Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir benötigen dringend Klarheit über die notwendigen Mittel für den kommunalen Straßenbau, und angesichts der Beschwerden aus den Kommunen sollten wir nach Möglichkeiten zur Umschichtung im laufenden Haushalt zugunsten des kommunalen Straßenbaues suchen. Im Mai werden wir die nächste Steuerschätzung erhalten, und ich gehe davon aus, dass sich auch in diesem Zusammenhang Steuermehreinnahmen abzeichnen werden. Wenn dies so wäre, sollten wir zumindest einen Teil dieser Steuermehreinnahmen dafür verwenden, dass der Investitionsstau im Bereich des kommunalen Straßenbaues abgebaut werden kann.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Morlok, mit dem vorliegenden Antrag zeigen Sie wieder einmal, dass Sie sich Sachthemen erst dann nähern, wenn das Ganze in der Zeitung gestanden hat. Diesmal ist es der kommunale Straßenbau, der uns natürlich auch am Herzen liegt, das ist ganz klar. Aber so vernachlässigt, wie Sie das hier darstellen, ist er natürlich nicht; denn jeder, der Sachsen kennt, weiß, dass unser Land hierbei vorbildlich ist. Jeder, der über die Grenzen Sachsens fährt, weiß, dass es in
anderen Bundesländern, vor allem in den neuen, noch erhebliche Defizite gibt. Dass dies stimmt, werde ich Ihnen auch anhand von Zahlen nachweisen.
Der Straßenbau, insbesondere der im kommunalen Bereich, hat natürlich für die CDU-Fraktion schon immer einen hohen Stellenwert, weil wir wissen, dass ohne eine gut funktionierende Infrastruktur die wirtschaftliche Entwicklung gehemmt wird und unsere Städte und Regionen im Wettbewerb nicht bestehen können. Deshalb sind Investitionen in den Straßenbau auch heute, zehn Jahre oder mehr nach der deutschen Einheit, so wichtig wie damals.
Blickt man in die Bilanz der Finanzierung des kommunalen Straßenbaus, so kann man feststellen, dass wir uns stets bemüht haben, kontinuierlich Mittel auf hohem Niveau zur Verfügung zu stellen. Mit Ausgabenermächtigungen von 157 Millionen Euro im Jahr 2007 – Haushaltsansatz waren 118 Millionen Euro, Herr Morlok – konnten wir bereits über 34 Millionen Euro mehr für die sächsischen Kommunen und Landkreise bereitstellen, als im Jahr davor abgeflossen sind.
Da diese Mittel im vergangenen Jahr nicht vollständig abfließen konnten, war es für das laufende Jahr möglich, zu dem bereits bestehenden Haushaltsansatz weitere 20 Millionen Euro zu übertragen. Der Haushaltsansatz in diesem Jahr beträgt 119 Millionen Euro. Zusätzlich werden knapp 10 Millionen Euro als Ersatz für wegfallende EU-Mittel zur Verfügung gestellt. Damit nicht genug: Berücksichtigt man die aus dem ELER-Programm für den ländlichen Raum und damit für Ortsverbindungsstraßen und Straßen in Orten bis 2 000 Einwohner zur Verfügung stehenden Mittel, summiert sich der im Jahre 2008 zur Verfügung stehende Betrag für den Straßenbau in den Gemeinden und Landkreisen in Sachsen auf circa 177 Millionen Euro. Ich glaube nicht, dass ein anderes neues Bundesland solche Größenordnungen an der Stelle vorweisen kann.
Das sind circa 50 Millionen Euro mehr als ursprünglich im Haushalt veranschlagt. Wer da von knappen Mitteln und Engpässen spricht, verkennt die Realität wohl sehr. Eine Vielzahl von verkehrspolitisch wichtigen Maßnahmen und Großvorhaben im Freistaat konnte begonnen und realisiert werden. Ich nenne in diesem Zusammenhang die B 173 Ortsumfahrung Kesselsdorf und die Waldschlößchenbrücke im Bereich des Regierungspräsidiums Dresden; das Tangentenviereck Süd und die B 6/B 87 Mittlerer Ring im RP-Bereich Leipzig und den Südverbund, den sogenannten Überflieger, sowie den Tunnel der B 93 in Zwickau im RP-Bereich Chemnitz. Das alles sind Maßnahmen, die aus dem Titel finanziert werden müssen, die zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse dringend gebraucht werden. Sie zeigen, wie falsch diejenigen liegen, die uns ständig unnötige Investitionen in Beton vorgeworfen haben und noch heute vorwerfen.
