Protokoll der Sitzung vom 28.05.2008

Die Überwachung von einzelnen Bankgeschäften – die Sachsen Funding ist auch ein Bankgeschäft gewesen – ist nicht der Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich der Rechtsaufsicht – das ist die Meinung der Staatsregierung –, und damit kann es auch nicht zum Gegenstand von parlamentarischen Anfragen werden. An diesem Standpunkt scheint die Staatsregierung nichts geändert zu haben, und ich habe ebenfalls für meine Fraktion keinen Grund, daran etwas zu ändern.

Letztlich können Sie es ja auch als eine Art Pensionsgeschäft bezeichnen. Sie kennen das in diesem Bereich. Man nimmt schon mal Papiere irgendwo auf, gibt sie nachher wieder ab, hat sie gehalten – die KfW macht das ja auch im großen Stil für Wertpapiere, die sie von der Bundesregierung bekommt. Ich weiß nicht, was dahinter stand – vielleicht ist alles ganz ordentlich; ich möchte mich nicht an Spekulationen, schon gar nicht zu wahltaktischen Zwecken, beteiligen.

Erinnern möchte ich daran, dass der Freistaat alles unternommen hat, die Kunden unserer Sparkassen – und zwar der Sparkassen, die im Sachsen-Finanzverbund zusammengeschlossen sind – von allen Risiken aus dem Verkauf der Sächsischen Landesbank auszunehmen. Die Bürgschaft und diese Risikoabstimmung hat allein der Freistaat übernommen. Es sind wilde Spekulationen, ob dies weniger oder mehr geworden wäre, wenn diese Geschäfte möglicherweise, so es welche mit den Sparkassen gibt, nicht erfolgt wären.

Wenn Sie auf die EU-Kommission eingegangen sind, die ja im nächsten Monat, in zwei Wochen entscheiden möchte – nach einer recht ungewöhnlich kurzen Prüfzeit, was möglicherweise für eine Reduzierung der Aufregung, die hier betrieben wird, spricht – und offenbar grünes Licht für diese Bürgschaften geben möchte; dann habe ich diese Pressemitteilungen, die Sie aufgezählt haben, allerdings anders verstanden. Bei den Auflagen, die vielleicht die Sachsen LB Europe betreffen, geht es möglicherweise darum, Doppelstrukturen zu vermeiden. Da würde ich nicht wieder ein großes Risikofass aufmachen, sondern die Doppelstrukturen von Banken in einer gewissen Wettbewerbsdichte sehen. In Sachen Wettbewerbsdichte ist ja auch die Wettbewerbskommissarin unterwegs. Hier könnte es zur Standortbereinigung kommen. Aber warten wir erst einmal ab, was uns vorgelegt wird. Dann ist auch der richtige Zeitpunkt, darüber zu sprechen – und zwar zunächst im Haushalts- und Finanzausschuss.

Insofern bitte ich um Ablehnung dieses Antrages.

Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Die Linksfraktion ist an der Reihe und hat noch einmal ihren Redner gewechselt; Herr Bartl, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! – Wir haben gewechselt,

weil die Sache zu einem verfassungsrechtlichen Problem zu werden scheint.

Kollege Patt, ich begreife die Welt nicht mehr. Punkt eins: Nach allen Botschaften, die ich kenne, hat Frau Hermenau eine Kleine Anfrage gestellt und ähnliche Dinge wie hier als Interpellationsrecht vorgetragen. Die Staatsregierung ist nach der Verfassung grundsätzlich immer verpflichtet, Abgeordneten unverzüglich, vollständig und wahrheitsgemäß zu antworten. Das ist Verfassungsrecht und ein sehr hohes Rechtsgut. So hatten wir uns 1992 bei der Verfassungsdebatte verständigt und sicher aus vielem gelernt, was wir seinerzeit entbehrt hatten.

(Peter Wilhelm Patt, CDU, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Punkt zwei: Es gab keine Antwort darauf und es ist gesagt worden, wir ziehen uns auf schutzwürdige Interessen Dritter, auf das Bankgeheimnis etc. zurück. Dann kenne ich eine Zwischenstufe, die Sie nicht erwähnen.

Herr Bartl, es gibt den Wunsch einer Zwischenfrage.

Sofort.

