Protokoll der Sitzung vom 11.03.2020

(Abg. Schmitt-Lang (CDU) : So ähnlich. Abg. Scharf (CDU): Schmitt-Lang.)

Schmitt-Lang, Entschuldigung, mit Doppelnamen habe ich meine Schwierigkeiten.

(Abg. Renner (SPD) : Ja, nicht nur damit. - Zuruf: Warum sind wir jetzt nicht überrascht? - Zuruf: Die gab es früher auch nicht. - Abg. Renner (SPD): Das ist ein bisschen kompliziert.)

Sie haben eine Menge Fragen gestellt und haben wohl geglaubt, dass ich auf all diese Fragen mit Nein antworten müsste.

(Abg. Schmitt-Lang (CDU) : Nein, ich habe nur Fragen gestellt.)

Ich habe ein paarmal Ja dazwischengerufen. Glauben Sie mir, ich habe diese Dinge alle gesehen und an diesen Dingen gearbeitet, sowohl beruflich, weil ich ja 45 Jahre beruflich damit zu tun hatte, aber auch als Vater, da ich ja vier Söhne großgezogen habe, und zwar durch alle Systeme, bis zum Abitur und weiter.

(Abg. Renner (SPD) : Und als Opa. - Sprechen.)

Ich kenne das Metier ganz genau. Wenn ich hier nicht drei Stunden rede, hängt das erstens daran, dass ich nur 8 Minuten habe,

(Zurufe)

und ich mir zweitens denke, dass Sie wissen, was gemeint ist, wenn ich von Vorschuleinrichtungen spreche. Natürlich gibt es viele Vorschuleinrichtungen, aber die kann ich ja nicht immer aufzählen. Alles, was Sie hier vorgestellt haben, hat sich für jemanden, der keine Ahnung hat, ja gut angehört.

(Lachen.)

Wenn man allerdings Ahnung hat, stellen sich einem Fragen. Da stelle ich mir selbst folgende Frage: Nehmen wir das Schulsystem, wie es uns vor zig Jahren überkommen ist, als die Leute noch mit der Pferdekutsche gefahren sind,

(Zuruf des Abgeordneten Renner (SPD) - Heiterkeit)

so hin, wie es damals war, und reflektieren es überhaupt nicht oder überlegen wir einmal, wie wir es vielleicht ändern können? - Sie haben richtig vermutet: Mir ist es persönlich - aber das steht nicht in unserem Antrag - ein Dorn im Auge, dass man eine künstliche Trennung zwischen Lebensabschnitten von Kindern macht, die in den Kindergarten, die Vorschule, die Kita et cetera gehören, und anderen, die in die Schule gehören. Das ist eine künstliche Geschichte. Unter dieser künstlichen Geschichte haben Generationen von Kindern gelitten. Aus diesem Grunde hat man schon vor 50 Jahren überlegt, wie man diesen Schritt mildern kann. Vorgänger haben den Kindern ja noch Angst gemacht. Sie haben gesagt: Du kommst jetzt in die Schule, da musst du in eine glühende Kette beißen.

(Heiterkeit. - Sprechen.)

Davon ist man nachher abgekommen. Man hat die Kinder einmal einen Tag in die Schule geführt. Dann hat man einen Lehrer einmal einen Tag in den Kindergarten geführt. Das ist das, was Sie, Frau Schmitt-Lang, beschreiben, nämlich dass eine Lehrerin einen Tag in der Woche in den Kindergarten kommt, um den Kindern diesen Übergang zu erleichtern, der künstlich geschaffen ist. Natürlich ist das Unfug, dass man da eine Grenze hat. Man hat ja auch keine Grenze zwischen acht und neun oder drei und vier Jahren. Das ist eine künstlich geschaffene Grenze. Man muss darüber hinausdenken. Die praktischen Dinge stellen nur Schwierigkeiten für Personen dar, die keine Phantasie haben.

(Heiterkeit.)

