Protokoll der Sitzung vom 15.02.2017

Fünftens: Kinder- und Jugendnetzwerke stärken. Da spielt der Landesjugendring eine ganz wichtige Rolle, er ist nämlich die Interessenvertretung der saarländischen Kinder- und Jugendverbände - leider mittlerweile ohne die Landesschülervertretung, aber vielleicht stoßen die ja wieder dazu, ich würde es mir wünschen. Er ist von unschätzbarem Wert, wenn es um die Förderung von ehrenamtlicher Jugendverbandsarbeit im Saarland geht. Die SPD ist nicht erst seit heute der Auffassung, dass dieses Netzwerk gestärkt werden muss. Wir haben uns deshalb zum Ziel gesetzt, die finanzielle Situation des Landesjugendrings in Zukunft sicherzustellen und zu verbessern, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir wollen auch die Anzahl der JugendbildungsreferentInnen erhöhen. Dies soll sicherstellen, dass die wichtige Arbeit der ehrenamtlich arbeitenden Kinder und Jugendlichen weiterhin gut durch Hauptamtliche unterstützt und ausgebaut wird.

Hier sitzt ein Jugendverband, die Saarländische Karnevalsjugend, der uns gute Gründe genannt hat, warum er unter anderem auch einen Jugendbildungsreferenten braucht. Ich denke, die ehrenamtliche Arbeit der Karnevalsjugend - ich nenne sie nur, weil sie heute hier ist, sie ist eine Riesen-Jugendorganisation - sollte unterstützt werden. Deswegen werden wir zukünftig mehr JugendbildungsreferentInnen einstellen, wenn es nach dem Willen der SPD geht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

All diese Vorschläge und noch viele weitere Ideen haben wir nicht nur in unser Positionspapier, sondern letzten Endes auch in unser Wahlprogramm aufgenommen. Diese Vorschläge kamen direkt von Jugendlichen und sind jetzt unser Angebot zur kommenden Wahl. Das zeigt, dass wir es ernst meinen mit der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen und nicht nur darüber reden, sie zu beteiligen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD.)

Wir freuen uns, dass es offenbar einige Parteien gibt, die diese Ziele teilen. Ich habe auch Verständnis dafür, dass GRÜNE und PIRATEN noch kurz vor der Landtagswahl solche Anträge einbringen. Ich würde es genauso machen, wenn ich in der Opposition wäre, weil die Diskussion doch die unterschiedlichen Einstellungen der Regierungsfraktionen zeigt.

Das ist aber alles kein Beinbruch. Wir konkurrieren im nächsten Monat um die besten Ziele und die besten Ideen für unser Land, und da machen alle hier vertretenen Parteien mit. Wenn wir an diesem Ziel weiterhin festhalten, wenn wir es nach der Wahl umsetzen würden - mich persönlich würde es sehr freuen, wenn es eine große Übereinkunft gibt -, eins ist klar, das geht nur mit der CDU. Es ist eben auch schon angeklungen, wir müssen die Verfassung ändern.

Auch deswegen ist es von der Kollegin Maurer

(Abg. Freigang (PIRATEN) : Freigang)

falsch formuliert gewesen, dass wir heute die Chance haben, das Wahlalter zu senken. Sie hätten einen Antrag stellen müssen, die Landesverfassung zu ändern, und dann hätten wir hier mit einer nötigen Zweidrittelmehrheit dafür stimmen müssen. Deswegen appelliere ich natürlich an unsere Freundinnen und Freunde der CDU, auch nach der Wahl erneut über dieses Thema zu reden. Vielleicht können wir uns mal anschauen, ob es in den Kommunen Sinn macht, die Jugendlichen wählen zu lassen, und ob das vielleicht zu mehr Beteiligung führt. Mich würde es freuen, wenn wir in dieser Frage ein Stück weiterkommen, aber darüber sollen die Wählerinnen und Wähler entscheiden. - Vielen Dank.

(Beifall von der SPD.)

Vielen Dank, Herr Kollege Thul. - Das Wort hat nun für die Fraktion der PIRATEN die Abgeordnete Jasmin Freigang.

