Mögliche Defizite in der Arbeit der Sicherheitsbehörden werden zurzeit von einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Bundestages und einer Expertenkommission der Innenministerkonferenz untersucht. Die Innenministerkonferenz hat sich in einer Sondersitzung am 28. August, also vor wenigen Tagen, mit der neuen Ausrichtung des Verfassungsschutzes beschäftigt und zehn Eckpunkte beschlossen, die derzeit in mehreren Arbeitsgruppen ausgearbeitet werden. Mein Haus ist ebenfalls daran beteiligt. Wie bereits eingangs erwähnt, halte ich es vor diesem Hintergrund als zuständige Ministerin für zielführend, zunächst einmal die Ergebnisse und Anregungen dieser Gremien abzuwarten, von denen wir uns alle wertvolle Hinweise für die Weiterentwicklung der deutschen Sicherheitsstruktur erwarten.
Das Saarland wird die Vorschläge ergebnisoffen prüfen und gegebenenfalls notwendige Schritte zu einer Weiterentwicklung der Zusammenarbeit und der Struktur der Sicherheitsbehörden konstruktiv begleiten. Die bisher bekannt gewordenen Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem NSU legen nahe, dass ein Hauptproblem nicht so sehr in der Behör
denstruktur, sondern vielmehr im mangelnden Informationsaustausch lag, sowohl innerhalb des Verfassungsschutzverbundes als auch zwischen Verfassungsschutz und Polizei. Hier gilt es anzusetzen, meine Damen und Herren.
Die Abschaffung des saarländischen Landesamtes für Verfassungsschutz zugunsten einer Mammutbehörde des Bundes halte ich, das kann ich jetzt schon sagen, weder für sinnvoll noch für verfassungsrechtlich zulässig. Das Grundgesetz hat ausdrücklich eine föderale Struktur nicht nur für die Polizei, sondern auch für den Verfassungsschutz vorgesehen. Ohne eine Grundgesetzänderung wäre eine Abschaffung des Landesamtes für Verfassungsschutz nicht ohne Weiteres möglich. Hinzu kommt, dass gerade die Kenntnis der regionalen Gegebenheiten vor Ort am besten geeignet ist, schon frühzeitig verfassungsfeindliche Tendenzen zu erkennen und ihnen gegenzusteuern. Ich nenne wieder die Sauerland-Gruppe; das saarländische Landesamt für Verfassungsschutz hat gerade aufgrund seiner Kenntnis über Personen des islamistischen Umfeldes im Saarland die ersten Anhaltspunkte für die geplanten Terroranschläge erfahren und konnte diese in ausgezeichneter Zusammenarbeit mit den übrigen Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder verhindern.
Die parlamentarische Kontrolle ist immer wieder angesprochen worden. Mir ist nicht ganz klar, wie der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu verstehen ist.
Einerseits fordern Sie eine Ausdehnung der parlamentarischen Kontrolle des saarländischen Landtages über das Landesamt für Verfassungsschutz und andererseits wollen Sie gerade diese Kontrolle abschaffen, wenn Sie fordern, das Landesamt aufzulösen oder mit anderen Landesämtern - die es gar nicht gibt, das habe ich Ihnen am Anfang erklärt zusammenzulegen.
Die Zusammenlegung von Verfassungsschutzbehörden könnte Synergieeffekte in den Behörden- und Personalstrukturen der betroffenen Verwaltungsbehörden bewirken, das gebe ich zu.
Nehmen wir mal an, es würde so kommen, wie Sie sich das vorstellen. Nehmen wir an, dass Ihrem Wunsch, liebe Simone Peter, entsprochen werden würde und das Saarland, Rheinland-Pfalz oder sogar weitere Bundesländer ihre Verfassungsschutzämter - wenn es welche gibt - zusammenlegen würden. Wer kontrolliert dann die Arbeit dieser Behörde im Saarland?
