Ich war gerade auf einer Tagung der Stadtwerke im Südwesten. Hier geht es darum, die Kraft-WärmeKopplung sowie die erneuerbaren Energien voranzubringen, den Netzausbau voranzubringen, kleine Gas- und Dampfkraftwerke und Speicher voranzubringen, aber von Kohlegroßkraftwerken reden wirklich nur noch die Großen, die nochmals Subventionen haben wollen, obwohl - dies haben wir im Antrag ebenfalls ausgeführt - allein für die Kohle bisher 400 Milliarden Euro geflossen sind, für die atomare Versorgung 213 Milliarden Euro, für die erneuerbaren Energien aber nur 67 Milliarden Euro.
Die Zahlen zeigen: Wenn wir einen Umbau der Energieversorgung brauchen - unterhalten Sie sich mit dem örtlichen IZES-Institut -, kann man nicht einfach die erneuerbaren Energien als Puzzlestein draufsetzen. Man braucht eine Systemintegration, eine Systemtransformation. Die Beteiligten im Land werden irgendwann merken, dass sie nicht alles
gleichzeitig fahren können, weil man dann in eine verkehrte Richtung geht. Die Richtung zur Energiewende kann nur durch einen beherzten Ausbau von dezentralen Energieerzeugungsanlagen erfolgen und so Wertschöpfung sichern. Es ist auf Dauer auch die effizienteste Form. Ich würde mich freuen, wenn wir hier zu einem Konsens kämen. Ich sehe einige Ansätze, im Antrag der Großen Koalition allerdings wird weiterhin von fossilen Kraftwerken gesprochen. Die Steigerungen beim EEG sollen auf die Verbraucherinnen und Verbraucher kostendämpfende Auswirkungen haben, und das ohne das Thema Umlage anzusprechen. Das springt zu kurz. Deshalb bitte ich um Unterstützung für unseren Antrag.
Zur Begründung des Antrags der Koalitionsfraktionen erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Stefan Pauluhn das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will mich zunächst für die Einsicht der Parlamentarischen Geschäftsführer bedanken, dass einige Punkte von der Tagesordnung abgesetzt worden sind. Sonst wären wir zu dem wichtigen Thema Energiewende erst heute Abend gegen 20.00 oder 21.00 Uhr gekommen. Das wäre dem Thema sicherlich nicht mehr gerecht geworden. Lassen Sie mich dennoch dem fortgeschrittenen Debattenverlauf folgend sowohl die Begründung des Antrages der Koalitionsfraktionen als auch die Befassung mit dem Antrag von Frau Dr. Simone Peter knapp fassen. Damit möchte ich dem heutigen Debattentag Rechnung tragen.
Die Regierungskoalition macht mit ihrem Antrag vier Punkte deutlich. Erstens bekennt sich das Saarland ausdrücklich zu den Grundsätzen und Zielen der Energiewende. Daran gibt es keinen Zweifel. Zweitens. Wir wollen am Ziel 2020 festhalten. Wir wollen bis zum Jahr 2020 auch weiter 20 Prozent des Stroms aus regenerativen Energien erzeugen. Drittens wollen wir ein stärkeres Augenmerk auf die Bezahlbarkeit von Energie richten. Strom muss für die Bürgerinnen und Bürger und für unsere Industrie bezahlbar bleiben. Viertens. Wir haben die Arbeitsplätze in unserem Land immer zuerst im Blick, Frau Peter. Darum brauchen wir eine Nachhaltigkeitsstrategie, die sowohl die Energiewende voranbringt als auch die Interessen der saarländischen Unternehmen insbesondere im stark energieverbrauchenden Bereich bündelt. Dabei blicken wir auf die Sicherung bestehender Arbeitsplätze genauso stark wie auf die Schaffung neuer.
Sie haben vorhin den Punkt Sozialverträglichkeit angesprochen. Wer in der Zielformulierung ohne Not ständig den Ökologiegedanken voranstellt, wie Sie das getan haben - zumindest ist nicht nur in der saarländischen Industrie, sondern auch bei vielen saarländischen Kommunen in den letzten Jahren dieser Eindruck entstanden -, und dabei die Ängste und Nöte in den arbeitsplatzstarken Bereichen der Industrie außer Acht lässt,
Abg. Dr. Peter (B 90/GRÜNE) mit einer Zwischenfrage: Vielen Dank. Sind Sie bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass das Saarland durch seine Energiebetriebe nach wie vor einen doppelt so hohen CO2-Ausstoß hat wie der Bundesdurchschnitt, dass wir dringend -
(Abg. Schmitt (CDU) : Wenn man Schwerindustrie und Automobilindustrie hat, ist das doch kein Wunder!)
Sie dürfen mir eine Frage stellen, aber Sie sollten nicht in einen Dialog mit jemandem hier im Parlament eintreten, der das Wort gar nicht hat.
