Zur pandemischen Lage insgesamt will ich auch ein paar Bemerkungen machen. Die Zahl der Neuinfektionen, das müssen wir leider feststellen, ist nicht in dem Maße gesunken, wie sich das Bund und Länder zunächst erhofft hatten. Stattdessen haben die Belegungszahlen bei Intensivbetten in Teilen Deutschlands schon - bei uns zum Glück noch nicht - einen kritischen Punkt erreicht. Eine Überlastung des Gesundheitssystems und damit extrem ansteigende Todeszahlen müssen, ich glaube, da sind wir uns einig, unbedingt verhindert werden. Das muss im Fokus des Interesses stehen. Deshalb ist die Verlängerung der Einschränkungen über den November hinaus auch nach Ansicht meiner Fraktion richtig. Über Einzelheiten, was geregelt werden muss, haben wir beim letzten Mal diskutiert. Ich glaube immer noch, dass wir die Museen hätten auflassen können. Aber am Schluss wird man einen Kompromiss finden müssen, daran würde ich es jetzt nicht scheitern lassen. Darüber kann man auch geteilter Meinung sein.
Als Koalitionsfraktionen jedenfalls - ich glaube, das kann ich für beide Fraktionen sagen - unterstützen wir insgesamt das Vorgehen der saarländischen Landesregierung. Damit ist klar, das Parlament steht mit großer Mehrheit zu den gefassten Maßnahmen; damit auch das nach draußen deutlich wird: Ja, das Parlament unterstützt den Kurs der saarländischen Landesregierung in der Pandemiebekämpfung!
Zur Lage im Saarland. Im Saarland haben sich die Zahlen zum Glück stabilisiert. Sie bleiben aber leider immer noch auf einem hohen Niveau. Ich will einen Punkt in den Fokus stellen, der mir persönlich besonders viele Sorgen macht, nicht privat, aber persönlich, weil ich mich in den letzten Wochen sehr intensiv damit beschäftigt habe. Das sind die vielen Fälle, die wir immer wieder in den Senioren- und Pflegeeinrichtungen haben. Hier entfaltet - das ist logisch wegen der Situation dort - das Virus mit seine verheerendste Wirkung, sowohl in den stationären als auch in den ambulanten Einrichtungen. Deswegen bin ich der Auffassung, dass der Schutz von Alten- und Pflegeeinrichtungen hohe Priorität haben muss. Es ist schmerzhaft, dass auch in der zweiten Welle die Infektionszahlen und damit auch die Sterbezahlen in den saarländischen Alten- und Pflegeeinrichtungen im Ländervergleich überdurchschnittlich sind.
Wir können das aber nicht pauschal jemandem in die Schuhe schieben, das liegt mir fern. Es gibt auch Gründe dafür. Einer ist, dass wir eine andere Demografie haben als andere Bundesländer. Sicherlich mag es auch, so ist es mir von Pflegeeinrichtungen und Trägern nahegelegt worden, mit unserer Berg
baugeschichte zu tun haben, dass wir eben im Saarland sehr viel mehr pneumologische Vorerkrankungen haben und auch aus diesem Grund das Virus eher seinen Weg findet. Aber ich sage auch das deutlich: Wenn man das weiß, und wir wissen das jetzt offenkundig, dann müssen wir auch bei uns die entsprechenden umfassenden Schutzmaßnahmen ergreifen. Alles andere, meine sehr verehrten Damen und Herren, wäre fahrlässig.
Dazu gehört auf jeden Fall auch, dass FFP2-Masken und regelmäßige Antigen-Tests zum Standard in den Einrichtungen werden. Der neu verfassten Teststrategie ließ sich entnehmen, dass wir im Saarland einen Vorrat von 1 Million Antigen-Schnelltests haben. Diese müssen dann auch schnell in den Senioren- und Pflegeeinrichtungen zum Einsatz kommen. Ab heute sind ja laut Beschluss der MinisterpräsidentInnenkonferenz für jeden Pflegebedürftigen 30 Schnelltests pro Monat vorgesehen. Menschen werden sich fragen: Haben wir ausreichend Tests? Wann werden diese Tests ausgeliefert? Wie will die Landesregierung, wie will das Gesundheitsministerium diese Testung umsetzen und wie werden die Träger der Senioren- und Pflegeeinrichtungen dabei personell und finanziell unterstützt? Das sind alles wichtige Fragen, die wirklich dringend ausführlich beantwortet werden müssen.
