Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Das Thema Infrastruktur, das zunehmende Erodieren der Infrastruktur, bot in diesem Hause schon sehr oft Gelegenheit zur Diskussion. Ich möchte dazu auch verweisen auf die Haushaltsdebatten, die wir im letzten Jahr geführt haben und bei denen wir als LINKE-Fraktion schon sehr deutlich darauf aufmerksam gemacht haben, dass es bei den für die Infrastruktur notwendigen Investitionen einen erheblichen Rückstand gibt, dass das Land für diese Investitionen Sorge tragen müsste. Wir haben hier schon mehrfach über die Situation insbesondere auch in den Kommunen diskutiert. Und wir haben dieses Thema auch diskutiert im Zusammenhang mit den Problemen, die bei den Brücken, insbesondere bei der Fechinger Talbrücke, aufgetreten sind. Heute nun führen wir diese Diskussion erneut.
Wir haben, das möchte ich schon sagen, einen Antrag ähnlich dem, den wir heute vorlegen, auch schon vor circa einem halben Jahr vorgelegt. Wir sind zur Auffassung gelangt, dass es nach wie vor
notwendig ist, dieses Thema hier zu diskutieren. Der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind wir durchaus dankbar, dass sie ihren Antrag, der die Vorlage eines Infrastrukturberichts zum Ziel hat, hier eingebracht hat. Ich glaube, dass ein solcher Bericht durchaus hilfreich ist, ich halte es allerdings auch für notwendig, nicht nur den Bericht zu haben, sondern auch dafür zu sorgen, dass etwas getan wird. Der Sinn unseres Antrags besteht in der Tat darin, die Landesregierung zum Handeln aufzufordern.
In diesem Zusammenhang will ich etwas zur Klarstellung sagen, da sich ja der Kollege Ulrich am letzten Satz unseres Antrages ein wenig festgebissen hat: Diese Interpretation unseres Satzes, die der Kollege Ulrich vornimmt, ist völlig abwegig! Völlig abwegig! Wir erklären lediglich, dass sich natürlich durch das Thema der Flüchtlinge, durch die Notwendigkeit, für sie Hilfe zu schaffen, Unterkünfte zu schaffen, das Problem verstärkt hat. Kollege Ulrich, diese Feststellung, dass das Problem verstärkt worden ist - und nichts anderes ist gesagt! -, nun in einen Zusammenhang zu stellen, mit dem sozusagen auf die AfD angespielt wird, ist eine Unverschämtheit! Das weise ich aufs Energischste zurück!
Wir sagen in unserem Antrag Folgendes: Wir gehen davon aus, dass erheblicher Handlungsbedarf besteht. Der Kollege Ulrich hat in der Begründung seines Antrags den Sachverhalt auch noch einmal anhand von Zahlen verdeutlicht. Ich will das unterstreichen, nun aber nicht im Einzelnen wiederholen. Ich denke, dass die Zahlen, wie sie etwa auch von der IHK vorgelegt werden, eine eindeutige Sprache sprechen. Das ist ja in beiden Anträgen erwähnt: Mit 114 Euro pro Einwohner liegen wir im Saarland hinsichtlich der Ausgaben für Infrastruktur deutlich unter dem Länderschnitt.
Wir müssen aber gar nicht mal so sehr auf die einzelnen Zahlen schauen, die durchaus für sich sprechen, wir merken auch so täglich, welche Probleme vorhanden sind und wie die Infrastruktur immer mehr verkommt. In der Tat ist es so, dass eine funktionierende Infrastruktur die Basis dafür ist, dass sich das Land positiv entwickeln kann. Werden keine Investitionen in die Infrastruktur vorgenommen, wird damit auch die Zukunft dieses Landes verspielt.
Ein weiterer Gesichtspunkt ist, dass das Ganze natürlich auch eine Finanzierungsfrage darstellt. In diesem Zusammenhang habe ich doch mit Erstaunen die Philippika des Kollegen Ulrich gegen die Schuldenbremse gehört; das hat sich bei ihm auch schon einmal anders angehört. Ich bin aber durchaus dankbar für diesen Sinneswandel. Ich bin dankbar dafür, dass er sich dem anschließt, was wir immer
gesagt haben, dass nämlich das Grundproblem darin besteht, dass wir, wenn wir über Schulden reden, nicht darüber reden, wofür die Schulden gemacht werden. Es geht um die Unterscheidung zwischen Schulden für investive Zukunftsaufgaben und Schulden für den Konsum. Insoweit besteht ein riesiger Unterschied, auf den wir immer aufmerksam gemacht haben. Dass wir diesbezüglich nun einer Meinung sind, das freut mich, das muss ich wirklich sagen.
