Protokoll der Sitzung vom 10.04.2019

Der Kollege Heinrich hat weiter gesagt: Globale Wirkung - Fragezeichen. Dazu existiert momentan ein ziemlich absurder Streit im Internet zwischen dem Herrn Schellnhuber vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und einem AfD-Abgeordneten im Bundestag. In diesem Streit geht es darum, wie viele Nullen hinter dem Komma kommen, wenn es um die Frage geht, um wie viel Grad Celsius eine komplette

Dekarbonisierung unserer Wirtschaft den kommenden Temperaturanstieg senken kann. Da geht es um die Frage: Ist es 0,05 oder 0,000015? Ich will damit sagen, was ich vor zwei Monaten schon einmal gesagt habe: Was wir hier im Saarland betreiben und was wir in Deutschland betreiben, hat angesichts der Entwicklung des CO2-Ausstoßes, selbst wenn man der Meinung ist, es gebe einen gravierenden Einfluss von menschengemachtem CO2 auf unser Klima, können wir unser Klima nicht ändern - jedenfalls nicht im messbaren Bereich.

Ich erinnere kurz an die Zahlen, die ich Ihnen im Februar genannt habe. Deutschland stößt noch circa 900 Megatonnen aus, das sind 27 Prozent weniger CO2 beziehungsweise Klimagase als 1990. Im selben Zeitraum ist der weltweite Ausstoß um 67 Prozent auf mittlerweile 37 Gigatonnen angestiegen. In jedem Jahr steigt weltweit der CO2-Ausstoß um mehr als der gesamte Ausstoß in Deutschland.

Was der Kollege Zimmer vorhin gesagt hat, habe ich leider nicht ganz verstanden. Ich habe einen Vorwurf herausgehört, es gebe Wissenschaftler, die behaupten, der Klimawandel hat 1.000 Billionen -

(Abg. Zimmer (SPD) : Billionen!)

Habe ich gesagt. Billionen, ja. Ich kann aber mit der Aussage an sich nichts anfangen. Wie an dieser Stelle schon mehrfach betont, bezweifelt kein Mensch den Klimawandel, es geht um völlig andere Fragen. Insofern fehlt mir dazu eine weitere Aussage. Okay.

Den ersten Satz Ihres Antrags finde ich schon heftig. - Wie gestalten wir den Klimawandel? Ich weiß nicht, ob der Kollege Zimmer den Antrag geschrieben hat. Aber die Ansicht, dass die Fraktionen von CDU und SPD im Landtag des Saarlandes einen Einfluss auf den Klimawandel haben, zeugt doch von einer gewissen Hybris. Dass wir unterschiedlicher Auffassung sind, was den Einfluss des Menschen auf den Klimawandel betrifft, habe ich an dieser Stelle oft genug erläutert. Aber das ist auch gar nicht so entscheidend. Viel wichtiger ist, dass wir uns in Deutschland auf einem Sonderweg befinden zulasten einer zuverlässigen Energieversorgung, zulasten energieintensiver Industrien und zulasten aller Verbraucher.

Also noch kurz zur Energiepolitik. Hier ist zu konstatieren, dass Deutschland, mithin auch das Saarland, sich erstens von der Kernenergie verabschiedet und zweitens auch die Kohleverstromung abschaffen wird. Das heißt, die Grundlast wird so, wie sie heute erzeugt wird, abgeschafft. Die Folge ist - völlig logisch -, dass die Endverbraucher nicht nur mit steigenden Preisen leben müssen, sondern auch damit, dass Strom nicht mehr jederzeit verfügbar ist. Also weg von bedarfsgerechter Erzeugung, hin zu erzeugungsgesteuertem Verbrauch.

(Abg. Heinrich (CDU) )

Wir hatten kürzlich eine Sitzung des Wirtschaftsausschusses, in der uns die Vertreter von DESIGNETZ freudestrahlend erklärt haben, dass sie von der Politik erwarten, die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sie mittels Smart Meter in den Verbrauch des Endkunden eingreifen können. Um das ganz klar zu sagen: Das stellt aus unserer Sicht einen ganz eklatanten Eingriff in die Freiheit der Bürger dar, den wir keinesfalls mittragen werden.