Ich teile ausdrücklich Ihre Sorge, Herr Kollege Lafontaine, und auch Ihren Unmut darüber, dass wir an vielen Stellen bisher immer noch keine zufriedenstellende Datenbasis haben, was diese Pandemie betrifft. Ich kann es mir irgendwie in einer hochindustrialisierten, hochentwickelten Gesellschaft kaum vorstellen, dass das nicht möglich sein soll. Das ist ein Punkt, wo wir dringend nacharbeiten müssen, wo es dringend erforderlich ist, dass wir die Wissenschaft dransetzen. Ich finde auch manche Antworten auf Fragen, die in den Ausschüssen zu Testungen gegeben werden, etwas unbefriedigend. An vielen Stellen - es gab gerade in diesen Tagen wieder eine Auskunft - liegen keine Informationen dazu vor. Man kann das in einer Tabelle nachlesen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich frage an dieser Stelle: Wenn wir keine Informationen haben, wie wollen wir denn dann in wenigen Tagen und Wochen überprüfen, ob die Teststrategie erfolgreich war? Ich glaube, darauf müssen wir den Fokus richten. Das hat sehr, sehr viel damit zu tun, wie der weitere Pandemieverlauf sein wird, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen. Deswegen müssen wir da dringend ran. Ich bin aber guter Dinge, dass die Landesregierung das in den Blick nehmen wird.
Ich frage mich auch, warum die FFP2-Masken, die ab heute ausgegeben werden müssen, gegen eine geringe Gebühr ausgegeben werden sollen. Da fra
gen sich die Menschen: Hat unsere Oma denn an Weihnachten auch tatsächlich eine solche Maske? Ich sage Ihnen, mir fehlt ein bisschen das Verständnis, dass wir zwar auf der einen Seite mit Milliardenbeträgen die Lufthansa retten können, aber die Schutzmasken für ältere Personen mit einer Schutzgebühr belegen lassen wollen. Ich glaube, am Schluss müssen wir zumindest darauf achten, dass diese kleine Schutzgebühr niemanden abschreckt, sondern dass die älteren Menschen in unserem Land, diejenigen, die vulnerabel sind, über Weihnachten und in der Adventszeit auf jeden Fall auch über entsprechende Schutzmasken verfügen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Verordnungen und Maßnahmen müssen für Klarheit sorgen. Wir haben aber zu oft erlebt, dass sie für zusätzliche Verwirrung gesorgt haben. Ich glaube, deswegen ist es notwendig, dass an dieser Stelle sorgfältig gearbeitet wird. Ich wiederhole das, was an mehreren Stellen schon gesagt worden ist: Wir sollten das, was wir derzeit als Verordnungsstückwerk haben, was im Einzelfall immer gut begründet war, noch mal neu aufsetzen. Ich glaube, wir brauchen an dieser Stelle so etwas wie einen Relaunch, so heißt das, glaube ich, auf Neudeutsch, um wirklich noch mal eine klare Struktur da hineinzubekommen. Das mag ein Detail sein, aber es sind auch viele Dinge neu zu regeln.
