Protokoll der Sitzung vom 25.02.2005

Diese Hochschulpolitik ist nicht sozial und nicht verantwortungsbewusst, sondern sie ist Ausdruck eines hochschulpolitischen Neoliberalismus, der versucht, alles in Markt- und Geldverhältnisse aufzulösen.

Stoppen Sie, meine Damen und Herren von den etablierten Parteien, trotz der Erkenntnisse, die wir vorhin gehört haben, eine verfehlte Reformpolitik im Bildungssektor und hören Sie auf, den Bildungssektor unter Marktgesichtspunkten zu Tode zu reformieren. Dafür ist Bildung ein viel zu hohes Gut.

Die NPD-Fraktion will deshalb zumindest in Sachsen, dass auch künftig jeder studieren kann, der qualifiziert und guten Willens ist, unabhängig von seiner sozialen Herkunft.

Angesichts der fortgeschrittenen Zeit verzichte ich auf das Schlusswort, bitte Sie aber dennoch, unserem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der NPD)

Das war der Einbringer. – Die CDU-Fraktion, Herr Dr. Wöller.

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Verbalradikalismus von Herrn Gansel veranlasst mich, noch einmal zu diesem Thema Stellung zu beziehen. Ich hatte bereits zum PDS-Antrag geredet. Ich hatte nicht die Hoffnung gehabt, dass Sie meinen Ausführungen folgen können. Wir haben eine klare Rechtslage. Wir haben eine Gebührenfreiheit des Erststudiums. Dabei bleibt es.

Meine Damen und Herren! Eines muss ich zurückweisen: Sie haben hier behauptet, wir hätten in verbrecherischer Art und Weise an den Hochschulhaushalten gespart. Das weise ich ausdrücklich namens meiner Fraktion zurück, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Was ein Verbrechen ist – und nicht nur an unserem Land, sondern an denjenigen, die an unseren Hochschulen ausgebildet werden und studieren, – ist, dass Sie diesen Wissenschaftsstandort Sachsen, der in so mühevoller Arbeit von denjenigen aufgebaut wurde, die dort lehren, die dort forschen, die dort studieren und von diesem Hohen Haus immer getragen wurden, schlechtreden. Damit leisten Sie einen Bärendienst für unseren Freistaat Sachsen. Das weise ich zurück.

(Beifall bei der CDU)

Und ein Letztes. Wir haben uns in diesem Hohen Hause immer gemüht, der Wissenschaftspolitik Vorrang einzuräumen. Wir haben vonseiten der Staatsregierung einen Haushaltsentwurf vorzuliegen. Wenn Sie diesen lesen könnten, was offensichtlich nicht der Fall ist, würde Ihnen aufgehen, dass die Ausgaben für den Hochschulbereich dort steigen und nicht gekürzt werden. – So viel dazu.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Die PDS-Fraktion hat keinen Sprecher avisiert. Das bleibt so. – Dann rufe ich die SPD-Fraktion. Hat Herr Dr. Wöller schon für die Koalition gesprochen? – Die FDP? – Kein Redebedarf. Für die Bündnisgrünen? – Kein Redebedarf. – Für die Staatsregierung? – Kein Redebedarf.

(Holger Apfel, NPD: Keiner da!)

Die NPD hat signalisiert, kein Schlusswort halten zu wollen. Also kommen wir zur Abstimmung, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich rufe auf die Drucksache 4/0630. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte

ich jetzt um das Handzeichen. – Das ist leicht überblickbar: 12 Jastimmen. Die Gegenstimmen? –

(Uwe Leichsenring, NPD: Wir können ja eine geheime Abstimmung machen!)

Danke schön. Und die Stimmenthaltungen? – Eine kleinere Anzahl Stimmenthaltungen, aber die Zahl der Ablehnungen überwog. Damit ist die Drucksache nicht beschlossen, und dieser Tagesordnungspunkt ist beendet. Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 8

Hochwasserschutz für Sachsen – Stand der Planung und Finanzierung von Hochwasserschutzmaßnahmen

Drucksache 4/0785, Antrag der Fraktion der FDP

Hierzu können die Fraktionen wie gewohnt Stellung nehmen. Die Einreicherin beginnt, Herr Günther von der FDP-Fraktion. Nach ihm kommen die Sprecher der CDU, der PDS, der SPD, der NPD, der GRÜNEN und wie immer die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Herr Günther, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe noch 21 Minuten Redezeit;

(Rita Henke, CDU: Ach nein!)

ich werde sie nicht ausschöpfen.

(Einzelbeifall bei der CDU)

Nach der verheerenden Flutkatastrophe im August 2002 und dem gigantischen Wiederaufbauprogramm unter Mithilfe von Millionen Händen, Köpfen und Portemonnaies aus Sachsen, Deutschland und Europa sind sehr, sehr viele Schäden behoben worden. Das ist sehr gut, und wir danken all denen, die mitgeholfen haben. Die Flut hat uns Sachsen nicht umgebracht, aber sie hat uns sehr sensibel gemacht.

