Protokoll der Sitzung vom 11.11.2020

Vielen Dank, Frau Präsidentin, das weiß ich zu schätzen! Ich habe noch einen letzten Gedanken, da schließe ich mich wiederum Jürgen Renner an: Es sind so viele Kinder gefährdet, sie brauchen den Schutz im Lebensraum Schule. Da macht es überhaupt keinen Sinn, in diesen Zeiten hier im Hause eine solche Diskussion zu führen, wie das die AfDFraktion möchte. Das macht keinen Sinn, das geht gegen das Wohl der Kinder!

(Beifall von der LINKEN.)

Der nächste Redner ist der Abgeordnete der CDULandtagsfraktion, Frank Wagner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen. Zuerst einmal zum Antrag der AfD. Wir beschäftigten uns, wie wir eben gehört haben, bereits zum vierten Mal mit dem Thema Schulpflicht - ich habe es mir genau angesehen. Es ging einmal um das Thema Heimunterricht, dann um das generelle Aussetzen der Schulpflicht und heute um das pandemiebezogene Aussetzen der Schulpflicht. Wir haben einen Antrag vorgelegt, der tatsächlich relativ spät kam, aber ich möchte schon deutlich machen, es war noch in der Frist, der Antrag wurde von uns vor 17.00 Uhr beim Landtag eingereicht. Der Großen Koalition war sehr wichtig, den Fokus erneut auf das zu legen, was in dieser Debatte wichtig ist, und das ist die aktuelle Situation in den Schulen vor Ort. Wir möchten dort gemeinsame Antworten liefern und uns dieser Debatte stellen.

(Beifall bei der CDU.)

Zur Schulpflicht. Wie eben bereits gesagt, wird in § 1 des Schulpflichtgesetzes sehr deutlich ausgeführt, was uns seit Jahrzehnten in Deutschland stolz macht, auch in den meisten Ländern seit vielen Jahrzehnten: Es ist das Recht auf Bildung. Dieses lassen wir uns von niemanden wegnehmen, auch nicht in der Zeit der Pandemie.

(Beifall von der CDU und bei der SPD.)

Ich möchte einleitend grundsätzlich darstellen, was der wichtigste Auftrag von Schule ist. Was eindrucksvoll in ganz vielen Passagen unserer fünf großen Schulgesetze dargestellt ist, ist der Erziehungsund Bildungsauftrag. Nichts anderes hat höchste Priorität in unseren Schulen, das dürfen wir in dieser Zeit nicht verkennen. Ich möchte an der Stelle auch noch sagen beziehungsweise dem Gesagten zustimmen: Schule und Bildungseinrichtungen haben sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert, sie haben viel mehr Aufgaben im Bereich des sozialen Miteinanders, im Bereich des sozialen Lernens. Da haben wir gerade hier im Saarland, in der Großen Koalition, in den letzten Jahren sehr viele Lösungsansätze gefunden, die ich an verschiedenen Stellen immer wieder ausgeführt habe.

Das beschäftigt mich und deshalb verstehe ich es ja auch, wenn solch eine Debatte emotional geführt wird. Ich glaube, darauf möchte ich eine Antwort liefern. Auch die Schärfe, die an der einen oder anderen Stelle an den Tag gelegt wird, sollte uns zum Nachdenken bringen. Da lasse ich mich nicht außen vor. Das haben wir gerade gestern in der Podiumsdiskussion mit der GEW gesehen. Ich muss ganz klar zum Ausdruck bringen, ich finde es toll, dass es in dieser Zeit für unsere Bildungsministerin selbstverständlich ist, sich in diese Debatte mit der GEW, mit den bildungspolitischen Sprechern der Fraktionen, die gestern dort vertreten waren - nur eine Fraktion hat auch da gefehlt -, einzubringen und sich

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) )

den Fragen zu stellen. Sie hat entsprechende Antworten geliefert. Das ist ein gutes Signal von Ihnen, Frau Ministerin.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Zuruf des Abgeordneten Dörr (AfD).)

