Protokoll der Sitzung vom 16.10.2012

(Sprechen bei der CDU.)

Auf das hier Gesagte möchte ich nur ganz kurz eingehen. Herr Hans führte aus, einerseits müssten wir Rücklagen schaffen, andererseits stünden wir gegenüber den Beitragszahlern in der Pflicht. Das sehen wir auch so. Mir persönlich erscheint die Position, die das Saarland ursprünglich im Bundesrat vertreten wollte, gut geeignet. Ich kann nun nicht sagen, weshalb die Verhandlungen etwas anderes ergeben haben; von uns war ja niemand oder zumindest fast keiner daran beteiligt. In der Demokratie ist es aber nun einmal so, dass man nicht alles, was man erreichen möchte, auch tatsächlich erreichen kann. Man muss auch einmal zu Kompromissen bereit sein. Insoweit kann ich feststellen, dass es so, wie es gelaufen ist, okay ist. Das von unserer Seite.

(Beifall von den PIRATEN und bei den Koalitions- fraktionen.)

Das Wort hat Herr Minister Storm.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es gibt heute Nachmittag einen ersten Konsens,

und zwar in der Auffassung, dass die Aktuelle Stunde eigentlich nicht das Format ist, in dem man das für die Menschen wichtige Thema, wie es mit ihrem für die Lebensarbeit gewährten Alterslohn weitergeht, adäquat behandeln kann.

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Das ist doch Quatsch. Das ist ein parlamentarisches Mittel und es besteht ein aktueller Anlass.)

Es wäre gut, wenn wir einen weiteren Konsens erzielen könnten. Denn es gibt eine gute Tradition, die unseren deutschen Sozialstaat über Jahrzehnte hinweg zu einem Erfolgsmodell gemacht hat: die Tradition, wichtige Weichenstellungen mit einer breiten Mehrheit zu treffen. Es wäre daher gut, ginge heute Nachmittag von Saarbrücken das Signal aus, dass wir einen breiten Rentenkonsens anstreben.

Meine Damen und Herren, es ist in der Tat richtig, dass eine Orientierung allein an einem Beitragssatzziel nicht ausreichen kann. Ein Beitragssatzziel, etwa die 22-Prozent-Marke für das Jahr 2030, ist kein Wert an sich. Vielmehr muss im Mittelpunkt die Frage stehen, welche Versorgung wir für die Menschen, die in der Rentenversicherung abgesichert sind, für ausreichend und angemessen halten. Bei der Beantwortung dieser Frage helfen uns diese einfachen, holzschnittartigen Betrachtungen nicht weiter.

Heute sind ja Ergebnisse der neuen Untersuchung bekannt geworden, die die Bundesregierung in Auftrag gegeben hat und bei der 28.000 Rentnerinnen und Rentner, eine sehr große Zahl von Menschen also, über ihre Absicherung im Alter befragt wurden. Diese Untersuchung hat ein sehr differenziertes Bild ergeben: Dass die Einkommenssituation in weiten Teilen wesentlich besser ist, als die meisten glauben. Dass die gesetzliche Rente die Haupteinkommensquelle ist, aber für eine große Zahl der Rentnerinnen und Rentner bei Weitem nicht die einzige.

Deshalb müssen wir hinsichtlich der Alterssicherung die Gesamtabsicherung der Menschen in den Blick nehmen. Und deshalb lautet die wichtigste Frage, die geklärt werden muss: Wie können wir erreichen, dass nach Möglichkeit jeder, der in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert ist, ein zweites Standbein bekommt? Das wäre eine Förderrente entweder aus der betrieblichen Vorsorge oder aus der privaten Vorsorge. Daher setze ich mich auch sehr dafür ein, dass wir nach Möglichkeit so etwas wie eine Betriebs- oder Förderrente für jeden bekommen. Das kann man machen, indem man ein sogenanntes Opting-Out-Modell einführt. Damit würde beim Arbeitgeber von vornherein eine betriebliche Absicherung vorgesehen, beispielsweise über das Instrument der Entgeltumwandlung, und nur diejenigen, die eine andere Absicherung haben oder die die betriebliche Absicherung ausdrücklich nicht wünschen und sie ablehnen, könnten gegen eine

(Abg. Dr. Peter (B 90/GRÜNE) )

solche Absicherung votieren. Damit wäre aber neben der gesetzlichen Rente eine flächendeckende Möglichkeit der Absicherung für jeden gegeben.