Es gibt eine Zwischenstufe, die Sie nicht erwähnen. Die sollten Sie sich vorhalten lassen, denn das modifiziert vielleicht Ihre Frage. Im Haushalts- und Finanzausschuss wurde darüber debattiert, doch bitte schön Auskunft zu geben. Der Juristische Dienst gab eine Expertise ab, in der es hieß: „Die Staatsregierung hat ihre Ablehnung zur Beantwortung der Frage auf bestehende gesetzliche Geheimhaltungspflichten, konkretisiert durch das Bankgeheimnis, gestützt. In der Begründung der Ablehnung wird darauf abgestellt, dass die vertragliche Beziehung zwischen Kreditinstitut und ihren Kunden der Geheimhaltungspflicht unterliegt und daher keine Auskünfte über die Frage des Engagements von Sparkassen bei der Sachsen LB erteilt werden könnten. In der Begründung wird hervorgehoben, dass die Geheimhaltung von Kundendaten der im Wettbewerb stehenden Kreditinstitute wirtschaftlich für die Bank existenznotwendig ist.“

Mit dieser Begründung hat die Staatsregierung auch die Weitergabe von Daten innerhalb vertraulicher Ausschusssitzungen, Herr Patt, verweigert. Das ist doch das Problem! Wieso konnte nicht innerhalb vertraulicher Ausschusssitzungen des Parlaments gesagt werden, warum im Freistaat Sachsen am Parlament vorbei öffentlichrechtliche Mittel ausgegeben werden? Deswegen haben wir ein Gesetz über das öffentlich-rechtliche Kreditwesen und hatten wir eine Landesbank, deren Anteilseigner der Freistaat Sachsen gewesen ist. Der Freistaat Sachsen hatte die Rechtsaufsicht. Es ist bekannt, dass die Fachaufsicht bei der BaFin liegt, wobei der BaFin-Chef gegenüber dem Untersuchungsausschuss keine Aussagegenehmigung vom Bundesfinanzminister bekommt. Das ist die andere Baustelle.

Denken Sie noch an den Wunsch von Herrn Patt, Herr Bartl?

Bitte.

Herr Patt, bitte.

Herr Bartl, wären Sie einverstanden, wenn wir im Rahmen der Gewährträgerhaftung, die wir früher hatten, die Sachsen LB und die Sparkassen um Offenlegung aller ihrer Kreditengagements bitten? Da geht es beispielsweise auch um Kreditengagements, die Sie möglicherweise haben, nur weil dahinter irgendwo ein Ausfall droht, wie mit jedem Bankgeschäft, und wir dafür die Staats- oder die Kommunalhaftung tragen. Das macht doch keinen Sinn! Hier geht es um spezielle Kundenbeziehungen.

Herr Patt, Sie können inzwischen nachvollziehen, was die Fraktion der GRÜNEN meiner Auffassung nach will. Nachdem sie vergeblich über das Interpellationsrecht, die Möglichkeit der Kontrolle im Ausschuss und über die Möglichkeit einer Informationsentgegennahme in geschlossener Sitzung unter Versicherung der Geheimhaltung versucht hat, Auskunft zu bekommen, wie Sie als Regierung die öffentlich-rechtlichen Mittel verwendet haben, sagen die GRÜNEN jetzt: Wir machen es res publica. Jetzt machen wir den Skandal öffentlich, dass das Parlament wie ein Bettnässer hier steht und darum bettelt, im Rahmen des Budgetrechts verfassungsmäßig Auskunft zu bekommen. Dort liegt doch das Problem! Niemand will irgendetwas überziehen. Es muss doch völlig undenkbar sein, dass wir die Gewährträgerschaft übernehmen, dass wir entsprechende Risikogeschäfte abdecken, dass wir Bürgschaften übernehmen, und das Parlament darf nicht erfahren, in welcher Höhe, aus welcher Erwägung und was die Zielsetzung und die sachliche und rechtliche Rechtfertigung war.