Vergangene Woche war die Ministerin zum ersten Tagesordnungspunkt im Ausschuss anwesend und hat die aktuelle Situation dargestellt, die Zahlen analysiert und sich den vielfältigen Debatten gestellt. In der aktuellen Situation hat mich wirklich ein Bericht zum Nachdenken gebracht: Im Bereich der Verhaltensauffälligkeit, wir haben häufig darüber gesprochen, wurde bestätigt, dass aktuell kein Platz mehr in unseren Schulen dafür ist, weil es schlichtweg für die Kolleginnen und Kollegen sehr schwierig ist, im Moment den Themen Inklusion und Heterogenität so gerecht zu werden, wie es vorher der Fall war. Unser Ziel muss sein, dass uns dies nächstes Jahr wieder gelingt, und es wird uns auch gelingen.

(Beifall von der CDU und bei der SPD.)

Seit März befinden wir uns in einer Krise, die mit voller Wucht in den Schulen angekommen ist. Wir haben sukzessiv gelockert, auch im Bereich der Schulen nachgesteuert. In den Sommermonaten ist die Pandemie in den Köpfen zunehmend ins Hintertreffen geraten, da nehme ich mich auch nicht aus. Man hat es vielleicht nicht mehr so im Fokus gehabt. Die Kolleginnen und Kollegen, die pädagogischen Fachkräfte vor Ort hatten aber eine völlig andere Situation mit Problemfeldern, die man vorher nicht kannte, und haben Lösungen mit dem Bildungsministerium und mit der gesamten Landesregierung erarbeitet. Jetzt, im Oktober, ist gerade in den Schulen, in den Kitas die Pandemie mit voller Wucht zurückgekehrt. Wir müssen Lösungen finden, und ich glaube, die Landesregierung insgesamt kann zu Recht stolz sein, was in den letzten Wochen und Monaten gemeinsam auf den Weg gebracht wurde. Es wurden gemeinsame Hygienekonzepte erarbeitet, Lüftungskonzepte, Wegekonzepte, aber auch hier wird sich nicht weggeduckt, der Finanzminister ist direkt in die entsprechenden Aussprachen, in die entsprechenden Beratungen gegangen. Nach dem Maßnahmenpaket, das wir im Juni bereits vor den Sommerferien präsentieren konnten, kam ein zweites Maßnahmenpaket: zusätzliche Aufstockung der mobilen Lehrerreserve, Verstärkerbusse, unterstützendes Personal in FGTS und Kitas. Das sind Botschaften, auf die wir als Große Koalition in der Landesregierung zu Recht stolz sein können.

(Beifall von der CDU und bei der SPD.)

Zweites Thema: mobile Lüftungsgeräte, 4 Millionen Euro aus dem Budget der Landesregierung, angestoßen vom Innenminister, aber letztendlich von allen mitgetragen. Auch hier lohnt sich der Blick auf aktuelle Zahlen. Ich kann zum Thema RKI nur sagen, das, was Sie in den Debatten immer wieder als

Grundlage angeführt haben, ist von April/Mai, das ist mittlerweile veraltet. Im Bereich der Lüftungskonzepte gibt es eine ganz tolle, wissenschaftlich gut begründete Analyse des Max-Planck-Institutes, der Universität der Bundeswehr und anderer Hochschulen, die sich mit diesem Thema auseinandergesetzt haben und ganz deutlich zum Ausdruck bringen: Diese Lüftungsgeräte bringen etwas! Deshalb brauchen wir sie in unseren Bildungseinrichtungen. Wir werden weiter diesen Weg des Gesundheitsund Arbeitsschutzes verfolgen, das ist uns verdammt wichtig.

(Beifall bei der CDU.)

Es gibt ein weiteres Programm: 20 Millionen Euro für bauliche Maßnahmen, um die Fenster nachzurüsten, wenn sich etwa ein Fenster nicht richtig öffnen lässt, aber auch andere bauliche Maßnahmen, die sehr schnell umgesetzt werden können. Wir wissen von unseren Schulträgern, dass entsprechend reagiert wird.

Ich komme zu den Infektionszahlen. Es wird immer wieder an vielen Stellen betont, das Infektionsgeschehen in unseren Bildungseinrichtungen ist gering. Dass dies aber definitiv, zu 100 Prozent belegt ist, dieser Beweis bleibt aus. In den Gesprächen mit den Gesundheitsämtern wird schon sehr deutlich, es kann ganz gering nachgewiesen werden - das ist auch gut so -, dass Infektionsherde in den Bildungseinrichtungen auftreten. Was ich damit sagen will, ist, das Personal in unseren Bildungseinrichtungen ist verängstigt, macht sich Sorgen, macht seit Monaten einen tollen Job. Ich möchte an der Stelle allen, die tagtäglich an der Front stehen und ihren Dienst tagtäglich machen, ein Riesenkompliment aussprechen und mich bei allen dafür bedanken, was in den letzten Wochen und Monaten geleistet wurde und dass alle motiviert nach vorne schauen. - Vielen Dank dafür.

