Protokoll der Sitzung vom 06.03.2008

Gibt es weitere Wortmeldungen dazu? – Frau Werner, bitte.

Es verwundert Sie sicherlich nicht, wenn ich dazu aufrufe, dem Entschließungsantrag zuzustimmen. Ich sehe nicht – es ist die Zusammenfassung der Ergebnisse der Großen Anfrage dargestellt, es wird aufgefordert, Dinge zu diskutieren und der Staatsregierung vorzulegen –, wo große Konflikte bestehen sollten. Denn das sind die Ergebnisse, die die Staatsregierung geliefert hat und die natürlich Antworten von uns erfordern. Selbstverständlich werden wir diesen Bericht – beispielsweise in den verschiedenen Ausschüssen – durchaus diskutieren.

Ich möchte nur noch ganz kurz etwas zu Frau Orosz sagen. Wirklich, mich hat Ihre Dünnhäutigkeit auch ein klein wenig irritiert. Will zum einen sagen: Die Formulierung mit diesen „schlappen 500 Seiten“ ist umgangssprachlich und in diesem Kontext ist das keine Negativbewertung, sondern bedeutet, dass es ziemlich umfangreich ist. Ich werde mich aber bemühen, in meinen nächsten Reden etwas mehr darauf zu achten.

Ich habe die Vermutung, dass Sie in Ihrem Ministerium bzw. im Kabinett mit dieser Forderung allein stehen, wenn es um Frauenförderung und Chancengleichheit geht.

Ich sehe durchaus, dass Sie sich sehr bemühen. Wir haben kürzlich im Ausschuss über den Frauenförderbericht diskutiert. Sie haben sehr klar und offen die Ungleichheiten, die in Sachsen existieren, aufgeschrieben und sehr viele Unzulänglichkeiten wurden in diesem Ausschuss formuliert. Ich kann mir vorstellen, dass es für Sie sehr schwierig ist, auf dieser Strecke allein zu kämpfen. Deshalb unsere Aufforderung an Herrn Sagurna, dieses Thema zur Chefsache zu machen und gemeinsam für die Angelegenheiten von Frauen und Männern – das gehört eben zusammen – zu kämpfen und dafür zu sorgen, dass die Lebensmöglichkeiten so sind, dass alle entsprechend ihren Möglichkeiten, Fähigkeiten und Wünschen leben können, und es nicht dazu führt, dass es weitere Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern gibt.

Ich bitte, dem Antrag der GRÜNEN zuzustimmen.

(Beifall bei der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Die SPD-Fraktion meldet sich noch einmal zu Wort. – Frau Dr. Schwarz, bitte schön.

Extreme Zuspitzungen und Übertreibungen helfen uns bei diesem Thema nicht weiter. Dennoch fand ich, dass es eine interessante Debatte war. Ich habe schon in meinem Redebeitrag gesagt, dass die Fragen von Gleichstellung und unterschiedlichen Lebenssituationen von Männern und Frauen auch in den öffentlichen Diskurs gehören.

Dem heutigen Entschließungsantrag können wir – Kollege Rohwer sagte es schon – nicht zustimmen. Es sind einige schwammige Dinge darin enthalten, die nicht umgesetzt werden können. Ich möchte mich heute auch nicht darauf festlegen, wie ein künftiges Gleichstellungsgesetz aussehen könnte. Es hat sich in der Anhörung gezeigt, dass es dazu unterschiedliche Auffassungen gibt und dass man es bei dem Begriff „Frauenförderungsgesetz“ belassen sollte. Deswegen möchte ich mich heute noch nicht festlegen. Wir haben verschiedene Initiativen laufen. Das mag für Sie nicht ausreichend sein, aber Sie wissen auch: Kleinere Schritte und die Sensibilisierung für das Thema können uns auch in der jetzigen Situation weiterbringen. Manches muss man auch nicht mit der Brechstange tun.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Nach 30 Jahren von einer Brechstange zu sprechen, ist schon …)

Ich frage, ob es noch weitere Wortmeldungen gibt. – Das scheint nicht der Fall zu sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag; der Antrag hat die Drucksachennummer 4/11465. Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen, bei einer größeren Anzahl von Stimmen dafür ist dennoch der Entschließungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Es gibt eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten. Herr Lichdi, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe dem Entschließungsantrag meiner Fraktion sehr gern zugestimmt, denn wer die heutige Debatte erlebt hat, konnte feststellen, wie insbesondere verklemmte Pennäler, die Herren von der FDP und der CDU, auf die Debatte reagiert haben.

(Heiterkeit und Beifall bei der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Das zeigt, wie wichtig es ist, dass wir diese Debatte führen. Ich bitte die Frauen und die aufgeklärten Männer in Sachsen, uns nicht mit dieser Art von Männern allein zu lassen.

Vielen Dank.

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN, Beifall bei der Linksfraktion – Zuruf von der CDU: Sie hätten ja nicht herkommen müssen!)