Ich habe in meinen Schulen viele Dinge gemacht, die vorher nie gemacht worden sind, und zwar mit großem Erfolg. Das ist bescheinigt. Ich erwarte von Leuten, die sich berufsmäßig mit der Bildung unserer Kinder befassen, dass sie auch einmal über das System hinausdenken. Man kann das nicht einfach damit abtun, zu sagen, dass die Franzosen ein anderes System haben. Warum haben die Franzosen denn ein anderes System?

(Zurufe. - Unruhe.)

Die Franzosen sind nicht der Ansicht, dass die Kinder erst lesen und schreiben lernen, wenn sie sechs Jahre alt sind. Sie lesen und schreiben dann, wenn sie fähig sind, das zu lernen. Das ist ein anderes System. Und wir wollen unser System ja verbessern. Es ist keine Verschlechterung, sondern eine Verbesserung, wenn auch in den vorschulischen Einrichtungen Leute sind, die wie Lehrpersonen ausgebil

det sind. Natürlich würde man da keinen Schwerpunkt auf Sachkunde et cetera legen. Man wird das schon spezifisch für diese Stufe machen. Das hat man früher ja auch gemacht. Ich bin zum Beispiel ursprünglich als Volksschullehrer ausgebildet worden. Das hat damals von Klasse 1 bis 8 gereicht, nachher von Klasse 1 bis 9. Dann hat man einen Unterschied zwischen Grund- und Hauptschule gemacht. Dann gab es den Grundschullehrer für die Klassenstufen 1 bis 4. Dann wollte man 6 Jahre für die Grundschule, dann wäre es für die Klassenstufen 1 bis 6 gewesen. Das ist doch alles beweglich. Man kann doch alles organisieren. Das ist der Punkt. Wir haben keine Phantasie.

(Beifall von der AfD.)

Danke, Herr Fraktionsvorsitzender. Wortmeldungen sind nicht eingegangen, ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Drucksache 16/1233. Wer für die Annahme dieser Drucksache ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 16/1233 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt hat die AfDFraktion. Dagegen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen sowie die Fraktion DIE LINKE.

Wir kommen zu Punkt 13 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der AfDLandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Reform des ÖPNV - Einstieg in eine neue Tarifstruktur (Drucksache 16/1231)

Zur Begründung des Antrages erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzendem Josef Dörr das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde meine Redezeit nicht vollständig aufbrauchen, weil ich voraussetze, dass Sie die Probleme kennen. Ich werde trotzdem einige Dinge sagen und werde vor allen Dingen den Antrag klar formulieren. Er ist bereits schriftlich formuliert. Man kann dann dafür oder dagegen sein - Sie sind wahrscheinlich dagegen.

Über den saarländischen ÖPNV wird viel diskutiert, getan wurde in den vergangenen Jahren kaum etwas. Damit sich das ändert, arbeitet das Verkehrsministerium seit 2016 an einem neuen Verkehrsentwicklungsplan ÖPNV. Dieser soll besonders das

Schienennetz stärken. Ich habe kürzlich einen großen Bericht in der Saarbrücker Zeitung gelesen. Dort wurde in einem Satz klargemacht, dass es noch eine Weile dauert, bis dieser Plan fertig ist. Das kann man auch verstehen, denn es ist kein ganz leichtes Thema. Man beschäftigt sich bereits seit zig Jahren damit, ohne dass man zu einem Ergebnis gekommen ist.

Er ist zu teuer, zu unzuverlässig, zu unattraktiv. Die Nutzerzahlen der saarländischen Bahnen und Busse sprechen eine klare Sprache. Das ist - wie bei einem Fußballspiel - die Wahrheit liegt auf dem Felde. Beim Fußball sind es die Tore, beim öffentlichen Personennahverkehr sind es die Nutzerzahlen. Das sind die Zahlen, die alles sagen. Während 2010 das ist nicht so lange her - noch 93,4 Millionen Menschen den öffentlichen Nahverkehr nutzten, waren es 2018 nur noch 57,2 Millionen Menschen. Das ist also nur noch ein bisschen mehr als die Hälfte. Es ist ein drastischer Rückgang von 93,4 Millionen auf 57,2 Millionen Menschen in acht Jahren.

