Protokoll der Sitzung vom 13.02.2019

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor 50 Jahren, im Jahr 1969, betrat der Mensch zum ersten Mal den Mond, die Mondlandung jährt sich am 21.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

Juli. Vorausgegangen war die klare Zielvorgabe aus dem Jahr 1961, bis zum Ende des Jahrzehnts einen Menschen auf den Mond und auch wieder sicher zurück zu bringen. Das erschien damals sehr vielen als ambitioniert, und manche haben ausgeschlossen, dass es überhaupt möglich sein würde, dieses Ziel zu erreichen.

Das ist nun ähnlich bei der Energiewende. Wir haben uns vorgenommen, innerhalb von zwei Jahrzehnten die Hälfte des heutigen Strommixes zu ersetzen. Die Energiewende ist sozusagen unsere Mondlandung. Und es sind hochgesteckte Ziele, ambitionierte Ziele, die wir damit verfolgen. Es geht um 654 TWh, das sind 654 Milliarden KWh.

Die Zielvorgabe, die wir uns gegeben haben, ist beispiellos. Der Abschlussbericht der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ hat den Ausstieg aus der Verstromung von Steinkohle und Braunkohle sowie den Ausstieg aus der Braunkohleförderung auf den Weg gebracht. Dabei geht es, nun nur bezogen auf Braun- und Steinkohle, um 37 Prozent der Bruttostromerzeugung. Dabei ist, Stand heute, die Bundesrepublik der weltweit größte Braunkohleförderstandort.

Es geht nun aber um mehr als nur um eine einfache Auflistung von möglichen Projekten und Strukturmaßnahmen, es geht auch um Prinzipien und Grundsätze politischen Handelns.

Erstens. Es ist, so glaube ich, heute unumstritten, dass es den Klimawandel gibt. Unter den führenden Forschern ist auch unumstritten, dass dieser Klimawandel auch menschengemacht ist. Der veränderte Anteil des CO2-Ausstoßes nach der Industrialisierung steht außerhalb jedes Zweifels, bei allen Streitereien im Detail würde sich wohl niemand zur Aussage hinreißen lassen, dass sich China oder Indien irgendwann den gleichen CO2-pro-Kopf-Ausstoß werden leisten können, den wir heute haben oder den wir vor 20 oder 30 Jahren hatten. Es geht also schlichtweg um eine sachliche Notwendigkeit. Es geht darum, dass wir unsere Natur, unsere Umwelt, unsere Schöpfung als natürliche Grundlage bewahren.

Es geht zweitens um Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit! Wir können nicht überrascht sein, dass die Bundesrepublik sich an Verträge hält und versucht, die abgeschlossenen internationalen Abkommen als nationales Recht umzusetzen. Das Pariser Klimaschutzabkommen wurde von 196 Mitgliedsstaaten unterzeichnet. 163 Staaten haben bis heute nationale Klimaschutzpläne erarbeitet, bei uns in Deutschland ist es der Klimaschutzplan 2050. Paris steht in einer langen Tradition von internationalen Beschlüssen zum Thema Umwelt, dem Grundsatz folgend „Lokal handeln, global denken“, dem man verpflichtet ist. Das ging 1992 mit Rio los. Klaus Töpfer, der

das Saarland im Bundestag lange vertreten hat, hat maßgeblichen Anteil daran gehabt, dass Rio überhaupt zustande gekommen ist. Das war die Blaupause für Kyoto und später für Paris. Man hat sich nämlich darauf verständigt, dass man international im Bereich der Umwelt handeln muss. Wir halten uns an die geschlossenen Verträge. Pacta sunt servanda, das ist ein wichtiger Grundsatz im Leben allgemein, aber auch in der Politik, dem sollten wir auch folgen.

