das will ich verhindern: unnütze Bürokratie, durch irgendwelche Halbsätze ausgelöst. Wenn das vermieden werden kann, indem wir diejenigen, die nachher als Rechtsanwender dieses Gesetzes damit umgehen müssen, frühzeitig in einem Prozess beteiligen, so halte ich das für sachgerecht und klug. Deshalb ist das auch so in diesen Gesetzentwurf aufgenommen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wir können sagen, dass wir das, zusammen mit der Nachprüfstelle und der Clearingstelle, in der konkreten Ausgestaltung nun nicht alles neu erfunden haben. Einige Elemente, die es andernorts in der Republik, teilweise auch in anderen Mittelstandsförderungsgesetzen gibt, haben wir aufgenommen. Wir sind aber einen Schritt weiter gegangen, denn wir haben nicht nur das eine oder das andere gemacht, sondern beides, plus die praxisrelevanten Beispiele, die ich Ihnen genannt habe. Ich glaube, wir haben damit etwas Gutes gemacht, denn wir haben vernünftige Rahmenbedingungen formuliert für den saarländischen Mittelstand, der einen wichtigen Beitrag dafür leistet, dass die saarländische Wirtschaft vorankommt, wodurch auch die Zukunftsfähigkeit dieses Landes gesichert wird. Das ist nun zum ersten Mal nach 1976 überarbeitet worden. Ich habe ja eine gewisse Sympathie für das Jahr 1976, es war aber notwendig, das nun zu verändern. Damit haben wir auch einen guten Beitrag für eine gute Zukunft geleistet. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und Glück auf!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Es liegen zwar keine Wortmeldungen mehr vor, aber es sind noch 3 Minuten und 40 Sekunden Redezeit an alle Fraktionen zu verteilen. Wird davon Gebrauch gemacht? - Da das nicht der Fall ist, schließe ich die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr hat mit der Drucksache 15/1892 einen Abänderungsantrag zu dem Gesetzentwurf eingebracht. Wir kommen zur Abstimmung über diesen Abänderungsantrag. Wer für die Annahme des Abänderungsantrages des Ausschusses ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Abänderungsantrag Drucksache 15/1892 einstimmig angenommen wurde. Die Fraktion der PIRATEN hat sich enthalten, alle anderen Fraktionen haben zugestimmt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der B 90/GRÜNE-Landtagsfraktion

Drucksache 15/1901. Der für diesen Antrag ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Abänderungsantrag mit Stimmenmehrheit abgelehnt wurde. Zugestimmt haben die Fraktionen von PIRATEN und B 90/GRÜNE, dagegen gestimmt haben die Fraktionen von CDU und SPD, enthalten hat sich die Fraktion DIE LINKE.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf als solchen, Drucksache 15/1443 in Zweiter und letzter Lesung unter Berücksichtigung des angenommenen Abänderungsantrages. Wer dafür ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf Drucksache 15/1443 in Zweiter und letzter Lesung unter Berücksichtigung des angenommenen Abänderungsantrages mit Stimmenmehrheit angenommen wurde. Zugestimmt haben die Fraktionen von CDU und SPD, dagegen gestimmt haben die Fraktionen von B 90/GRÜNE und PIRATEN, enthalten hat sich die Fraktion DIE LINKE.

Wir kommen nun zu Punkt 10 der Tagesordnung:

Zweite Lesung des Gesetzes zur Änderung des Saarländischen Ausführungsgesetzes zum Flurbereinigungsgesetz (Drucksache 15/1836)

Zur Berichterstattung erteile ich dem Ausschussvorsitzenden Herrn Günter Heinrich das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Saarländischen Ausführungsgesetzes zum Flurbereinigungsgesetz, Drucksache 15/1836, wurde vom Plenum in seiner 49. Sitzung am 15.06.2016 in Erster Lesung einstimmig angenommen und zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz überwiesen.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass das Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz als oberste Flurbereinigungsbehörde weiterhin seine aufsichtsbehördliche Funktion wahrnimmt, während die fachbehördlichen Aufgaben bei der oberen Flurbereinigungsbehörde im Landesamt für Vermessung, Geoinformation und Landentwicklung konzentriert werden. Die Ebene der Flurbereinigungsbehörde entfällt. So weit zum Regelungsinhalt des Gesetzentwurfs.

