Protokoll der Sitzung vom 18.04.2018

Zur PCB-Problematik ist zu sagen, PCB ist unstreitig krebserregend. Richtig ist aber auch - und das sollte

(Abg. Hecker (AfD) )

man auch bedenken, wenn man eine ernsthafte Aufklärung der Sache betreiben will -, dass das Übel nur dann beseitigt werden kann, wenn man feststellen kann, wo die Ursachen liegen. Da gibt es zunächst einmal eine Internetseite des saarländischen Umweltministeriums, die sich seit Jahren ausschließlich mit der angesprochenen Problematik beschäftigt. Sie hätten gut daran getan, in Vorbereitung auf die heutige Landtagssitzung einmal einen Blick auf diese Internetseite zu werfen und sich mit den Fakten, die dort vorgetragen werden, auseinanderzusetzen.

(Zuruf der Abgeordneten Ensch-Engel (DIE LIN- KE).)

Da gibt es die Ergebnisse des PCB-Monitorings 2016-2017. In die hätten Sie sich einmal einlesen sollen. Es gibt die Ergebnisse des PCB-Katasters, wo es festzustellen gilt, wo wir im Saarland überhaupt Flächen haben, die mit PCB belastet sind. Dies ist eine akribische Arbeit, eine schwierige Arbeit, die aber zu einem guten Ergebnis geführt hat.

Es gibt die Ergebnisse der chemischen und ökotoxikologischen Analytik,

(Weiterer Zuruf der Abgeordneten Ensch-Engel (DIE LINKE) )

seinerzeit initiiert unter einem Ministerium, das grün geführt worden ist, aber die Initiativen sind eingeschlafen. Aufgegriffen wurden sie nochmals durch die Regierungskoalition, durch den Umweltminister. Es sind an den saarländischen Gruben Sondermessprogramme durchgeführt worden, wo die beaufschlagten Gewässer liegen.

(Anhaltende Zurufe der Abgeordneten Ensch-En- gel (DIE LINKE).)

Der Abschluss der Analytik ist im Februar 2018 erfolgt, es wird darüber ein Bericht erstellt, und ich gehe davon aus, dass der Umweltminister die entsprechenden Landtagsausschüsse - den Umweltausschuss, den Ausschuss für Grubensicherheit und Nachbergbau - mit diesen Themen beschäftigen wird.

Daraus ist zweifelsfrei ersichtlich, dass es sich die Koalition zur Aufgabe gemacht hat, PCB hinsichtlich seiner Gefährlichkeit und seinem Vorkommen richtig einzuordnen. Auch dies dient der Aufklärung der Menschen im Lande, um einer Verunsicherung entgegenzuwirken. Das sind die Hauptaufgaben, die sich diese Koalition in diesem Zusammenhang gestellt hat.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wenn Sie sich in der DIE LINKE-Landtagsfraktion mit der Arbeit und den Ergebnissen, die von den Koalitionsfraktionen erzielt worden sind, nicht einverstanden erklären, nehmen Sie doch wenigstens zur

Kenntnis - das ist eben von dem Kollegen Roth vorgetragen worden -, was von denjenigen, die sich fachlich mit dieser Problematik beschäftigen, ausgeführt worden ist. Wenn man ein Gefährdungspotenzial aufmacht,

(Erneute Zurufe der Abgeordneten Ensch-Engel (DIE LINKE) )

das die Menschen verunsichert, muss man sich doch zunächst einmal mit denjenigen unterhalten, die die entsprechende Fachkompetenz haben. Die Toxikologen sind eben genannt worden, sie sind auch in der Saarbrücker Zeitung erwähnt worden. Die sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beeinträchtigung von Flora und Fauna durch die erhöhten PCB-Werte in Sinnerbach, Fischbach und Rossel sehr gering sind - sie sind sogar als extrem gering eingestuft worden - und dass genau diese Einträge keine Gefährdung für die Bevölkerung bedeuten. Die sind ferner zu dem Ergebnis gekommen, dass im Bergbau die gering chlorierten PCB-Typen 28, 52 und 101 eingesetzt wurden, die ein geringeres Gefährdungspotenzial darstellen, die wesentlich unschädlicher sind und keine Gefahr für Mensch und Biota darstellen. Wenn das so ist, dann muss ich das doch zur Kenntnis nehmen! Dann kann ich mich noch nicht hier hinstellen und Ergebnisse präsentieren, die so nicht existent sind!

