Protokoll der Sitzung vom 06.03.2008

Nicht alle, Kollege Brangs, aber viele. Sie sind ein engagierter Gewerkschafter, das muss man auch sagen.

Diese Leute bezahlen mit ihren Steuern auch die Gehälter im öffentlichen Dienst und die Diäten von Abgeordneten. Auch das ist eine Tatsache.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Ich mahne das nur an, weil wir hier über Gerechtigkeit und soziale Gerechtigkeit sprechen.

(Beifall der Abg. Heinz Lehmann, CDU, und Holger Zastrow, FDP)

Meine Damen und Herren! Wir sind für den Haushalt in Sachsen zuständig. Deshalb begrüße ich den Eckwertebeschluss unseres Koalitionskabinetts, wonach CDU- und SPD-Minister – und das ist beispielhaft – beschlossen haben, dass es keine neue Verschuldung in Sachsen geben soll und es sogar zu einer gewissen Tilgung kommen soll, damit wir den Schuldenstand pro Kopf konstant halten. Man hat auch eine hohe Investitionsquote von mindestens 21 % beschlossen. Das schafft Arbeitsplätze in der freien Wirtschaft.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Daran werden wir auch gemessen. Es ist ja nicht gottgegeben, dass der Solidarpakt wirklich in voller Höhe bis 2019 weitergeführt wird. Die alten Bundesländer – das kann ich Ihnen als stellvertretendes Mitglied in der Föderalismuskommission sagen – äugen mit Argusaugen, ob wir den Solidarpakt erfüllen. Wenn wir ihn nicht erfüllen, im Fortschrittsbericht die 100 % für Investitionen und für den Ausgleich der unterdurchschnittlichen Finanzkraft der

Kommunen nicht nachweisen, gibt es noch weniger, und zwar vor 2019. Das wissen wir alle.

Wenn dem so ist, wenn das die Rahmenbedingungen für uns sind, dann müssen wir überlegen, wie wir unter diesen Rahmenbedingungen im nächsten Doppelhaushalt arbeiten können. Wenn die Investitionsquote so bleiben muss und wenn der Personalkostenanteil relativ konstant bleibt, bedeutet jedes Prozent über dieses eingeplante Maß der mittelfristigen Finanzplanung hinaus weiteren Stellenabbau; wenn die Eckwertebeschlüsse zugrunde liegen, zwischen 800 und 1 000 Stellen zusätzlich. Das muss man einfach wissen.

Denn, verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir wollen mehr machen für frühkindliche Erziehung, wir wollen mehr machen für Bildung und für anderes. Eins muss man auch wissen: Je mehr die anderen Kostenblöcke steigen, zum Beispiel der Personalkostenblock, umso weniger Spielraum – und ich spreche hier als finanzpolitischer Sprecher, deshalb muss ich das so deutlich sagen – haben wir dort, wo wir mit Landesprogrammen gestalten wollen.

(Zuruf der Abg. Cornelia Falken, Linksfraktion)

Das sind doch die großen Blöcke, die Lohnkosten.

Frau Falken, ich verstehe ja Ihr Engagement, und die Pfannkuchen waren ja wunderbar.

(Cornelia Falken, Linksfraktion: Ich bringe Ihnen einen mit!)

Aber das ist die Realität, mit der wir hier konfrontiert werden. Darüber muss dieses Parlament sprechen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen im nächsten Doppelhaushalt die Weichen stellen in eine Zeit, in der wir immer weniger Geld zur Verfügung haben. Und wir müssen alles unter einen Hut bringen: weitere Investitionen und eine vernünftige Finanzierung eines leistungsfähigen öffentlichen Dienstes.

Wir brauchen aber auch Spielräume, damit wir hier in diesem Bundesland, im Freistaat Sachsen, weiter politisch gestalten können. Das wird ganz, ganz schwierig. Darüber reden wir heute. Damit stellen wir dann natürlich auch die Weichen bei den Tarifverhandlungen, die der Freistaat Sachsen – wenn ich recht informiert bin – ja ab 2009 führen wird. Dafür werden die Tarifverhandlungen, die jetzt gerade ablaufen, eine Pilotfunktion haben. Dessen sollten wir uns bewusst sein.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann Herr Staatsminister Tillich, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte noch einmal in Erinnerung rufen: Im Jahre 2005 haben sich die Arbeitgeber von Kommunen und Bund auf der einen und Gewerkschaften auf der anderen Seite auf

die Neugestaltung des Tarifrechts für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes des Bundes und der Kommunen geeinigt. Ende 2007 haben die Gewerkschaften die Vereinbarungen der Entgelttabellen aufgekündigt. Damit haben wir folglich die Tarifverhandlungen auf der kommunalen Ebene und zwischen dem Bund und den Bundesangestellten.

Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder sind dagegen von diesen Tarifverhandlungen nicht berührt. Wir haben seit November 2006 einen neuen Tarifvertrag. Diese Entgelttabellen können frühestens zum 31.12.2008 gekündigt werden. Insofern ist mit Tarifverhandlungen – Kollege Rößler, da muss ich Sie korrigieren – zwischen der TDL und den Gewerkschaften erst ab Anfang 2009 zu rechnen; denn dann beginnen die Verhandlungen. Deswegen stimme ich mit den Rednern überein, die gerade erwähnt haben, dass es der falsche Ort, der falsche Zeitpunkt für eine solche Debatte ist. Ich muss Sie ganz ehrlich fragen, meine Damen und Herren von der PDS:

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion: LINKE!)