Nun sollen neue Rahmenbedingungen geschaffen werden, um den ÖPNV im Saarland wieder interessanter zu machen. Ich habe früher an anderer Stelle schon einmal gesagt, woran es hängt. Einer der vielen Gründe ist eben auch, dass die Entscheidungsträger selbst den öffentlichen Personennahverkehr nicht nutzen und deshalb kein gesteigertes Interesse an der Lösung der Probleme haben. Die Zukunftsvisionen haben natürlich auch ihren Preis. Im Sinne der Attraktivitätssteigerung, Entlastung der Straßen und des Umweltschutzes sind sie aber dennoch von immenser Wichtigkeit.

Viele Autofahrer denken: Was soll ich im öffentlichen Personennahverkehr? - Bevor ich in den Landtag kam, habe ich den öffentlichen Nahverkehr regelmäßig genutzt. Jetzt habe ich nur noch die selbst bezahlte Karte, aber keine Zeit mehr, diese zu nutzen. Ich habe mal am Bahnhof am Gleis gestanden und den Zug knapp verpasst. Der nächste Zug ist erst eine Stunde später gefahren. Dann habe ich überlegt, wie viele Autos in der Zeit die Straße am Bahnhof hochgefahren sind. Mir war klar, der öffentliche Personennahverkehr ist eine Randerscheinung. Das muss man ehrlich sagen. Viele Autofahrer denken, dass man ihn überhaupt nicht braucht. Wir brauchen ihn aber! Auch die Autofahrer brauchen ihn. Wenn nur 10 Prozent der Autofahrer den öffentlichen Personennahverkehr benutzten, könnten die Autofahrer wieder dort fließend fahren, wo sie jetzt im Stau stehen. Wir sind außerdem alle für Umweltschutz - das sagen wir zumindest immer. Das ist ein Beitrag zum Umweltschutz. Er muss und darf auch etwas kosten.

(Abg. Dörr (AfD) )

Zukünftig soll der ÖPNV durch eine Tarifreform kostengünstiger werden, jedenfalls für Abonnenten. Ein saarlandweites Flatrate-Ticket - heute muss alles englisch sein - soll das intransparente Wabensystem - gut, dass das schon mal erkannt ist - ablösen und besonders Kinder, Familien und Senioren entlasten. Geplant ist diese Reform bereits zu Beginn des kommenden Jahres - wer es glaubt. „‚Ein ambitioniertes Vorhaben‘, wie Ministerin Rehlinger zugibt, ‚aber ein mögliches. Das ist ein wichtiges Signal auch für die Handlungsfähigkeit‘, sagt sie“ - so stand es in der Saarbrücker Zeitung.

Wir haben jetzt einen ganz konkreten Antrag gestellt, der das beinhaltet. Wir fordern, Personen bis einschließlich 18 Jahre und ab 65 Jahre den ÖPNV kostenfrei nutzen zu lassen. Es ist klar, wir können uns nicht mit Luxemburg messen, bei denen der öffentliche Nahverkehr kostenfrei ist. Wir können aber schon ein Zeichen setzen. Das ist auch ein Stück Wettbewerbsfähigkeit und ein weicher Faktor im Saarland. Unser Antrag nimmt vorweg, was Frau Rehlinger ohnehin vielleicht mit einem komplizierten System vorschlagen will. Unser Antrag ist ganz einfach: Allen Personen bis einschließlich 18 Jahre und ab 65 Jahre - als Beitrag für die geringe Rente - den ÖPNV kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Wir bitten Sie, diesen Antrag anzunehmen.

(Beifall bei der AfD.)

Danke, Herr Fraktionsvorsitzender. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat der Kollege Hans-Peter Kurtz von der SPD.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der AfD entspricht wieder mal voll und ganz dem Motto: Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. - Nachdem ich Sie, Herr Dörr, hier gehört habe, ist der Antrag noch nicht einmal gut gemeint.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen und der LINKEN.)

