Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich hatte ich nicht vor, mich heute in die Debatte einzubringen, weil von den regierungstragenden Fraktionen, aber auch vom Finanzminister das Wesentliche gesagt wurde. Aber ich will es in aller Kürze doch noch tun, weil ich, meine Damen und Herren, die Ausführungen des Herrn Oppositionsführers gerade eben durchaus als Kompliment für die Arbeit dieser Landesregierung auffasse.
Stellen wir uns vor, das Ganze wäre etwas anders ausgegangen und wir hätten hier für das Jahr 2019 einen Haushalt vorgelegt, in dem wir - weil es nicht anders geklappt hätte - die Kriterien der Schuldenbremse gerissen hätten, weil wir die notwendigen Mittel und Einsparungen nicht hätten aufbringen können. Wie groß wäre dann die Auseinandersetzung im Parlament gewesen, weil das natürlich auch das Scheitern der Landespolitik dieser Landesregierung ab dem Jahr 2012 gewesen wäre!
Wie wäre es gewesen, wenn wir es vielleicht zwar für den Haushalt 2019 mit Ach und Krach geschafft hätten, die Kriterien der Schuldenbremse, was die Netto-Neuverschuldung anbelangt, zu halten, es aber gleichzeitig nicht hinbekommen hätten, Geld für notwendige Maßnahmen in diesem Land aufzubringen, nochmals Kürzungen durchzuführen, etwa im Jugend- oder Sozialbereich, bei der Unterhaltung von Gebäuden, Straßen und so weiter? Dann würden wir doch eine ganz andere Debatte führen!
Meine Damen und Herren, wir legen einen Haushalt vor, der schon im Jahr 2019 nicht nur die von Ihnen gegeißelte schwarze Null vorsieht, sondern gleichzeitig Investitionen vorsieht und es sogar noch schafft, Schulden zu tilgen. Lieber Herr Lafontaine, ja, man kann nicht genug investieren. Man muss aber auch wissen, dass man, um Investitionen tätigen zu können, auch genügend Personal beziehungsweise Ressourcen haben muss, um das investierte Geld zu verbauen dort, wo es notwendig ist.
Deshalb macht es Sinn, dass wir die Investitionen in diesem Landeshaushalt so aufstellen und strecken, dass am Ende das Geld auch bei den Menschen in diesem Land ankommt. Deshalb ist dieser Haushalt gelungen. Ich betrachte die Debatte heute auch als Beweis dafür und als Kompliment. Wenn wir darüber streiten, wie Investitionen im Jahr 2019 noch besser gelingen können, ist das ein guter Auftakt für die Haushaltsdebatte und Garant für den weiteren Erfolg der Politik im Lande.
Beachtlich ist auch der Vergleich mit Bayern - das haben ja beide Redner der Fraktion DIE LINKE nochmal aufs Tapet gebracht. Es ist beeindruckend, dass man das jetzt auch von der linken Seite dieses
Hauses anerkennt, dass dort offensichtlich eine Politik gemacht worden ist, die nicht so ganz falsch gewesen sein kann. Fakt ist aber auch, dass trotz dieser hervorragenden Politik in Bayern - das will ich wirklich unterstreichen - die Menschen wohl den Eindruck hatten, dass man in der letzten Zeit im Freistaat vielleicht doch etwas zu sehr im Klein-Klein diskutiert hat und dass dieses Klein-Klein, das Personal-Gezeter, das wir hatten, möglicherweise mit dazu beigetragen hat, dass gute Politik nicht bei den Menschen angekommen ist.
Deswegen bin ich bei Ihnen, lieber Herr Fraktionsvorsitzender Lafontaine: Wir sollten große Linie machen. Das Saarland wird sich dadurch auszeichnen, dass wir eine Vision für dieses Land haben. Diese Landesregierung hat eine Vision, lieber Herr Lafontaine, und das werde ich Ihnen auch noch in zwei Sätzen gerne sagen.
