Protokoll der Sitzung vom 04.12.2019

Alexander Funk hat zu Recht gesagt, dass es noch andere Betriebe und Unternehmen im Land gibt, die in Schwierigkeiten geraten sind und von denen nicht so laut nach allen möglichen Instrumentarien gerufen worden ist, um die Arbeitsplätze zu retten. Erlauben Sie mir also, unsere Industrie, vor allem die Automobil- und Stahlindustrie, in einen übergeordneten Kontext einzuordnen. Da sind die weltwirtschaftlichen Verwerfungen im Zusammenhang mit neuen protektionistischen Bestrebungen, gegen die sich zu Recht immer wieder ausgesprochen worden ist, und der Brexit. Diese Fakten treffen unsere exportorientierte Wirtschaft und die saarländische mit ganz besonderer Härte. Es ist ferner die disruptive Entwicklung, die wir insbesondere im Bereich der Automo

(Ministerpräsident Hans)

bilindustrie haben: weg vom Verbrennungsmotor, hin zu alternativen Antrieben. Wir stellen fest - egal, ob wir es gut finden oder nicht -, dass der Verbrennungsmotor in gewissen Segmenten auf dem Rückzug ist. Deshalb ist es wichtig und gut, dass wir uns bei den Gusswerken auf den Guss von Motorblöcken für die Verbrennungsmotoren konzentrieren, die Zukunftspotenzial haben. Weiterhin muss man die zunehmende Digitalisierung in der Fertigung Stichwort Industrie 4.0 - betrachten.

In all diesen Bereichen stehen besonders die Industriebetriebe im Saarland im Mittelpunkt, vor allem die Automobilindustrie, die über all die Jahre unser stärkstes Standbein war. Wir waren damals doch froh, dass wir nach der einseitigen Orientierung im Montanbereich die Automobilindustrie hatten! Es ist jedoch eine Tatsache, dass wir jetzt in einem tiefgreifenden Strukturwandel sind und dass wir aufgrund dieser Situation mit einem weiteren Abbau von Arbeitsplätzen rechnen müssen. Das darf man auch nicht schönreden, weil völlig klar ist, dass all diese Veränderungen die Arbeitsplätze der Menschen bedrohen.

Deswegen haben wir als Landesregierung gesagt, dass wir uns für diesen Prozess wappnen müssen. Genau das werden wir machen. Wir haben am Wochenende in Weiskirchen bei der Regierungsklausur ein klares Bekenntnis zum Industriestandort Saarland abgegeben. Wir haben ganz klar gesagt, wir wollen eine Strukturwandelinitiative Saar schaffen. In dieser Strukturwandelinitiative werden wir die Arbeitnehmerinteressen, aber auch die Arbeitgeberinteressen zusammenbringen, um dafür zu sorgen, dass wir im Rahmen einer interministeriellen Arbeitsgruppe zusammen mit der Bundesagentur für Arbeit Konzepte haben, die für die von Freistellung betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Industriebetriebe greifen. Im Idealfall sollen sie schon vorher greifen. Ich will nicht noch mal in der Situation sein, in der ich von heute auf morgen ein Krisenmanagement aufbauen muss. Es ist an der Stelle zwar gut gelungen, aber in Zukunft müssen wir dies vorausschauend machen. Es ist zu Recht vom Kollegen Oskar Lafontaine gesagt worden, dass die Schwierigkeiten in den Gusswerken mit den zahlreichen Investoren nicht neu sind. Deswegen muss man früh ansetzen und Beschäftigte qualifizieren und weiterbilden, sodass sie sehr schnell in anderen Formen der Beschäftigung Fuß fassen können.

In den letzten Jahren haben wir im Saarland durch die Flüchtlingsbewegung gelernt, wie man Menschen, die ganz unterschiedliche Qualifikationen und Voraussetzungen mitbringen, für neue Aufgaben wappnen kann. Deswegen bin ich sicher, dass uns

das bei den anstehenden Herausforderungen zugutekommen wird. Wir - ich sagte es bereits - kämpfen um jeden Arbeitsplatz, wir schalten uns als Landesregierung für die gefährdeten Betriebe ein und wir tun unser Möglichstes, den von Arbeitslosigkeit bedrohten, aber noch nicht unmittelbar betroffenen Menschen eine Perspektive zu geben.