Wollen Sie sich auf der Grundlage des Grundgesetzes bewegen oder nicht?

(Zuruf der Abg. Caren Lay, Linksfraktion)

Wenn Sie das tun, Frau Lay, dann wissen Sie, dass die Vereinbarung und die inhaltliche Gestaltung von Tarifregelungen unter den Schutzbereich der Tarifautonomie nach Artikel 9 Abs. 3 des Grundgesetzes fallen und dementsprechend zu verhandeln sind.

Herr Brangs, Sie haben versucht, eine Rede zu halten, die Ihnen entspricht, nämlich – und so haben Sie sich auch selbst vorgestellt – als einer, von dem man weiß, dass er den Gewerkschaften sehr nahe ist; aber Sie haben sich natürlich auch als Mitglied der Regierungskoalition geäußert. Dafür will ich Ihnen meine Anerkennung aussprechen.

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Aber, Herr Brangs, Sie haben eines vergessen: Derartige Steuermehreinnahmen sind in der Regel nur einmalig, die Personalausgaben sind natürlich dauerhaft.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Frank Kupfer, CDU)

Da muss ich mich ausdrücklich bei den GRÜNEN bedanken. Das war fast schon eine regierungsbewerbende Rede des Kollegen Weichert.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN – Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Frau Hermenau, ich habe Ihnen ein Kompliment gemacht. Seien Sie doch einmal dankbar! Mindestens in diesem Punkt hat die Fraktion der GRÜNEN Weitsichtigkeit bewiesen.

Ich möchte mich aber dem Kollegen Rößler und denjenigen anschließen, die darauf hingewiesen haben – das waren nämlich auch Herr Weichert und Herr Zastrow –,

Herr Tischendorf, Sie wollten eine Frage stellen. dass es wichtig ist, dass wir uns dem Problem stellen, dass wir momentan ein grundsätzliches Problem im sächsischen Haushalt haben, nämlich die steigenden laufenden Ausgaben und dementsprechend die Einengung der Spielräume, die uns generell in anderen Bereichen des Haushaltes überhaupt noch zur Verfügung stehen.

Richtig ist auch Folgendes, was das Land betrifft – deshalb will ich darauf hinweisen –: Wir hatten zum 1. Januar 2008 eine Lohnanpassung bei den unteren Einkommensgruppen im öffentlichen Dienst des Landes. Das Gleiche gilt ab 1. Januar 2010 für die höheren Einkommensgruppen. Das wird ein Mehr an Personalausgaben für den Haushalt von rund 300 Millionen Euro bedeuten. Ein Prozentpunkt – Kollege Rößler hat das kurz angesprochen – bei den Tarifverhandlungen kostet den Freistaat Sachsen 40 Millionen Euro.

Man kann darüber diskutieren, ob das notwendig und gerecht ist, aber gleichzeitig bedeutet ein Prozentpunkt bei den Tarifverhandlungen ein Äquivalent von 800 Stellen. Da stellt sich die Frage, die auch Sie, meine Damen und Herren von der PDS, zu beantworten haben, ob wir höhere Tarifabschlüsse für diejenigen wollen, die drin sind, oder ob wir 800 neue Stellen schaffen wollen.

(Zurufe von der Linksfraktion – Klaus Tischendorf, Linksfraktion, tritt ans Mikrofon.)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Gleich, Frau Präsidentin.

Meine Damen und Herren von der Linken, ich darf Ihnen sagen, dass es schon bemerkenswert ist, wenn mit Ausnahme Ihres Redners und des Redners der NPD alle anderen die Diskussion heute für nicht aktuell und an diesem Ort für nicht gerechtfertigt halten.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Herr Brangs hat gesagt, dass es richtig ist!)

Ich habe Ihnen gerade gesagt, was ich davon halte. Ansonsten finde ich es interessant, dass Sie hier allein stehen. Das ist, glaube ich, eine Bemerkung wert.

Herr Minister, ich möchte Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, dass die Entgelterhöhung und die Erhöhung des Leistungszuwachses bundesweit durch 3,75 Stunden Mehrarbeitszeit finanziert werden und dass damit die Beschäftigten diese Erhöhung selbst finanzieren. Ist Ihnen das bekannt? Das ist ein Rechenbeispiel.

Herr Tischendorf, das ist mir bekannt.

(Klaus Tischendorf, Linksfraktion: Was erzählen Sie dann von einer Erhöhung? Sie finanzieren es selber mit Mehrarbeitszeit!)

Herr Tischendorf, wir sind uns doch darüber einig, dass wir die Situation haben, wie sie gerade von Kollegen Rößler geschildert worden ist,

(Zuruf von der Linksfraktion: Wo leben Sie denn?!)

dass wir im öffentlichen Dienst die Gehälter auf der Grundlage von Steuereinnahmen, die der Staat erzielt, bezahlen. Richtig ist auch, dass die Angehörigen des öffentlichen Dienstes auch Steuern zahlen. Aber dementsprechend ist natürlich immer abzuwägen, ob es in der privaten Wirtschaft zu den gleichen Lohnanstiegen wie im öffentlichen Dienst kommt.

Ich denke, die Debatte hat zumindest bewiesen, dass es hier um ein Augenmaß geht, das man bei solchen Debatten nicht aus den Augen verlieren sollte. Ich wiederhole das, was ich am Anfang gesagt habe: Wir reden heute nicht über die Tarifverhandlungen zwischen den Ländern und den Arbeitnehmern. Sie versuchen uns hier eine Debatte aufzuzwingen, die Sie in den Kreistagen oder vielleicht im Deutschen Bundestag führen können.