Protokoll der Sitzung vom 30.05.2008

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Wird von den Fraktionen weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Herr Minister Flath, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich werde zum Schulhausbau sprechen. Frau Abg. Günther-Schmidt, auf das Thema CDU in der DDR oder Block-CDU sollten wir einmal zurückkommen, wenn ich als Fraktionsvorsitzender sprechen kann. Ich sage Ihnen ganz offen, dass es mich schon ärgert, wenn gesagt wird, dass in der DDR offensichtlich der größte Mut dazugehörte, in die SED einzutreten und für die Staatssicherheit zu arbeiten.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Diese Darstellung unterstützen Sie leider mit Ihren Beiträgen. Zum Schulhausbau kann ich an Frau Abg. Weihnert, an Herrn Abg. Colditz anschließen und zusammenfassen, was wir mit der Förderrichtlinie Schulhausbau bezwecken und wie wir sie in Bezug auf die Mindestschülerzahlen anwenden.

Erstens. Im ländlichen Raum kann eine Förderung erfolgen, wenn die Mindestschülerzahlen und die Mindestzügigkeit eingehalten werden. Das ist eine klare Aussage.

Zweitens. In den übrigen Gebieten – gemeint sind die Städte, die Großstädte – kann eine Förderung erfolgen, wenn die Richtwerte zur Klassenbildung eingehalten werden. In begründeten Ausnahmefällen kann auch dort die Einhaltung der Mindestschülerzahl die Förderung zur Folge haben.

Damit sind für den weit überwiegenden Teil des Freistaates Sachsen die von der Linksfraktion angemahnten Maßgaben der Förderung in der neuen Förderrichtlinie im Grunde bereits enthalten. Lediglich für den nicht ländlichen Raum gilt im Grundsatz der Richtwert zur Klassenbildung als Fördervoraussetzung mit den benannten Ausnahmemöglichkeiten. Die neue Förderrichtlinie Schulhausbau hat sich insgesamt bewährt. Sie führt zu erheblichen Verfahrensbeschleunigungen. In diesem Jahr wurden bereits für 145 Schulen Fördermittel freigegeben.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Margit Weihnert, SPD)

Da es das noch nie gegeben hat, ist der Beifall mehr als berechtigt. Er gilt nicht mir, sondern er ist eine Anerkennung für die Behörden, die das hinbekommen haben.

Bis Ende Mai werden wir ein Fördervolumen von 158 Millionen Euro erreicht haben. Sie sehen, dass das nochmals eine Steigerung gegenüber der Vorwoche ist. Im Vergleich dazu wurden im Jahr 2007 insgesamt rund 58 Millionen Euro bewilligt, also rund ein Drittel.

Die Förderung über die SAB erfolgt in eigener Abstimmung mit dem Innenministerium. Ich möchte von dieser Stelle meinem Ministerkollegen Albrecht Buttolo und allen Beteiligten auf diesem Gebiet des Schulhausbaus danken. Auch da wäre ein Beifall ganz gut.

(Beifall bei der CDU)

Die derzeit zur Verfügung stehenden Fördermittel sind nahezu vollständig damit gebunden bzw. verplant. Trotz der zahlreichen Bewilligungen – das gebe ich gern zu – ist der Investitionsbedarf nach wie vor hoch.

Der Freistaat Sachsen unternimmt große Anstrengungen, um Kommunen und Landkreise zu unterstützen. Die Errichtung und Erhaltung der Schulgebäude und ihre Ausstattung gehören zu den Pflichtaufgaben der Schulträger, also der Kommunen und Landkreise. Sachsen ist eines der wenigen Bundesländer, die überhaupt landeseigene Fördergelder für den Schulhausbau zur Verfügung stellen; auch das muss klar festgehalten werden.