Das andere aber ist, und darauf müssen wir auch an dieser Stelle unser Hauptaugenmerk lenken, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Arbeitsplätze in den Mittelpunkt unserer Anstrengungen zu stellen. Nur Wettbewerbsfähigkeit sorgt für Zukunftsfähigkeit. Mit „Wettbewerbsfähigkeit“ meine ich ganz sicher kein Lohndumping, ich meine damit ganz sicher kein Sozialdumping und auch kein Umweltdumping. Denn das ist es, was wir an anderer Stelle haben bei Arbeitsplätzen, die künstlich am Leben gehalten werden. Mit „Wettbewerbsfähigkeit“ meine ich an allererster Stelle Qualität und Exzellenz. Ich meine damit Arbeitsplätze mit hoch innovativem Potenzial und hoch innovativen Prozessen in hoch produktiven Unternehmen.

Hoch produktive Unternehmen, das sind Unternehmen, die in Klimaschutz und Umweltstandards investieren, die diesen Standards gerecht werden. Das sind Unternehmen, die an der Spitze des Fortschritts stehen, was den Einsatz moderner Technologien anbelangt. Das sind Unternehmen mit soliden, nachhaltigen und erfolgreichen Geschäftsmodellen. Das sind Unternehmen mit familienfreundlichen und auch partizipativen Unternehmenskulturen. Unternehmen, die attraktiv sind für ihre Beschäftigten, die sich sorgen, die sich um ihre Beschäftigten kümmern, die damit den Standort Saarland auch zum begehrtesten Standort in Europa machen. Darauf müssen wir den Fokus richten! Das, meine Damen und Herren, ist der Königsweg in eine humane, in eine zukunftstaugliche Aufstellung der saarländischen Industrie. Diesen Weg werden wir gehen.

Dieser Weg ist aus meiner Sicht auch erfolgversprechender als derjenige, bei dem mit Staatsgeldern künstlich Arbeitsplätze am Leben erhalten werden, die aber gar nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Deswegen legen wir den Fokus darauf, unsere heimische Industrie wettbewerbsfähig zu machen, sie stark zu machen. Dafür muss die Landespolitik die Rahmenbedingungen setzen, deswegen muss sie aber nicht als Unternehmer auftreten. Auch das ist, meine Damen und Herren, deutlich geworden.

(Beifall von der CDU und bei der SPD.)

Ich bin der Überzeugung: Derjenige, der trotzdem an dieser Stelle diese Art der Staatsbeteiligung einfor

(Ministerpräsident Hans)

dert, wählt den Weg der Stagnation, wählt den Weg ins strukturelle Abseits. Er wählt den Weg ins Gestern statt den Weg ins Morgen. Gewiss, eine Zeitlang kann man sich damit als Heilsbringer aufspielen. Da gibt es allerdings große Unterschiede zu dem, was - zu Recht - in der saarländischen Stahlindustrie entschieden worden ist und übergreifend mitgetragen worden ist. Nicht übersehen darf man den Unterschied zwischen der Grundstoffindustrie und einer Industrie wie der Automobilindustrie, die eben starken Schwankungen und Veränderungen unterworfen ist. Ich habe das eben dargestellt. Auf Dauer erfolgreich zu sein, das geht aber nicht so, denn damit treibt man die jungen Menschen letztlich aus dem Land. Auf dieser Grundlage gibt es eben keine attraktiven und zukunftsfähigen Arbeitsplätze, auf Dauer würde man damit den demografischen Rückgang, der uns ohnehin trifft, noch beschleunigen. Auf Dauer würde man damit den Niedergang befördern. Das, meine Damen und Herren, werden wir in diesem Land nicht zulassen. Ich bin froh, dass diesbezüglich eine breite Mehrheit an unserer Seite, der Seite der saarländischen Landesregierung, steht.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

