Protokoll der Sitzung vom 24.10.2017

Laut dem Statistischen Bundesamt gilt bei uns in Deutschland als arm oder als armutsgefährdet, wer ein Einkommen unterhalb eines bestimmten Standards hat. Armutsgefährdet ist, wer weniger als 60 Prozent des Mittelwerts des Pro-Kopf-Einkommens unserer Bevölkerung zur Verfügung hat. Bei uns in Deutschland bedeutet das zum Beispiel: Für eine vierköpfige Familie mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 14 Jahren liegt diese Schwelle bei 1.978 Euro Nettoeinkommen im Monat. Die Zahl ändert sich, wenn ein Elternteil wegfällt. Bei Alleinerziehenden mit zwei Kindern unter 14 Jahren liegt die Armutsschwelle bei 1.507 Euro.

Tatsache ist: Kinderarmut gründet in den allermeisten Fällen auf Eltern- und Familienarmut. Viel zu oft überdauert die Abhängigkeit von Sozialleistungen in vielen Familien von Generation zu Generation, sie wird quasi vererbt. Wer es also wirklich ernst meint, muss die gesamte Situation in den Blick nehmen, um effektiv gegen Armut vorgehen zu können. Und das werden wir hier bei uns im Saarland tun. Das Wissen, dass trotz aller Anstrengung noch fast jedes

(Abg. Schramm (DIE LINKE) )

fünfte Kind im Saarland arm oder von Armut bedroht ist, darf uns nicht ruhen lassen. Aus diesem Grund ist die Bekämpfung von Armut auch in dieser neuen Legislaturperiode ein Schwerpunkt unserer politischen Arbeit.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, zitiere ich aus dem zwischen CDU und SPD vor wenigen Monaten im Saarland geschlossen Koalitionsvertrag: „Wir werden auf der Basis einer aktuellen Übersicht über alle Armutsprojekte auf Landes-, Kreis- und Gemeindeebene im Saarland und unter Beteiligung der Mitglieder des ‚Beirats zur Stellung der Sozialstudie‘ zeitnah einen wirksamen finanziell abgesicherten Aktionsplan zur Bekämpfung von Armut im Saarland entwickeln. Dieser wird im Rahmen einer ganzheitlichen, ressortübergreifenden Strategie bestehende Maßnahmen evaluieren und neue Handlungsbedarfe feststellen. Im Aktionsplan werden wir dazu konkrete Verantwortlichkeiten, einen Zeitplan und Zielvereinbarungen festlegen.“

Sie sehen, sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das, was bereits beschlossen ist, ist weit mehr als das, was uns heute hier als Antrag vorliegt.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wir werden unseren Worten auch Taten folgen lassen. Wie überall, wo wir in den letzten Jahren Verantwortung getragen haben - im Bund und hier im Land - werden wir erneut unter Beweis stellen, dass wir es ernst meinen. Ich nenne einige Beispiele. Das von der CDU eingeführte Erziehungsgeld wurde in der vergangenen Legislaturperiode um das Elterngeld Plus erweitert. So ermöglichen wir Eltern in den ersten Lebensjahren ihres Kindes mehr Flexibilität bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir haben den Ausbau der Kinderbetreuung vorangetrieben. Bundesweit wurden rund 5,3 Milliarden Euro in den Bau und Betrieb von Kindertagesstätten investiert, vieles von diesem Geld im Saarland. Für alleinerziehende Mütter und Väter wurde der steuerliche Entlastungsbetrag deutlich angehoben. Außerdem wurden das Kindergeld und auch der Kinderzuschlag mehrfach erhöht. Wir wollen schon die Kleinsten unterstützen: Kinder sollen möglichst ohne materielle Entbehrungen aufwachsen und gute Startbedingungen für ihr späteres Leben haben. Aus diesem Grund haben wir als Regierungskoalition eine deutliche Absenkung der Elternbeiträge für die Betreuungskosten unserer Kinder in Krippen oder Kindergärten vereinbart.