Zu einem zweiten wichtigen Punkt. Will man die Altersarmut von morgen vermeiden, muss man in der Tat zunächst einmal bei den Ursachen ansetzen, also bei der Erwerbsarmut. Diesbezüglich hat dieser Landtag heute Morgen ein wichtiges Zeichen gesetzt. Denn im Haushalt für das kommende Jahr ist ein umfassendes Programm zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit enthalten, mit den Mitteln, die wir hier an der Saar einsetzen können. Ein Thema in diesem Zusammenhang ist natürlich auch das Thema der Mindestlöhne, zum Beispiel auch der Mindestlöhne in Branchen, die in den zurückliegenden Jahren ja in großer Zahl eingeführt worden sind.

Sollte dieser Kampf um die Ursachen am Ende nicht ausreichen, müssen wir natürlich beim Alterssicherungssystem selbst ansetzen. Dabei sehe ich zwei wichtige Stellschrauben. Erstens hat sich in der Vergangenheit das Modell der „Rente nach Mindesteinkommen“ sehr bewährt. Hat das Einkommen, das jemand erzielt hat, etwa ein Wachmann, für die gearbeitete Zeit nur zu niedrigen Ansprüchen geführt, sind diese Ansprüche aufgestockt worden. Dieses bewährte Instrument sollte man wieder aufgreifen. Zweitens ist der Fall zu betrachten, dass jemand ergänzend vorgesorgt hat, im Alter aber in die Grundsicherung fallen würde. In diesem Fall darf die ergänzende Vorsorge nicht ganz oder in weiten Teilen angerechnet werden. Vielmehr muss eine Belohnung für die Vorsorge, indem eben diese Vorsorge nicht angerechnet wird, zugestanden und damit ein Anreiz für eine solche Vorsorge gesetzt werden. Machte man das in beiden Systemen, bei der Grundsicherung, vor allem aber bei der gesetzlichen Rente, um Menschen mit niedrigem Erwerbseinkommen eine Aufwertung zu geben, wäre bereits ein wesentlicher Teil des Problems gelöst.

Lebensarbeit bedeutet aber nicht nur Erwerbsarbeit. Lebensarbeit ist auch das, was in den Familien geleistet wird: Kindererziehung und vor allem auch die Pflege von Angehörigen. Deshalb halte ich es für sehr wichtig, nicht nur als Signal, sondern auch mit Blick auf die materielle Seite der Absicherung, dass wir uns daranmachen, auch für die Frauen, deren Kinder vor 1992 geboren sind, eine bessere Absicherung zu gewährleisten und vor allem auch die Absicherung bei der Pflege ein Stück weit zu verbessern.

Ein ganz wichtiger Punkt ist das Thema Invalidität, Erwerbsunfähigkeit. Wir müssen, wo immer es geht, verhindern, dass die Menschen vorzeitig aus dem Arbeitsleben ausscheiden müssen, weil sie gesundheitlich nicht mehr in der Lage sind zu arbeiten, das heißt Rehabilitation vor Pflege. Das wird seit vielen Jahren gefordert und ist heute wichtiger denn je.

Deshalb ist eine ganz zentrale Forderung für einen Rentenkonsens, dass wir den sogenannten RehaDeckel bereits im nächsten Jahr deutlich anheben, damit wir für die starken Jahrgänge, die jetzt RehaLeistungen brauchen, auch genügend Mittel haben.

Dort, wo das nicht greift, wo wir es nicht schaffen, mit der Rehabilitation die Arbeitsfähigkeit zu halten, ist es ganz wichtig, dass wir bei den Erwerbsminderungsrenten Verbesserungen herbeiführen. Da hat die Bundesregierung schon eine gute Vorlage gemacht, aber ich finde, sie reicht nicht aus, da muss man noch ein Stück drauflegen.

Bei der Frage "Wie kann man unter den Bedingungen, dass die Lebensarbeitszeit länger wird, entscheiden, in welcher Form man in den Ruhestand geht?" ist es wichtig, dass man auch ausgleiten kann, dass man also, wenn man über 60 Jahre alt ist, die Arbeitszeit reduzieren kann und schon eine Teilrente beziehen kann. Das ist theoretisch heute schon möglich, aber zu Bedingungen, zu denen das klugerweise kaum jemand macht, denn die Bedingungen sind nicht akzeptabel. Deshalb ist dieser Ansatz, eine vernünftige Teilrente zu ermöglichen, die auch attraktiv ist, um entscheiden zu können, ob man in den letzten Arbeitsjahren die Arbeitszeit reduziert, ein wichtiges Element für einen solchen Konsens.