Das ist exakt dasselbe, was wir heute früh schon einmal debattiert haben. Ich habe die große Hoffnung, Herr Ministerpräsident, dass Sie bereit sind, das Parlament wieder in seine Rechte einzusetzen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Um die Frage geht es letztlich. Es kann doch nicht sein, dass das Parlament seine Rechte – da nützt das charmanteste Lächeln nichts – permanent 110 Kilometer entfernt von hier einklagt. Diese Sache ist nicht mehr hinnehmbar. Die bestehende Problematik liegt eindeutig in der Reichweite des Parlaments, sodass wir überhaupt keinen Grund sehen, diesen Antrag nicht zu unterstützen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Besteht bei der SPD-Fraktion Redebedarf? – Nein. Dann Herr Delle von der NPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schon der Untergang der Sächsischen Landesbank ist eine Geschichte des Politikversagens und der Misswirtschaft, der fehlenden Kontrol

le und Transparenz und der anmaßenden Hybris einer kleinen Gruppe von Politikern und Managern. Alle diese Fehler und Fehlentwicklungen erscheinen noch einmal wie unter einem Brennglas gebündelt, wenn man den Blick auf die kurze Geschichte der Zweckgesellschaft Sachsen Funding I richtet. Dieses Vehikel wurde von einer Gruppe von Treuhändern erst sehr spät, nämlich am 6. März 2007, gegründet.

(Unruhe im Saal)

Der Zweck war die Ausgabe verschiedener Schuldtitel auf verbriefte Hypothekenanforderungen, die inzwischen infolge der Kreditkrise kaum mehr handelbar sind. Die Auflage eines solchen Investmentvehikels zu diesem Zeitpunkt kann nur als denkbar verantwortungsloser Wahnsinn bezeichnet werden, da die Kreditkrise schon eskalierte und die Schlagzeilen der Presse beherrschte. So titelte die „Börsenzeitung“ schon am 16. Februar 2007: „US-Hypothekenbanken haben auf Sand gebaut.“ Am 6. März, also dem Gründungstag von Sachsen Funding I, meldete das „Handelsblatt“ in einer Artikelüberschrift „Hypothekenbanken in den USA taumeln“, und nur einen Tag später war es wieder das „Handelsblatt“, das unter der Überschrift „US-Immobilienkrise kocht hoch“ über die Schieflage diverser US-amerikanischer Baufinanzierer berichtete. So viel zum nachrichtenmäßigen Umfeld, in dem das Vehikel Sachsen Funding I gegründet wurde, und so viel auch zur gebetsmühlenartigen Beteuerung der Staatsregierung und der Mitglieder des Verwaltungsrates, dass man im Zuge der Finanzkrise bei der Sachsen LB verursachte Schäden zu keinem Zeitpunkt habe voraussehen und verhindern können.

Es waren aber nicht nur die Schlagzeilen der Wirtschaftspresse, die schon frühzeitig die Verantwortlichen hätten dazu bringen müssen, von der Gründung des Fonds abzusehen. Es waren auch die zu diesem Zeitpunkt in dem Marktsegment rapide zurückgegangenen Margen, die eigentlich ein unmissverständliches Warnsignal hätten sein müssen. Diese waren darauf zurückzuführen, dass seit 2006 in den USA immer mehr Kreditverträge mit miserablen Schuldnern abgeschlossen wurden, die weder das Einkommen noch das Vermögen hatten, um künftig steigende Zinsen zu bezahlen. Deswegen gelten die Hypotheken von 2006 und 2007 auch als schlechte Jahrgänge. Dies freilich hielt die Sachsen-LB-Manager nicht davon ab, über Sachsen Funding I Tausende USHypotheken mit einem Gesamtvolumen von beinahe 2 Milliarden Euro aufzukaufen.

Der wirtschaftlich beherrschende Einfluss der Landesbank auf die Zweckgesellschaft wurde dadurch verstärkt, dass die Treuhänder gegenüber den irischen Behörden erklärten, dass die Sachsen LB Europe und die Sachsen Funding I keine verbundenen Unternehmen seien, wodurch der Weg für eine außerbilanzielle Konsolidierung dieser Milliardengeschäfte freigemacht wurde, wie das Wirtschaftsmagazin „Capital“ am 12. November 2007 berichtete. Diese Vorgänge, meine Damen und Herren, sind wahrhaft als skandalös zu bezeichnen.

Wir bedauern deshalb auch die unserer Ansicht nach falsche Schwerpunktsetzung im Berichtsantrag der GRÜNEN, in dem insbesondere auf den Rückkauf der notleidend gewordenen Papiere durch die Sachsen LB von den sächsischen Sparkassen eingegangen wird. Dieser Vorgang ist leicht zu erklären. Offensichtlich sollte mit dem Rückkauf verhindert werden, dass ein Teil der sächsischen Sparkassen gemeinsam mit der Landesbank untergeht. Viel interessanter und von viel fundamentalerer Bedeutung ist doch aber die Frage, wieso solch ein risikoanfälliges Vehikel wie der Sachsen Funding I zu einem so späten Zeitpunkt überhaupt noch eine Genehmigung durch den Kreditausschuss der Sachsen LB bekam und die eigentlich auf das Regionalprinzip verpflichteten Sparkassen dazu kamen, in so eine hochriskante Dubliner Gesellschaft zu investieren, deren Zweck der Aufkauf amerikanischer Hypotheken war.