Es gibt einen Zielkonflikt zwischen einerseits dem, was Sie als Klimaschutz bezeichnen, und andererseits unserer Industrie mit allen ihren hochwertigen Arbeitsplätzen. Niemand kann bestreiten, dass die Hysterie um den Verbrennungsmotor und die desaströse sogenannte Energiewende-Politik bei uns im Saarland jede Menge Arbeitsplätze kostet. Das ist so, die Beispiele sind vielfältig. Vonseiten der Landesregierung wird in diesem Konflikt völlig einseitig der Klimaschutz in den Vordergrund gestellt. Ich habe allerdings wahrgenommen, dass in der Rede der Frau Ministerin heute Morgen und auch in dem, was ich von Kollegin Gillen gehört habe, durchaus angeklungen ist, dass die Beurteilung dieser Diskussion in der Landesregierung beziehungsweise in den Fraktionen durchaus im Fluss ist. Das gilt übrigens nach dem, was aus Berlin zu hören ist, auch für die Bundesregierung.

Vonseiten der Landesregierung wird aber in diesem Konflikt völlig einseitig der Klimaschutz in den Vordergrund gestellt. Erst vor gut zwei Wochen hat die Frau Wirtschaftsministerin eine radikale Verkehrswende gefordert. Welche Auswirkungen das auf unsere Automobil- und Zulieferindustrie haben wird, ist offensichtlich. Ich denke, der Prozess der Deindustrialisierung in unserem Lande ist bereits im Gange.

Die AfD fordert auf Bundesebene die Abschaffung des EEG, insbesondere der Vorrangeinspeisung der volatilen erneuerbaren Energien. Das spart insbesondere auch Steuergelder in mindestens dreistelliger Milliardenhöhe, die für die Schaffung einer parallelen Infrastruktur der Energieversorgung, einer Infrastruktur zusätzlich zur existierenden zuverlässigen Versorgungsinfrastruktur, aufgewandt werden müssen und an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt werden könnten. Die Belastung unserer Stahlindustrie durch die Ergebnisse der Trilog-Verhandlungen auf EU-Ebene ist ein eklatanter Wettbewerbsnachteil und komplett auf den Prüfstand zu stellen. Die regulatorischen Interventionen in der Automobilindustrie sind auf ein Minimum zu begrenzen und technologieoffen und ideologiefrei zu betrachten.

Diese Vorstellungen sind mit Ihrem Antrag nicht kompatibel. Kohledioxid ist in Ihren Augen die Ursache allen Übels, daher werden auch alle Klimaschutzmaßnahmen auf diesen Kern zurückgeführt. Die gewaltigen Kosten, die letztlich einem allenfalls marginalen Effekt, der schon gar nicht belegbar ist,

gegenüberstehen, rechtfertigen nicht den radikalen Umbau einer funktionierenden Wirtschaft.

Herr Abgeordneter Hecker, ich muss Sie darauf hinweisen, dass Ihre Redezeit zu Ende ist.

Zwei Sätze noch. - Diese großen Transformationen und die Dekarbonisierung sind letztlich ideologiegetrieben und stellen aus unserer Sicht eine verhängnisvolle Fehlentwicklung dar, die das Überleben ganzer Industriezweige infolge eines radikalen Strukturwandels gefährdet. - Den restlichen Vortrag erspare ich mir. Wir lehnen Ihren Antrag ab. - Vielen Dank.

(Beifall von der AfD.)