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Weiterer Zuruf der Abgeordneten Ensch-Engel (DIE LIN- KE).)

Frau Abgeordnete, es wäre vielleicht sinnvoller, wenn Sie einfach eine Intervention anschließen würden, anstatt immer dazwischenzurufen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Zur weiteren Klarstellung sei noch folgender Hinweis erlaubt. Der Eintrag von PCB in unserer Umwelt ist allgegenwärtig. PCB war in Farben, Lacken, Dichtungsmaterialien in den Siebziger- und Achtzigerjahren vorhanden, die zum großen Teil auch heute noch in baulichen Anlagen der Industrie sowie im Privatbereich vorzufinden sind. Ich erinnere Sie - Sie waren anwesend, ich habe es nachgeprüft - an die Umweltausschusssitzung vom 26. Juni 2015. In dieser Umweltausschusssitzung gab es einen Bericht der Landesregierung bezüglich PCB in saarländischen Gewässern. Die Landesregierung hat durch einen ausgewiesenen Fachmann intensiv Stellung genommen. Es gibt ein Protokoll über 25 Seiten, das muss man sich vor einer Landtagssitzung wie der heutigen eventuell einmal durchlesen. Da ist ein bemerkenswerter Satz gefallen, den möchte ich hier zitieren. Es war der Fach

(Abg. Heinrich (CDU) )

mann des Umweltministeriums anwesend, der insbesondere für den Bereich Wasser zuständig ist, dessen Hauptaufgabe es ist, Sorge dafür zu tragen, dass Grenzwerte bei unserem Wasser eingehalten werden und dass wir einen möglichst ökologischen Zustand in unseren Gewässern haben. Der hat zum Ausdruck gebracht, im Kondensator einer Leuchtstoffröhre könnten je nach Größe 50 bis 200 g PCB enthalten sein und damit genauso viel oder mehr als in der gesamten Jahresfracht von Grubenwassereinleitungen von insgesamt 14 bis 18 Millionen m³ Grubenwasser!

Meine Damen und Herren, wenn man das einmal als Maßstab nimmt und das mit den Problemen vergleicht, mit denen wir uns hier beschäftigen, glaube ich, dass das in Bezug auf eine Gefährdung von Flora, Fauna und Mensch eine zu vernachlässigende Größe ist. Man muss sich mit den Sachverhalten beschäftigen. Schätzungen gehen davon aus, dass die Herkunft von PCB in der Saar zu einem Drittel überhaupt nicht feststellbar ist, dass es zu 50 Prozent von Abspülungen von Siedlungs- und Verkehrsflächen und von Lufteintrag stammt sowie zu circa 17 Prozent aus dem Zufluss von Rheinland-Pfalz und Frankreich.

Nichtsdestotrotz haben wir Grubenwassereinleitungen in Reden und Camphausen, in den Sinnerbach und in den Fischbach, die deutlich erhöhte PCB-Belastungen aufweisen, die weit über der Umweltqualitätsnorm von 20 µg/kg Schwebstoff liegen. Dieser Zustand verursacht Handlungsbedarf. Ich habe eben aufgezeigt, welche Maßnahmen das Umweltministerium veranlasst hat, um die Herkunft des PCB-Aufkommens festzustellen als Grundlage für weitere Handlungsoptionen. Ich darf nochmals feststellen: Bei der gesamten PCB-Problematik - die bundesweit besteht - ist hier im Saarland der Bergbau lediglich mit 1 Prozent am Gesamtaufkommen beteiligt! Auch das muss man berücksichtigen bei der Einordnung der Gefährdungsstufe. Aber es besteht Handlungsbedarf, weil die Umweltqualitätsnorm 20 µg PCB pro Kilo Schwebstoff in Fischbach und Sinnerbach vielfach überschritten wird und die Oberflächengewässerverordnung des Bundes vorschreibt, dass bis zum 22. Dezember 2021 ein guter ökologischer Oberflächengewässerzustand erreicht werden muss.