Wie falsch diejenigen liegen, zeigt auch die Tatsache, dass trotz umfangreicher Mittelzuweisungen gegenwärtig nur wenige Mittel für Neubeginne vorhanden sind und sich
besonders im kreisangehörigen Raum deshalb manch lang erwartetes Vorhaben verzögert. Durch die komfortablen Steuereinnahmen im kommunalen Bereich haben natürlich unsere Städte, Gemeinden und Landkreise eine Vielzahl neuer Maßnahmen zur Realisierung angemeldet und erwarten eine Förderung durch Mittel des Freistaates. Wie hoch der tatsächliche Bedarf für neue Maßnahmen ist, die auch im laufenden Jahr realisiert werden können, steht noch nicht einmal fest, da wir zunächst nur über ein Bündel von Anmeldungen unterschiedlicher Prioritäten reden. Trotzdem wird schon der Ruf nach dem Finanzminister laut: Er möge möglichst alle diese Maßnahmen schnellstens durch zusätzliche Landesmittel finanzieren.
Ich glaube, meine sehr verehrten Damen und Herren, hier machen es sich unsere Regierungspräsidien und auch der Staatsminister für Wirtschaft und Arbeit etwas zu leicht. Anders kann ich die Äußerung der Pressesprecherin des SMWA nicht deuten, die schon vor mehr als vier Wochen sagte, man könne nur die Gelder ausgeben, die die Abgeordneten des Landtages mit Haushaltsbeschluss zur Verfügung stellen.
Das stimmt eben nicht, denn wir konstatieren, dass zusätzlich zum Haushaltsbeschluss für das laufende Jahr einschließlich Ausgabenresten etwa 50 Millionen Euro mehr zur Verfügung stehen und für Maßnahmen im kommunalen Straßenbau verwendet werden können.
Wenn es zusätzlicher Mittel für kommunale Straßenbauprojekte bedarf, halte ich es für notwendig, dass sich bei der eben beschriebenen, bereits bestehenden komfortablen Mittelausstattung auch das zuständige Fachressort ernsthafter als bisher Gedanken macht, wie durch Umschichtungen und Neuausrichtung vorhandener Mittel im eigenen Hause zusätzlich neue Maßnahmen der Kommunen und Landkreise finanziert werden können, anstatt zu versuchen – ich beziehe mich wieder auf die Ministeriumssprecherin des SMWA –, zusätzliche Mittel beim Finanzminister loszueisen.
Hier möchte ich, sehr verehrter Staatsminister Jurk, in erster Linie an die Mitwirkungspflicht Ihres Hauses appellieren, gemeinsam mit dem Finanzministerium nach Lösungen zu suchen und nicht nur neue Mittelforderungen zu formulieren. Ihr Haus muss sich entscheiden: Wollen Sie das Problem lösen oder es dazu benutzen, Polemik zu betreiben?
An dieser Stelle muss ich Ihre Sprecherin wieder zitieren: „Wir sind ständig am Drücker und versuchen, beim Finanzminister weitere Mittel loszueisen.“ – Das hatte ich schon gesagt – „Mehr Geld herauszurücken würde diesem freilich leichter fallen, wenn er nicht 825 Millionen Euro für die Sachsen LB zurückhalten müsste.“ Was haben Sie nur für Sprecher?!
Diese Äußerung ist zum Ersten unsachlich und falsch, denn es gibt im Haushaltsvollzug keinerlei Beeinflussung
durch die Sachsen LB, keine Haushaltssperre, keine Bewirtschaftungsmaßnahmen. Damit können Sie sich nach wie vor auf eine solide Haushaltssituation in Sachsen stützen. Die Äußerung ist zum Zweiten auch dumm; denn wenn jemand mehr Geld braucht, sollte er nicht das zuständige Ministerium beschimpfen. Dumm ist sie insbesondere auch deshalb, weil Sie wissen sollten, dass die einfache Genehmigung des SMWA-Antrages über 30 Millionen Euro doch nur Wasser auf die Mühle der Frau Hermenau mit ihren ständigen Quengeleien zu einem Nachtragshaushalt wäre.
Wenn ich davon ausgehe, dass Ihnen offensichtlich der kommunale Straßenbau gleichermaßen wichtig ist wie uns und der FDP-Fraktion, dürfte es zu dieser Aufgabe kaum Dissens geben.
Zum Schluss, Herr Staatsminister, hätte ich einige Vorschläge, was man besser machen könnte – der gegenwärtig in den Ministerien in Vorbereitung befindliche kommende Doppelhaushalt ist eine gute Gelegenheit:
Zweitens: Den Anteil für Bundesstraßen in Städten über 80 000 Einwohner getrennt veranschlagen, damit für die Städte im kreisangehörigen Raum auch noch etwas übrig bleibt – das ist nämlich auch ein Teil des Problems.
Drittens: Einen Verteilerschlüssel für die drei Regierungspräsidien festlegen; denn starke Disproportionen in den Zuweisungen bringen unnötige Engpässe.