Ich glaube, es ist wirklich wichtig, wenn wir über Investitionen reden, wenn wir darüber reden, weshalb wir einen Doppelhaushalt aufstellen, noch einmal zu sagen, wo wir hinwollen. Ich bin der festen Überzeugung, dass dieses Land eine gute Chance hat, die besten Chancen hat, wenn wir uns noch einmal auf unsere Stärken besinnen. Gerade Sie, Herr Lafontaine, haben doch in Ihrer Regierungszeit die Grundsteine gelegt für die Informatik, Sie haben dies gemacht in einer Zeit, in der niemand geglaubt hätte, dass Informationstechnologie, moderne Medien, Künstliche Intelligenz unser Leben tatsächlich so sehr beeinflussen würden. Deshalb sollte man etwas mehr anerkennen, was sich hieraus inzwischen entwickelt hat.
Als vor 30 Jahren das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz ins Leben gerufen worden ist, hätte niemand geglaubt, dass dieses Forschungszentrum am Ende diesen Weltrang, diesen Ruf erhalten würde, dass Forscher aus Saarbrücken sozusagen in die Welt geschickt werden, um zu zeigen, wo man mit technischer Assistenz, mit Künstlicher Intelligenz hinkommt. Spätestens, als vor 20 Jahren der Computer Deep Blue Garri Kasparow besiegt hat, hat man erkannt, da tut sich was. Und wenn heute Saarbrücken d a s Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz ist, hat das auch damit zu tun, dass von Anfang an die richtigen Weichen gestellt worden sind.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist völlig richtig: Wir dürfen uns nicht auf diesem einen Weg ausruhen, wir müssen noch einen zweiten Pfad beschreiten. Deshalb bekennt sich diese Landesregierung auch zur Etablierung eines Schwerpunkts im Nano-Bio-Med-Bereich. Wir wollen gerade mit den sogenannten Translationswissenschaften, das, was an der Universität erforscht wird, den Brückenschlag in die medizinische Forschung und Anwendung erreichen. Mein Eindruck ist
schon, dass wir gerade im Saarland mit unseren kleinen Strukturen es schaffen können, insbesondere die ländliche Bevölkerung besser zu versorgen durch den Brückenschlag von Künstlicher Intelligenz zur Medizin. Genau das ist die Vision, was unsere Hochschullandschaft betrifft, meine Damen und Herren.
Aber für das Saarland der nächsten Jahre und Jahrzehnte - und deswegen haben wir uns in den vergangenen Jahren ja so angestrengt, um dieses Ziel, diesen Meilenstein, wie es der Finanzminister dargelegt hat, zu erreichen - brauchen wir weiter gehende Investitionen. Da ist es eben gut, dass die Wirtschaftsministerin, die auch für Verkehr zuständig ist, zusammen mit dem Innen- und Bauminister dafür sorgen wird, dass die Straßeninfrastruktur stimmt, dass Menschen, die hierher kommen - und wir brauchen Zuzug in dieses Land -, eine Struktur vorfinden, die dieses Land lebenswert macht. Es soll ein Land sein, wo man gerne leben und forschen möchte und dadurch auch das erreicht wird, was wir uns für die wirtschaftliche Entwicklung dieses Landes vorstellen. Deswegen wird es hier massive Investitionen geben, deswegen wird eine Taskforce darüber beraten, wie wir bis zum Jahr 2022 360 Millionen Euro zusätzlich in dieses Land investieren können.
Genau das ist der Leitfaden, genau das ist Sinn und Zweck der heutigen Gesetzesvorlage, meine Damen und Herren, und ich freue mich darauf, die Details mit Ihnen bei den Haushaltsberatungen zu diskutieren. Von daher ist die sachliche Debatte heute ein guter Anfang für die Haushaltsberatungen.
Lassen Sie mich aber auch noch etwas zu dem saarländischen Netzwerk sagen. In der Tat: Peter Altmaier ist Bundeswirtschaftsminister und ist vielleicht in einer Zeit Bundeswirtschaftsminister, wo es genau so sehr auf die richtige Politik im Bundeswirtschaftsministerium ankommt wie zu Zeiten Ludwig Erhards. Nun ist er aber gefühlt in etwa so lange Bundeswirtschaftsminister, wie Sie Bundesfinanzminister waren, Herr Lafontaine. Von daher brauchen wir noch ein bisschen Zeit, diesen Schulterschluss so zu nutzen, dass es für das Saarland etwas bringt.