Danke, Herr Abgeordneter. Es ist vom Kollegen Thielen eine Kurzintervention angezeigt, die ich zulasse. - Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Herr Kollege Hecker, ich habe nur eine kurze Nachfrage: Sie beschreiben für Ihre Fraktion, dass Sie der Meinung sind, dass es keinen menschengemachten Klimawandel gibt. Es ist aber doch so, dass der Klimawandel existiert, und das bestreiten Sie nicht. Aber eine andere Sache: Sehen Sie nicht auch andere Gründe für den Umstieg auf erneuerbare Energien? Zu denken wäre etwa an den Rohstoffmangel, daran, dass wir in 30 oder 40 Jahren kein Öl mehr haben werden, zumindest nicht mehr zu akzeptablen Preisen. Sehen Sie nicht die Problematik, dass wir alleine schon deshalb auf erneuerbare Energien setzen sollten? Spielt das für Sie keine Rolle? Wie stehen Sie dazu?

Herr Abgeordneter Hecker, möchten Sie eine Erwiderung zur Kurzintervention abgeben? - Bitte schön.

Herr Kollege Thielen, was die Notwendigkeit betrifft, auch erneuerbare Energien zu nutzen: durchaus dort, wo das sinnvoll ist. Das Stichwort hierbei lautet wieder „ideologiefrei und offen“. Dort, wo sich die erneuerbaren Energien am Markt bewähren können, jederzeit gerne. Wir sind keineswegs Gegner der erneuerbaren Energien, sie müssen sich allerdings am Markt bewähren. Dementsprechend fordern wir die Abschaffung der Vorrangeinspeisung und lehnen auch viele weitere Aspekte des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ab.

(Abg. Hecker (AfD) )

Danke schön. - Das Wort hat nun die Ministerin für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr, Anke Rehlinger.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gebe dem Kollegen Heinrich in vielen Punkten recht. Einen dieser Punkte will ich herausgreifen: Ja, ich finde, die Debatte hätte möglicherweise einen etwas prominenteren Platz in der Tagesordnung verdient, denn sie ist nach meiner Einschätzung eine der bedeutendsten Debatten, die wir momentan in unserer Gesellschaft führen. Die Bedeutung dieser Debatte zeigt sich daran, dass zahlreiche Einzelfragen auch hinsichtlich unserer wirtschaftlichen und unserer gesellschaftlichen Entwicklung mittlerweile immer wieder eine Verlinkung zum Klimaschutz haben. Umgekehrt muss man allerdings auch sagen, dass ich als Rednerin in diesem Hause auch schon in ein leereres Plenum geblickt habe. So gesehen möchte ich mich einmal ganz herzlich bedanken. Zumindest das Haus unterstreicht die Bedeutung dieser Debatte, nicht allein durch die Stellung dieses Antrages durch die Koalitionsfraktionen, wofür ich mich ganz herzlich bedanke, sondern auch durch das zu dieser Stunde noch bestehende Interesse und die angeregten Debattenbeiträge. Dafür mal ein herzliches Dankeschön!

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Zuruf: Das Plenum ist mal voller und mal leerer, aber immer voller Lehrer!)

Das stimmt auch immer weniger. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich kennen wir alle den Unterschied zwischen Wetter und Klima. Dennoch waren wir alle nicht unbeeindruckt vom letzten Sommer. Wir sind auch allesamt nicht unbeeindruckt von den großen Schadensereignissen, die infolge der Unwetter mittlerweile auch im Saarland zu verzeichnen sind. Und wir hören in den Nachrichten beim Wetterbericht immer häufiger, dass ein Monat der wärmste seit Beginn der Temperaturmessung gewesen sei.

Nun kann man das alles als Kleinigkeiten abtun. Tatsächlich sind das aber keine Kleinigkeiten, weil sich darin etwas Großes ausdrückt und vielleicht auch deshalb, weil diese Entwicklungen etwas - vielleicht im Kleinen, aber doch sehr kontinuierlich - mit den Menschen machen, die das ebenso wahrnehmen, wie ich das wahrgenommen habe.

Dass das seine Auswirkungen in der gesellschaftlichen Debatte hat, das ist eben schon angeklungen. Wir haben einen Zustand erreicht, den wir uns eigentlich immer gewünscht haben, nämlich eine stärkere Politisierung der Jugend, ihr Eintreten für Ziele,

ein Deutlichmachen, dass man die großen, auch die gesellschaftspolitischen Zusammenhänge ernst nehmen möchte, dass man sich einbringen möchte und dazu auch Forderungen stellt. Das findet nicht nur an den Freitagen statt, diese Debatten reichen auch deutlich über die Freitagsveranstaltungen hinaus. So gesehen hat das, was stattgefunden hat, unsere Gesellschaft bereits beeinflusst, und ich glaube, dieses Thema wird auch künftig unsere Gesellschaft maßgeblich beeinflussen.