An dieser Stelle den Fokus auf IT-Arbeitsplätze zu legen bedeutet keinen Ersatz für Industriearbeitsplätze. Das muss uns klar sein, dessen bin ich mir hier auch bewusst. Wir erklären ja auch bei jeder Gelegenheit, dass wir Industriestandort bleiben wollen. Wenn wir aber Industriestandort bleiben wollen, muss es uns gelingen, den Technologietransfer von unserer Forschungslandschaft, die frühzeitig aufgebaut wurde, in die industriellen Arbeitsplätze zu ermöglichen. Dafür ist es wichtig, gerade technologiebasierte Innovationen aus dem KI-Bereich, aber auch aus dem Bereich der Sicherheit von Prozessen, die auch für die Industrieproduktion wichtig ist, in unsere Industrie einzubringen. Dieser Prozess wird sich zwangsläufig in allen führenden Industrieregionen der Welt vollziehen oder ist dort bereits im Gange.

Vor diesem Hintergrund stellt sich uns die Frage, ob und wie wir dabei mitziehen, ob wir uns an die Spitze stellen oder uns hoffnungslos abhängen lassen. Diese Frage beantwortet sich für uns als Landesregierung von selbst, meine Damen und Herren: Wir wählen an der Stelle den Fortschritt, wir wählen den Weg nach vorne. Wir wählen den Weg zu guten und sicheren Arbeitsplätzen, auch für die nachkommenden Generationen. Das steht im Mittelpunkt der Betrachtung, wenn man über die Zukunft und die Sicherung von Arbeitsplätzen für kommende Generationen spricht.

(Beifall von der CDU und bei der SPD.)

Meine Damen und Herren, das muss die Botschaft sein, wenn wir heute hier als Landesregierung Stellung nehmen zum wirklich schmerzlichen Verlust von 600 Arbeitsplätzen. Mir ist durchaus bewusst, dass diese Botschaft den Beschäftigten in der gegenwärtigen Situation keinen Trost bietet. Nichtsdestotrotz bildet sie den Kern für eine Entwicklung, die wir mit aller Energie vorantreiben und die am Ende auch den Unternehmen und vor allem den Beschäftigten zugutekommen wird. Unerlässlich ist sie allein schon, weil wir auch den Kindern, die heute noch gar nicht geboren sind, in 20 und 30 Jahren eine gute Zukunft an der Saar bieten wollen. Dabei kämpft die Landesregierung um jeden einzelnen Arbeitsplatz, und das werden wir auch weiterhin tun, bei den Gusswerken Halberg, aber auch bei allen anderen Arbeitsplätzen in der Industrie, im Mittelstand. Wir werden zudem dafür sorgen, dass wir auch künftig eine breit aufgestellte gute Forschungs- und Industrielandschaft haben - beides gehört zusammen - und Start-Up-Unternehmen gegründet werden. Vor allem werden wir aber auch für eine gute Diversifizierung unserer Wirtschaft sorgen. Das muss unser Ziel sein, dafür steht die saarländische Landesregierung. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat nun noch einmal der Vorsitzende der DIE LINKE-Landtagsfraktion Oskar Lafontaine.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will noch einmal kurz auf die Argumente eingehen, die hier vorgetragen wurden. Zunächst zu den Argumenten des Ministerpräsidenten: Er hat das Argument wiederholt, ob wir angesichts der 272 Unternehmen, die Insolvenz angemeldet haben, überall mit staatlichen Beteiligungen hätten intervenieren müssen. Ich will nur klarstellen, dass das niemand verlangt hat. Das wäre natürlich völlig absurd. Diese Diskussion ist aber auch nicht neu: Dieselbe Diskussion hatten wir, als wir Saarstahl gerettet haben. Viele Betriebsräte sind damals zu mir gekommen und haben gesagt: Wir haben ähnliche Probleme, bei uns intervenierst du nicht. - Ich musste denen dann sagen, dass es nur um Schlüsselunternehmen geht. Wir können nicht bei jedem Unternehmen intervenieren. Das wollte ich nur klarstellen, damit wir wenigstens das abräumen können.