Die meisten Sachsen vertrauen uns Politikern bei der Suche nach Maßnahmen zum Hochwasserschutz, haben aber ein berechtigtes Interesse zu erfahren, wie dieser konkret aussehen soll; denn diese Maßnahmen werden in vielen Bereichen einschneidender sein müssen, als viele denken. Ich nenne nur das Thema Rückhaltebecken – als Beispiel – in vielen Erzgebirgstälern, wenn sie errichtet werden müssen, um zum Beispiel den Hochwasserschutz HQ 100 zu halten. Wie wichtig dabei Informationen sein können und müssen, möchte ich an einem persönlichen Beispiel erklären.

Im Mai 2003, also neun Monate, nachdem die verheerende Flut schon einmal durch meinen Heimatort gerauscht war, wurde ich durch den Aufschrei „Es ist wieder eine Flut im Dorf!“ geweckt. So war es auch. Wir haben dann zum zweiten Mal die gleichen Betriebe, die gleichen Wohnungen, die gleichen Geschäfte in Gummistiefeln von Schlamm, Müll und Unrat gesäubert.

Dieses Beispiel zeigt: Es kann also ständig in jeder Gegend in Sachsen zu jeder Zeit jeden wieder treffen. Deshalb müssen wir die Bevölkerung, müssen wir unsere Sachsen mitnehmen und den Umfang der Maßnahmen, die laut Presse und der Internetseite von Robert Clemen ungefähr 1,7 Milliarden Euro betragen werden, deutlich machen. Man spricht von 50 Jahren, die wir brauchen, um den notwendigen Schutz in Sachsen herzustellen –

also zwei Generationen. Das geht nur, indem wir der Bevölkerung die Ängste nehmen; und dass sie oftmals Angst hat, sieht man zum Beispiel an vielen Petitionen, die zu diesem Thema eingehen. Die zentrale Frage unseres Antrages ist also diese: Wie sehen die Maßnahmen und die Umsetzungspläne des Hochwasserschutzes in Sachsen aus, und wie können wir die Bevölkerung mitnehmen? Ich bitte Sie ganz herzlich um Ihre Zustimmung. Danke schön.

(Beifall bei der FDP)

Für die CDU-Fraktion kommt Frau Windisch eilenden Schrittes.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir heute aus dem Plenarsaal auf die friedlich vorbeifließende Elbe blicken – wir können es jetzt leider wegen der Dunkelheit nicht mehr sehen –, dann fällt es schon schwer, uns die Bilder von vor zweieinhalb Jahren noch vorzustellen. Leider ist bei vielen Zeitgenossen das Problembewusstsein geschwunden, aber das Thema ist heute noch genauso aktuell wie vor zweieinhalb Jahren. Gut, dass damals die Sachsen nur wenige Tage oder sogar nur wenige Stunden in der Erstarrung verharrten, nachdem Hab und Gut, Betriebsvermögen, Wohngebäude usw. usf. und vor allem die Infrastruktur vernichtet worden waren. Gut, dass sie die Ärmel hochgekrempelt haben, und gut – Sie haben es angesprochen –, dass es eine solch große nationale und internationale Solidaritätswelle gegeben hat.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Aber es war auch gut, dass damals die Sächsische Staatsregierung und dieses Hohe Haus sofort gehandelt haben und mit dem Wiederaufbauerleichterungsgesetz, das in diesem Landtag in einer Rekordzeit beraten worden war, das zügige Herangehen sowohl an die Schadensbeseitigung als auch an die Präventionsmaßnahmen ermöglicht haben. Nun liegt uns heute Ihr Antrag vor, den wir vom Grundsatz her begrüßen und – ich nehme es schon einmal vorweg – dem wir zustimmen werden. Allerdings seien mir dazu ein paar kritische Anmerkungen erlaubt: Der Titel ist aus unserer Sicht unvollständig; denn Sie fragen nur nach dem Stand der Planung und Finanzie

rung von Hochwasserschutzmaßnahmen. Aber ich denke, es hätte, wenn es schon ein Berichtsantrag ist, auch der Stand des Erreichten hineingehört; denn, ehrlich gesagt, von dem, was bis heute wiederaufgebaut worden ist, hätte ich mir damals nicht vorstellen können, dass es in einer solch kurzen Zeit geschultert werden kann.