Was die jungen Leute auf die Straße treibt - ich habe ja mit ihnen gesprochen -, ist der bei ihnen vorherrschende Eindruck, die Politik würde nicht handeln. Das ist schlicht und ergreifend ihr Eindruck. Und wenn ein Handeln der Politik zugestanden wird, dann doch nicht in einem Umfang, der den jungen Leuten ausreichend groß erscheinen würde, und hinsichtlich der Wirkungen nicht schnell genug. Damit müssen wir uns, wie ich meine, auseinandersetzen. Es wird nicht genügen, ihnen zu erklären, dass sie die Welt nur einfach nicht richtig verstehen. Sie sind durchaus Profi genug, um sich ein eigenes Bild zu machen. Sie sind auch Profi genug, um mit uns darüber zu diskutieren. Das, was sie uns sagen, das, was sie an uns herantragen, sollten wir so ernst nehmen, dass wir daraus auch Konsequenzen ziehen.

Denn ein bisschen haben sie natürlich recht: Bislang hat sich die Politik in Sachen Klimaschutz überwiegend darauf konzentriert, ehrgeizige Ziele zu formulieren. Und obwohl man die Zwischenschritte schon nicht erreicht hat, hat man beim nächsten Termin noch ehrgeizigere Ziele miteinander vereinbart. Auf der Strecke dorthin hat man aber vergessen, sich auch einmal ans Werk zu machen und aufzuschreiben, mit welchen ganz konkreten Maßnahmen man denn glaubt, die ehrgeizigsten Ziele überhaupt erreichen zu können. Wir sind nun an einem Punkt angelangt, an dem genau das gerade stattfindet. Und nun stellen wir fest, dass das erstens nicht funktionieren wird, ohne dass wir dafür Geld in die Hand nehmen. Zweitens wird das auch nicht gehen, ohne dass der eine oder andere Bürger mitbekommt, dass sich etwas ändern wird, auch in seiner ganz konkreten Lebenswelt. Ich finde, wir tun gut daran, diesen Prozess sehr konkret voranzutreiben. Das sind wir den jungen Leuten schuldig.

Ich will damit aber nicht sagen - auch wenn ich für das, was Sie gesagt haben, sehr viel Verständnis habe -, dass es Aufgabe der Politik ist, zu 100 Prozent alles zu übernehmen, was nun an Forderungen in den Raum gestellt wird. Denn es gibt, auch das wurde in dieser Debatte deutlich, in der Gesellschaft durchaus unterschiedliche Interessen. Natürlich ist der Klimaschutz zu berücksichtigen, den wir jetzt voranzutreiben haben. Es gibt überhaupt kein Abrücken von dem Gedanken, dass wir die Klima

schutzziele jetzt auch in Angriff nehmen müssen, dass wir das anpacken müssen und dass wir die Ziele auch tatsächlich erreichen können. Aber es gibt eben auch eine Vielzahl von Beschäftigten in diesem Land, die gewisse Befürchtungen haben.

Deshalb bin ich der festen Überzeugung, dass wir das nur hinbekommen, wenn es in dieser Frage einen echten gesellschaftlichen Kompromiss gibt. Einen echten gesellschaftlichen Kompromiss nicht nur über irgendwelche abstrakten Ziele, sondern auch hinsichtlich der konkreten Maßnahmen, die uns zu diesen Zielen hinführen können. Es nützt dabei nichts, mit Radikalpositionen durch das Land zu laufen. Vielmehr ist es wichtig, möglichst viele, die guten Willens sind, auf diesem Weg mitzunehmen.