Drittens ist der Abschlussbericht der Kohlekommission ein Kompromiss. Kompromiss ist kein Schimpfwort, sondern nach meiner Meinung Grundlage und Ziel von Politik! In Zeiten, in denen immer mehr gehetzt wird und immer mehr versucht wird, von rechts und links Politik zu machen und unversöhnlich aufeinander loszugehen, ist der Kompromiss ein entscheidendes Kriterium. Es ist im Juni 2018 gelungen, die Kommission ins Leben zu rufen, breit aufgestellt mit allen gesellschaftlich relevanten Gruppen: Vom Verband der kommunalen Unternehmer über Greenpeace, BUND, lokale Landräte, BDA, Gewerkschaften, Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter und schließlich auch mit Beteiligung des Saarlandes. Es wurden eben die Fußspuren im Estrich angesprochen: Es war auch Peter Altmaier zu verdanken, dass es gelungen ist, Niedersachsen, aber auch das Saarland mit der Wirtschaftsministerin des Saarlandes, in der Kommission zu installieren. Es geht dabei um den Bereich der Braunkohle, die Steinkohle spielt nur eine nachgeordnete Rolle. Es war sein Erfolg, dass wir überhaupt in der Kommission vertreten waren. Danke an Peter Altmaier, das sind Fußspuren im Estrich, die man hier erwähnen kann.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Die Kunst und die Fähigkeit zum Kompromiss sind wichtig, denn die totale Eskalation darf nicht zum Standard der Politik werden. Das ist ein Stück gute alte Bundesrepublik, nämlich kompromiss- und konsensfähig zu sein.

Viertens geht es um Vernunft anstatt Ideologie. Wir wollen keinen blinden Ausstiegseifer, es geht uns um Klimaschutz, der den Menschen dienen muss. Es geht um einen Kohleausstieg, der niemanden ins Bergfreie fallen lässt. Es geht darum, Interessen auszugleichen. Es geht eben auch darum, die völkerrechtlichen Abkommen einzuhalten. Wir haben uns verpflichtet, das sogenannte 2-Grad-Ziel einzuhalten, nämlich die globale Erwärmung auf unter 2 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen und die Treibhausgasemissionen zu senken.

Meine Damen und Herren, der Abschlussbericht der Kommission war Endpunkt breiter Diskussionen, ist für uns aber Startpunkt, wenn es darum geht, die

(Abg. Speicher (CDU) )

Energiewende der nächsten zwei Jahrzehnte zu gestalten. Schon in diesem Jahr geht es um das Strukturmaßnahmengesetz, der Kollege Roth hat es angesprochen, im Herbst wird es auch um das Planungsbeschleunigungsgesetz gehen. Es geht um die Hälfte der Bruttostromerzeugung. Das darf nicht zu blindem Aktionismus führen, sondern es muss dazu führen, auch in Zukunft das energiepolitische Dreieck einzuhalten: Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit.

Dann geht es um die Auswirkungen; das Saarland ist Industrieland. Ein hoher Anteil der Firmen ist im verarbeitenden Gewerbe tätig und darauf angewiesen, verlässlich und planbar mit den Energiekosten umgehen zu können. Das brauchen unsere Unternehmen. Es kann nicht sein, dass wir energieintensive Produktionen ins Ausland verlagern, dort herrschen schlechtere Umweltstandards als bei uns. Wir müssen auch energieintensive Produktionen in Deutschland, im Saarland erhalten. Das schafft Arbeit und Wertschöpfung, und ist wichtig für den Industriestandort Saarland. Es ist insbesondere für den Mittelstand wichtig, so ist nämlich unsere Wirtschaft geprägt.

Es kommt aber auch auf den Endverbraucher an, die Strompreise für Private sind stark gestiegen, deswegen muss die deutsche Energiepolitik darauf einwirken, dass die Strompreise nicht allzu sehr ansteigen. Wir haben auf der einen Seite stark gesunkene Strompreise in den Vereinigten Staaten aufgrund der Schiefergas-Vorkommen und auf der anderen Seite niedrige Lohnkosten in Asien. Wir müssen aufpassen, im Wettbewerb der Standorte nicht zerrieben zu werden.