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 4

Bedarf an pädagogischen Fachkräften in Kindertageseinrichtungen in Sachsen

Drucksache 4/10730, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD, mit Stellungnahme der Staatsregierung

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Es beginnt die Fraktion der CDU, danach die SPD, die Linksfraktion, NPD, FDP, GRÜNE und selbstverständlich die Staatsregierung. Herr Krauß, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das nächste Thema, der Bedarf an Fachkräften in Kindertageseinrichtungen, steht heute auf dem Programm. Wir als Koalition haben das schon des Öfteren thematisiert. Ich erinnere an unsere Initiative vom Jahre 2005 in diesem Haus.

Ich möchte mich aber auch bei den anderen Fraktionen bedanken, die sich dieses Themas gewidmet haben, zum Beispiel den GRÜNEN. Der Dank gilt aber auch unserer Staatsministerin Frau Orosz, die sich da immer sehr engagiert hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was wollen wir mit diesem Antrag erreichen? Wir wollen mit diesem Antrag mehr Informationen über den Fachkräftebedarf in Kindertageseinrichtungen gewinnen. Wir wollen auf die Zukunft gut vorbereitet sein, damit die Bildung, die Erziehung und die Betreuung unserer Kinder in den Kindertageseinrichtungen gelingt und weiterhin auf einem sehr hohen Niveau stattfindet.

Einige Grundaussagen können wir dennoch schon heute machen. Wir wissen, durch den Geburtenknick nach der Wende sind vor allem junge Erzieherinnen entlassen worden, viele ältere Erzieherinnen gehen nunmehr in den Ruhestand. Dennoch scheint es so, dass es keine großen Nachwuchsprobleme an Erzieherinnen in diesem Bereich gibt. Es gibt viele junge Leute, die in den Startlöchern stehen und diese Ausbildung begonnen haben. Anfang

dieser Woche hat der Städte- und Gemeindetag ein Statement zu diesem Thema abgegeben und gesagt: Das Durchschnittsalter bei unseren Beschäftigten liegt bei 45,1 Jahren. Das ist aus meiner Sicht in Ordnung. In der Stellungnahme des Städte- und Gemeindetages steht ebenfalls, dass er keine Probleme beim Nachwuchs sehe und es genug Fachkräfte gebe. Auch das Deutsche Jugendinstitut hat hierzu Studien erstellt, die zu einem ähnlichen Ergebnis kommen.

Man muss allerdings noch zwischen Ost- und Westdeutschland unterscheiden. Wir wissen, dass in Westdeutschland großer Nachholbedarf besteht. Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, bis zum Jahre 2013 750 000 Plätze in Kindertageseinrichtungen zusätzlich zu schaffen. Damit werden 77 000 zusätzliche Vollzeitarbeitsplätze bei Erzieherinnen gebraucht. Damit muss auch die Ausbildung dieser Erzieherinnen erfolgen.

Welche Ausbildungsplatzkapazitäten haben wir im Freistaat Sachsen? Das können wir aus der Stellungnahme der Staatsregierung entnehmen. Es gibt 21 Fachschulen, die Erzieher ausbilden, genauer muss man sagen: Es werden Erzieherinnen ausgebildet. Lars Rohwer hatte es vorhin schon angesprochen, dass es leider nur sehr wenige Männer gibt, die in den Kindertageseinrichtungen arbeiten. Deutschlandweit sind das leider nur 4 %, also vier von 100 Erziehern in Kindertageseinrichtungen sind Männer, 96 sind Frauen.

Wir wissen, dass eine steigende Zahl von Absolventen prognostiziert wird. Im Jahre 2007 waren es 354 Erzieherinnen, im Jahre 2009 sollen es 752 Erzieherinnen sein. Es lassen sich diese Zahlen festmachen, weil wir wissen, wer seine Ausbildung begonnen hat.

Was mir an der derzeitigen Erzieherausbildung nicht gefällt, ist, wie das Verfahren abläuft. Die Kultusministerkonferenz hatte sich geeinigt, dass eine Zugangsbedingung für das Erlernen des Berufs des Erziehers der Mittlere Abschluss ist und dass man vorher eine Berufsausbildung absolviert hat. Man muss sozusagen zwei Berufe erlernen. Das ist häufig verschenkte Zeit, weil die Erzieherinnen zum Beispiel vorher den Beruf der Kinderpflegerin erlernen, einen Beruf, mit dem man ansonsten so gut wie gar nichts anfangen kann.

Damit sind wir wiederum bei der Debatte von vorhin. Woher kommt das? Das kommt daher, dass der Beruf der Erzieherin früher gesellschaftlich nicht so anerkannt war und man deshalb gesagt hat, man müsste noch einen anderen Beruf erlernen, um danach Erzieherin zu werden, „da ihr keinen richtigen Beruf erlernt habt“. Ich glaube, mit dieser Verfahrensweise sollte man irgendwann einmal aufhören und deutlich machen: Erzieherin ist ein ganz normaler Beruf wie jeder andere auch. Jemand, der Maurer lernt, hat genauso einen akzeptierten Beruf wie jemand, der Erzieher oder Erzieherin lernt. Das wünsche ich mir.