(Ministerpräsident Hans)

Man mag sagen, bei 2.000 beziehungsweise 1.000 Beschäftigten ist das eine andere Situation. Man muss aber auch sehen, dass hier eine besondere Situation besteht. Keines der 272 Unternehmen hatte, so hoffe ich, einen Prevent-Anteilseigner, der in einmaliger Art und Weise systematisch die Arbeitsplätze vernichtet und zerstört hat. Das war der Grund, weshalb ich gesagt habe, dass eine verantwortungsvolle Landesregierung dem nicht zusehen kann. Und ich bleibe dabei: Das kann sie nicht tun. Man mag das grundsätzlich anders sehen, man muss aber doch jede Möglichkeit der Intervention nutzen. Das wollte ich doch einmal klargestellt wissen. Das war ja auch ein ganz besonderer, ein einmaliger Fall: In dieser Schamlosigkeit, in dieser Brutalität, habe ich das in meiner jahrzehntelangen Praxis noch nicht erlebt.

Sie haben auch generell den Gedanken der staatlichen Beteiligung oder des staatlichen Engagements noch einmal zurückgewiesen. Das ist unmodern. Das ist zum Beispiel deshalb unmodern, weil es Airbus in dieser Form gar nicht gäbe, wenn Franz Josef Strauß - ich will mal einen Heiligen Ihrer Parteiengruppe nennen - so gedacht hätte. Er hat aber erkannt, dass es Unternehmen gibt, bei denen man mit staatlichen Initiativen starten muss, auch mit staatlichem Geld starten muss, um sie überhaupt in Gang zu setzen. Wenn Sie sich auch einmal die umfangreiche Literatur ansehen, die es zum Aufbau der Internet-Industrie in den Vereinigten Staaten gibt, werden Sie darauf stoßen, dass die meisten Erfindungen durch staatliche Gelder in Gang gesetzt wurden. Das war zwar überwiegend der Verteidigungsetat - damit mir nun niemand kommt und sagt: Ach, bist du auch dafür? -, es waren aber eben staatliche Gelder. Das sollte Sie vielleicht doch auch einmal zum Nachdenken bringen, ehe Sie - was keineswegs immer Position der CDU war, ich kann Ihnen gerne die Programme vorlesen - pauschal staatliche Interventionen in wirtschaftlichen Bereichen zurückweisen. Ich hätte nie gedacht, dass sich hier bei Saarberg und Saarstahl eine solche Front aufbaut, die sagt, staatliche Beteiligung sei per se zu verurteilen. Zumindest der Geschichte unseres Landes entspricht diese Position nicht.

Ich will auch dem Kollegen Hecker noch eine Antwort geben, der hier ja einen sachlichen Vortrag gehalten hat. Sie haben gesagt, eine Beteiligung hätte das nicht verhindert. Das ist Ihre Position, ich respektiere sie. Wir haben eine ganz andere Position: Wenn dort jemand gesessen hätte für die Interessen des Landes, hätte er gesehen, dass diese Preisgestaltung systematisch die Kunden vertreibt. Er hätte dann intervenieren müssen. Das ist ein ganz ent

scheidendes Argument, vielleicht denken Sie mal darüber nach.

(Beifall von der LINKEN.)

Ich habe festgestellt, dass Sie zumindest teilweise die Argumente ernst genommen haben. Ich habe nämlich im Ausschuss dem Wirtschaftsstaatssekretär Barke die Frage gestellt, wer denn eigentlich mit VW verhandelt habe, um diesen Kunden zu halten. Die Antwort war: die IG Metall. Er sagte, wir haben das der IG Metall überlassen. Ich habe dann gesagt: Sie müssen wissen, dass die IG Metall die Interessen jedes Standortes vertritt. Sie können eine solche Verhandlung nicht der IG Metall überlassen. - Das war ein entscheidender Fehler, um das einmal zu sagen. Man hat aus den Fehlern gelernt, indem man jetzt nach Detroit gefahren ist und dort verhandelt hat. Das habe ich begrüßt, nur waren angesichts der Beteiligung des Landes Niedersachsen und der Struktur der IG Metall die Chancen, bei VW etwas zu erreichen, dort direkt zu verhandeln, weitaus größer als in Detroit. In Detroit, Herr Kollege, ist es nicht sehr beeindruckend, wenn ein saarländischer Politiker kommt und vorspricht, egal wer es ist. Ich will das nur noch einmal sagen.