Ich hoffe und gehe davon aus, dass wir Christdemokraten in den aktuellen Koalitionsverhandlungen in Berlin unser Ziel durchsetzen, die finanzielle Situation junger Familien weiter spürbar zu verbessern. Wir wollen den Kinderfreibetrag in zwei Schritten auf

das Niveau des Erwachsenenfreibetrags anheben und natürlich auch das Kindergeld entsprechend erhöhen. In einem ersten Schritt soll das Kindergeld um 25 Euro je Kind erhöht werden. Ich glaube, 300 Euro mehr pro Kind und Jahr sind ein starkes, ein wichtiges Signal, aber auch sie decken nur einen Teilaspekt ab.

Für ein selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Leben brauchen Eltern vor allem Arbeit. Wenn sie erwerbstätig sind, sinkt das Armutsrisiko von Familien drastisch. In den vergangenen Jahren haben sich die Möglichkeiten wegen der guten Wirtschaftslage stetig verbessert. Die Zahl der Arbeitslosen ist auf einen Tiefstand seit der Wiedervereinigung gesunken. Und trotzdem: Wir können nicht zufrieden sein. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist noch immer zu hoch und sie sinkt viel zu langsam. Unsere Ministerpräsidentin setzt vor diesem Hintergrund zu Recht auf einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor. Er kann helfen, Menschen zu qualifizieren und sie so in die Lage zu versetzen, gute Arbeit mit einer leistungsgerechten Entlohnung zu finden. Mit ASaar - dem Landesprogramm „Arbeit für das Saarland“ zur Flankierung der öffentlich geförderten Beschäftigung - wurde bereits in der letzten Legislaturperiode ein nachhaltiges, erfolgreiches Instrument geschaffen, das Maßstäbe setzt und in bester Kontinuität in den kommenden Jahren seine Fortsetzung findet.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Mir persönlich ist auch wichtig, dass wir es den Menschen in unserem Land ermöglichen, sich selbst weiterzubilden, sich selbst neue Möglichkeiten und Chancen zu erarbeiten. Dazu muss meiner Meinung nach auch dem zweiten Bildungsweg wieder mehr Gewicht verliehen werden, die Angebote müssen aber auch genutzt werden. Um dem Armutsrisiko zu entgehen, muss man bereit sein, sich auch selbst mit Mut und Leistungsbereitschaft einzubringen.

Zur Armutsbekämpfung gehört auch die Bekämpfung ungleicher Chancen zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Alleinerziehende Frauen sind auf Einkommen angewiesen. Und wenn man den Statistiken Glauben schenken mag, arbeiten auch Frauen mit Kindern, die einen Partner an ihrer Seite haben, zu 40 Prozent wegen der familiären Verpflichtungen nicht. Die Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie müssen also noch weiter verbessert werden. Wir brauchen echte Wahlfreiheit! Hierzu zählen nicht nur die bereits von mir erwähnten Angebote zur Kinderbetreuung, sondern auch die Arbeitszeitflexibilisierung. Durch den demografischen Wandel und durch die Digitalisierung wird sich unsere Arbeitswelt verändern. Es ist an uns, diese Veränderungen mit zu begleiten und sie in einem positiven Sinne in geregelten Bahnen zu halten und sie gemeinsam mit den Tarifpartnern so zu gestalten, dass „Gute Arbeit“ daraus entsteht.

(Abg. Theobald (CDU) )

Kommen wir zum Bereich Wohnen. Mieten, da erzähle ich Ihnen kein Geheimnis, bringen viele Menschen an ihre Belastungsgrenze. Laut einer Studie, die die Hans-Böckler-Stiftung gefördert hat, haben etwa 1,3 Millionen Haushalte in Deutschland nach Abzug der Miete ein Resteinkommen, das unterhalb der Hartz-IV-Regelsätze liegt. Zurzeit werden zu wenige Wohnungen im niedrigen Preissegment gebaut oder saniert, die genug Platz für Familien bieten oder barrierefrei ausgestattet sind. Das wollen wir ändern, denn wir brauchen ausreichenden, guten und bezahlbaren Wohnraum.