Dies bezieht sich auch auf alle an die RAG erteilten Einleiterlaubnisse. Demzufolge darf ich feststellen, dass die Einleitgenehmigungen für die RAG nach geltendem Recht erteilt sind, dass sie fern einer strafrechtlichen Relevanz sind, die gern von einer politischen Gruppierung in den Medien nahegelegt wird.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Meine Damen und Herren, es gibt aber eine Gemengelage in Bezug darauf, wie wir das PCB aus den

betroffenen Gewässern herauskriegen können. Da muss ich etwas ansprechen, was eben vom Kollegen Roth ausgeführt worden ist. Es gibt den Antrag auf Anstieg des Grubenwassers bis -320 m. Ich beziehe mich jetzt ausschließlich auf PCB. Dieser Anstieg birgt Risiken, die noch nicht abgeklärt sind; diese Risiken müssen abgeklärt werden. Wenn die Risiken bestehen bleiben und Gefährdungen hervorbringen, wird es wahrscheinlich nicht zu dieser Genehmigung kommen. Aber wenn es zu dieser Genehmigung käme, wäre die PCB-Belastung in den Gewässern mit Ausnahme vom Fischbach obsolet, weil dann konzentriert in die Saar eingeleitet würde und damit die Umweltqualitätsnorm von 20 µg PCB pro Kilogramm Schwebstoff eingehalten werden würden. Damit wären wir im grünen Bereich, damit wären wir in dem Bereich, den die EU als Richtlinie vorschreibt, und wir wären in dem Bereich, den die Oberflächengewässerverordnung des Bundes vorschreibt. Für den Fischbach müsste eine andere Lösung gefunden werden; dies gilt auch für den Fall, dass es nicht zur Genehmigung des Grubenwasseranstiegs käme. Lösungsmöglichkeiten sind aufgezeigt worden. Sie bestehen in einem Absinkweiher, weil PCB sich an Schwebstoffe bindet und absinkt; der Schlamm könnte entsprechend entsorgt werden. Das sind Maßnahmen, wie sie beispielsweise im Warndt getätigt werden, wo eine Halbierung der PCB-Werte im Wasser möglich ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind Handlungsoptionen, die jetzt zu prüfen sein werden, weil jetzt der richtige Zeitpunkt dafür ist, weil wir jetzt das entsprechende Datenmaterial dafür haben, das über die vergangenen Jahre angesammelt werden musste, damit man überhaupt handlungsfähig ist.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Damit ist Ihr Antrag abzulehnen, weil er substanziell fehlgeht, weil er polemisch ist und weil der Beschlussantrag, den Sie vorgelegt haben, eine Unterstellung enthält. Sie unterstellen, dass Renditeund Kostengründe ausschlaggebend wären dafür, dass PCB eingeleitet wird. Das ist absolut nicht der Fall. Wir werden dafür Sorge tragen - das ist unsere Aufgabe, das ist auch die Aufgabe jedes einzelnen Abgeordneten hier in diesem Haus -, dass die Maßnahmen getroffen werden, die dem Wohle des Landes, dem Wohle der Menschen hier in diesem Land dienen. Das wird unser einziger Auftrag sein, den wir auch im Zusammenhang mit dieser Problematik erfüllen werden. Das ist ein Auftrag, den wir genauso wahrnehmen und erfüllen werden, wie wir den sozialverträglichen Ausstieg aus dem Bergbau in diesem Land geschafft haben. Genauso werden wir diese Probleme lösen.

Ich kann Ihnen sagen, Sie werden nicht die geringste Chance haben, die Wähler in diesem Lande davon zu überzeugen, dass sie Ihnen auf diesem Weg

(Abg. Heinrich (CDU) )

folgen. Die Wähler und die Menschen in diesem Land wissen, wo ihre Rechte gewahrt werden. Sie wissen, wer ehrlich mit ihnen ist, wer ehrlich mit ihnen spricht und wo sie am besten aufgehoben sind. - Vielen Dank.

(Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE) : Das glaube ich allerdings auch. - Abg. Spaniol (DIE LINKE): Ja, ich auch. - Beifall von den Regierungsfraktionen und weitere Zurufe.)

Vielen Dank. - Das Wort hat noch mal die Abgeordnete Dagmar Ensch-Engel von der Fraktion DIE LINKE.

Ich bin die absinkpolitische Sprecherin, wie mich der Minister eben so schön bezeichnet hat. - Das KPMG-Gutachten war das erste Gutachten, das ist zwölf Jahre alt, das kann ich durchaus hier zitieren. Diese Anlagen, um die es hier geht, betreffen das Grubenwasser der Zeche Haus Aden 2, Genehmigungsbehörde ist die Bezirksregierung Arnsberg. Vorher gab es ein Mordstheater, weil die RAG genau wie jetzt hier gesagt hat: „PCB ist nicht gefährlich, im Gegenteil, eventuell sogar noch gesund.“ Aber die Landesregierung und das Ministerium in NRW haben sich da etwas anders durchgesetzt als die saarländischen Behörden. Die Anlagen sind gebaut, die gehen jetzt in Betrieb, drei Testanlagen für 550.000 Euro - das ist bestimmt nicht die Welt -, und die sollen 90 Prozent des PCB ausfiltern. Das können wir dann auch verlangen, ganz einfach.