(Beifall von der CDU und bei der SPD.)

Thema FFP2-Masken. Das ist eine Debatte, die seit einigen Tagen geführt wird. Im Übrigen nicht nur bei uns, sondern in den meisten Bundesländern. Es ist gut, dass man sich auch hier zusammensetzt, dass einheitliche und transparente Lösungen gesucht werden. Es wird aber nicht die Lösung geben, die ein Freibrief ist, sondern, ich möchte es noch mal betonen, wir befinden uns in einer Krise, von daher brauchen wir individuelle, flexible Lösungen, die vor Ort ankommen. Unsere Lehrkräfte, unsere Erzieherinnen und Erzieher und das gesamte pädagogische Fachpersonal haben es verdient, wertgeschätzt zu werden und den bestmöglichen Gesundheits- und Arbeitsschutz zu erhalten. Von daher ist der Ansatz, freiwillig FFP2-Masken zur Verfügung zu stellen, genau der richtige Ansatz. Dafür werden wir weiterhin eintreten.

(Beifall bei der CDU.)

(Abg. Wagner (CDU) )

Im Übrigen, am gestrigen Tag hat die KMK-Präsidentin und Bildungsministerin von Rheinland-Pfalz ein Maßnahmenpaket von 1 Million Euro auf den Weg gebracht: Jede Schule erhält ein Paket mit Visieren und FFP2-Masken für die Lehrkräfte, die noch besser geschützt werden möchten. Diesen Weg, glaube ich, sollten wir im Saarland auch gehen.

Ich komme zum Präsenzunterricht, der gerade in den letzten Wochen und Monaten gezeigt hat, dass es wichtig ist, in der Präsenz mit den Schülerinnen und Schülern in Kontakt zu treten, und dass der Bereich des digitalen Lernens gerade in diesen Zeiten eine Notlösung ist. Wir müssen in der Krise aber auch über Notlösungen nachdenken; ich erinnere an den Erziehungs- und Bildungsauftrag, den wir im Blick haben müssen. Wir werden im Januar, Februar oder März 2021 nicht wieder in den normalen Modus zurückkehren können, sondern wir müssen im Blick haben, wie es mit den Abschlüssen, mit den Übergängen, mit dem Lernstoff und den Lehrplänen aussieht. Von daher brauchen wir individuelle und schnelle Lösungen. Im Rahmenplan, im Übrigen auch in unserem Antrag, ist deshalb aufgezeigt, dass es Alternativen gibt, die in den letzten Wochen und Monaten erarbeitet wurden; die Schulen haben sehr gute Ideen. Von daher hier die Anregung - wie auch gestern als Paket in Rheinland-Pfalz -, dass wir Wechselunterricht und Hybridunterricht einführen. Ich will es ganz deutlich sagen, Wechselunterricht und Hybridunterricht sind kein Schließen einer Schule, sondern sie ermöglichen, die Lerngruppen zu verkleinern und den Schulbetrieb dauerhaft aufrechtzuerhalten. Deshalb sollten wir darüber nachdenken. Gerade die Schulleitungen sollten an dem Punkt mitgenommen werden beziehungsweise die Beinfreiheit und die Flexibilität erhalten, um Erfahrungen zu sammeln, die wir vielleicht in den nächsten Wochen und Monaten brauchen, um den Hybridunterricht standortbezogen und flexibel einführen zu können.

Herr Wagner, Ihre Redezeit ist schon überschritten.

Abschließend bitte ich darum, dem Antrag der Koalitionsfraktionen zu folgen, weil es wichtig ist, dem Bildungsauftrag weiterhin mit einem pandemiebezogenen Unterricht gerecht zu werden und die Abstimmungen der Gesundheitsbehörden genauso weiterzuverfolgen. Wir brauchen eine gute Kommunikation für transparente und einheitliche Lösungen, in Zusammenarbeit mit Bildungsministerium und Gesundheitsministerium wurde ein guter Job gemacht. - Vielen Dank.