Mit dem Bündnis für bezahlbares Bauen und Wohnen haben wir bereits den Wiedereinstieg in den sozialen Wohnungsbau in den Kommunen unseres Landes gesichert. Auf Bundesebene haben wir uns die Einführung eines Baukindergeldes als Ziel gesetzt.

Ich fasse zusammen und ergänze: Weitere Verbesserung der Betreuungsmöglichkeiten, Absenkung der Betreuungskosten, verbesserte finanzielle Unterstützung von Familien mit Kindern, Förderung von Jugendarbeit und Jugendverbandsarbeit. Weitere Verbesserungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, leichtere Rückkehr zur Arbeit in Vollzeit, Erwerbstätigkeit von Frauen erhöhen, Gute Arbeit, faire Löhne und Entgeltgleichheit, Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit, bedarfsgerechte Weiterentwicklung des Mindestlohns. Ausreichender und günstiger Wohnraum, Verbesserung der Möglichkeiten für Bildung, Weiterbildung, Qualifikation und sozialen Aufstieg, Integration und Inklusion. Werfen Sie einen Blick in den Koalitionsvertrag, Sie werden das alles dort finden. Hier setzt Armutsbekämpfung wirklich an und hier helfen wir dann auch den Kindern in unserem Land, die arm sind.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt unendlich viele individuelle Aspekte, die bei der Bekämpfung der Armut eine Rolle spielen können. Es gibt wahrscheinlich ähnlich viele Instrumente, mit denen man Armut begegnen kann. Es bleibt, wie so oft, die Suche nach dem besten Weg. Und hier schließt sich der Kreis. Welcher dieser Aspekte in welcher Weise gewichtet werden soll, welche Instrumente vielleicht die besten sein mögen - all das kann in einem „Aktionsplan zur Bekämpfung von Armut“ im Saarland entwickelt werden. In einem Aktionsplan, wie er bereits im Koalitionsvertrag als Anspruch und als Ziel formuliert ist.

Ich kann es nicht oft genug wiederholen: Kinder sind unser größtes Glück, ein wertvoller Schatz nicht nur für Eltern, sondern für unsere Gesellschaft insgesamt. Das Thema Kinderarmut mit all seinen unterschiedlichen Facetten bewegt uns deshalb alle. So mag uns, sehr verehrte Damen und Herren, liebe

Kolleginnen und Kollegen, das „Wie“ ein Stück weit trennen. Es eint uns aber sicher die Absicht, Kinderund Jugendarmut wirksam zu bekämpfen, indem wir Armut generell wirksam bekämpfen. Deshalb bin ich dankbar, dass das wirklich große Problem der Armut und insbesondere der Armut von Kindern und Jugendlichen ein weiteres Mal durch eine Debatte im saarländischen Landtag in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt wird. Den Arm aber heben, um etwas zu beschließen, was erkennbar hinter dem zurückbleibt, was längst beschlossen ist, das kann ich nicht. - Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall von den Regierungs- fraktionen.)

Das Wort hat für die SPD-Landtagsfraktion Herr Abgeordneter Eugen Roth.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die erste Rede hat es in sich gehabt, lieber Alwin. Ich kann vieles von dem, was ich sagen wollte, nicht mehr bringen, weil es schon gesagt wurde.

(Heiterkeit.)

Aber zur Sache. Wir haben den Antrag der Fraktion DIE LINKE eingehend beraten. Wir werden ihn ablehnen. Wir lehnen ihn nicht ab, weil er ein falsches Subjekt aufgreift. Die Knackpunkte, Kollegin Schramm, sind in Ihrer Rede eigentlich genannt worden. Die Frage ist, wie wir es erreichen, das Thema Armutsbekämpfung in einem Aktionsplan - wie im Koalitionsvertrag zitiert - bei schwierigen Rahmenbedingungen, sprich Finanzen, konkret umzusetzen. Konkret umsetzen, das ist eigentlich immer die Überschrift. Es ist im Grunde ein Widerspruch, das wichtige Thema Kinderarmut solitär da rauszuziehen und einen Aktionsplan „nur“ für das Thema Kinderarmut zu machen. Nach unserer übereinstimmenden Auffassung und nach einer eingehenden Erörterung - insofern Respekt für den Antrag, das ist guter oppositioneller Druck - müssen wir das umfassend angehen.