Das ist ein wesentlicher Punkt, den wir hier herausarbeiten wollen: Die Schuldenbremse erweist sich immer wieder als Investitionsbremse. Das sehen wir hier deutlich, und deswegen können wir nicht nachvollziehen, warum ausgerechnet die saarländische Landesregierung so sehr auf die Einhaltung dieser Schuldenbremse pocht.
Wir wissen ja gegenwärtig noch nicht, ob es bei den Verhandlungen zu den Bund-Länder-Finanzbeziehungen zum Erfolg kommen wird. Wir haben inzwischen durchaus positive Signale vernommen, die sind aber natürlich noch keine Garantie. Ich verweise in diesem Zusammenhang auch auf die mittelfristige Finanzplanung. In der mittelfristigen Finanzplanung wird mit zwei Szenarien gearbeitet, und es ist deutlich nachzulesen, dass das Saarland, wenn man nicht zu einer Einigung kommen sollte, im Jahr 2020 die Schuldenbremse nicht einhalten kann. Das steht in der mittelfristigen Finanzplanung, und es wird darauf rekurriert, dass wir dieses Problem in dieser Form natürlich nicht hätten, wenn der Kompromiss, der im Dezember letzten Jahres zwischen den Ländern gefunden worden ist, Erfolg hätte.
Die Ministerpräsidentin hat im SR dazu auch ausgeführt, dass das eine erhebliche Erleichterung darstellt, aber eben noch nicht die endgültige Lösung der finanziellen Probleme des Landes. Ich will aber natürlich auch sagen, dass, sollte es zu diesem Kompromiss kommen, dieser in der Tat eine erhebliche Erleichterung für das Saarland darstellen würde. Noch aber ist das alles nicht in trockenen Tüchern. Noch haben wir die Situation, dass unter diesem Kompromiss noch nicht die Unterschrift des Bundes steht, und das dürfte durchaus entscheidend sein.
Deswegen möchten wir noch einmal deutlich machen, dass die saarländische Landesregierung eine Position einnehmen sollte, bei der die schwarze Null nicht das oberste Ziel sein kann, sondern die Erhaltung, der Ausbau und die Verbesserung der Infrastruktur dieses Landes das oberste Ziel sein muss. Dafür sind, auch das haben wir schon häufig gesagt, Initiativen notwendig, die auf eine andere Steuerpolitik zielen. Ohne eine andere Steuerpolitik werden wir dieses Problem letztlich nicht lösen können. Wenngleich wir es begrüßen würden, wenn es zur ange
strebten Einigung in der Frage der Bund-Länder-Finanzbeziehungen käme, so müssen wir doch deutlich sagen, dass damit das Problem nicht endgültig gelöst ist, dass wir vielmehr eine Lösung nur erwarten können, wenn wir eine andere Steuerpolitik haben, eine Steuerpolitik, die die Reichen und die Vermögenden stärker besteuert und die niedrigen und mittleren Einkommen entlastet. Das muss die Zielsetzung sein.
Bei einem weiteren Punkt stimme ich mit der Zielsetzung, die der Kollege Ulrich in seinem Antrag dargestellt hat, überein: Ich glaube, wir sollten in der Tat alles dafür tun, dass wir auch angesichts der gegenwärtigen Situation zu einer Revision der Schuldenbremse finden. Hier greift dann auch der Hinweis auf die Flüchtlingssituation, die anerkanntermaßen dazu geführt hat, dass bestimmte Dinge zusätzlich gemacht werden mussten, dass beispielsweise auch der Personalabbau hinausgeschoben wurde. Das halten wir, insoweit stimmen wir ihnen wieder zu, nicht für eine Lösung. Das ist wirklich keine Lösung, denn das alles wird nur hinausgeschoben. Die eingetretene Situation sollte vielmehr Anlass sein, zu einer grundsätzlichen Revision der Schuldenbremse kommen.