Da wir zumindest einen Teil der von den GRÜNEN in ihrem Antrag aufgeworfenen Fragen für untersuchungswürdig halten, insbesondere die Fragen nach einer präzisen Quantifizierung der von den Sparkassen investierten Volumina und vor allem die Rolle der Staatsregierung beim Rückkauf der Papiere, werden wir dem Antrag selbstverständlich zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Den Abschluss dieser Runde macht Herr Dr. Schmalfuß von der FDPFraktion. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema „Landesbank“ ist wohl endlos. Man hat den Eindruck, dass die Verästelungen um Haupt- und Nebenschauplätze immer undurchschaubarer werden. Für uns als FDP-Fraktion gibt es dennoch Punkte beim Landesbankdesaster, die auf jeden Fall einer Klärung bedürfen.

Erster offener Punkt ist das Damoklesschwert einer milliardenschweren Bürgschaft, das über dem sächsischen Staatshaushalt und damit über jedem Bürger hier in Sachsen schwebt. Dass diese Bürgschaft irgendwann gezogen wird, dürfte inzwischen jedem hier im Saal klar sein. Die Frage ist nur, wann und in welcher Höhe.

Herr Jaschinski aus Baden-Württemberg – der neue Eigentümer der ehemaligen Landesbank – hat in einem Interview mit der Börsenzeitung am 12. April 2008 schon eine Hausnummer genannt. Schlimmstenfalls rechne man mit Ausfällen von 1,2 Milliarden Euro, so wird er zitiert.

Solange das Damoklesschwert weiter schwebt, ist im Grunde genommen der Doppelhaushalt 2009/2010 Makulatur.

(Beifall bei der FDP)

Vorsorge hat man bislang nur für 832 Millionen Euro getroffen. Da fehlt also noch eine Stange Geld. Insofern darf man sich auch nicht wundern, dass die Kommunen

inzwischen misstrauisch werden. Die Idee, die Kommunen nicht mehr wie üblich zeitnah an den Steuermehreinnahmen teilhaben zu lassen und stattdessen das Geld wieder in einem Fonds zu parken, nährt da schon gewisse Nachfragen im Zusammenhang mit dem Landesbankdebakel.

Zweiter offener Punkt ist die Sealink Funding Limited; so nennt sich die Zweckgesellschaft, die die faulen Investments der Landesbank aufnimmt. Der Fonds soll über 17 Milliarden Euro schwer werden. Hierzu sind noch viele Fragen offen.

Warum zum Beispiel wird dieser Fonds gerade in Dublin gegründet, also wieder weit entfernt von Dresden und Leipzig? Wer sind die Herren Roger McGreal und Alan Geraghty? Diese beiden Herren sollen nach Medienberichten die 17 Milliarden Euro, vor allem Investments, verwalten. Ich kenne die Verwalter nicht, vielleicht aber irgendjemand anders hier im Plenum. Geht da nur irgendetwas bei den beiden unbekannten Managern schief; wer haftet dafür?

Dritter offener Punkt: Wie ist das eigentlich mit der Haftung für das Landesbankdesaster? In einer Pressekonferenz am 12. März 2008 kündigte der damalige Staatsminister der Finanzen Tillich an, dass die Regierung prüft, inwieweit Verantwortliche der Landesbankkrise auf Schadenersatz verklagt werden können. Wie sieht es damit aus? Wann wird endlich geklagt? Uns schwant da schon Böses.

Der Presse konnten wir vergangene Woche entnehmen, dass kaum Aussichten auf Schadenersatz durch die Exvorstände bestehen. Warum und was ist mit den ehemaligen Mitgliedern des Verwaltungsrates? Was ist mit den ehemaligen Mitgliedern des Kreditausschusses? Wann werden diese endlich in Haftung genommen?

(Beifall bei der FDP)

Sie sehen, dazu gibt es viele offene Fragen.