Es gibt ja erste Erfolge. Anke Rehlinger hatte vorgestern die nationale Stahlkonferenz zu Gast im Saarland, mit dem Bundeswirtschaftsminister, aber auch mit dem Bundesaußenminister. Genau dieses Netzwerk werden wir in Berlin einsetzen, und das ist auch der Grund, weshalb wir in einer weiteren für uns lebensnotwendigen Frage gesagt haben, wir setzen auf das Berliner Netzwerk auch wenn es darum geht, die Neuverhandlung des Élysée-Vertrages aus saarländischer Sicht positiv zu beeinflussen. Wenn wir die Zukunft dieses Landes verbessern
wollen, geht das nämlich nicht in einer Randlage Deutschlands, sondern es geht nur in der europäischen Kernlage. Deshalb ist das das zweite wichtige Zukunftsbild für unser Land, nämlich die Integration in Europa, die Integration in die Zusammenarbeit in der Großregion, vor allem mit unseren französischen Freunden, vermehrt aber auch mit den Luxemburgern. Auch darauf wird es in den nächsten Jahren ankommen.
Es sind in der heutigen Debatte ja auch einige Wirtschaftsökonomen angesprochen worden. John Maynard Keynes ist angesprochen worden, der in den Dreißigerjahren einen beachtlichen Aufsatz verfasst hat. Sie kennen ihn. Wer ihn nicht kennt, sollte ihn einmal lesen. Der Inhalt hat eine beachtliche Brisanz auch in der heutigen Zeit. Er hat sich mit der Frage beschäftigt: Wie werden unsere Enkelkinder leben? Er hat 1930 prognostiziert, dass in 100 Jahren die Menschheit eine 15-Stunden-Woche haben wird, weil technische Assistenzsysteme, also das, was wir heute unter Künstlicher Intelligenz verstehen, eine Vielfalt von Aufgaben erledigen werden.
Nun wissen wir alle, dass dies zum Teil schon Einzug gehalten hat in unsere industrielle Arbeitswelt unter dem Motto Industrie 4.0, was von dieser Landesregierung im Wirtschaftsministerium auch mehr als ernst genommen wird. Aber es hat bislang noch nicht dazu geführt, dass wir den Eindruck haben, dass die Arbeitsverdichtung abgenommen hat, eher ist sie mehr geworden.
Viele sagen, Keynes hat sich da völlig vergaloppiert, aber ich glaube, er hat sich nicht vergaloppiert, weil er in diesem Aufsatz auch geschrieben hat, all das wird nur dann möglich sein, wenn die Menschheit nicht so blöd ist und noch einmal anfängt, in Europa Kriege anzuzetteln, meine Damen und Herren. Das ist aber leider wenige Jahre später passiert. Deshalb sage ich noch einmal ganz deutlich: Die Vorteile der Forschungslandschaft zu nutzen, das Land in ein Zeitalter der Digitalisierung zu bringen, macht nur Sinn, wenn wir uns zu unserem Bild von Europa bekennen, zu unserer Integration. Nur gemeinsam geht es weiter. Heiko Maas hat das sehr schön vorgestern auf dem Stahldialog gesagt: Es gibt in Europa eigentlich nur zwei Sorten von Ländern, kleine Länder und Länder, die noch gar nicht wissen, wie klein sie sind. - Nach diesem Motto müssen wir Saarländer als kleinstes Bundesland im deutschen Föderalismus noch einmal stärker unsere Stimme erheben.
Das ist uns gelungen bei der Grundlage für diesen Haushalt, bei den Verhandlungen der Bund-LänderFinanzbeziehungen. Ohne diese würden wir heute nicht so gut dastehen, wie wir es tun. Wir würden nicht über zusätzliche Investitionen diskutieren, was
ich - ich sage es noch einmal - als Kompliment auffasse, dass dies möglich ist. Deswegen sage ich ganz deutlich: Nur gemeinsam geht es auch weiter voran, gemeinsam in Europa, gemeinsam in bündischer Solidarität. Vor dem Hintergrund werden wir den Bund natürlich nicht aus der Verantwortung entlassen. Ich habe deswegen persönlich dafür gesorgt, dass wir bei den Bund-Länder-Finanzbeziehungen - - Das hat Annegret Kramp-Karrenbauer gemacht. Ich habe persönlich dafür gesorgt, dass wir bei der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ mit dem Co-Vorsitz für die kommunalen Altschulden auch noch mal federführend für diese Fragen zuständig sind und auf die Situation der saarländischen Kommunen hinweisen können. Das werden wir weiterhin tun.