Wir sollten das ausnutzen, was es an Spielraum gibt - es gibt ja auf Bundesebene diesen Spielraum von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Wir sollten aber diese Situation, die sich ja verändert hat - und dazu zähle ich insbesondere auch die immer mehr verkommende Infrastruktur, wie wir sie vor allem auf der kommunalen Ebene erleben, wie wir sie aber auch in der Verkehrsinfrastruktur, in den Bildungseinrichtungen und an den Hochschulen finden -, zum Anlass dafür nehmen, endlich zu einer Revision zu kommen, aus der Schuldenbremse nicht ein Ziel als solches zu machen, sondern in eine Richtung zu gehen, wo in der Tat für die Zukunft investiert wird. Das ist der Sinn unseres Antrags, dass sich die Landesregierung dafür einsetzt, zusammen mit dem durchaus sinnvollen Antrag der GRÜNEN im Hinblick auf die Infrastruktur. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.
Sehr verehrte Frau Landtagsvizepräsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren!
(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Na, na, wenn sie da oben sitzt, ist sie die Präsidentin! - Abg. Lafon taine (DIE LINKE): Man muss das „Vize“ weglassen.)
Der Fraktionsvorsitzende bringt mich durcheinander wegen meiner sehr geschätzten Kollegin Ries. Zum Thema. Ich war jetzt - ich will es neutral ausdrücken - gut unterhalten durch diese Debatte zwischen den beiden Oppositionsparteien, Erstantragsteller B 90/GRÜNE, Zweitantragsteller DIE LINKE. Sie bringt eines zutage: Beide Anträge sind - was legitim ist, das schicke ich vorweg - sehr stark wahlkampftaktisch geprägt. Es ist kein Wunder, wenn man am 05. Oktober hier redet und am 26. März, also ein halbes Jahr später, Landtagswahl ist, dass so etwas unter solchen Aspekten diskutiert wird. Aber man darf, wenn man das aus wahltaktischen Gründen und nicht mit dem nach unserer Auffassung erforderlichen Tiefgang macht, nicht erwarten, dass wir dort, wo wir realiter eine Regierung stützen müssen, die Dinge so einfach mitmachen.
Das bitte ich eingangs zur Kenntnis zu nehmen. Herr Kollege, ich lasse die Frage gleich zu. Wir machen hier keine Spielchen, sondern wir kümmern uns um die Infrastruktur unseres Saarlandes. Das haben wir die ganze Zeit schon getan und das werden wir auch weiterhin tun.
(Oh! von den Regierungsfraktionen. - Abg. Thul (SPD) : Wenn es schon so anfängt! - Heiterkeit und Sprechen.)
Wenn Sie unseren Antrag zu einem Infrastrukturbericht hier als Wahlkampfantrag interpretieren und einstufen, können Sie mir bitte mal erläutern, welcher Antrag - egal von wem, von der Großen Koalition oder einer Oppositionsfraktion - dann kein Wahlkampf wäre? Die Unterscheidung ist mir nicht so ganz klar. Die Frage ist durchaus ernst gemeint. Wenn Sie diesen Antrag, der einen ganz sachlichen, realen Hintergrund hat und der auch nicht populistisch formuliert ist, als Wahlkampfantrag bezeichnen, was ist in diesem Hause denn dann kein Wahlkampfantrag? Sind die Gesetze, die die Große Koalition einbringt, auch Wahlkampfgesetze? Dann ist hier alles Wahlkampf. Oder liege ich da falsch?
Ich bin darauf gekommen, weil ich Ihnen sehr aufmerksam zugehört habe. Und in der Auseinandersetzung mit der LINKEN haben Sie diese der Wahlkampftaktik beschuldigt. Wobei ich der Auffassung bin, dazu komme ich gleich noch, dass der Antrag der LINKEN wesentlich näher am Problem ist als der Antrag von B 90/GRÜNE. Aber wenn Sie selbst sagen, dass da Wahlkampftaktik im Spiel ist - das haben Sie eben via Mikrofon geäußert -,
stelle ich nur fest, dass ich Ihren Antrag auch so verbuche. Das war meine Erkenntnis aus Ihrem Redebeitrag!
(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Abg. Ul- rich (B 90/GRÜNE) : Das ist eine ganz bewusste Missinterpretation meiner Frage! Das war keine Antwort.)
Kommen wir zum Thema Infrastrukturbericht. Der Antrag der GRÜNEN unterstellt ja, dass das Parlament und die Landesregierung nicht ausreichend Kenntnis von Investitionserfordernissen hätten, um einen Plan zu haben, wie die Infrastruktur erneuert werden müsste.