Letztlich wird das, was wir hier tun, stets nicht nur von Klimaschutz-Professoren rechnerisch bewertet werden, sondern auch von der Gesellschaft. Ich will nun gar nicht mal das Beispiel der Gelbwesten besonders bemühen, allerdings ist festzuhalten, dass wir leider auch nicht allzu fern der saarländischen Grenze erlebt haben, wie man dieses Problem gerade nicht anpacken soll. Gewinnen die Menschen den Eindruck, dass sie diejenigen sind, die den Klimaschutz finanzieren müssen - mit ihrer Mobilität, mit ihrem Arbeitsplatz -, ist man mit einer Initiative schneller am Ende, als man sich das wünscht.

Deshalb kann die Antwort nur in einer ökologischen und sozialen Wende, die von uns auf den Weg zu bringen ist, bestehen. Ökologisch und sozial wird nur zusammen funktionieren. Deshalb meine ich, dass man an diese Frage mit mehr Pragmatismus statt mit moralischem Rigorismus herangehen sollte. Wollen wir, dass die Wende gelingt, muss es sich um eine sozial-ökologische Wende handeln. Wollen wir, dass uns die Wende gelingt, müssen die Antworten, die wir geben, nicht nur freitags bei den Schülerinnen und Schülern auf große Zustimmung stoßen. Die gleichen Antworten muss ich auch montags einem Ford- oder einem Hüttenmitarbeiter geben können, und zwar so, dass auch der mit Verständnis auf diese Antwort reagieren kann. Das ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Aufgabe der Politik an dieser Stelle.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Natürlich kann es nicht unsere Aufgabe sein, vom Klimaschutz abzurücken. Das ist keine Option, die wir haben. Die Folgen, die aus dem Klimawandel resultieren, werden übrigens in erster Linie sozial Schwache treffen, vielleicht gar nicht so sehr in Deutschland, dafür aber in vielen anderen Ländern dieser Erde. Was das nun wiederum für Migrationsbewegungen bedeutet, uns das vorzustellen, dafür dürfte unsere Phantasie mittlerweile auch ausreichen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Angesichts all dessen glaube ich, dass es gut ist, wenn wir uns nun auf den Weg machen, konkrete Vorgaben für das Erreichen der Klimaschutzziele zu formulieren. Mein Credo an dieser Stelle lautet aber auch - entsprechend ist auch die Überschrift des Antrages formuliert -, dass wir ebenso konkret wie die Antworten zum Klimaschutz auch Antworten geben müssen, wenn es um die Frage geht, wie die Industrie in diesem Land geschützt werden kann. Denn es kann ganz sicher nicht darum gehen, um den Preis der Deindustriealisierung das Klima zu schützen. Nur zusammen wird das funktionieren, das ist meine feste Überzeugung. Wir müssen, damit wir nicht in eine Deindustrialisierung geraten, diese Vorgaben genauso konkret formulieren, wie wir die Vorgaben für den Klimaschutz formulieren.

Es ärgert mich immer wieder, dass wir sehr konkret diskutieren, und am Ende steht unter jedem Papier immer in zwei Sätzen, „das alles müssen wir machen, ohne die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft zu gefährden“. Aus Sicht des einen oder anderen ist damit alles gesagt. Das wird allerdings nicht ausreichen, auch diese Sätze müssen mit Leben gefüllt werden. Das ist geradezu existenziell für ein Bundesland wie das Saarland. Das Saarland ist ein Industrieland. Wir haben nach Baden-Württemberg den zweithöchsten Besatz mit Industrie. Vorhin wurde schon aufgezeigt, wie sich das in den einzelnen Branchen darstellt.

Den Wohlstand in unserem Land werden wir nur sichern können, wenn wir die Lebensader, die die Industrie für die Wirtschaft in unserem Land darstellt, auch in die Zukunft verlängern können. Sie wird auch gebraucht werden, um tatsächlich einen Klimaschutzbeitrag leisten zu können. Die Stahlindustrie ist eben genannt worden, der CO2-Ausstoß ist bis an die Grenzen des derzeit physikalisch Machbaren bereits reduziert worden. Gleichwohl gibt es ambitionierte Ziele und ich bin auch sehr dafür, dass die Stahlindustrie sich diesen Zielen stellt quasi im Sinne einer Dekarbonisierung der Stahlindustrie. Was der Wasserstoff uns da an Möglichkeiten für die Zukunft bieten wird, sollte genutzt werden. Viele andere Möglichkeiten müssen dazu auch diskutiert werden.