Hallo, ich hatte schon angekündigt, dass wir uns zu dem Thema hier vorne noch sehen werden. Ich möchte zu ein paar Punkten etwas sagen, die die Kollegin Fretter angesprochen hat. Frau Fretter hat zu Recht gesagt, dass das Wahlrecht ein hohes Gut und wichtig ist. Das ist keine Frage, das sehen wir auch so. Deshalb gibt es beim Wahlrecht auch keine Grenzen nach oben. Sehr viele ältere Menschen verstehen aber viele Themen nicht mehr, über die abgestimmt wird und über die sie auch Parteien wählen. Es käme aber niemand, um Gottes willen, auf die Idee, das Wahlrecht mit einer Altersgrenze nach oben zu deckeln. Deswegen finde ich es genauso obskur, das Wahlrecht so starr auf 18 zu lassen und nicht mal darüber zu diskutieren, es abzusenken. Wenn über die Konsequenzen einer Absenkung diskutiert wird, dann scheint man wirklich zu denken, dass die Demokratie gefährdet ist, wenn man der Kollegin eben zugehört hat. Da frage ich mich wirklich, wie in anderen Bundesländern, wo das Wahlrecht bereits abgesenkt ist, noch Demokra

(Abg. Thul (SPD) )

tie herrschen kann. Dieser Vorwurf ist für mich nicht verständlich.

Das Wahlrecht abzusenken ist nicht das einzige Mittel, das PIRATEN und GRÜNE genannt haben, um Jugendliche mehr zu begeistern. Sie müssen einfach die Anträge richtig lesen. Es geht auch um die Möglichkeit, auf kommunaler Ebene mehr einbezogen zu werden. Sie haben gesagt, es wäre rein rechtlich gar nicht möglich, den Kommunen vorzuschreiben, welche Gremien sie zu bilden haben. Wenn das nicht möglich ist, dann müssten wir eigentlich unseren Antrag bezüglich der Seniorenbeiräte ebenfalls zurückziehen, weil das gleichwertig zu sehen ist.

(Zuruf von Ministerin Bachmann.)

Ich halte fest: Vier von fünf Fraktionen hier im Landtag sind für die Absenkung des Wahlalters. Eine große Mehrheit der gewählten Vertreter ist dafür. Es hängt also an einer Fraktion.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Immer an derselben!)

Ich verstehe, dass die SPD aufgrund des Fraktionszwanges nicht zustimmen kann. Deshalb brauchen wir hier im Saarland einen echten Politikwechsel, um ein bisschen fortschrittlich abstimmen zu können. Es sind nämlich immer die gleichen Themen, die von der gleichen Fraktion abgeblockt werden. Ich denke, es ist wirklich mal an der Zeit, dass die Wählerinnen und Wähler anders entscheiden. - Danke sehr.

Vielen Dank, Frau Kollegin Freigang. - Das Wort hat nun die Ministerin für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie Monika Bachmann.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Mitglieder des Landesjugendringes! Nachdem die Wahlreden alle gehalten sind, will ich versuchen, direkt auf das Thema zurückzukommen. Es ist das Recht einer jeder Fraktion, Anträge einzureichen. Der Antrag, der heute von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und den PIRATEN eingereicht wurde, befasst sich mit dem Wahlalter bei Kommunal- und Landtagswahlen. Er will dieses auf 16 Jahre absenken und ist nicht zum ersten Mal eingereicht worden.

Ich habe mich gefragt: Ist dieser Antrag mit seinem Inhalt überhaupt dafür geeignet, die Interessen der Jugendlichen an demokratischer Meinungsbildung zu stärken und vor allen Dingen, wie Sie es gesagt haben, Frau Freigang, die Parteiverdrossenheit zu verhindern? Meine Antwort ist: Nein. Ich will das auch begründen. Die Absenkung des Wahlalters alleine reicht nicht aus, um Jugendliche zu motivieren und an die Politik und das Wahlverhalten heranzu

führen. Die Reife eines 16-Jährigen oder einer 16Jährigen kann individuell - wie auch bei uns Erwachsenen - sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Wir alle wissen, wie leicht Menschen und insbesondere auch Jugendliche zu manipulieren sind, vor allem auch dann, wenn die Schule die Jugendlichen bisher unzulänglich auf eine Absenkung des Wahlalters vorbereitet hat.