(Beifall von der CDU.)

Vielen Dank. - Der nächste Redner ist der Vorsitzende der AfD-Fraktion Josef Dörr. Herr Dörr, Sie haben noch 1 Minute und 12 Minuten.

(Heiterkeit und Sprechen.)

Nein, 1 Minute und 12 Sekunden.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe schon gedacht: Was ist das jetzt? - So ein Glück! Ich brauche aber gar nicht so lange, ich will nur noch auf eins eingehen, was eben gesagt worden ist.

(Vizepräsidentin Spaniol übernimmt den Vorsitz.)

Es wurde gesagt, ich hätte die Bildungsministerin im Ausschuss kritisiert, das habe ich auch gemacht, ich habe etwas angemerkt. Sie hat mit Recht gesagt, wenn die Kinder zu Hause sind und die Situation so ist wie jetzt, dann kommt es zu Gewalt in den Familien in manchen Familien, und zwar nicht so wie sonst, sondern vermehrt. Dann hat sie aufgezählt, wogegen man kämpfen muss: Man muss kämpfen gegen Gewalt an Jugendlichen, Kindern und Frauen. Da habe ich gesagt, das ist ein feministischer Blickwinkel, der nicht zu einer Bildungsministerin gehört, sie müsse die Männer auch mit nennen. Heute Morgen habe ich in der Saarbrücker Zeitung eine Statistik gelesen, in der es um Todesfälle durch häusliche Gewalt geht. Die Männer sind zwar nicht genannt, aber die Gesamtzahl und die Anzahl der Frauen sind genannt. Dann sieht man, dass auch ein sehr beträchtlicher Anteil oder eine hohe Zahl an Männern durch Gewalt in der Familie zu Tode kommt. Das wollte ich nur klarstellen. - Danke schön.

(Sprechen und Zuruf des Abgeordneten Wag- ner (CDU).)

Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender. - Das Wort hat nun die Ministerin für Bildung und Kultur Christine Streichert-Clivot.

(Zurufe.)

Ich sehe eine Kurzintervention des Kollegen Renner, die ich natürlich zulasse. Entschuldigung, Herr Kollege Renner. Sie haben das Wort zur direkten Erwiderung.

Herr Dörr, im Ausschuss haben Sie die Bildungsministerin - ich formuliere es jetzt zurückhaltend - darauf hingewiesen, dass nicht nur Frauen Opfer von familiärer Gewalt sind, sondern auch Männer. Sie

(Abg. Wagner (CDU) )

sind sie deshalb in einer Art und Weise angegangen,

(Zuruf des Abgeordneten Dörr (AfD) )

die nicht zu dulden ist.

(Abg. Dörr (AfD) : Wie angegangen?)

Wie der Zufall es so will, kamen heute Morgen in der Tat die Zahlen. Ich will nur eine Zahl nennen. Aus der Polizeilichen Kriminalstatistik zur Partnerschaftsgewalt 2019 geht hervor, dass von den Betroffenen den Angaben zufolge 81 Prozent Frauen sind und 19 Prozent Männer. Nun gestehe ich zu, dass man sich auch um die 19 Prozent Männer kümmern und beides im Blick behalten muss, aber diese Form der „Äquidistanz“ sorgt dafür, dass wir die Probleme nicht angehen, dass wir die Hauptbetroffenen in der Aufmerksamkeit nach hinten schieben. Ich glaube, das kann nicht sein! Wir müssen das Thema Gewalt gegen Frauen auch in Familien hier im Parlament hochhalten. Wir müssen dafür sorgen, dass wir Instrumente an die Hand bekommen, dass erstens die Gewalt abgestellt und zweitens den betroffenen Frauen und auch den Kindern Hilfe ermöglicht wird.

(Beifall bei der SPD und der CDU.)

Danke, Herr Kollege Renner. Wir fahren nun fort ‑ ‑

(Abg. Dörr (AfD) : Ich will darauf antworten, ich möchte eine Kurzintervention machen!)

Nein, Sie haben eine Rede gehalten und Herr Kollege Renner hat eine Kurzintervention signalisiert. Soweit ich weiß ‑ ‑