Aber wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass Stahl der am häufigsten wiederverwendete Werkstoff ist, mit dem wir es zu tun haben, er ist quasi Recycling-Weltmeister. Und um ehrlich zu sein, es nützt für das Klima nichts, wenn wir unsere eigene Stahlindustrie kaputt machen - wir wissen das, es ist in diesem Haus oft gesagt worden - und dafür dieser Stahl unter schlechteren sozialen, ökologischen oder Klimabedingungen in China produziert wird. Dann haben wir nichts fürs Klima getan, aber die Arbeitsplätze hier vernichtet. Das ist keine kluge Klimaschutzpolitik, das ist einfach eine Politik, die für

(Ministerin Rehlinger)

die Zukunft nicht trägt, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ja, let‘s talk about Energiewende, im wahrsten Sinne des Wortes, das ist das, was der Außenminister erlebt und was wir heute Morgen ein Stück weit schon miteinander angesprochen haben, was schon Gegenstand unserer Tagesordnung gewesen ist. Der Kohleausstieg ist auf dem Papier beschlossen. Wie er sich vollziehen wird, wird sich in den nächsten Jahren zeigen. Für einen Industriestandort ist es natürlich wichtig, dass für die Zukunft Versorgungssicherheit garantiert werden kann. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist sicherlich das, was STEAG angekündigt hat, für uns beruhigend. Ich ergänze es um einen zweiten Aspekt, denn die Abschaltung der Kraftwerksstandorte hier im Saarland ist die größte Bestandsgarantie für das Atomkraftwerk in Cattenom. Auch das ist eine Politik, die ich nicht durch dieses Haus und durch keine saarländische Landesregierung befördert sehen möchte, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Versorgungssicherheit, aber auch Bezahlbarkeit wir haben es zumindest diskutiert. Ob die Ansätze die richtigen sind, lasse ich mal dahingestellt sein, aber auf jeden Fall ist eines klar: Auch auf diese Fragen muss in Zukunft eine Antwort gegeben werden können. Denn es kann nicht sein, dass Bürgerinnen und Bürger den Eindruck haben, die Versorgungssicherheit entweder über die Spritpreise oder über die Strompreise finanzieren zu müssen. Deshalb ist klar: Sowohl für die Industrie, für Mittelstand, Handwerk und Gewerbe, aber auch für Verbraucherinnen und Verbraucher muss es auch in Zukunft bezahlbare Strompreise geben. Ich bin froh, dass das eben in der Debatte als Konsens herausgekommen ist.

Kommen wir zum Automobil, es ist eben mit angesprochen worden. Dazu will ich nur sagen, dass man immer auch ein Stück weit aufpassen muss, denn alle reden von der Verkehrswende. Ich habe allerdings manchmal den Eindruck, dass einige von der Verkehrswende reden und eigentlich meinen: Tod dem Auto! Wenn ich jedoch von der Verkehrswende rede, auch von einer radikalen Verkehrswende, ist damit nicht gemeint, dass ich will, dass wir keine Autos mehr in Deutschland produzieren oder dass sich niemand mehr leisten kann, mit seinem Auto irgendwohin zu fahren. Wenn ich von einer Verkehrswende rede, meine ich, dass wir natürlich heute schon wissen, dass das Auto von morgen möglicherweise nicht mehr genauso aussieht wie das Auto von heute, dass es möglicherweise nicht mehr das Gleiche tankt und das Gleiche ausstößt wie heute. Das ist gemeint, wenn ich von Verkehrs

wende rede. Ich finde, wir sollten uns als Saarländerinnen und Saarländer vornehmen, dass wir das Land sind, in dem vor allem auch das Auto von morgen produziert wird.