Wir ruhen uns aber nicht auf unseren Lorbeeren aus, sondern handeln selbst. Wir werden in der Koalition jetzt einen Weg finden, auch die Kommunen zu entlasten, denn eines ist sicher: Dieses Land wird nur dann erfolgreich sein und nur dann eine gute Zukunft haben, wenn das auch bei den Menschen in den Kommunen ankommt. Deswegen ist dies auch ein zentrales Element dieses Landeshaushaltes, in dem wir 50 Millionen Euro für unsere saarländischen Kommunen reserviert haben.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, die Vision dieser Landesregierung stimmt. Mein Eindruck ist, dass die die Regierung tragenden Fraktionen das erkannt haben und den Kurs dieser Landesregierung unterstützen. Dafür möchte ich mich in aller Deutlichkeit bedanken.
Ich habe aber auch den Eindruck, dass die konstruktive Debatte, die wir heute erlebt haben, ein Indiz dafür ist, dass wir tatsächlich streiten werden über die besten Ideen, die unser Land voranbringen. Die Tatsache, dass wir auch über die besten Investitionen streiten können, ist, glaube ich, auch ein guter Fakt, der damit zu tun hat, dass der Finanzminister seine Hausaufgaben ordentlich gemacht hat, dass vorhergehende Finanzminister und Regierungen ihre Aufgaben ganz ordentlich gemacht haben. In diesem Sinne ist es mir auch nicht bange vor den Haushaltsberatungen. Ich freue mich darauf. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und auf gute Beratungen!
Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache. - Es wird vorgeschlagen, die Gesetzentwürfe an den Ausschuss für Finanzen und Haushaltsfragen zu überweisen.
Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über das Haushaltsgesetz 2019/2020, Drucksache 16/590. Wer für die Annahme der Drucksache 16/590 in Erster Lesung unter gleichzeitiger Überweisung an den Ausschuss für Finanzen und Haushaltsfragen ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf Drucksache 16/590 in Erster Lesung mit Stimmenmehrheit angenommen ist und zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Finanzen und Haushaltsfragen überwiesen ist. Zugestimmt haben die Fraktionen von CDU und SPD, dagegen gestimmt haben die Fraktionen DIE LINKE und AfD, enthalten hat sich die fraktionslose Abgeordnete.
Wir kommen zur Abstimmung über das Haushaltsbegleitgesetz 2019/2020, Drucksache 16/591. Wer für die Annahme dieser Drucksache in Erster Lesung unter gleichzeitiger Überweisung an den Ausschuss für Finanzen und Haushaltsfragen ist, den bitte ich eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass auch der Gesetzentwurf Drucksache 16/591 in Erster Lesung mit Stimmenmehrheit angenommen wurde und zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Finanzen und Haushaltsfragen überwiesen ist. Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen, dagegen gestimmt haben die Fraktionen DIE LINKE und AfD, enthalten hat sich die fraktionslose Abgeordnete.
Beschlussfassung über den von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Mehr Servicequalität und Sicherheit in den Nahverkehrszügen (Drucksache 16/588)
Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion und der SPD-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: ÖPNV stärken - Sicherheit und Qualität verbessern (Drucksache 16/599)
Zur Begründung des Antrages der DIE LINKE-Landtagsfraktion erteile ich Frau Abgeordneter Astrid Schramm das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Gäste! Kolleginnen und Kollegen! Die saarländische Verkehrsministerin, Frau Rehlinger, wolle mehr Saarländer für den ÖPNV begeistern, so hat die Saarbrücker Zeitung vor einer Woche gemeldet. Das ist zunächst einmal erfreulich und klingt auch gut. Aber konkrete Schritte und Maßnahmen, mit denen der Nahverkehr attraktiver würde, fehlen leider. Wir schlagen heute nun etwas
vor, das allein sicherlich nicht alle Probleme lösen wird, das aber den Nahverkehr mit der Bahn erheblich attraktiver machen würde.
Es geht darum, dass künftig jeder Nahverkehrszug im Saarland zu jeder Zeit einen Zugbegleiter haben sollte und dass auch wieder Tickets im Zug selbst verkauft werden dürfen. Das würde vielen Fahrgästen helfen. Jeder kennt das: Der Automat auf dem Bahnsteig funktioniert nicht richtig oder man ist ohnehin schon zu spät dran und die Schlange vor dem Schalter oder dem Automaten ist lang. Dann fährt einem der Zug auch schon mal weg. Viele Menschen wären daher dankbar, wenn sie im Zug eine Karte lösen könnten und nicht einfach nur die Wahl haben, entweder den Zug zu verpassen und ihre Termine nicht einhalten zu können oder aber schwarzfahren zu müssen.