Wir haben auch bereits gehandelt. Ich will nur einige wenige Beispiele nennen. Wir haben bereits einen Armuts- und Reichtumsbericht aufgelegt. Dieser ist ministeriell aufgelegt und wurde um die Armutsberichterstattung erweitert - eine lange vorgebrachte Forderung. Die Armutsberichterstattung ist da bereits drin. Das ist ein Punkt.

Wir haben bestimmte Dinge bereits getan. Alles greift bei diesem Thema ineinander. Kinderarmut ist immer auch Elternarmut. Das lässt sich einfach nicht voneinander trennen. Das Programm Arbeit für das Saarland, der soziale Arbeitsmarkt, ist mir ja beson

(Abg. Theobald (CDU) )

ders ans Herz gewachsen. Es ressortiert nicht im Sozialministerium, sondern im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr und ist natürlich ein originärer Beitrag zur Armutsbekämpfung, weil Elternarmut auch immer Kinderarmut ist. Wir haben uns da nicht versteckt. Wir wollen dieses Programm fortführen. Das ist für ein Haushaltsnotlageland ein schwieriger Akt, aber es spricht auch für die soziale Ausrichtung unserer Großen Koalition, dass wir trotz härtester Rahmenbedingungen das Programm fortführen. Dafür bin ich allen Koalitionären sehr dankbar.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Es gibt viele andere Beispiele, so etwa im Ausbildungsbereich - da nähern wir uns den jüngeren Jahrgängen - das Programm „Ausbildung jetzt“. Schaffung eines Moduls für Flüchtlinge, das Projekt „Anschluss direkt“, „Kompetenz durch Weiterbildung“. Das Erarbeiten eines Frauenarbeitsmarktprogrammes, um Frauen, insbesondere auch Alleinerziehende, in Beschäftigungsverhältnisse zu bringen, weil gerade sie neben den Kindern die Hauptbetroffenen von Armut sind. Bei ihnen schlägt das Problem so richtig ein. Wir müssen uns darum sorgen, wie die Frauen in Erwerbsarbeit kommen, gerade wenn es um Langzeitarbeitslosigkeit geht. Das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist auch ein Männerthema. Es wird auch zunehmend angenommen. Es ist in Gang gekommen, aber es ist immer noch ein Problem insbesondere alleinerziehender Frauen, ebenso das Thema, wie wir Rückkehrmöglichkeiten in Teilzeitform schaffen oder mit einer Verringerung der Arbeitszeit. Das gesamte Thema „Gute Arbeit“ besteht bekanntermaßen, lieber Hans-Peter, aus mehr als nur „Guten Abend“ und „Guten Morgen“, sondern da steckt eine Konzeption dahinter, wie wir dieses Thema umsetzen.

Warum erwähne ich das? Ich erwähne das, weil es im Bund eine große Rolle spielen muss. Der Klassiker ist das Thema Bildung gegen Armut. Da gibt es sehr konkrete Programme, beispielsweise in Nordrhein-Westfalen. Ich kenne zufällig durch meine Tätigkeit im Saarland Sozialgipfel ein Projekt namens Tabula, das in der Stadt Bielefeld in bestimmten Quartieren mit hoher Armutsquote umgesetzt wird. Das bedeutet allerdings, dass entsprechend Geld eingesetzt wird. Wir hatten ja heute Haushaltsberatungen. Wir kommen am Ende immer irgendwo beim Geld raus, aber es ist am Ende gut angelegtes Geld. Und das machen die dort auch sehr zielgerichtet.