Kommen wir zu dem Bereich der Fachhochschulen und der Universitäten. Wir sind uns, glaube ich, alle in diesem Haus einig, dass es wichtig ist, dass es viele Mitarbeiter in

den Kindertageseinrichtungen gibt, die an einer Hochschule eine Ausbildung machen, um dann mit den Kindern zu arbeiten. Wir haben zum Beispiel an der Evangelischen Hochschule für soziale Arbeit in Dresden den Studiengang Elementar- und Hortpädagogik, wir haben Angebote an der HTWK in Leipzig und an der Technischen Universität in Dresden. Insgesamt weist die Stellungnahme der Staatsregierung 80 Plätze für Studienanfänger aus. Damit wird deutlich, dass auch hier ein Anstieg zu erwarten ist. Wir rechnen damit, dass die Kapazität für Studienanfänger auf 105 Plätze ansteigen wird.

Was leider vergessen worden ist – das bemängele ich an der Stellungnahme, vielleicht kann es die Frau Staatsministerin mitnehmen –, ist die Frage der Berufsakademien, die auch im Bereich Elementarpädagogik ausbilden. Mir wäre es lieb, wenn in dem Bericht, den wir von der Staatsregierung erbeten haben, darauf eingegangen wird und das vervollständigt wird. Sowohl Frau Ministerin Stange als auch Frau Ministerin Orosz kennen die Berufsakademie. Ich erinnere aber auch an andere Einrichtungen im Freistaat Sachsen, zum Beispiel Mittweida, die im Bereich der Sozialpädagogik ausbilden. Frau Orosz, es wäre schön, wenn das aufgenommen werden könnte, weil diese leider in dem Bericht vergessen worden sind und gerade die Staatliche Studienakademie Breitenbrunn fehlt.

Gut. Die Zahlen, die wir von den Hochschulen haben, und die Entwicklung an den Hochschulen sind sehr ermutigend. Wir sehen hier einen weiterhin wachsenden Bedarf, insbesondere bei den Einrichtungsleitern. Bei diesen wäre ein abgeschlossenes Hochschulstudium erforderlich, aber eben zum Beispiel auch bei Gruppenleitern. Bei ihnen ist die Zahl der Akademiker von 2002 zu 2006 um 28 % gestiegen. Man sieht also, dass auch in diesem Bereich mehr und mehr Akademiker arbeiten. Das begrüßen wir sehr, und wir unterstützen es.

Ich sage aber auch, dass man das Kind nicht mit dem Bade ausschütten kann. Man kann also nicht sagen: Wir wollen von heute auf morgen, dass im Kindergarten nur noch Akademikerinnen oder Akademiker arbeiten, und jemand, der Erzieher ist, soll dort nicht mehr arbeiten können. Das wollen wir nicht,

erstens, weil es unrealistisch ist; denn man kann Erzieherinnen, die jetzt im Kindergarten arbeiten, nicht hinauswerfen, und

zweitens bringt uns auch der Vergleich mit anderen Ländern nur zum Teil weiter; denn die Ausbildungsabschlüsse sind eben nicht vergleichbar.

Wenn ich sage, jemand hat in Irland ein Studium im Bereich der frühkindlichen Bildung absolviert, dann heißt das nicht, dass unsere Erzieherinnenausbildung schlechter ist. So wie man in England zum Beispiel Frisöse studieren kann und dann einen Bachelor-Abschluss als Frisöse hat, kann man dort eben auch Kindererziehung studieren. Nun ist die Frage: Ist die Frisöse in England besser qualifiziert als in Deutschland? Herr Brangs wird mir zustimmen, er hat mir durch Blickkontakt signalisiert, dass er das nicht glaubt, sondern die Frisöse wird in England genauso die

Haare schneiden wie bei uns in Deutschland, wo sie eine ganz normale duale Ausbildung absolviert hat. Deswegen sollte man aufpassen und nicht irgendetwas an irgendwelchen Akademiker-Quoten und Zahlen festmachen. Wichtig ist, dass wir eine gute, hoch qualifizierte Ausbildung haben, sowohl an den Fachschulen als auch an den Universitäten und Hochschulen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zusammenfassen. Wohin wollen wir?

Erstens. Wir wollen, dass wir das Fundament der Ausbildung an den Fachhochschulen erhalten, dass das schneller funktioniert und wir nicht erst den Umweg über die Kinderpflegerausbildung machen müssen.

Zweitens wollen wir, dass es mehr Sozialpädagogen gibt, die im Bereich der Kindertagesstätten arbeiten, und dass sich mehr Akademiker für diesen Beruf in Kindertagesstätten interessieren.

Drittens wollen wir, dass mehr Männer in Kindertageseinrichtungen arbeiten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. – Die SPD kommt „völlig überraschend“ mit Frau Dr. Schwarz ins Rennen.