Dann sind wir bei dem Punkt, der am letzten Freitag eine Rolle gespielt hat, der Frage der Finanzierung und des aktuellen Beitragssatzes. Meine Damen und Herren, wenn man an eine nachhaltige Finanzierung denkt, wäre es in der Tat klug, wenn man vorbaut, wenn man Reserven aufbaut, die es ermöglichen, den Beitragssatz so lange wie möglich stabil zu halten. Dafür hat die saarländische Landesregierung im Sommer ja auch geworben. Wir wissen aus mehreren Meinungsumfragen, dass die Bevölkerung diesen Gedanken in großer Mehrheit teilt.

Aber wir müssen natürlich auch zur Kenntnis nehmen, dass die Bundesregierung im August einen Gesetzentwurf eingebracht hat, der diesen Beitragssatz absenkt auf den niedrigstmöglichen Wert, das wären nach dem derzeitigen Stand 19,0 Prozent. Wenn man es nun ernst nimmt, dass man einen Konsens haben will im Bereich der Rentenpolitik, kommt man natürlich nicht weiter, wenn alle Seiten auf ihrer Maximalposition beharren. Das ist der Grund, weswegen unsere Ministerpräsidentin und auch ich selber in den letzten Wochen dafür geworben haben, dass wir eine mittlere Lösung bekommen.

Eine solche mittlere Lösung, wie Sie unsere Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer am vergangenen Freitag im Bundesrat empfohlen hat, nämlich den Beitragssatz auf 19,3 Prozent zu senken, hätte den großen Vorteil, dass wir in Stufen die

(Minister Storm)

Rücklage der gesetzlichen Rentenversicherung weiter ausbauen könnten. Wir könnten den Korridor für die Rücklage, der im Moment bei 0,2 bis 1,5 Monatsausgaben liegt - das heißt, wir hätten Reserven für die Rentenzahlung für mindestens sechs und maximal 45 Tage -, ausweiten könnten auf 0,5 bis 2 Monatsausgaben. Das wäre noch nicht die ganz große Lösung für eine Demografierücklage, aber die ist in der kurzen Zeit von heute bis Weihnachten sowieso nicht mehr zu machen. Aber es wäre eine Lösung, die man mit gutem Willen auf allen Seiten machen könnte. Dieser Weg wäre gangbar, da die Bundesregierung ja nicht den üblichen Weg gegangen ist, eine Verordnung in den Bundesrat einzubringen, sondern einen Gesetzentwurf vorgelegt hat. Ob das gelingen wird, können wir heute noch nicht sagen, weil es davon abhängt, wie weit die Bereitschaft verbreitet ist, einen breiten Rentenkonsens in den nächsten Monaten zu finden - nicht nur hier im Hause, sondern insgesamt in unserem Land.

Selbstverständlich kann man nicht alle Probleme, die ich eben angesprochen habe, innerhalb von zwei oder drei Monaten lösen. Wenn es eine Chance für einen Konsens gibt, wird man sich sicherlich auf einige Eckpunkte beschränken und darüber hinaus verabreden müssen, dass man nach der nächsten Bundestagswahl die Elemente, die man jetzt nicht abräumen kann, gemeinsam angeht. Aber ich glaube, es ist der Mühe wert. Zumindest weite Teile dieses Hauses haben wesentlich mehr Gemeinsamkeiten, als manche Debatte der letzten Tage erahnen ließ.

Noch einmal: Das Verhalten der saarländischen Landesregierung ist geprägt davon, dass wir Lösungen suchen, die wirklich über den Tag hinaus tragen, die den Menschen helfen, eine Verlässlichkeit zu finden. Die Rente setzt voraus, dass man sich auf staatliche Zusagen verlassen kann. Deshalb ist es wichtig, hier keine Schnellschüsse zu machen, sondern zu versuchen, mit breiter Mehrheit Lösungen zu finden, die dann auch eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz finden.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat der Abgeordnete Hermann Scharf.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist kein einfaches Thema, über das wir heute reden. Ich kann mich meinen Vorrednern anschließen: Ich halte das Instrument der Aktuellen Stunde für nicht angemessen, weil sich in einem Beitrag von fünf Minuten die Thematik einfach nicht darstellen lässt.