Es gibt Gott sei Dank Studien darüber. Eine Studie der Universität Hohenheim kam im vergangenen Jahr zu einem Ergebnis, das ich Ihnen vorstellen möchte. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass viele Jugendliche in dem Alter gar nicht wissen, worum es bei der Wahl eigentlich geht.

(Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Das sagt die Studie. - Sie verstehen Politikerreden nicht. Lieber Sebastian Thul, da müssen wir uns fragen, warum die Leute uns nicht mehr verstehen.

(Abg. Thul (SPD) : Ja, natürlich.)

Wir müssen uns fragen: Warum versteht uns der Jugendliche nicht, warum versteht uns der Dreißig-, Vierzig-, Fünfzig-, Siebzig-, Achtzig- und Neunzigjährige nicht mehr? Das müssen wir klären, wenn wir vom Herabsetzen des Wahlalters reden. Die Jugendlichen verstehen weder die Politikreden - so die Studie - noch verstehen sie den Begriff "Opposition". Also müssen wir Aufklärungsarbeit leisten, das als allererstes.

Die Absenkung des Wahlalters ist aus meiner Sicht auch deshalb abzulehnen, weil sie ihr Ziel, die Steigerung der Wahlbeteiligung bei jungen Wählern, verfehlt. Auch das zeigen Erfahrungen aus anderen Bundesländern. Die Ergebnisse liegen vor: Weder gehen 16- und 17-Jährige mehr wählen, noch gehen die jungen Erwachsenen häufiger zur Wahl, wenn sie einmal das Wahlrecht mit 16 hatten. Das ist alles nachzulesen.

Lassen Sie mich aber noch etwas hinzufügen, was Sie bedenken sollten, liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wenn Sie fordern, auch im Bundesrat darauf hinzuwirken, das Wahlalter bei Bundestagswahlen abzusenken, erinnere ich Sie an das, was Petra Fretter Ihnen schon vorgetragen hat: Staatsbürgerliche Rechte und Pflichten sind aus gutem Grund miteinander verkoppelt. Erst mit 18 Jahren haben junge Menschen die alleinige Verantwortung für ihr Leben. Alles Weitere haben die Vorredner längst aufgeführt. Würde man das Wahlalter bei Bundestags- beziehungsweise Landtagswahlen absenken, so verlöre dieses Schutzrecht seinen bisherigen Stellenwert, der ihm als einzigem Akt in einer repräsentativen Demokratie letztendlich zukommt.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich meine, Wahlrecht und Wählbarkeit sollen miteinander ein

(Abg. Freigang (PIRATEN) )

hergehen. In der Diskussion um die Senkung des Wahlalters stellt sich die Frage, ob verschiedene Bewertungsmaßstäbe für das Wahlrecht zugrunde gelegt werden sollten. - Wenn man sich mit dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschäftigt, wäre es unheimlich anständig, wenn der Fraktionsvorsitzende nicht so laut telefonieren würde, dass er nicht versteht, was ich sagen will und wie die Diskussion läuft.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir brauchen, anstatt das Wahlalter zu senken, eine qualifizierte Integration von jungen Leuten in die Politik. Da sind wir uns einig. Das wollen wir alle. Wir wollen, dass Jugendliche uns verstehen. Wir wollen, dass ältere Menschen uns verstehen. Und wir wollen, dass 50-Jährige uns verstehen. Vielleicht sollten wir uns einmal angewöhnen, unsere Reden so zu gestalten, dass man uns auch versteht, Begriffe zu verwenden, die die Menschen draußen auch verstehen, und nicht Begriffe benutzen, bei denen draußen kein Mensch weiß, wovon wir überhaupt reden.

Wenn aber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hier in ihrem Antrag fordern, das Wahlalter für die Kommunalwahlen zu senken, dann bin ich der Meinung, Hubert Ulrich, wir sollten insbesondere gerade die Kommunalwahl nicht als Spielwiese für derartige Experimente benutzen. Eine Absenkung des Wahlalters nur für die Kommunalwahlen würde den Eindruck erwecken, dass diese nicht so wichtig sind.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Wie ist denn das bei den EU-Bürgern? Die dürfen auch nur bei der Kommunalwahl wählen.)