Bestimmt nicht unser saarländischer Landtag. Wer hat Einfluss auf die Tätigkeit dieser Behörde im Saarland, welche Fachaufsicht?
Herr Ulrich sagt uns das gleich! Wer entscheidet darüber, ob und mit welcher Intensität gegebenenfalls islamistische oder rechtsextremistische Strömungen im Saarland beobachtet werden?
Herr Ulrich sagt uns das jetzt! Ich sage Ihnen: Weder der saarländische Landtag noch eine saarländische Aufsichtsbehörde wird darüber entscheiden, sondern Mainz, Stuttgart oder Frankfurt! Und soll ich Ihnen noch etwas sagen? Die sind weit weg und haben möglicherweise vor Ort ganz andere Probleme. Das kann von uns doch nicht gewollt sein!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das saarländische Landesamt für Verfassungsschutz arbeitet bisher eng mit der saarländischen Polizei zusammen. Es sollte nicht an dem gerüttelt werden, was in den vergangenen Jahren nicht zuletzt durch die Zusammenlegung der Aufsicht über beide Behörden in eine Abteilung des Innenministeriums gefördert wurde. Deshalb halte ich es für sinnvoll, das Ergebnis der intensiven Diskussion über Zusammenarbeit und Struktur der Sicherheitsbehörden zwischen Bund und Ländern abzuwarten und nicht zu schnell aus der Hüfte zu schießen. Wir werden die notwendigen Schlüsse daraus ziehen. Es sollte in diesem Parlament kein Platz für übereifrigen Aktionismus sein, indem so ein Antrag runtergerattert wird, damit wir etwas diskutieren können, ausgerechnet in diesem sensiblen Bereich.
Deshalb plädiere ich dafür, meine Damen und Herren, den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abzulehnen. - Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Das Wort hat nun der Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Hubert Ulrich. Sie haben 3 Minuten 25 Sekunden und 4 Minuten 24 Sekunden von der Fraktion DIE PIRATEN, also fast 8 Minuten.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eigentlich wollte ich mich dazu nicht mehr zu Wort melden, weil meine Kollegin Simone Peter zu dem Punkt bereits die Ausführungen gemacht hat, die von unserer Seite zu machen sind. Der Kollege Becker hat mich aber dazu motiviert, ans Rednerpult zu treten. Auch das, was Sie gerade gesagt haben, sehr verehrte Frau Ministerin, bedarf schon einer gewissen Richtigstellung. Sie haben zusammen mit dem Kollegen Becker versucht, uns in die Ecke zu schieben, dass wir offensiv für die Abschaffung des saarländischen Verfassungsschutzes eintreten würden.
Das tun wir nicht und das steht hier auch nicht! Sie haben beim Vorlesen des Satzes zu tricksen versucht. Ich hatte einen Zwischenruf gemacht, deshalb haben Sie nur den halben Satz vorgelesen. Deshalb möchte ich zur Klarstellung noch einmal zitieren, was Kollegin Peter eben schon vorgetragen hat. In unserem Antrag steht klipp und klar: „(...) oder gar eine Abschaffung des Landesamtes für Verfassungsschutz des Saarlandes in Hinblick einer möglichen Neustrukturierung der Bundeseinrichtungen zu prüfen.“
Sie können sich gerne für eine Zwischenfrage melden. - Nur in diesem Zusammenhang ist der Begriff der Abschaffung zu sehen. Das heißt, wenn Abschaffung, dann nur gegen Ersatz! Das ist eine völlig andere Diskussion, als eine reine Abschaffung in den Raum zu stellen, wie der Kollege Becker das gemacht hat. Er braucht immer ein klares Feindbild. Insofern kann ich verstehen, wie er das formuliert und dann keine Zwischenfrage zugelassen hat. Herr Kollege Becker, das ist schwach! Das erinnert mich an dunkle Zeiten der früheren CDU-Alleinregierung, damals wurde das so gemacht.