Davon abgesehen hat das Ministerium ausdrücklich auch auf die EU-Richtlinie verwiesen, die ich eben zitiert habe. Wer nicht lesen kann, kann sich dieses Bild

(Die Rednerin hält ein Blatt Papier mit einem Schaubild hoch)

für ganz Dumme anschauen. Da sieht man genau diese Aufteilung nach offener Anwendung und geschlossener Anwendung. Es geht hier um die geschlossene Anwendung. Auf dieses Thema sind Sie überhaupt nicht eingegangen! Zu der geschlossenen Anwendung gehören nun einmal die PCB-Belastungen aus der Grube und nicht die PCB-Belastungen aus Kabeln, Fugendichtungen und so weiter. Das betrifft nicht diese Richtlinie. Nachdem ich entdeckt habe, dass diese Richtlinie maßgeblich ist, war mir klar, dass man jetzt wirklich die Sache Grubenwasser angehen muss. Die EU-Verordnung für die anderen PCB-Belastungen liegt eben noch nicht vor.

Das hat sich jetzt aber ergeben. Man sollte sich dieses Bild wirklich mal anschauen. Es sind keine 25 Seiten, Herr Heinrich, es sind über 500 Seiten.

Das ist keine leichte Bettlektüre, aber auch lesenswert. Wie gesagt, man kann es sich auf diesem Blatt anschauen. Das ist vom Bundesumweltministerium, also etwas höher angesiedelt als wir hier.

(Die Rednerin hält erneut das Blatt hoch.)

Was die Gutachten der RAG angeht, hätte ich mich gefreut, wenn Herr Friedrich auch mal zitiert worden wäre. Das ist aber nicht passiert, weil seine Äußerungen hier ja nicht ins Bild passen. Ich für meinen Teil stehe hier als Volksvertreterin und nicht als Vertreterin der RAG! - Vielen Dank.

(Oh! von den Regierungsfraktionen. - Beifall von der LINKEN.)

Das Wort hat nun der Minister für Umwelt und Verbraucherschutz Reinhold Jost.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Klischees sind vorgeprägte Wendungen, abgegriffene und durch allzu häufigen Gebrauch verschlissene Bilder, Ausdrucksweisen, Reden und Denkschemata folgend, die ohne individuelle Überzeugungen einfach unbedacht übernommen werden. Man könnte auch an der ein oder anderen Stelle sagen: Fakten tun da nichts zur Sache, die können lediglich verwirren. Aber dafür sollte uns diese Debatte zu schade sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich will erläutern, was ich meine, wenn ich sage, wir führen rund um das Thema Nachfolgebergbau und seine Herausforderungen eine Klischeedebatte. Es gab mal jemanden, der hat in diesem Hause gesagt, dass die Herausforderungen des Bergbaus erst begonnen haben, nachdem er eingestellt worden ist. Da ist viel dran. Ich habe bei dieser Debatte sechs Klischees ausgemacht. Klischee Nummer 1: Die Landesregierung verheimlicht Daten, Werte, Untersuchungsergebnisse und führt sowohl das Parlament als auch die Öffentlichkeit in die Irre. Das Zweite: Die Landesregierung handelt nicht. Es ist ein illegaler, ein strafrechtlich relevanter Vorgang mit Blick auf das, was man an Genehmigungen hinsichtlich der Einleitungen durch Grubenwässer erteilt hat. Drittens. Im Gegensatz zum Saarland wird in Nordrhein-Westfalen das Grubenwasser gereinigt. Vierter Punkt: Das PCB aus Grubenwässern im Saarland ist das große Problem. Fünfter Punkt: Mauschelei zwischen RAG und Landesregierung, festzustellen am denkwürdigen Abgangssatz der Vorrednerin nach dem Motto, sie steht hier als Volksvertreterin und nicht als Interessenwahrerin eines Unternehmens. Sechstens: Hier ist jetzt eine politische Entschei

(Abg. Heinrich (CDU) )

dung gefordert. - Das sind die sechs Blöcke der Klischee-Debatte.