Das Gegenteil ist der Fall. Die Politik, die vor Ort von unseren Gemeinden und Stadträten gemacht wird, das ist die richtige Antwort und das ist die Basis für unsere Politik, die wir hier im Land machen bis nach Berlin.

(Beifall von der CDU. - Abg. Ulrich (B 90/GRÜ- NE) tritt ans Saalmikrofon)

Frau Ministerin -

Nein, ich werde das nicht zulassen. Er kann das nachher fragen. Er hat die ganze Zeit telefoniert oder war nicht im Raum.

Gut, Sie gestatten keine Zwischenfrage.

Nein.

(Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Hinzu kommt, dass in den Ländern, in denen das Wahlalter auf kommunaler Ebene bereits gesenkt wurde - auch das können Sie ja nachlesen -, keine wesentliche Steigerung der Wahlbeteiligung festzustellen ist. Oder behaupten Sie das Gegenteil? BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert eine Abänderung des Kommunalselbstverwaltungsgesetzes dahingehend, dass auf kommunaler Ebene verpflichtend Jugendbeiräte eingerichtet werden und die Beteiligung Jugendlicher an allen sie betreffenden Entscheidungen in der Gemeinde verpflichtend werden soll.

Dazu kann ich nur sagen - vielleicht haben Sie es noch nicht gewusst -, wir haben in diesem Haus 1997, also vor 20 Jahren, im saarländischen KSVG die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen als Kann-Bestimmung festgeschrieben. 20 Jahre ist das her. Mit einer Änderung in eine gesetzliche Beteiligungspflicht und der Einführung einer festgelegten Form von Jugendarbeit kann für sich alleine genommen keine Verbesserung der Beteiligung Jugendlicher erreicht werden. Bestenfalls hat man durch Mitwirkung von privilegierten und bildungsnahen Jugendlichen eine Alibibeteiligung geschaffen. Das wollen wir mit Sicherheit nicht. Weniger privilegierte oder benachteiligte Jugendliche werden sich durch ein gesetzlich verankertes Recht auf Beteiligung nicht gewinnen lassen. Wir müssen das interessant machen. Wir müssen Politik interessant machen und wir müssen verständlich sein. Vielmehr besteht sogar die Gefahr, dass sie noch weniger wahrgenommen werden, weil sie nicht öffentlich in den Beteiligungsgremien in Erscheinung treten oder sich äußern dürfen. Das ist nämlich die Wahrheit.

Gerade bei der Thematik gesetzliche Änderungen für mehr Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist also aus meiner Sicht zu betonen, dass diese sich nur durch positive Wirkung entfalten kann. Sie muss durch vielfältige zielgruppenorientierte und sozialpädagogisch begleitete Maßnahmen - lieber Sebastin Thul, da stimme ich zu - im Rahmen von Jugendarbeit, im Rahmen von Jugendbildungsarbeit, ergänzt werden.

Was müssen wir also tun? Viele Reden halten? Das bringt uns auch keine jungen Wähler. Das bringt uns auch keine interessierten Jugendlichen, die mit uns gerne wie alle Parteien, die hier sind, Politik machen würden. Ich sage, wir müssen die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ohne gesetzliche Änderungen fördern, indem wir stärkere Anreize für wirklich kreative Projekte in diesem Bereich schaffen.

Mein Haus hat dazu einen Weg gewählt. Kinderund Jugendbeteiligung wird künftig stärker als bisher gefördert werden. Zu diesem Zweck hat mein Haus gemeinsam mit dem Deutschen Kinderhilfswerk den

(Ministerin Bachmann)

„Länderfonds Saarland für Beteiligung von Kindern und Jugendlichen“ initiiert. Die Fördersumme für dieses Jahr ist 20.000 Euro. Es werden sowohl innovative Projekte mit beispielhafter Wirkung gefördert als auch Grundlagenprojekte, die beteiligungsorientierte Arbeitsformen erproben, auch der Landesjugendring. Wie oft bin ich in diesem Hause und überreiche die Schecks, wenn es innovative und gute Projekte sind. Gerade im Landesjugendring vereinen sich die Jugendlichen von vielen Organisationen, um letztendlich ihre Jugend- und Kinderprojekte dort vorzustellen.