Mich hat gestern ein Brief erreicht, ich glaube, andere Kolleginnen und Kollegen haben ihn auch bekommen, der etwas betrifft, wo wir Klarheit schaffen müssen. Wir sagen auf der einen Seite: Zu Weihnachten darf man sich im kleinen, aber ein bisschen erweiterten Familienkreis treffen, aber aushäusige Übernachtungen sind nicht zugelassen. Ich frage mich, was das konkret bedeuten soll. Soll die Oma, wenn wir zu Hause kein Gästezimmer haben, zu Hause bleiben? Ich glaube jedenfalls, an dieser Stelle muss schnell Klarheit geschaffen werden, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das sind wichtige Punkte, das sind die Punkte, die die Menschen jetzt gerade in der Vorweihnachtszeit unmittelbar beschäftigen. Ich glaube, darauf brauchen wir Antworten, verlässliche Antworten. Ich will dem nicht vorgreifen, aber das muss sehr seriös beantwortet werden. Die Antwort darauf müssen wir aber geben, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Deswegen ist einer der ganz wichtigen Punkte in dem Zusammenhang: Wir brauchen auch für die Menschen klare und transparente Strategien, sowohl bei den Testungen als auch bei den Impfungen. Jeder Tag, an dem keine Klarheit herrscht, gefährdet im Zweifelsfall die Gesundheit der Menschen und kostet auch Menschenleben. Ich glaube, das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang.
Ich will noch etwas sagen. Von der zweiten Welle ist bereits im Frühjahr und Sommer sehr viel gesprochen worden. Wir haben eigentlich damals von vielen gehört, dass wir aufpassen müssen, dass es keinen zweiten Lockdown gibt. Ich bin mit dem Begriff vorsichtig. Wenn ich mich in der Welt umschaue, würde ich nicht davon sprechen, dass wir hier zurzeit einen harten Lockdown haben. Er trifft die Menschen aber in der Tat sehr unterschiedlich. Der Kollege Magnus Jung wird später noch auf die soziale Frage in dem Zusammenhang eingehen.
Wir müssen allerdings in jedem Fall beachten, dass, wenn dem zweiten Teillockdown nicht noch ein dritter oder vierter folgen soll, die Teststrategien aller Länder schnell umgesetzt werden und evaluierbar sind. Daran anknüpfend müssen die Gesundheitsämter unterstützt werden, um die Kontaktnachverfolgung wirklich so sicherzustellen, dass ein erneuter Anstieg der Infektionszahlen auf ein nicht mehr kontrollierbares Maß verhindert werden kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Grundlage - da bin ich sehr überzeugt, ich bin auch ein sehr überzeugter Anhänger der Aufklärung - müssen Zahlen, Daten und Fakten sein, also nicht nur ein Bauchgefühl. Ganz ohne Bauchgefühl - da wird auch Herr Lafontaine zustimmen - geht es in der Politik nicht, aber Zahlen, Daten und Fakten, die wir bekommen können, müssen wir auch haben, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wenn wir sie nicht bekommen, dann fahren wir weiterhin nicht - wie das oft gesagt wird - auf Sicht. Ich habe manches Mal leider den Eindruck, wir fahren nicht auf Sicht, sondern fischen in dieser Pandemiebekämpfung nach wie vor an manchen Stellen im Trüben oder stochern im Nebel. Das kann aber keine solide Grundlage für Pandemiebekämpfung sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Alle in diesem Land hatten Verständnis dafür, dass die Politik im Frühjahr Entscheidungen treffen musste, die auf unvollständigem Wissen beruhten. Die Datenlage musste unklar sein. Alle waren sich dessen bewusst. Das ist heute aber anders. Ich glaube, da müssen wir dringend nacharbeiten. Die derzeitige Situation, was die Faktenlage angeht, ist unbefriedigend und nicht akzeptabel. Und das wird auch nicht dauerhaft tragen. Da bin ich wieder bei dem Ausgangspunkt. Es wird auch in der Bevölkerung nicht dauerhaft tragen und es wird uns von den Gerichten im Zweifelsfall um die Ohren geschlagen werden.
Die Bevölkerung muss verstehen können, warum welche Maßnahmen ergriffen werden. Wenn auf viele Fragen die häufigste Antwort ist, dass keine Informationen vorlägen, dann müssen wir uns in der Tat fragen, wie wir die Wirksamkeit einer Teststrategie anschließend kontrollieren wollen. Das müssen wir uns heute fragen und das müssen wir auch schnell beantworten, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Weiterhin sollten wir als Saarländerinnen und Saarländer ganz selbstbewusst sein. Die Stärke des Saarlandes könnte in Anlehnung an einen Leitsatz dieser Landesregierung seine Größe sein. Kleinräumigkeit müsste eigentlich dazu dienen, die Pandemie viel besser in den Griff zu bekommen. Der größte Unterschied zum ersten Lockdown ist, dass wir mittlerweile über Schnelltests verfügen. Sie könnten tatsächlich dafür sorgen, dass wir eine völlig andere Strategie anschlagen. Das heißt, sie könnten ein Gamechanger sein.