Das Regierungspräsidium Chemnitz erhält 36 Millionen, das Regierungspräsidium Leipzig 45 Millionen und das Regierungspräsidium Dresden 90 Millionen Euro. Es ist jedem bekannt, dass das RP Chemnitz, das am wenigsten erhält, das umfangreichste Straßennetz hat. So kann es am Ende nicht aufgehen.
Viertens: Ich habe noch einen Vorschlag, der uns schon lange am Herzen liegt: Planen Sie ein Brückensanierungsprogramm, damit nicht eines Tages die Straßen an den Brücken enden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts der Ausführungen meines Vorredners wäre man fast versucht, ein Brückenbauprogramm zwischen der CDU und der SPD zu beantragen.
Es ist sehr faszinierend, was Sie hier gerade abgeliefert haben. Ich freue mich schon auf die nächste Haushaltsdebatte, in der wir dann hoffentlich dieses Thema vertiefen können.
Fakt ist, dass in diesem Freistaat natürlich nicht nur Straßenbau gefördert wird – vielleicht sollte man das noch einmal in den Blickpunkt der Debatte stellen –, sondern auch Kindertagesstätten, Schulhausbau oder Abwasseranlagen. Da kommen wir zum Kern eines Problems unter anderen – es gibt noch einige mehr –: dass wir einen Doppelhaushalt 2005/2006 hatten.
Erlauben Sie mir, dass ich einen kurzen Weg zurückgehe und wir uns die damalige Situation anschauen: Wir hatten eine Bugwelle der Kommunen, die nicht in der Lage waren, ihren Verpflichtungen gegenüber dem Freistaat nachzukommen. Es war diese Koalitionsregierung, die damals darauf bestanden hat, dass in den Jahren 2005 und 2006 Abfinanzierungen dieser Bugwelle stattfinden. Natürlich war Schlussfolgerung dieser Abfinanzierungsnotwendigkeit, dass die Investitionsmittel der Kommunen auf ein seit Bestehen dieses Freistaates einmalig niedriges Niveau zurückgingen. Sie haben dann in Ihrer Großzügigkeit 50 Millionen Euro Investitionspauschale draufgelegt. Allein das zeigt schon, dass die Kommunen einfach zu wenige Eigenmittel hatten.
Was ist daraus geworden? Die Bugwelle haben Sie vielleicht etwas abfinanzieren können. Allerdings haben Sie relativ schnell feststellen dürfen, dass die Kommunen nicht mehr in der Lage gewesen sind, Investitionen zu tätigen – genau in den Bereichen, die ich gerade genannt hatte: Straßenbau, Schulen, Kitas und Abwasser. Danach musste der Freistaat, der sich immer so gerühmt hat, dass er die Solidarpaktmittel ordnungsgemäß verwendet, aufgrund dieser gesunkenen Investitionsneigung der Kommunen nach Berlin vermelden: Tut uns leid, wir schaffen es dieses Jahr nicht! Das ist das Ergebnis Ihrer Politik gewesen, meine Damen und Herren.
Im Jahre 2005 – Herr Bolick, wir brauchen dazu nur die Zeitungen in die Hand zu nehmen – waren es 99 Millionen Euro verausgabte Investitionsmittel für den Straßenbau.
Wir haben jetzt 176 Millionen Euro. Das ist richtig. Aber den Investitionsstau, der aus den Jahren 2003 bis 2007 entstanden ist, müssen wir jetzt finanzieren. Das ist der Grund, weshalb nur 10 % an Neuvorhaben überhaupt möglich sind.
(Beifall bei der Linksfraktion und der FDP – Dr. André Hahn, Linksfraktion: Und die Mehrwertsteuer auch noch!)
Dass die Kosten gestiegen sind, lasse ich jetzt ganz weg. Jetzt haben wir es mit einer Besserung auf der kommunalen Seite zu tun. Wir haben Mehreinnahmen. Natürlich haben die Kommunen auch das Bedürfnis, den vorhandenen Investitionsstau aufzuholen. Jetzt fehlt es aber auf der Landesebene an Geld. Das ist doch das eigentliche Problem! Die Kommunen haben das Geld, um ihre Eigenmittel abzufinanzieren, und der Freistaat gibt ihnen nicht die notwendigen Komplementärmittel.
Damit kommen wir zu der Frage – und die ist auch berechtigt –: Da sind gerade 900 Millionen Euro an Steuermehreinnahmen aus dem letzten Jahr übers Land gekommen. Das wäre doch der Moment, um den Kommunen die Fördermittel hochzuschrauben, um genau diese Abfinanzierung sicherzustellen. Natürlich schlägt uns dabei die Landesbank ins Kontor, wenn wir davon 825 Millionen Euro in eine Rücklage stellen müssen, die unsere Mittel einfach binden. Wahrscheinlich ist es nicht nur eine Rücklage, sondern diese Steuermittel gehen uns verloren. Sie gehen nicht nur dem Straßenbau, sondern auch dem Schulhausbau, der Kita-Sanierung und der Abwassersanierung verloren.