Abg. Dr. Peter (B 90/GRÜNE) mit einer Zwischenfrage: Würden Sie mir zustimmen, dass wir angesichts der steigenden Kosten für den Klimawandel auch hier dringend etwas für den Klimaschutz machen müssen, dass auch die Saarländerinnen und Saarländer in der Verantwortung stehen, dass deswegen die Kombination aus Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Preisstabilität - da gehört eine dezentrale Struktur dazu - kein Widerspruch in sich ist?
Gerade das, was Sie eben gesagt haben, macht deutlich, welches Augenmerk wir auf unsere industriepolitischen Rahmenbedingungen richten müssen. Wer das einseitig tut, gefährdet Arbeitsplätze und macht damit auch eine sozialunverträgliche Politik für dieses Land, sehr geehrte Frau Peter.
Ich denke, in dem gerade angesprochenen Punkt liegt einer der deutlichsten Unterschiede des neuen Energieministeriums im Vergleich zum alten. Während Frau Peter zu stark die ökologischen Zielsetzungen fokussierte und damit Arbeitsplätze gerade im Stahlbereich einer massiven Gefahr aussetzte,
richten wir an dieser Stelle das Augenmerk deutlicher auf Gleichgewicht. Ressourcenschonende Energiegewinnung auf der einen Seite, Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrien auf der anderen Seite. Gerade darum wurde nun ein Energiebeirat eingerichtet, in dem Energieerzeuger, Kammern, Verbände, Arbeitnehmerorganisationen sowie Vertreter aus Gesellschaft, Wissenschaft und Forschung gemeinsam an einem Energiekonzept in unserem Land arbeiten, das der Dualität des Anspruchs Ökologie und Ökonomie auch Rechnung trägt. Ziel ist es, auf Basis des bisherigen Masterplanes ein tragfähiges Gesamtkonzept zu entwickeln, das sowohl die Ziele der Energiewende beibehält als auch Rücksicht auf die Kraftwerkslandschaft und die Energiesicherheit für das Industrieland Saarland nimmt.
Ja, wir wollen die Energiewende. Aber auf dem Weg in das solare Zeitalter, wie das meine Fraktion schon zu Oppositionszeiten beschrieben hat, bleiben für die vielen tausend Menschen in der saarländischen Industrie deren Ängste und Nöte stets auch in unserem Blick.
(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Ul- rich (B 90/GRÜNE) : Kollege Pauluhn, nur davon reden heißt aber nichts!)
Zur Energiewende braucht es verlässliche Rahmenbedingungen, sowohl für Verbraucher als auch für die Industrie. Daran arbeiten wir. Dazu muss auch die Bundesebene zügig ein Gesamtkonzept erarbeiten. Das notwendige Miteinander von regenerativen Energien und konventionellen Energieträgern muss endlich geklärt werden. Dazu ist der Bund jetzt in der Pflicht. Die alleinige Fokussierung auf den regenerativen Bereich ist fehl am Platz und hilft dem Saarland nicht weiter. - Natürlich gestatte ich eine Zwischenfrage, Herr Ulrich.
Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) mit einer Zwischenfrage: Herr Kollege Pauluhn, konnten Sie denn von dieser neuen energiepolitischen Linie Ihren Koalitionspartner schon komplett überzeugen? Er hat dem alten Masterplan Energie schließlich zugestimmt!
Legislaturperiode unter Jamaika vieles noch viel härter gekommen wäre für die saarländische Industrie, wenn man all dem eins zu eins gefolgt wäre, was Vorstellung der GRÜNEN war. Das kam Gott sei Dank so nicht, und wir werden daran ansetzen und für die Industrie ein Zukunftskonzept im Sinne der Energiewende erarbeiten.
Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) mit einer Zwischenfrage: Das heißt im Klartext, Sie wollen die Energiewende, die unter der Jamaika-Koalition Beschlusslage war, zurückdrehen. Verstehe ich das richtig?
Wir wollen die Energiewende weiterentwickeln und wollen sie mit dem gegründeten Beirat auf neue Füße stellen. Inwieweit einzelne Punkte des alten Konzepts auch weitergeführt werden, darüber gibt es noch keine Entscheidung. Das Endziel ist formuliert und bleibt klar, und da sehe ich auch eine gewisse Übereinstimmung.
Im Antrag Ihrer Fraktion, Frau Dr. Simone Peter, gibt es einen breiten Strauß an Vorschlägen und Forderungen, ein Sammelsurium an Initiativen. Es sind alles Dinge, denen man im Einzelnen betrachtet nicht von vornherein zu widersprechen vermag. Sie lassen aber in der Summe, wie ich meine, eines aus dem Blick: den industriepolitischen Rahmen unseres Landes, damit auch ein Stück Zukunftssicherung nicht allein für unser Land, sondern auch für viele tausend Familien und ihre Erwerbseinkommen. Das ist die eigentliche Krux an Ihrem Antrag. Wer eine industriefreie Zone will, kann so agieren. Wir wollen dies nicht.