Ich tue mich mit englischen Begriffen immer ein bisschen schwer. Ich suche noch nach dem passenden französischen Begriff, damit es auch in die Frankreichstrategie passt. Uns wird sicherlich noch etwas einfallen.
Entscheidend ist, dass wir diese Tests beispielsweise so einsetzen, dass sie in lokalen Hotspots kleinräumig zur Anwendung kommen oder dass sie in Bildungseinrichtungen oder Stadtteilen, die besonders betroffen sind, zum Einsatz kommen. Bei einer Häufung von Fällen lohnt es sich, Cluster zu identifizieren und zu unterbrechen. Ich glaube, das ist in der Tat etwas, das wir nach der ersten Welle nicht schnell genug gelernt haben, jetzt aber dringend angehen müssen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Abschließend ist es in der Tat so, dass die Nachrichten über die Wirksamkeiten der drei am weitesten entwickelten Impfstoffe - ich habe gerade eben gesehen, dass zwei weitere Zulassungen beantragt worden sind - uns allen Hoffnung machen. Wir wissen aber auch, dass es noch eine ganze Weile dauern wird, bis die Impfungen tatsächlich zu einer Herdenimmunität beitragen können. Unser Anspruch muss deshalb sein, uns nicht irgendwie mit hohen Fallzahlen über die Zeit zu retten, sondern alles zu tun, um Cluster zu identifizieren und zu vermeiden.
Wenn der Lkw mit dem Impfstoff ankommt, muss auch endlich die Frage entschieden sein und transparent gemacht werden - ich stimme dem Ministerpräsidenten da ausdrücklich zu -, wer wann geimpft wird. Dafür müssen wir gute Begründungen haben. Ich bin sehr sicher, dass es dafür jeweils gute Begründungen gibt. Jeder Tag, an dem hierüber keine Klarheit herrscht, ist sicherlich ein Tag der Unsicherheit in der Pandemiebekämpfung. Und Unsicherheit - zumindest selbst gemachte - können wir uns nicht leisten. Deswegen fasse ich das zusammen: Wir hatten im Frühjahr sicherlich alle Verständnis dafür, dass wir als Politik insgesamt Entscheidungen ohne Datengrundlage treffen mussten. Ich sage, dass ich heute nur noch sehr mäßiges bis gar kein Verständnis dafür habe, dass wir das immer noch so tun sollen. Wir brauchen an dieser Stelle Klarheit, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich fasse zusammen: Wir brauchen klare, transparente Strategien, sowohl bei den Testungen als auch für die Impfungen. Jeder Tag, an dem keine Klarheit herrscht - so kann man es zuspitzen -, kostet uns potenziell Menschenleben. Zum Zweiten: Wenn auf Fragen die häufigste Antwort ist, dass keine Informationen vorlägen, müssen wir die Frage stellen, wie wir die Wirksamkeit einer Teststrategie letztlich kontrollieren wollen. Ich bin nicht zufrieden damit, nur diese Frage stellen zu können. Drittens: Im Frühjahr hatten alle Verständnis dafür, dass wir als Politik Entscheidungen ohne Datengrundlage treffen mussten. Heute dürfen wir kein Verständnis mehr dafür haben, dass wir das immer noch so tun sollten.
Ich komme zum Anfang zurück. Wir brauchen einen praktikablen Mechanismus zur Beteiligung unseres Parlamentes. Ich habe in der Tat keine Lust, alle 14 Tage hier zu sitzen und darüber zu diskutieren, wie das Parlament beteiligt wird, ob jemand gerade Zeit hat und ein Halle zur Verfügung steht. Ich glaube, das sind Aufgaben, die wir uns in den nächsten Tagen vornehmen müssen, die wir schnell lösen müssen. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. - Bleiben Sie gesund und ein herzliches Glückauf.
Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender. - Der nächste Redner ist der fraktionslose Abgeordnete Lutz Hecker.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Die Verordnung zur Änderung infektionsrechtlicher Verordnungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vom 27.11.2020 ist seit vorgestern in Kraft und daran ändert auch die heutige Debatte nichts, nicht das Geringste. Dieses Parlament gewählter Volksvertreter wird wiederum übergangen, obwohl auch diesmal erhebliche Grundrechtseinschränkungen integraler Bestandteil der Verordnung sind.
Und Sie, Herr Ministerpräsident, kündigen nun an, Sie möchten nach jeder Verordnung ein Sonderplenum einberufen, damit dieses Hohe Haus auch noch seine Meinung äußern kann, nachdem Sie Ihre Grundrechtseinschränkungen beschlossen haben. Ich kann Ihnen sagen, ich empfinde das als Hohn, wenn Sie von Ihrem hohen Ross herunter den Volksvertretern am Katzentisch ein paar Worte zugestehen, nachdem Ihre Verordnungen längst in Kraft sind. So funktioniert parlamentarische Demokratie nicht. Dieser Hokuspokus, den wir heute veranstalten, ist ein wertloses Schauspiel, das nur dazu dient, der Öffentlichkeit vorzugaukeln, wir hätten irgendein
Professor Gröpl hat Ihnen Ihr hochgelobtes Maßnahmengesetz zu Recht zerpflückt und hat dieses Parlament aufgefordert, selbst Verantwortung zu übernehmen. Davon sind wir jedoch weit entfernt. Das Bevölkerungsschutzgesetz und die Verordnungen der Landesregierung basieren nach wie vor ausschließlich auf den durch Tests belegten Infektionszahlen. Bevor hier jetzt jemand wieder etwas anderes behauptet: Sie sollten endlich verstehen, dass die Inzidenz nichts anderes ist als eine Funktion der positiven Tests, und zwar ausschließlich. Die Zahl der positiven Tests wiederum ist eine Funktion der Gesamtzahl von Tests und diese ist jederzeit durch eine Änderung der sogenannten Teststrategie manipulierbar.
Ganz zu schweigen von der immer wieder vorgebrachten Begründung, dass wir das Infektionsgeschehen durch Nachverfolgung unter Kontrolle halten müssen. Sie können noch so viele Soldaten in die Gesundheitsämter schicken, auch die werden nicht bei allen positiv Getesteten feststellen können, wo diese sich infiziert haben. Entscheidend ist die Dunkelziffer. Die saarländische Antikörperstudie gibt in ihrem Zwischenfazit eine Dunkelziffer von 3 bis 6 an, andere Studien Zahlen von 10, 20 oder noch viel höher. Was heißt das? - Sie versuchen, bei einem ganz geringen Bruchteil der tatsächlich Infizierten nachzuverfolgen, wo sie sich angesteckt haben. Und selbst dies gelingt nur zu einem kleinen Teil. Und damit wollen Sie den hehren Anspruch erfüllen, die Infektionen zu kontrollieren. Das ist absurd und geradezu lächerlich.
Sie schränken Grundrechte ein, Sie nehmen ganzen Branchen die Grundlage ihrer Existenz und Sie versuchen, das mit Millionen und Abermillionen Euro an Schulden zuzukleistern. Und das alles auf der Grundlage einer einzigen wertlosen Zahl. Sie gehen dabei nach dem Grundsatz vor „Nach uns die Sintflut“. Diese durch Schulden hervorgerufene Ausweitung der Geldmenge, der letztlich kein realer Gegenwert gegenübersteht, wird uns irgendwann ganz gewaltig auf die Füße fallen. Wir produzieren Blasen, die zwangsläufig irgendwann platzen müssen. Was Sie hier also tun, ist nicht evidenzbasiert und weder angemessen noch verhältnismäßig.