An Ihre Adresse, Herr Kollege Funk: Keiner hat hier verlangt, chinesische Wirtschaft einzuführen. Ich habe auf zwei Betriebe hingewiesen, die nur deshalb leben, weil man nicht vorurteilsbeladen war und chinesische staatliche Beteiligung zurückgewiesen hat. Ich frage mich, was die Kolleginnen und Kollegen hier empfinden, wenn sie von unserer Sozialen Marktwirtschaft sprechen. Unsere Soziale Marktwirtschaft ist nur dann sozial, wenn man dem Gewinnstreben einzelner Grenzen setzt. Hier hat man dem Gewinnstreben irgendwelcher verantwortungslosen Ganoven keine Grenzen gesetzt. Das bedauere ich nach wie vor. Daraus sollte man ableiten, dass man das in Zukunft tun muss.

(Beifall von der LINKEN.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt weitere Wortmeldungen in der Aussprache. - Ich erteile nun das Wort Herrn Hans Peter Kurtz für die SPD-Landtagsfraktion.

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von Halberg! Herr Präsident! Ich denke, die Situation, die wir im Moment bei Halberg Guss haben, ist eine ganz schlimme Situation, über die wir nicht einfach hinweggehen können, indem wir heute

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

hier einen schönen Beschluss fassen und für uns denken, die Welt ist in Ordnung. Nein, wir müssen uns um die Details kümmern.

Mir ist aufgefallen, Herr Lafontaine - das merkt man bei Ihrer Rede -, dass Sie doch schon sehr weit von dem Geschehen entfernt sind. Es ist nicht richtig das ist der erste Punkt -, dass damals, als Prevent den Aufstand geprobt hat, nur die IG Metall mit VW geredet hat. Sicher hat IG Metall mit VW geredet, wir haben uns im Vorstand der IG Metall darüber unterhalten. Es ist eine Unterstellung, hier einfach zu sagen, wie Sie es schon einmal im Ausschuss gemacht haben, die IG Metall hätte andere Positionen eingenommen und sich nicht für Halberg eingesetzt.

Der zweite Punkt ist, Ihnen ist entgangen, dass damals in genau dieser Situation auch die Wirtschaftsministerin Verhandlungen mit VW direkt geführt hat. Das ist Ihnen einfach entgangen. Wenn hier über Halberg Guss geredet wird, dann ist es für mich auch zu kurz gesprungen, wenn wir bei 2011 anfangen. Wir haben seit Jahren eine schwierige Situation in dieser Traditionsgießerei, die hochwertige Produkte herstellt, die am Markt begehrt sind, die allerdings immer schon darunter gelitten hat, dass die OEMs, die Hersteller, für dieses hohe Produkt nie den Preis bezahlt haben, der notwendig gewesen wäre.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wenn wir es uns jetzt einfach machen - da werden sehr viele klatschen - und sagen, gut, wir machen jetzt eine Staatsbeteiligung und das Ding ist erledigt, dann würden wir das falsche Signal setzen, weil wir bis zur Insolvenz 2008 schon mal eine Beteiligung bei Halberg Guss hatten. Auch das ist die Wahrheit, auch das ist Ihnen entgangen, Herr Lafontaine. Wir hatten eine Sperrminorität, wir hatten auch Vertreter des Landes im Aufsichtsrat, das waren damals der Staatssekretär Hettrich und Herr Seidel vom Ministerium. Aber trotzdem mussten wir immer kämpfen, damit die OEMs auch die Preise zahlen, die für dieses Produkt notwendig waren. Das ist eigentlich der springende Punkt. Wir haben diesen Finanzkapitalismus, nicht nur bei Halberg Guss, sondern auch drumherum. Es wäre keine Lösung, wenn wir einsteigen; damit hätten wir dem Finanzkapitalismus, den wir haben, überhaupt nicht die Zähne gezogen.

(Beifall von der SPD.)

Es ist eine wirklich infame Unterstellung von Ihnen, wenn Sie sagen, das Wirtschaftsministerium, Jürgen Barke, geht etwas naiv an die Sache ran. Ich erinnere daran, dass wir 2008, 2009 schon mal eine Insolvenz hatten, wo wir ebenfalls im Gläubigerausschuss nach einer Lösung gesucht, verschiedene

Überlegungen angestellt und auch über Beteiligung geredet haben. Wir haben uns damals aber für das Modell mit der HTP entschieden, dafür, die Firma zu sanieren.