Wir sind dabei und wollen so etwas auch im Saarland zur Anwendung bringen. In der Diskussion ist die Stadt Neunkirchen. Ich erzähle jetzt hier Neuigkeiten und will noch nicht zu viel auspacken, aber auf jeden Fall wird an der Stelle bereits einiges ganz konkret getan. Wir brauchen dort natürlich die Unterstützung durch den Bund. Wir brauchen finanzielle

Rahmenbedingungen, wenn wir armen Menschen helfen wollen. Wir dürfen nämlich nicht nur die Forderungshöhe immer höher setzen. Es muss endlich auch die Umsetzung erfolgen. Dafür muss methodisch Geld in die Hand genommen werden und genau das haben wir vor.

Liebe Monika Bachmann, sehr geschätzte Ministerin, wir haben - das war das Schöne - in den Koalitionsverhandlungen wirklich einvernehmlich darum gerungen, wie wir diese Nummer endlich konkret aufs Gleis bringen. Wir haben Studien. Wir brauchen uns nicht gegenseitig die Statistik noch einmal zu erklären. Wir wissen aber - an dem Beispiel „Bildung gegen Armut“ wird es ganz klar -, dass rund 90 Prozent der entsprechenden Regelungskompetenzen auf Bundesebene liegen - mein geschätzter Kollege Magnus Jung hat mir dies gerade gesagt -, ob uns das jetzt gefällt oder nicht. Mit dem Geld ist genau das Gleiche. „Bildung gegen Armut“, Ulrich Commerçon, da werden wir natürlich auch bei dir anklopfen. Er wird sehen, wo er die entsprechende Unterstützung bekommt.

Deshalb müsste zum Beispiel auch im Bund das Prinzip, dass die Länder unterstützt werden können, entsprechend umgesetzt werden. Wir wissen, dass es da es länderspezifisch Abwehrhaltungen gibt, zum Beispiel ist mir dies aus Baden-Württemberg bekannt, bei anderen gibt es das interessanterweise auch. Wir müssen sehen, dass dieses Kooperationsverbot fällt. Das ist ein Punkt.

Ich will noch kurz einige andere Punkte nennen. Das betrifft zum einen das Bildungs- und Teilhabepaket, das ja für die Kinderarmutsbekämpfung wichtig ist. Es muss eine unbürokratischere Handhabungsweise möglich werden. Sie muss anders gestaltet werden, sonst wird es nicht so angenommen, wie es angenommen werden müsste.

Man müsste einmal sehen, ob bei der materiellen Kinderarmut die Einkommens- und Verbraucherstichprobe überhaupt die richtige Grundlage ist oder ob man nicht auf das sogenannte Warenkorbmodell zurückgeht, also auf die tatsächlichen Bedürfnisse von Kindern. Wir müssen aber immer zugleich auch an die Eltern denken. Wir müssen versuchen, die Kinderförderung im Steuer- und Sozialrecht umzukehren, sodass sie an der sozialen Bedürftigkeit ausgerichtet wird und nicht einfach an globalen Freibeträgen, die natürlich Einkommensstärkere immer automatisch bevorteilen.

Bei solchen Fragen bin ich einmal gespannt - und hoffe hier ein bisschen auf die CDU -, wie das mit den Liberalen bei den Jamaika-Verhandlungen ausgehen wird. Da hört man so das ein oder andere, aber hören und machen, das sind zwei Paar Schuhe, aber so etwas wäre zum Beispiel aller Ehren wert.

(Abg. Roth (SPD) )

Es gibt außerdem das von den Wohlfahrtsverbänden ausgearbeitete Modell einer Kindergrundsicherung. Das kann eindeutig nur über die Bundesebene bewegt werden. Auf das Thema „Aufhebung des Kooperationsverbotes“ habe ich bereits hingewiesen.