Vielleicht gelingt es Ihnen, die gravierendsten Folgen Ihrer Maßnahmen erst nach der Bundestagswahl augenscheinlich werden zu lassen, vielleicht auch noch ein halbes Jahr später. Die Grundlagen Ihrer Maßnahmen sind völlig ungeeignet. Viel sinnvoller wäre es, den Anteil der stationär Behandelten und die Belegung der Intensivbetten als wesentliche Kriterien für die gravierenden Einschränkungen zu nehmen. Wir befinden uns bei beiden Kriterien momentan auf einem Plateau, auf einer Seitwärtsentwicklung, die erstens nicht den gravierenden Anstieg
Ihrer positiven PCR-Tests im Oktober/November widerspiegelt und die zweitens nicht den Stand vom April dieses Jahres erreicht hat.
Außerdem sollten Sie diese Zahlen auch erklären, indem Sie zum Beispiel die Anzahl von stationär Behandelten und die Anzahl von intensivmedizinisch Behandelten während einer Grippeepidemie wie 2017/2018 zum Vergleich aufzeigen. Ich habe das hier schon mehrfach gefordert, aber Sie tun es nicht. Warum? - Schützen Sie stattdessen die Risikogruppen, setzen Sie auf Eigenverantwortung und vor allen Dingen heben Sie die Schließungen der Branchen auf, die alle viel Geld für Hygienekonzepte ausgegeben und keine Mühen gescheut haben, ihre Kunden zu schützen.
Ich komme auf den Anfang meiner Rede zurück. Professor Gröpl schreibt: Es spricht vieles dafür, dass für den Landtag des Saarlandes eine Pflicht zur Beratung und zum Beschluss rechtverordnungsvertretender Parlamentsgesetze besteht. - Und weiter: Werden etwa landesweit gastronomische Betriebe oder Einrichtungen des Freizeitsports geschlossen, hat dies eine freiheitsbeschränkende Wirkung für rund 1 Million Menschen, insbesondere aber eine berufs- und zum Teil existenzbedrohende Wirkung für die betroffenen Betriebsinhaber und Beschäftigten. - Damit ist eigentlich alles gesagt. Die Abgeordneten des Landtages sollten nicht über längst in Kraft getretene Grundrechtseinschränkungen durch die Landesregierung debattieren. Nein, andersherum wird ein Schuh daraus. Dieses Hohe Haus sollte selbst die Verantwortung für einschneidende Maßnahmen, die allen Saarländern zugemutet werden sollen, übernehmen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Thomas Mann hat einmal gesagt „Eine schmerzliche Wahrheit ist besser als eine Lüge.“ Ich möchte das ganz bewusst zu Anfang meines Beitrages setzen, weil ich glaube, dass wir heute Morgen schon einige schmerzliche Wahrheiten gehört haben. Diese Corona-Pandemie zwingt uns dazu, die eine oder andere Wahrheit, wenn sie auch schmerzhaft ist, wahrzunehmen.
Ich möchte vielleicht ganz kurz zu dem, was Herr Hecker eben deutlich gemacht hat, etwas sagen. Wir diskutieren hier die Verordnung der Landesregierung. Die Kollegin Dagmar Heib hat in ihrem Beitrag die Trennung zwischen Exekutive und Legislati
ve deutlich gemacht. Das saarländische Parlament hat immer - auch schon vor dem Infektionsschutzgesetz - die Möglichkeit, Verordnungen der Landesregierung zurückzunehmen und mit Mehrheiten letztendlich zu streichen. Es ist also kein Unsinn, dass wir hier zusammen sind und über Verordnungen diskutieren und reden. Der saarländische Landtag hat immer die Möglichkeit, Verordnungen, wenn sie ihm nicht passen, mit Mehrheit zurückzunehmen. Von daher ist es kein Unsinn, dass wir uns heute an diesem Dienstagmorgen hier über diese Verordnung unterhalten.
Außerdem möchte ich ganz klar betonen, dass es richtig ist, die Handlungsfähigkeit der Landesregierung nicht einzudämmen. Das ist zum großen Teil durch das Bundesinfektionsschutzgesetz auch legitimiert und abgesichert. Natürlich müssen wir hier die einzelnen Dinge bereden und angehen, aber ich glaube, das eine oder andere ist einfach überzogen.