Das war die Annahme, die dem Antrag von B 90/ GRÜNE zugrunde liegt. Ich bin der Auffassung, dass wir an dieser Stelle kein Erkenntnisproblem haben darauf gehe ich gleich ein -, sondern ein Finanzierungsproblem! Und das hat die LINKE unserer Meinung nach vom Thema her besser aufgegriffen als B 90/GRÜNE. Sie kommt allerdings meiner Auffassung nach nicht zu konkret umsetzbaren Lösungen. Das ist der Streitpunkt, den wir dort haben.
Wir haben eine mittelfristige Finanzplanung. Wir kennen die Schätzungen über den Investitionsbedarf in der Verkehrsinfrastruktur, ob das beim Bund oder beim Land ist. Die Landesstraßen haben einen jährlichen reinen Erhaltungsbedarf von um die 23 Millionen Euro. Ministerin Anke Rehlinger hat mehrfach darauf hingewiesen, dass das für uns aus den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln kaum zu stemmen sein wird.
Es wird beispielsweise in den Flughafen investiert. Da ist ja jetzt angekündigt, dass dort eine Art Bremsbett entstehen soll - ich kann es technisch nicht sauberer definieren. Beim öffentlichen Personennahverkehr geht es um Strukturen und um Finanzierung. Wir haben das Thema der Gebäude. Das Ministeri
um für Bildung und Kultur sitzt derzeit in der Alten Post. Was ist mit dem Pingusson-Bau? Die Güdinger Schleuse wird jetzt renoviert und umgebaut, und so weiter. Die Vorstellung, wir brauchten erst einen Infrastrukturbericht, um zu wissen, was wir an Infrastruktur zu unterhalten oder zu erneuern haben, geht meiner Auffassung nach leider an der Realität vorbei.
Was aber spannender ist, ist die Idee, ein Infrastrukturbericht, kopiert von Schleswig-Holstein, einem rot-grün regierten Bundesland, könnte eine Benchmark für uns sein. Die erste Frage, die ich mir gestellt habe, war: Unter den rot-grünen Bundesländern ist Nordrhein-Westfalen so etwas wie der Pacemaker. Warum haben die so einen Infrastrukturbericht nicht aufgelegt? Was ist mit dem grünen Kretschmann in Baden-Württemberg? Warum hat der bisher keinen Infrastrukturbericht gemacht? Es gibt auch andere Regierungskonstellationen in gleichen oder ähnlichen Farben, die das alle nicht gemacht haben. Für mich ist eine Antwort darauf Folgende: Wenn das Ganze überhaupt Sinn machen sollte, müsste das ein bundeseinheitlich valides, von der bündischen Gemeinschaft und von der Bundesregierung anerkanntes Benchmarking sein, es müsste Standards geben, wie man sowas macht. Man dürfte es nicht à la Schleswig Holstein oder à la Saar machen oder wie auch immer, sondern man müsste sich darauf einigen, welche Parameter dafür in welcher Form zu erheben wären, in welcher Ausführlichkeit oder in welcher Oberflächlichkeit das gemacht werden müsste. Das sind Fragen, die ungeklärt sind.
Abgesehen davon gibt es einen anderen Aspekt. Ich habe einmal in die Häuser hinein gefragt, was es bedeuten würde, wenn man so etwas machen würde, beispielsweise für die Universität. Mal angenommen, der Investitionsbedarf von 400 Millionen Euro stimmt, dann müsste man über diese Annahme zunächst einmal diskutieren. Mir ist erklärt worden, dass man so etwas fallbezogen machen müsste. Man könnte das nicht für die Uni als Ganze auf einen Schlag machen mit allen Gebäuden, sondern man müsste sich beispielsweise die Zahnmedizin herausgreifen und dort ein Gebäude evaluieren. Dann hätte man eine Zahl, aber meistens ist es ja so: Wenn man am Bauen ist, steigen die Kosten noch, die in der Planung veranschlagt waren. Dann hätte man also ein Investitionsvolumen, das man umsetzen müsste. Eine andere als eine fallbezogene Vorgehensweise ist methodisch gar nicht machbar! Das auf einen Schlag für das ganze Saarland zu machen, ist undenkbar. Das würde, wenn man das hochrechnet, riesige Planungskosten verursachen und ganz erhebliche Personalkapazitäten binden. Das würde Gutachten erfordern. Nach vorsich