Der Gesetzentwurf wurde vom Ausschuss gelesen, auf die Durchführung einer Anhörung wurde verzichtet. Der Ausschuss empfiehlt dem Plenum einstimmig die Annahme des Gesetzes zur Änderung des Saarländischen Ausführungsgesetzes zum Flurbe

(Ministerin Rehlinger)

reinigungsgesetz, Drucksache 15/1836, in Zweiter und letzter Lesung.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Berichterstatter. Ich eröffne die Aussprache. - Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucksache 15/1836. Wer für die Annahme in Zweiter und letzter Lesung ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf in Zweiter und letzter Lesung einstimmig, mit den Stimmen aller Fraktionen, angenommen wurde.

Wir kommen nun zu Punkt 12 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der PIRATEN-Landtagsfraktion, der CDU-Landtagsfraktion, der SPD-Landtagsfraktion und der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Europa ist die Zukunft - Großregion als europäisches Vorbild stärken (Drucksache 15/1899 - neu)

Zur Begründung des gemeinsamen Antrages von PIRATEN, Koalitionsfraktionen und B 90/GRÜNE erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Michael Hilberer das Wort.

Vielen lieben Dank, Frau Präsidentin! Es war uns ein Bedürfnis, uns in der aktuellen Diskussion, in der jetzigen Zeit klar zu Europa zu bekennen und auch dazu, dass wir glauben, dass die Zukunft für uns als Saarländerinnen und Saarländer in Europa liegt.

(Vizepräsidentin Spaniol übernimmt den Vorsitz.)

Von daher bin ich froh darüber, dass wir es geschafft haben, die meisten Fraktionen im Landtag für unseren Antrag zu begeistern. Wir haben gemeinsam noch einige Änderungen vorgenommen, sodass wir hier mit einer Stimme sprechen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Europäische Union ist trotz aller Unkenrufe, die man heute hört, eine Erfolgsgeschichte ohnegleichen. Sie ist Garant für Frieden, sie ist Garant für Freiheit, und nicht zu vergessen als gemeinsamer Markt auch die Grundlage unseres Wohlstandes. Es ist ein unglaublich erfolgreicher gemeinsamer Wirtschaftsraum, was man sich vor Jahrzehnten so nicht erträumt hätte.

Wenn man Bilanz zieht, merkt man recht schnell: Europa funktioniert im Kopf, Europa funktioniert im Geldbeutel, aber Europa scheint im Moment nicht mehr im Herzen zu funktionieren. Für uns als Poli

tiker stellt sich die Frage, wenn wir uns hinter die Idee der europäischen Einigung stellen: Wie schaffen wir es, Europa wieder in die Herzen der Menschen zu bringen? Diese Frage treibt mich um in der Zeit nach dem britischen Referendum, nach den anscheinend immer neuen Erfolgen rechtspopulistischer, antieuropäischer, rückwärtsgerichteter Parteien auf dem Kontinent.

Wie tragen wir die Flamme Europas zurück in die Herzen der Europäerinnen und Europäer - das ist doch die spannende Frage! Ich bin sicher, Freizügigkeit ist da ein sehr gutes Stichwort. Schüleraustausch mit Frankreich ist für uns so normal, man mag es manchmal gar nicht mehr erwähnen, denn es ist quasi Bestandteil des Lehrplans, es ist völlige Normalität, einen Schüleraustausch mit unserem Nachbarn zu machen. Das wäre vor 70 Jahren noch undenkbar gewesen. Ein Auslandssemester in Amsterdam? Kein Ding. Wenn Sie studieren, machen Sie ein Auslandssemester in Europa. Sie haben dann als Deutscher sogar die Möglichkeit, an verschiedenen Universitäten die Studiengebühren zu umgehen. Zwei Jahre in Bozen arbeiten mit Blick auf die Alpen, zwei Jahre in Barcelona arbeiten mit Blick auf den Strand, und danach wieder ins schöne Saarland zurückkehren. Das ist alles möglich in diesem vereinigten Europa.