Deswegen bin ich auch der Meinung, dass neben den 2 Milliarden Euro, die im Bericht angesprochen sind, auch darüber nachgedacht werden muss, beispielsweise wie andere Steuermittel eingesetzt werden können zum Erhalt von Industriestandorten. Man sollte unter Umständen darüber nachdenken, ob man im Bereich der Stromsteuer ebenfalls etwas tun kann, denn Subventionen zu zahlen für Kosten, die man vorher besteuert hat, ist auch nicht der Weisheit letzter Schluss.

Die bevorstehende Energiewende wird eine große Dynamik entwickeln. Wir erinnern uns an die Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im Jahr 2000, bei dem alle Erwartungen übertroffen wurden. Zu Beginn des EEG im Jahr 2000 lag der Anteil Erneuerbarer Energien in Deutschland bei 6 Prozent. Heute, im Jahr 2018, liegen die Zahlen bei weit über 30 Prozent. Es wurden zum Beispiel 1,7 Millionen Solaranlagen auf deutschen Häuserdächern eingebaut, was einer Bruttoleistung von 46 GB entspricht. Als Größenordnung: Das ist vergleichbar mit ungefähr 50 großen Kohlekraftwerken. Wir sind damit europaweit die Nummer eins. Wir sind Europamei

ster im Bereich der Solarenergie und weltweit auf Platz vier.

Es gilt auch, den Strompreis niedrig zu halten. Was der Kollege Thielen heute Morgen zum Thema der Energie angesprochen hat, gilt auch hier. Wir müssen darauf achten, Fehler, die im EEG gemacht worden sind, nicht zu wiederholen. Es geht darum, dass der Markt und die Marktmechanismen daran einen größeren Anteil haben.

Der Abschlussbericht trägt aber auch eine starke saarländische Handschrift: In der Anlage werden elf Projekte sehr detailliert beschrieben. Es geht um 500 Arbeitsplätze sowie um eine Wertschöpfung im Bereich von 300 bis 500 Millionen Euro. Der Kollege Roth hat es eben angesprochen, es geht auch um den Erhalt der Fernwärmeschiene im Großraum Saarbrücken, aber auch der Fernwärmeschiene zwischen Völklingen und Dillingen. Es geht auch darum, dass wir uns darum bemühen, an den Standorten Bexbach und Weiher, die noch bis Juni 2020 in der Netzreserve sind, eine Folgemöglichkeit der Energieerzeugung zu bekommen, beispielsweise durch hocheffiziente Gasheizkraftwerke. Es geht auch darum, den Filetstandort Ensdorf weiterzuentwickeln, wo wir Planungsrecht haben. Es gibt dort erste Überlegungen, diesen als Industrie-, Ressourcen- und Energiezentrum weiterzuentwickeln. Auch hier müssen wir dranbleiben.

Es erschöpft sich keineswegs nur in energienahen Bereichen. Der Abschlussbericht enthält auch detaillierte Forderungen außerhalb des Energiebereiches. Es geht um den Erhalt und den Ausbau der Strecke Paris-Saarbrücken-Frankfurt, der sogenannte Nordast ist erwähnt. Es geht aber auch um den Ausbau eines trinationalen digitalen Testfeldes für automatisiertes und vernetztes Fahren sowie um die Schaffung eines Kompetenzzentrums Datenschutzforschung und Cybersicherheit.

All das wird aber keine Selbstverständlichkeit sein; die Töpfe sind zwar groß, aber dennoch begrenzt. Die Braunkohlereviere führen doch sehr offensiv an, was sie verlieren. Man muss nämlich auch feststellen, im rheinischen Braunkohlerevier geht es um einen Förderraum, der der Größe des Saarlandes entspricht, jedenfalls dort, wo Braunkohle gefördert wurde und heute noch gefördert wird. Deswegen werden wir uns sehr anstrengen müssen, hier nicht leer auszugehen, und dafür kämpfen müssen, in die Projektfinanzierung reinzukommen.