Wenn man einmal Ihre ehemaligen Pläne im Bereich der Windkraft nimmt, so sorgten auch diese nicht allein für Bedenken bei den Stromerzeugern. Es gab daneben keine Kommune - zumindest in dem Bereich, aus dem ich komme -, die nicht Probleme mit dem Absolutismus à la Simone Peter formulierte. Mit der ideologischen Augen-zu-und-durch-Politik, mit der Methode der GRÜNEN, ist jetzt Schluss, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wir orientieren uns an unserem industriepolitischen Kern und formulieren eine Richtschnur, die die Menschen auch mitnimmt. So müssen beispielsweise Wettbewerbsnachteile der heimischen Wirtschaft durch neue Umwelt- und Klimaschutzinstrumente, durch Initiativen auf europäischer und nationaler Ebene verkraftbar gestaltet werden. Die Laufzeiten der bestehenden Kohle- und Gaskraftwerke müssen betriebswirtschaftlich und technisch optimiert werden, wenn die Energiewende gelingen soll.
Dies alles sind Punkte, die der nun in Arbeit gehende Energiebeirat mit erarbeiten wird und bei denen es auch in Zukunft noch ausreichend Gelegenheit gibt, dies an konkreten Beispielen in diesem Haus ausführlich zu diskutieren. Ich will jetzt einmal die Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass wir das dann auch in einem breiteren Konsens tun können, als das eben der Fall war. Lassen Sie uns gemeinsam einen weiteren Schritt tun hin zu dieser Energiewende, hin zu dem gemeinsam formulierten Ziel, bis zum Jahr 2020 20 Prozent der regenerativen Energien - oder auch mehr - im Saarland erzeugen zu können. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zwei Anträge liegen uns heute vor: „Energiewende im Saarland voranbringen - keine neue Hürden schaffen“, „Ja zur Energiewende: Interessen von VerbraucherInnen und Industrie wahren“. Das hört sich alles gut an, und ich glaube, wir sind uns einig, dass wir der Überschrift alle zustimmen könnten. Aber die konkreten Schritte - das haben wir eben gehört -, die unternommen werden sollen, um dies zu erreichen, sind doch sehr unterschiedlich.
Aus unserer Sicht ist die Energiewende ohne eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung überhaupt nicht zu schaffen. Diese Akzeptanz leidet aber zurzeit gewaltig. Ich möchte auf die Gründe dafür eingehen. Uns allen ist klar, dass die Energiewende Geld kostet, und zwar viel Geld. Gleichzeitig haben insbesondere die Hartz-4-Gesetze zu einem flächendeckenden Lohndumping und zu einer sozialen Schwächung aller Haushalte, bis in den Mittelstand, geführt. Dies können wir auch heute in der Zeitung lesen. Armut in Deutschland ist kein Randphänomen mehr. Wie wollen wir diese Menschen von der Energiewende überzeugen? Bestimmt nicht durch steigende Stromkosten. Natürlich kann man erkennen, dass ein Großteil der Strompreissteigerungen eben nicht durch die erneuerbaren Energien entstanden ist, sondern durch die Monopole der großen Ener
gieversorger. Bis jetzt mussten nur die Verbraucher und die mittelständischen Unternehmen ihr Scherflein beitragen, um die Energiewende zu finanzieren, nicht aber die großen Energieversorger und die Großindustrie. Aber diese Erkenntnis hilft den armen Leuten nicht. Wir müssen zuerst dafür sorgen, Herr Minister, dass Strom für alle bezahlbar bleibt.
Liebe Kollegen von der GRÜNEN-Fraktion, es tut mir leid, aber ein kostenloser Stromsparcheck für einkommensschwache Haushalte ist sicherlich nicht die Lösung. Was nutzt es einem Hartz-4-Haushalt oder einem Niedriglohnempfänger, wenn ich ihm sage, dass sein Kühlschrank zu alt ist? Für die meisten Betroffenen ist so eine Neuanschaffung einfach nicht drin. Deshalb brauchen wir endlich wieder eine strikte Aufsicht über die Strompreise, wie wir das an anderer Stelle ja schon öfter gefordert haben.
Die Akzeptanz der erneuerbaren Energien leidet auch unter einem anderen Problem. Oft genug kollidiert der Bau gerade von Windkrafträdern mit dem Landschafts- und Naturschutz. Hier müssen wir uns viel stärker um den Ausgleich kümmern. Deshalb sind Schwerpunktgebiete sinnvoll und nicht einfach eine Hürde für die erneuerbaren Energien.
Es ist also umso wichtiger, den Menschen zu vermitteln, was eigentlich gewollt ist. Es ist unsere Aufgabe, die Saarländerinnen und Saarländer bei der bevorstehenden Energiewende mitzunehmen. Deshalb führen die jüngsten Ausführungen unseres Wirtschaftsministers auch zu weiteren Irritationen. Obwohl er heute Geburtstag hat, muss ich ihn ein bisschen angreifen. Man kann nicht auf der einen Seite von Wildwuchs reden und im Ausschuss das dann wieder zurücknehmen. Ich habe mir das selbst angesehen. Simone Peter, da muss ich dir widersprechen, es ist tatsächlich gesagt worden.