Ich wusste, dass es mich irgendwann auch mal trifft, dass ich zu so einer Nullnummer reden muss.

(Lachen.)

Allein wenn ich den Betreff in dem Antrag sehe, komme ich schon voll und ganz ins Nachdenken. Sie schreiben: „Reform des ÖPNV - Einstieg in eine neue Tarifstruktur“ - das ist doch gar nichts Neues. Sie haben selbst darauf hingewiesen, dass eine Tarifstrukturerneuerung geplant ist. Frau Rehlinger ist

hier mit den Inhalten dieser geplanten Tarifneustruktur ab Anfang des Jahres auf gutem Weg. Sie glauben nicht, dass sie in Kraft tritt, aber mit den Inhalten haben Sie sich nicht beschäftigt. Sie haben vielleicht auch nicht mitbekommen, dass wir auch hier im Plenum schon mal über die Tarifstrukturreform geredet haben. Wir haben uns darüber Gedanken gemacht, was getan werden muss, um unseren ÖPNV im Saarland zukunftsfähig zu machen.

Wenn ich jetzt die konkrete Forderung von Ihnen anschaue, die Sie hier verteidigt haben, so sagt diese, Menschen bis zum 18. Lebensjahr und ab dem 65. Lebensjahr kostenlos fahren zu lassen. Das hat mich ganz durcheinandergebracht, weil ich gedacht habe, ich hätte den Antrag falsch gelesen. Sie haben in der Begründung immer davon gesprochen, wie wichtig es in unserem Land sei, die Autofahrer von den Straßen auf die Schienen zu bringen. Das sind aber nicht gerade die Menschen, die unter 18 sind.

(Zuruf des Abgeordneten Dörr (AfD).)

Irgendwie sind Sie nicht ganz im Thema. Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Beschäftigen Sie sich doch mal selbst mit Ihren Anträgen! Lesen Sie doch mal selbst, was Sie da schreiben! Geben Sie diese Aufgabe doch nicht an uns ab!

(Lachen. - Beifall bei den Regierungsfraktionen und der LINKEN.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, aus welchem Grund sollen wir eine finanzielle Entlastung gerade am Lebensalter festmachen? Gibt es da nicht andere, wichtigere und durchdachtere Aspekte? - Das haben wir in unserer Tarifstrukturreform gemacht. Herr Dörr, Sie haben sich bei dem Thema Flatrate geschüttelt. Es geht nicht um den Begriff „Flatrate“, sondern es geht darum, eine Tarifstruktur zu entwickeln, von der Familien etwas haben, zum Beispiel dass Schülertickets günstiger werden. Es geht darum, dass Schüler zum Beispiel nicht nur in die Schule und von der Schule nach Hause fahren können, sondern sich auch darüber hinaus im Land bewegen können, auch die Freizeit dadurch nutzen können. Es geht darum, dass auch Auszubildende einen Vorteil haben. Es geht darum, dass es einen Vorteil gibt, wenn Geschwister vorhanden sind. Das Ganze ist eine gut strukturierte Reform, ich möchte dazu nun aber in meinem Beitrag nichts ausführen, denn wir haben uns abgesprochen: Sarah Gillen wird das später noch einmal im Einzelnen darstellen, wahrscheinlich nur für Sie, denn die Kolleginnen und Kollegen kennen das schon. Sie wird sich auch damit befassen, warum wir uns gerade dieses System ausgedacht haben.

(Abg. Dörr (AfD) )

Sicherlich wäre es schön, wenn wir für 365 Euro im Jahr ein Ticket hätten, mit dem man das ganze Jahr fahren kann, oder wenn wir das gar kostenlos anbieten könnten. Im Gegensatz zu Ihnen machen wir aber tatsächlich etwas für die Saarländerrinnen und Saarländer. Denn durch die Reform wird es Entlastungen für die Familien geben, für die Kinder, für die Auszubildenden. Sie hingegen machen mit Ihren Schaufensteranträgen nicht einen Deut für die saarländische Bevölkerung! Ich denke, auch das muss man hier mal wieder klarstellen.