Nur einige wenige Zahlen, um noch einmal das Ausmaß zu verdeutlichen. Es sind an den Gewässern I. Ordnung 9 367 Schäden erfasst worden, an den Gewässern II. Ordnung 8 914. Von der Landestalsperrenverwaltung sind zirka 4 000 Bauverträge und 3 500 Ingenieurverträge unter Beachtung aller damit im Zusammenhang stehenden Ausschreibungsund Vergabemodalitäten abgeschlossen worden. Allein im Jahr 2003 sind Bauleistungen in Höhe von 226 Millionen Euro erbracht und abrechnungsseitig bearbeitet worden. Diese Zahlen möchte ich einmal ins Verhältnis setzen: Das sind 815 %, also mehr als das Achtfache, des Mittelvolumens von 2001. Dieser Umfang ist mit nur 130 % des damaligen Personals geschultert worden. Ich denke, das ist auch ein Grund, allen, die an dieser Aufgabe mitgewirkt haben, von dieser Stelle aus herzlich zu danken.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

In dieser Zeit sind nicht nur Schäden beseitigt worden, sondern die Schadensbeseitigung ist Hand in Hand mit Präventionsmaßnahmen erfolgt. Es liegen inzwischen von 47 Hochwasserschutzkonzepten 43 bestätigt vor. Diese sind eine wichtige Grundlage zur Information der Bevölkerung, Handlungsgrundlage für die Realisierung der Schutzmaßnahmen, und in den Gefahrenkarten können die Bürger sehen, wo Gefahrenpotenzial besteht.

Und, Herr Günther: Wenn nach neun Monaten dieselben Grundstücke und dieselben Häuser wieder betroffen sind, muss man natürlich grundsätzlich fragen: Wo stehen sie? Ist ein vollständiger Schutz möglich? – Ich sage: nein. Wir können die Bürger nicht in falscher Sicherheit wiegen, dass mit bautechnischen Maßnahmen 100 % Schutz vor Hochwasser erreicht werden kann. Wir müssen über die Bebauungspläne in der Ortsentwicklung langfristig darauf hinwirken, dass aus diesen Gefahrenzonen menschliches Leben, Industrieansiedlungen usw. ein Stück weit zurückgedrängt werden.

Nur noch ganz kurz: Die Schadensbeseitigung ist unter Zuhilfenahme der Erkenntnisse der Prävention erfolgt. Es hat hier viele Kombinationsmaßnahmen gegeben. Beispielhaft nenne ich die Vergrößerung des Rückhaltebeckens Lauenstein oder den Deichbau nördlich von Torgau, wo die ersten drei Maßnahmen im Zuge der Schadensbeseitigung und die folgenden unter Präventionsgesichtspunkten finanziert worden sind.

Ich möchte zum Schluss noch einige wenige Anmerkungen zur Auswertung des Kirchbach-Berichts machen. Dort ist zum Schutz der Bevölkerung inzwischen durch die Neuorganisation des Hochwassernachrichten- und Alarmdienstes sehr viel passiert. Die Gemeinden und ausgewählte Dritte, wie zum Beispiel besonders gefährdete Unternehmen und öffentliche Einrichtungen, können inzwischen sehr zeitnah informiert werden. Das Landeshochwasserzentrum ist mit erheblichen Mitteln sehr modern ausgestattet worden, um möglichst aktuelle

Hochwasserwarnungen und -vorhersagen für alle sächsischen Flussgebiete durch eine deutlich verbreiterte Datenbasis und einen Datenaustausch mit Tschechien und Polen geben zu können. Diese genannten Maßnahmen haben jüngst – vor zwei Wochen – beim Hochwasser ihren Praxistest bestanden.

Letzter Punkt, darauf möchte ich noch eingehen: Ein bisschen geschmerzt hat mich in Ihrem Antrag schon der Satz in der Begründung: „Zweieinhalb Jahre nach der Hochwasserkatastrophe hat die sächsische Bevölkerung ein Recht auf den politisch versprochenen Hochwasserschutz, nicht nur auf Pläne.“

Herr Günther, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP-Fraktion, das finde ich einfach unfair. Wie realitätsfern sind Sie denn an dieser Stelle, wenn Sie das bisher Geleistete ignorieren und nur von Planungen sprechen? Wie blauäugig sind Sie andererseits, wenn Sie meinen, in zweieinhalb Jahren könnte die Generationenaufgabe zur Verbesserung des präventiven Hochwasserschutzes sowohl technisch als auch finanziell abgearbeitet sein?

Der Gesamtumfang – Sie haben 1,7 Milliarden Euro angegeben; ich habe ihn mit 1,2 Milliarden Euro ein bisschen niedriger angesetzt – muss finanziell sowie bautechnisch und konzeptionell geschultert werden. Ich warne davor, den Menschen einreden zu wollen, dass man mit noch so viel Geld einen hundertprozentigen Schutz erreichen könnte. Wir müssen vielmehr erreichen, dass das Schadenspotenzial minimiert wird. Das ist eine sehr komplexe Aufgabe.

Dazu zähle ich aber auch die Eigenvorsorge. Es ist nicht nur eine staatliche Aufgabe, sondern jeder, der am Wasser wohnt, hat seinen Anteil zur Schadensminimierung beizutragen.