Das ist für das Saarland wichtig, denn das Saarland ist ein gewachsener Energie- und Industriestandort. Das Saarland war lange Zeit Exporteur von Energie, und deswegen müssen wir durch eigene Maßnahmen dazu beitragen, dass Strom bezahlbar bleibt. Wir müssen vor allem aber auch dazu beitragen, dass das, was in den nächsten zwei Jahrzehnten an

(Abg. Speicher (CDU) )

Geld zu verdienen sein wird, eben auch im Saarland stattfindet durch Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Wir müssen durch eigene Förderprogramme des Saarlandes Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass Unternehmen partizipieren können, und sollten nicht nur die Hand nach Berlin ausstrecken - obwohl das auch wichtig ist -, sondern auch schauen, was im eigenen Verantwortungsbereich liegt. Wie wir etwa Unternehmen helfen können, Geld mit der bevorstehenden Energiewende zu verdienen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Durch erneuerbare Energien wird darüber hinaus ein Beitrag zur Energieautarkie geleistet, der uns unabhängiger macht. Ich gebe zu, dazwischen wird es einen Zeitraum geben, in dem wir auf Erdgas angewiesen sein werden. Ich glaube, gerade die neuerlichen Beschlüsse von Peter Altmaier, Flüssiggasterminals an der Nordsee zu errichten, werden dazu beitragen, dass wir uns nicht nur von unseren Partnern im Osten unabhängig machen, sondern auch das Atlantische Bündnis stärken können.

Wenn es uns am Ende gelingen sollte, als viertgrößte Volkswirtschaft der Welt, als gewachsene Industrienation, diesen Weg erfolgreich zu beschreiten, dann wird das weltweit Vorbildcharakter haben. Die Folgen werden messbar sein, auch für das Klima, wenn auch überschaubar, aber es wird Vorbildfunktion haben. Wir werden neue Technologien dafür benötigen: im Bereich der Netze, der Speichertechnologien, aber auch der Energieeffizienz. Das sollten wir beherzt angehen.

Wenn es stimmt, dass die Energiewende unsere Mondlandung ist, dann müssen wir uns in diesen langen Zyklen betrachten. Dann hat das Risiken, aber es birgt eben auch viele Chancen für uns. 20 Jahre ist ein langer, aber dennoch überschaubarer Zeitraum. Wenn wir uns zurückerinnern: Vor 20 Jahren, meine Damen und Herren, da war der 1. FC Kaiserslautern amtierender Deutscher Meister. Da haben wir noch mit D-Mark bezahlt und Google wurde gegründet. Trotzdem war früher auch nicht alles besser. Am 13. Februar 1999 hieß der Bundesfinanzminister noch Oskar Lafontaine und die SPD hat im Saarland alleine regiert. Außerdem war als Bundestrainer noch Erich Ribbeck im Amt. Insofern sehen Sie: Man kann mit gutem Willen auch Dinge zum Besseren wenden. Deswegen sollte man mit Optimismus in die Zukunft schauen. - Vielen Dank.

(Zuruf: Auwauwau! - Beifall von der CDU und teil- weise der SPD.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Das Wort hat nun für die AfD-Fraktion Herr Abgeordneter Lutz Hecker.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Die Kohlekommission hat vor knapp drei Wochen ihren Abschlussbericht vorgelegt. Dieser enthält Empfehlungen im Vorfeld von politisch zu treffenden Entscheidungen inklusive einer langen Liste von Vorschlägen der Braunkohleländer von vom Bund zu fördernden Projekten und einer Liste des Saarlandes mit ebensolchen Projekten, die wir - das sei ausdrücklich gesagt - in ihrer Gesamtheit befürworten.