Davon sollten wir, lieber Herr Kollege Becker, eigentlich wegkommen. Wir sollten das so nicht mehr tun an dieser Stelle.
Frau Ministerin, Sie haben eben versucht, den Eindruck zu erwecken, dass wir auch noch der Geschichte zugestimmt hätten, die oben formuliert ist, dass im Moment nur drei Fraktionen im Ausschuss
Richtig ist, dass wir zunächst einmal zugestimmt haben, aber mit der Einschränkung, dass wir gerne die Hauptsitze hätten, und zwar beide. Wir stimmen doch nicht dagegen, wenn wir einmal ein bisschen was bekommen! Natürlich machen wir da mit. Aber wir wollen eine deutliche Verbesserung. Wir wollen beide die Hauptsitze haben, sowohl die PIRATEN wie die GRÜNEN. Das ist ein durchaus legitimes Anliegen in diesem Parlament.
Sie können auch nicht mit der NPD argumentieren. Hier sitzt keine NPD. Ich sehe zumindest keine. Insofern ist dieses Argument ebenfalls hinfällig.
Was man auch klar sagen muss mit Blick auf unser Anliegen, eventuell Verfassungsschutzämter zusammenzulegen: Sie halten sich da an Begrifflichkeiten fest. Die sind schnell geändert. Das sind reine Formalia. Das wissen ja beide. Auch diese Argumentation greift nicht, Frau Ministerin. Was aber greift, das ist eine Frage der Effizienz des Verfassungsschutzes der einzelnen Bundesländer. Ich glaube, wir sind uns alle darüber im Klaren und einig: Wir haben im Saarland nur eingeschränkte finanzielle Ressourcen, auch für den Verfassungsschutz. Ich glaube, mit Blick auf die Effizienz könnte es für uns im Saarland ein großer Vorteil sein, Teil einer größeren Behörde zu sein, die vielleicht mehr finanzielle Mittel hat, mehr personelle Ressourcen einsetzen könnte, um bestimmte Dinge aufzuklären.
In der Vergangenheit - habe ich das Gefühl - war im Saarland manches auch nicht so hoch erfolgreich, wie wir das alle gerne hätten. Bestimmte Anschläge, ob das Yeboah war, ob das die Wehrmachtsausstellung war, der Anschlag 1992 im KOMM in Saarlouis, wo es auch um eine Ausstellung gegen Rechtsradikalismus ging und wo eine Bombe gefunden wurde das wird ja immer so wegdiskutiert. Alle diese Dinge wurden in diesem Lande nicht aufgeklärt. Das muss einem schon zu denken geben. Das ist Realität. Vor diesem Hintergrund würde ein bisschen mehr Effizienz an dieser Stelle unseren Verfassungsschützern im Saarland guttun.
Kontrolle der Parlamente, das wurde hier so eingeworfen, das würde nicht mehr gehen. Das muss mir einmal einer erklären, wieso das nicht geht. Auch das ist eine reine Frage der Organisation, dass sich zwei Parlamente an der Kontrolle eines solchen Organs beteiligen. Eine reine Frage der Organisation, nicht mehr und nicht weniger, also eine Frage des politischen Willens. Vor diesem Hintergrund ist der Antrag, den wir heute stellen, absolut zielgerichtet
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Ulrich. Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Antrages Drucksache 15/129 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Dann stelle ich fest, dass der Antrag Drucksache 15/129 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Dagegen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen von CDU und SPD, zugestimmt haben die Fraktion DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Enthalten hat sich die Fraktion der PIRATEN.
Beschlussfassung über den von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Altersarmut verhindern (Drucksa- che 15/126 - neu)
Beschlussfassung über den von der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Strukturelle Reformen zur Bekämpfung der Altersarmut angehen - tragfähiges Rentenniveau generationenübergreifend sichern! (Drucksache 15/145)