Ja, Frau Kollegin Peter, wir haben Defizite bei der Riester-Rente, das kann man nicht bestreiten. Diese Defizite betreffen die Effizienz, die Rendite dieser Verträge. Auch wir sehen, dass der Verwaltungskostenanteil, die Vermittlergebühren und andere Posten zu hoch sind. Wir sehen auch, dass wir da zu deutlich mehr Transparenz kommen müssen. Wir brauchen auch mehr Transparenz für die Verbraucher, um Verträge vergleichbarer zu machen, um mehr Wettbewerb in diesem Markt zu erzeugen. Wir müssen es für die Verbraucher viel einfacher machen. Wir als CDU sagen: Das ist ein wichtiges zusätzliches Standbein der Altersversorgung. Dies gilt es zu stärken und weiter auszubauen. Wir müssen das Bewusstsein dafür wecken, für die eigene Altersversorgung zusätzlich privat vorzusorgen und auch zusätzlich private Mittel zu mobilisieren.

Meine Damen und Herren, es kommt also darauf an, das System insgesamt effizienter zu gestalten. Zum Rentensystem insgesamt hat ein erfahrener Politiker gesagt: Wenn man sich die Rentenversicherungssystematik insgesamt anschaut, weiß man, das Wichtigste, was man tun kann, ist, für Bildung, Qualifizierung und Arbeit zu sorgen. Die spätere Entwicklung hänge davon ab, wie sich Arbeitslosigkeit in diesem Lande entwickele. Das sagte Franz Müntefering 2006. Ich finde, er hat recht.

2006 hatten wir 5 Millionen Arbeitslose, heute sind es unter 3 Millionen, 2006 hatten wir 26 Millionen versicherungspflichtig Beschäftigte, heute sind es über 29 Millionen. Damit haben wir mehr Einzahler in das gesetzliche System. Das ist der entscheidende Beitrag für eine stabile Altersvorsorge. Hier ermuntere ich uns alle, in diesen Bemühungen nicht nachzulassen, sondern weiter für qualifizierte Arbeit zu sorgen.

Auch die betriebliche Altersvorsorge hat an Stabilität gewonnen. Sie ist 2008 durch die Große Koalition entfristet und verlängert worden und steht jetzt auf wesentlich stabileren und verlässlicheren Füßen als vorher. Was die private Zusatzversorgung, also Riester und Rürup, angeht, habe ich zu Beginn meines Beitrages gesagt: Hier muss sachlich und vernünftig diskutiert werden, wie man diese Systeme optimieren kann, auch und gerade für die Geringverdiener.

Zum Schluss stelle ich fest, es gibt Verbesserungsbedarf in unserem System. Deshalb muss das Thema ganz oben auf der Agenda bleiben. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Isolde Ries.

(Minister Storm)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich konnte jetzt heraushören, dass wir eigentlich alle wollen, dass mit der Rente der Lebensstandard gesichert werden soll oder kann, auch in Zukunft. Er ist ja keinesfalls für alle jetzt schon gesichert. Klar ist, die Zuschussrente oder die Garantierente löst überhaupt keine Probleme. Sie kratzt bestenfalls an den Folgen der Altersarmut.

Herr Minister Storm, Sie haben recht, wenn Sie sagen, wenn Menschen vorsorgen, darf das nicht angerechnet werden. Wir haben diese Verwerfung zum Beispiel bei der Riester-Rente. Wenn Geringverdiener eine Grundsicherung erhalten, wird die RiesterRente angerechnet. Das muss korrigiert werden. Das heißt ja, dass Menschen, die jeden Cent für eine Zusatzsicherung auf die Seite legen, das dann nicht gezahlt bekommen. Das muss man korrigieren.

Wir brauchen - auch das wurde hier klar - ein Gesamtpaket, um Armut zu verhindern. Ich will einmal die Zahlen nennen. Wenn heute ein „Eckrentner“ in Rente geht, der 2.600 Euro verdient, Durchschnittsverdiener - so viele sind das gar nicht -, dann hat er 1.260 Euro Rente. Wenn es nur noch 43 Prozent sind, sind das noch 1.085 Euro, also 175 Euro weniger. Diese Höhe kommt verdammt nahe an die Grundsicherung. Das heißt, ein Normalverdiener rutscht in die Nähe der Grundsicherung. Das darf einfach nicht passieren.