Was sind nun die wesentlichen Inhalte? Kurz gesagt geht es um die Einhaltung der im Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung festgeschriebenen Reduzierungen des Ausstoßes von sogenannten Treibhausgasen, insbesondere CO2, bis hin zu einer „CO2-neutralen“ Wirtschaft im Jahre 2050. Damit verbunden ist die Hoffnung, den Anstieg der mittleren Temperaturen auf 1,5 Grad Celsius begrenzen zu können. Die Positionen der AfD zum sogenannten Klimaschutz sind bekannt. Ich habe dazu im Dezember an dieser Stelle umfassend ausgeführt. Deswegen hier nur noch ein paar Zahlen zum Verständnis.

Der Ausstoß von sogenannten Treibhausgasen in Deutschland hat sich zum Ende 2017 gegenüber 1990 gemessen in Tonnen CO2-Äquivalenten um 27,5 Prozent verringert auf 905 Mt. Betrachten wir ausschließlich CO2, so ist es geringfügig weniger. Der CO2-Ausstoß weltweit hingegen hat sich im selben Zeitraum um 67 Prozent auf 37 Gt erhöht, Tendenz weiter steigend. Dementsprechend hat sich der Anteil Deutschlands am weltweit anthropogen erzeugten CO2-Ausstoß auf nunmehr 2,1 Prozent annähernd halbiert.

Betrachten wir hingegen die weltweit größten Emittenten, so stellen wir fest, dass China, das fast jede dritte Tonne weltweit emittiert, im Vergleichszeitraum eine Steigerung um annähernd 300 Prozent erlebt hat. Einen vergleichbaren Anstieg von sogar deutlich über 300 Prozent hat nur noch Indien erlebt, das mittlerweile mit über 6 Prozent an dritter Stelle weltweit liegt. Dazwischen liegen noch die Vereinigten Staaten, die 2018 8 Prozent mehr CO2 erzeugten als im Jahr 1990.

Zwischenfazit. Die wichtigsten Emittenten von CO2 in der Welt, die fast für die Hälfte der Emissionen verantwortlich sind, haben ihren Ausstoß an CO2 seit 1990 um 8 bis 320 Prozent erhöht.

(Sprechen auf der Regierungsbank.)

Was sagt nun die Welt, wie wir wirklich CO2 sparen können? Lassen Sie uns mal einen Moment davon ausgehen, die AfD wäre wie Sie der Meinung, der Mensch hätte über die anthropogene Emission von CO2 einen gravierenden Einfluss auf die Änderung

(Abg. Speicher (CDU) )

des Weltklimas. - Entschuldigen Sie bitte, das stört massiv. Könnten Sie bitte - -?

Natürlich, gerne. Herr Abgeordneter Hecker hat das Wort. Ich bitte um mehr Ruhe.

Entschuldigen Sie bitte, das stört wirklich. Das völlig unverdächtige IPCC lässt sich in seinem Sonderbericht 1.5, veröffentlicht im Oktober letzten Jahres in Korea, zu folgender Aussage hinreißen: „Bei der Stromerzeugung steigen in den Modellen die Anteile von Atomenergie und fossilen Brennstoffen mit Kohlendioxidabscheidung und -speicherung, CCS, auf den meisten 1,5°C-Pfaden ohne oder mit geringerer Überschreitung an.“ Darüber einmal bitte kurz nachdenken! Im weltweiten Maßstab sollten also ebenfalls bis 2050 die Netto-Emissionen auf null sinken, die Grundlast, die wir 2050 genauso wenig wie heute durch sogenannte erneuerbare Energien abdecken können, soll also sehr wohl weiterhin durch Verbrennung fossiler Energieträger und unter Nutzung von CCS und durch Kernkraftwerke erzeugt werden.

Das sagt wohlgemerkt das hochgelobte IPCC, das an anderer Stelle, nämlich im 5. Sachstandsbericht das ist der letzte - in der Zusammenfassung für politische Entscheider, Arbeitsgruppe I „Naturwissenschaftliche Grundlagen“, unter Fußnote 16 sagt: Aufgrund fehlender Übereinstimmung der Werte aus den bewerteten Anhaltspunkten und Studien kann kein bester Schätzwert für die Gleichgewichts-Klimasensitivität angegeben werden.