Man muss heute im Rückblick sagen, dass das gar nicht so ohne Erfolg war. Wir hatten damals einen Beschäftigtenstand von knapp 800 Arbeitnehmern. Diese wurden damals mit Verträgen abgesichert, auch mit der IG Metall. Wir hatten dann im Laufe der Zeit bis 2017, wo HTP das leider wieder abgegeben hat, einen Beschäftigungsaufbau auf 1.400 Beschäftigte. Man sieht, es ist also möglich, auch mit einer gelenkten privatwirtschaftlichen Investition so etwas zum Erfolg zu bringen. Das Wesentliche in dieser Zeit war, wir haben damals auch gesehen, dass es in Zukunft nicht ausreicht, nur Eisengussmotoren für die Automobilindustrie zu fertigen. Wir hatten andere Felder aufgebaut, so wurden etwa im Lkw-Bereich Landwirtschaftsmaschinen produziert. Nur ist es eben später zu diesem Skandal mit Prevent gekommen - das ist richtig, das haben Sie richtig gesagt -, was unsere Maßnahmen kaputt gemacht hat.

Das stellt uns jetzt wieder vor die Probleme, die wir aktuell haben. Jetzt sind wir wieder insolvent. Wir haben einen Gläubigerausschuss, in dem das Land und der Betriebsrat vertreten sind. Ich erwarte von dem Insolvenzverwalter, dass jetzt Lösungen gesucht werden, wie wir in eine andere Struktur kommen. Ich warne davor, jetzt übereilt abzubrechen, sondern appelliere vielmehr, das Unternehmen in der Insolvenz zu sanieren.

Herr Lafontaine - das haben Sie ebenfalls unterschlagen -, auch bei Saarstahl haben wir nicht direkt nach der Insolvenz diese Lösung gehabt, sondern das Unternehmen wurde fast zehn Jahre unter dem Insolvenzverwalter saniert, erst dann wurde die Stahlstiftung, die Montanstiftung gegründet. Es wird niemand hier sagen, dass staatliche Intervention nicht immer richtig ist, aber ich denke, hier und heute wäre es der falsche Zeitpunkt. Man muss zuerst dem Insolvenzverwalter und dem Gläubigerausschuss die Möglichkeit geben, eine Sanierung voranzubringen. Das Thema wird weiter von uns behandelt werden müssen. Deshalb sage ich, der Antrag der CDU- und der SPD-Fraktion ist richtig, wir müssen alles tun. Die Landesregierung ist auch dazu bereit, das hat der Ministerpräsident eben auch gesagt. Aber über andere Dinge können wir heute zu diesem Zeitpunkt nicht abstimmen. Deshalb bin ich für die Ablehnung des Antrages der LINKEN.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

(Abg. Kurtz (SPD) )

Nächster und bislang letzter Redner in der Aussprache ist der Abgeordnete Marc Speicher für die CDULandtagsfraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor allem aber liebe Kolleginnen und Kollegen des Betriebsrats und alle Mitarbeiter der Neuen Halberg Guss! Wir erleben bei Halberg Guss jetzt seit zehn Jahren Eigentümerwechsel in vielfacher Anzahl. Die Namen haben sich geändert, die Eigentümer haben sich geändert, aber eines war immer gleich: Es gab immer ein Stück weit Unehrlichkeit gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ich bin der festen Überzeugung, dass vieles, was früher immer gesagt worden ist - wir erhalten Arbeitsplätze, wir gehen in neue Produkte -, nicht eingehalten wurde. Das war Unehrlichkeit gegenüber den Mitarbeitern.

Aber zumindest wir als Politik müssen ehrlich bleiben. Zu suggerieren, dass es eine Möglichkeit gäbe, eine Mehrheitsbeteiligung bei der Neuen Halberg Guss zu machen, das ist ein Scheinantrag, da werden den Leuten falsche Tatsachen vorgegaukelt. Das Land wird nicht in der Lage sein, eine Mehrheitsbeteiligung zu übernehmen. Etwas anderes zu behaupten, wäre Unehrlichkeit in der gleichen Weise, wie es die Eigentümer über zehn Jahre gemacht haben.

(Beifall von den Koalitionsfraktionen.)