Allein an dieser jetzt relativ flotten Aufzählung sieht man, dass der Ball zunächst einmal im Bereich der Sozialpolitik auf Bundesebene liegt. Wir versuchen auf Landesebene mit allem, was wir haben und können, zu flankieren. Ich will da auf etwas zurückkommen, was Alwin Theobald bereits gesagt hat. Er hat gesagt, der Weg einigt uns. Er bringt uns aber mit der LINKEN vielleicht auseinander, weil die LINKE einen speziellen Punkt herausgegriffen hat. Im Übrigen haben wir Kinderarmut deshalb nicht extra reingeschrieben, weil der ganzheitliche Ansatz ganz klar da ist und beim Thema Armutsbekämpfung das Thema Kinderarmut mit berücksichtigt ist. Ich habe in der Polizeiausbildung gelernt: Selbstverständlichkeiten bedürfen keiner Erwähnung. Deshalb haben wir das nicht gemacht.

Aber ich will noch einmal genau den Finger auf den Punkt legen auf das, was wir da konkret wollen. Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, aus dem Koalitionsvertrag. Da heißt es in Zusammenhang mit der Ankündigung, einen Aktionsplan zur Bekämpfung der Armut im Saarland entwickeln zu wollen: „Dieser wird im Rahmen einer ganzheitlichen, ressortübergreifenden Strategie“ - ich habe eben Maßnahmen schon aus mindestens zwei Ministerien des Saarlandes genannt „bestehende Maßnahmen evaluieren und neue Handlungsbedarfe feststellen. Im Aktionsplan werden wir dazu konkrete Verantwortlichkeiten, einen Zeitplan und Zielvereinbarungen festlegen.“ Im letzten Absatz heißt es dann: „Um diese Maßnahmen des Aktionsplans zu unterstützen, setzen wir uns für die Einrichtung eines Sonderfonds zur Förderung von Armutsprojekten und initiativen ein.“ Zitatende.

Letzteres ist zum Teil bereits erfolgt, weil die Saarländische Armutskonferenz, die ein qualifizierter Treiber auf diesem Gebiet ist, von der Koalition in ihrer Geschäftsstelle finanziell abgesichert wurde. Das hört sich klein an, ist auch in der absoluten Summe kein Riesenthema, aber eine ganz bewusste sozialpolitische Willensentscheidung, damit diejenigen, die uns gesellschaftlich treiben, gestärkt werden. Auch dafür bin ich den Koalitionären sehr dankbar.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Am Ende haben wir Folgendes vor, und an der Stelle darf ich die geschätzte Ministerin Bachmann zitieren, sie hat mir das ausdrücklich ans Mikrofon mitgegeben: Wir werden, wie es unser sozialpolitischer Sprecher bereits angekündigt hat, das Thema im Sozialausschuss aufgreifen. Wir werden eine Zwischenbilanz ziehen - mehr ist es nicht, aber immer

hin -, was wir bisher alles schon gemacht haben, also das, worüber ich jetzt in einem Parforceritt hinweggegangen bin. Wir werden dann mit den verschiedenen Akteuren die Planungswege genauer festlegen, wohin es jetzt geht. Ich erzähle als jemand, der an dieser Baustelle aktiv ist, nämlich nichts Neues, wenn ich sage, dass es durchaus unterschiedliche Sichtweisen und Konzepte unterschiedlicher sozialer Akteure gibt. Es ist nicht so, dass die alle nur in eine Richtung marschieren. Wenn ich nur einmal das Thema der Frauenerwerbsarmut, der Kinderarmut, fehlender Familienfreundlichkeit, der Armut infolge vieler Kinder und so weiter nehme, gibt es durchaus, je nachdem, mit wem ich spreche, unterschiedliche - auch zeitlich unterschiedliche - Prioritätensetzungen.

Was uns aber eint, ist, dass wir die Ärmel hochkrempeln und dem Thema zu Leibe rücken mit allem, was wir haben. Darauf kann sich dieses Parlament, darauf können sich die Saarländerinnen und Saarländer verlassen. - Herzlichen Dank.