Früher war das kein Problem, man konnte beim Schaffner selbstverständlich eine Fahrkarte lösen. Es gibt einen einfachen Grund, weshalb das heute nicht mehr so ist: weil nicht sichergestellt ist, dass auch wirklich in jedem Zug ein Zugbegleiter mitfährt und Fahrkartenkontrollen stattfinden. So gilt in den Nahverkehrszügen: Wer ohne gültiges Ticket einsteigt, der fährt schwarz.
Einen aktuellen Fall habe ich vor wenigen Tagen auf der Internetseite der Bahn gefunden. Dort schreibt ein Kunde; ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin: „Hallo, hatte am Wochenende eine Fahrt im Saarland unternommen. Leider war allerdings der Fahrkartenschalter schon geschlossen und ich hatte nur einen 20-Euro Schein, der Automat akzeptierte aber nur bis 10-Euro-Stückelung. Eine sonstige Wechselmöglichkeit hatte ich auch nicht. Also beschloss ich einzusteigen und den Schaffner zu informieren und bei ihm nachzulösen. Ich bin während der Fahrt auf ihn zu und sagte, dass ich nachlösen wolle, woraufhin er mich des Schwarzfahrens bezichtigte und mir einen erhöhten Fahrpreis von 60 Euro sowie 3,10 Euro für die Weiterfahrt berechnete.“ - Die Bahn hat darauf übrigens auch geantwortet: „(…), im Nahverkehr verkehrt die DB im Auftrag der Bestellerorganisation (Verbund/Länder) und diese legt unter anderem auch fest, ob ein Fahrkartenverkauf im Zug möglich ist oder nicht. (…) Da ein Automat nicht unendlich viel Wechselgeld aufbewahren kann, ist ein Ticketkauf mit einem 20-EuroGeldschein erst ab einem Wert von 9,90 Euro möglich.“ So der Eintrag auf der Internetseite der Bahn.
Wie soll man so Saarländer für den ÖPNV begeistern? Hier wäre mehr Servicequalität dringend nötig. Deshalb brauchen wir Zugbegleiter zu jeder Zeit und in allen Zügen, Zugbegleiter, die auch wieder Tickets verkaufen können. Wir erkennen durchaus an, dass hier in den letzten Jahren schon einiges passiert ist. Das reicht aber eben nicht aus. Es ist gut, dass es im Regionalexpress durchgängig eine
100-Prozent-Besetzung aller Züge mit Zugbegleitern gibt und dass dies bei der Regionalbahn ab 19.00 Uhr der Fall ist. Vor 19.00 Uhr sieht das aber in der Regionalbahn anders aus.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, uns geht es um die Servicequalität, aber auch um die Sicherheit. 70 Prozent aller Übergriffe, von Beleidigungen und Pöbeleien bis hin zu Prügeleien, haben ihren Auslöser darin, dass Fahrgäste wütend sind, weil sie im Zug selbst keine Karte mehr kaufen dürfen und als Schwarzfahrer behandelt werden. Wir wissen, dass die Zahl der Übergriffe in den vergangenen Jahren zugenommen hat. Im letzten Jahr gab es so viele Übergriffe auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Bahn wie nie zuvor. 2.550 Übergriffe, mehr als zweieinhalbmal so viele wie im Jahre 2009. Die Landesregierung kennt diese Zahlen, aus eben diesem Grund wurde die Zugbegleiterquote vor vier Jahren erhöht.
Wir brauchen aber eben eine 100-Prozent-Besetzung, und zwar immer, und wir brauchen wieder den Ticketverkauf im Zug - dann würde auch die Zahl der Übergriffe deutlich zurückgehen. Aber auch der Nahverkehr würde natürlich deutlich aufgewertet und attraktiver, wenn die Saarländerinnen und Saarländer wüssten, dass zu jeder Zeit ein Zugbegleiter an Bord ist, dass sie nicht alleine sind und dass sie auch im Zug noch ihre Fahrkarte lösen können.