Dabei geht es um die Klimasensitivität von CO2 und die Aussage heißt übersetzt: Wir wissen es nicht. Klimasensitivität beschreibt vereinfacht gesagt folgende Fragestellung: Wie verändert sich die globale Temperatur bei einer Verdoppelung des Anteils des betreffenden Gases, hier CO2, in der Atmosphäre? In dem betreffenden Absatz, auf den sich die Fußnote bezieht, heißt es unter anderem: Die untere Temperaturgrenze des geschätzten wahrscheinlichen Bereiches ist also kleiner als die 2 Grad Celsius im Arbeitsbericht 4. Das war der Vorgängerbericht. Als Ausgangsbasis nimmt das IPCC übrigens 280 ppm CO2 in der Atmosphäre für den sogenannten vorindustriellen Zeitraum an, ein Wert, der keinesfalls unumstritten ist und sich schon gar nicht verlässlich über Messungen belegen lässt.

Ich fasse also die Sicht des IPCC zusammen, das ich heute ausnahmsweise als rein wissenschaftliche und unabhängige Institution ansehe: Der wesentliche Treiber für einen erhöhten Strahlungsantrieb ist wohl CO2, wenngleich wir zur Klimasensitivität so ganz genau nichts sagen können. Wir sollten jedoch den anthropogenen Ausstoß an Treibhausgasen bis

2050 auf null begrenzen beziehungsweise klimaneutral gestalten. Um das zu erreichen wird in fast allen Szenarien der Anteil von Energieerzeugung aus fossilen Brennstoffen unter Nutzung von CCS bei im Mittel 8 Prozent liegen und ein erheblicher und steigender Anteil durch Kernenergie abgedeckt werden.

Was macht unsere Kohlekommission? Im Prinzip hat sie ein Diagramm gemalt mit dem deutschen CO2-Ausstoß und auf der Zeitachse die Jahre 1990, 2018, 2022, 2030 und 2050 aufgetragen. Dann hat sie geschaut, wohin wir gemäß Klimaschutzplan 2050 unserer Regierung im Jahr 2020 eigentlich wollten und wohin wir bis 2030 und schließlich 2050 immer noch wollen - Stichwort Dekarbonisierung und „Große Transformation“. Dann hat sie auf ihrem Diagramm geschaut, wieviel CO2 wir bis 2022, 2030 und so weiter einsparen wollen, und hat das auf unsere Kohlekraftwerke umgelegt. Dabei ist sie zu dem Schluss gekommen, dass von den heute installierten 23 GW-Leistung an Steinkohlekraftwerken bis 2022 knapp 8 GW zuzüglich idealerweise auch die etwa 2 GW, die sich derzeit in der Netzreserve befinden, stillgelegt werden und bis 2030 noch einmal etwa 7 GW und die restlichen dann noch 8 GW bis zum Jahre 2038. Ganz ähnlich, nur etwas langsamer, wird die Stilllegung der Braunkohlekraftwerke auf der Zeitachse erfolgen.

Dann hat die Kommission gemerkt, dass diese Maßnahmen die Stromkosten explodieren lassen werden. Als Kompensation zum Beispiel wegen steigender Netzentgelte sollen zunächst einmal 2 Milliarden pro Jahr an die Endverbraucher gezahlt werden. Diese Zahl ist wohlgemerkt entstanden, bevor kürzlich die Übertragungsnetzbetreiber Bedarf für zwei neue Nord-Süd-Trassen mit Kosten von über 50 Milliarden angemeldet haben. Energieintensive Unternehmen sollen ebenfalls entlastet werden und das völlig zu Recht. Bereits heute werden in Deutschland die höchsten Industriestrompreise in Europa gezahlt und weltweit werden wir nur von Japan übertroffen, wobei auch da Vorsicht geboten ist, denn die Vergleichbarkeit ist in den Zahlenwerken kaum nachzuvollziehen.