Gerade die junge Generation hat das durchaus erkannt, die Zustimmungswerte für Europa bei den Jungen sind nach wie vor sehr hoch - wenn sie denn wählen gehen. Denn auch das ist leider eine bittere Erkenntnis nach der Abstimmung in Großbritannien: Oft gehen die Jungen eben nicht zur Wahl. Ich glaube, dass unserer Region eine besondere Bedeutung zukommt, erstens lokal, da wir im Herzen des alten Europas sind, und zweitens aufgrund der Verantwortung, die wir haben. Wir waren in der Großregion über Jahrhunderte das Schlachtfeld in Europa und stehen so natürlich auch für die dunkle Seite, die zeigt, wohin Nationalismus und nationale Egoismen führen. Uns kommt drittens eine besondere Bedeutung als Grenzregion zu, denn je undurchlässiger eine Grenze ist, desto schlechter ist es für die Grenzregion. Eine der undurchlässigsten Grenzen, die wir kannten, die deutsch-deutsche Grenze während der Zeit der Trennung nach dem Zweiten Weltkrieg, hat gezeigt, wie schlecht es Grenzregionen geht. Man kann durchaus sagen, je undurchlässiger eine Grenze, desto schlimmer für die Region. Gerade hier bei uns, gerade in dieser Grenzregion, die eben heute so wunderbar durchlässig ist, kann jeder Mensch sehen, was für konkrete Vorteile er oder sie von dieser Europäischen Union hat.

Wir verwenden in der politischen Sphäre oft sperrige Begriffe, wir sprechen von der „gelebten europäischen Integration“. Jeder versteht da auch ein bisschen was drunter, aber ich glaube, wir dringen

(Abg. Heinrich (CDU) )

damit nicht wirklich durch zu den Menschen. Was nötig ist, ist doch, die Vorteile Europas wirklich jedem Einzelnen aufzuzeigen, an konkreten Beispielen klarzumachen: Ja, es ist für dich ein Vorteil, in dieser Europäischen Union zu leben, in unserem Falle in dieser Großregion zu leben! Wir sind nicht abgehängt am Rand eines Nationalstaats, wir sind nicht der kleine Zipfel der Bundesrepublik Deutschland im Westen, sondern wir sind eben mittendrin in diesem pulsierenden Europa!

(Beifall von den Regierungsfraktionen, PIRATEN und B 90/GRÜNE.)

Hunderttausende in unserer Region arbeiten tagtäglich im Nachbarland. Viele Hürden dafür sind bereits gefallen, das sind unglaubliche Errungenschaften! Es ist heute so viel einfacher als früher. Natürlich gibt es noch viele kleine Hürden, auch deshalb gibt es in unserem Antrag die Aufforderung, auch weiterhin daran zu arbeiten, diese kleinen Hürden abzubauen. Das Gleiche müssen wir noch für Ausbildung und Bildung erreichen, da ist es ungleich schwieriger, vor allem bei der Ausbildung. Trotzdem haben wir auch in diesem Haus immer wieder einstimmig gesagt, wir wollen diesen Weg gehen und wir wollen diese Hürden abschaffen.

Ich glaube, es gibt viele gute Gründe, unsere Nachbarn in der Region zu treffen. Es ist nett, sie zu treffen, wir haben wirklich freundliche und nette Nachbarn, und es ist immer eine Bereicherung. Die Menschen wollen das auch von sich aus, sie brauchen keine politische Anleitung: Gehe doch mal zu den Nachbarn und treffe sie. Wo aber die Politik wirklich gefragt ist, ist dort, wo es darum geht, die Hürden aus dem Weg zu räumen, auch um sich zu treffen. Deshalb sagen wir, dass der grenzüberschreitende ÖPNV massiv ausgebaut werden muss. Bei der Gestaltung und dem Ausbau des ÖPNV muss auch die grenzregionale Mobilität ein ganz wichtiges Leitziel unserer Bestrebungen sein.