Dann habe ich mir die Zahlen angeschaut, wie die Renten aussehen, wie hoch die Renten der Menschen waren, die im Saarland in Rente gegangen sind. Die letzten Zahlen, die ich habe, sind von 2010. Da sind die Männer im Durchschnitt mit 978 Euro im Saarland in Rente gegangen. Das sind noch 110 Euro mehr als im Bundesdurchschnitt, weil hier durch Kohle und Stahl gut verdient wird. Die Frauen sind mit 439 Euro in Rente gegangen. Das liegt 40 Euro unter dem Bundesdurchschnitt, weil wir eine andere, eine schlechtere Situation der Frauenbeschäftigung haben. 439 Euro und 978 Euro bei 51 Prozent Rentensatz, man kann sich vorstellen, mit 43 Prozent geht das überhaupt nicht. Das muss verhindert werden. Da müssen wir das Problem an der Wurzel packen, sowohl in der Rentenversicherung als auch in der Arbeitsmarktpolitik. Das ist hier schon mehrfach angesprochen worden.

Klar ist, keine Rentenversicherung der Welt kann ausgleichen, was im Arbeitsleben und auf dem Arbeitsmarkt schiefläuft. Seit Jahren wächst der Niedriglohnsektor. Wir diskutieren das ständig hier. Ein Viertel aller Menschen arbeitet im Niedriglohnsektor. Niedrige Löhne führen eben zu Altersarmut. Menschen mit niedrigen Löhnen können nicht zusätzlich vorsorgen. Woher sollen sie es nehmen? Es reicht gerade einmal so. Deshalb ist es wichtig, dass wir, die Große Koalition, im Saarland gesagt haben, wir

unterstützen einen flächendeckenden Mindestlohn. Jawohl, wir bringen ein Tariftreuegesetz mit einer Mindestlohngrenze von 8,50 Euro auf den Weg das ist auch schon mehrfach gesagt worden -, und wir nehmen 15 Millionen Euro in die Hand, um 1.000 Langzeitarbeitslosen im Saarland eine Perspektive zu bieten. Das löst nicht generell die Probleme. Aber man kann die Probleme damit lindern.

Wir brauchen viele Lösungen. Ich sage, wenn Niedriglöhne nicht mehr vorkommen, dann spart der Steuerzahler 11 Milliarden Euro, diese werden derzeit den Arbeitgebern quasi geschenkt, weil die Arbeitnehmer nicht genug Geld haben und bei acht Stunden Arbeit noch zusätzlich Unterstützung erhalten. Das sind 11 Milliarden Euro. Die könnten gut für die Rentenversicherung verwandt werden. Wer länger arbeiten will, der braucht natürlich eine faire Chance, dass er länger arbeiten kann. Das heißt, wir müssen den Arbeits- und Gesundheitsschutz verbessern und wir brauchen Beschäftigung für Menschen, die 60 Jahre und älter sind, sonst gelingt das nicht.

Ich halte den Vorschlag von der SPD, bei 45 Jahren abschlagsfrei in Rente zu gehen, für hervorragend. Das würde gerade viele Industriearbeiter im Saarland betreffen. Das wird nicht alle Probleme lösen. Frauen profitieren davon überhaupt nicht. Zu der Beitragssenkung sage ich, das ist der völlig falsche Weg. Das würde bedeuten, dass ein normaler Arbeitnehmer 6,80 Euro mehr im Monat hat. Wenn man nur 1.000 Euro verdient, sind es 3 Euro mehr. Das ist aber nicht die einzige Ungerechtigkeit, dass Menschen, die viel verdienen, dann noch mehr bekämen, sondern die größte Ungerechtigkeit ist, dass wir durch die Beitragssenkung die Spielräume für die Sicherung der Renten dauerhaft verspielen. Deshalb sage ich, eine Beitragssenkung von heute ist eine Rentenkürzung von morgen. Das müssen wir mit aller Macht verhindern. Parteien, die das wollen wie die FDP -, die gehören nicht mehr in den Bundestag.

(Beifall bei den Regierungsfaktionen.)

Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende Oskar Lafontaine.

(Zuruf aus den Regierungsfraktionen.)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann in fünf Minuten sehr wohl zu klaren Fragestellungen eine klare Antwort geben. Die erste Fragestellung war: Soll der Rentenbeitragssatz weiter sinken? Es gab unterschiedliche Antworten. Aber mehrheitlich hätte man sagen können, jawohl wir haben uns darauf verständigt, dass er nicht wei

ter sinken soll, denn es ist klar - die Kollegin hat ja recht -, Rentenbeitragssenkungen sind eben Rentenkürzungen in der Zukunft oder auch aktuell, je nachdem, wie die aktuelle Lage ist.