Ich bin zuversichtlich, dass der Freistaat auch künftig die Bemühungen der Schulträger unterstützen wird. In den anstehenden Haushaltsverhandlungen muss es deshalb darum gehen, die erforderlichen Mittel einzuplanen. Darüber wird der Sächsische Landtag im Herbst verantwortungsvoll beraten und entscheiden. Bis zum Sommer legen wir, das Kultusministerium, entsprechende Zahlen für die Planung vor.

Eine wichtige Voraussetzung dafür ist zweifellos, dass wir die notwendigen Anpassungen unserer Schullandschaft an die demografische Entwicklung abgeschlossen haben. Unser stabiles Schulnetz schafft damit Planungssicherheit.

Da es möglicherweise meine letzte Rede hier im Hohen Hause als Kultusminister ist, will ich noch einmal auf Frau Abg. Falken eingehen. Obwohl Sie sich ja so gut auskennen mit der Schule, Frau Falken – viele Jahre arbeiten Sie da, Sie sind auch noch für Schule tätig –, sprechen Sie immer wieder über Schule, als wüssten Sie nicht um die Zusammenhänge.

(Rita Henke, CDU: Ja, genau!)

Ich bitte Sie, einem Gedankengang zu folgen: Sie haben mir vorgeworfen, ich würde Fördermittel als Druckmittel verwenden. Ich weiß nicht, wie ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin darüber denken wird; aber sicherlich wird er oder sie gut beraten sein, Ihren Vorschlägen nicht zu folgen. Sie wissen doch genau, dass diese Vorschläge in die Irre führen. Wenn die Planungsträger insbesondere in Großstädten nicht mit Fördermitteln dazu angehalten werden, auf sinnvolle Klassengrößen zu achten, dann passiert Chaos.

Ich will noch einmal die Zahlen aus der Debatte auf Anregung der FDP, die wir vorgestern hier hatten, nennen, weil sie beeindruckend sind: Gehen wir in die Grundschulen: durchschnittliche Klassengröße – Nordrhein-Westfalen hatte ich als Beispiel genannt: 25 – in Sachsen 19,4. Im Schulgesetz steht die Mindestschülerzahl 15. Was meinen Sie denn, was passiert – und dazu wollen Sie ja immer wieder das Kultusministerium verleiten –, wenn man in der Großstadt sagen würde, in der Grundschule reichen 15 Schüler pro Klasse aus? Es gibt ja immer gute Begründungen dafür. Können Sie sich vorstellen, was passiert, wenn damit der Durchschnittswert in Sachsen auf 15 absinken würde? Dann würden Sie sagen: Sie bezwecken damit, Lehrer einzusparen. Das stimmt doch gar nicht. Wir haben in Sachsen im Vergleich zur Schülerzahl die höchsten Lehrerzahlen in ganz Deutschland.

(Beifall bei der CDU)

Dass das auch etwas mit der demografischen Katastrophe zu tun hat, ist ja wohl unbestritten. Halbierte Schülerzahl – wir haben mit Tarifverträgen die Anpassung nicht im gleichen Maße gemacht und wollten uns aber damit eine Qualitätsverbesserung für die Schulen erarbeiten. Wenn Sie aber die Lehrer mit allzu kleinen Klassen „verbrauchen“ – wenn mir dieser Ausdruck einmal so gestattet ist –, dann – und genau da wollen Sie ja hin, Frau Falken –,

können Sie hier im Hohen Haus das Klagelied anstimmen: Unterrichtsausfall, keine pädagogischen Angebote, keine Ganztagsangebote. Das heißt, wenn ein Minister Ihrem Vorschlag folgen würde, dann kämen wir nicht zu der möglichen Qualitätsverbesserung, sondern würden im Chaos landen. Deshalb sind wir gut beraten, auch über die Förderung, insbesondere in Großstädten, darauf zu achten.

Frau Weihnert, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie im Grunde eine viel einfachere Begründung gegeben haben als ich. Sie haben gesagt, es ist doch vernünftig, Schulhausbaufördermittel immer zuerst dort einzusetzen, wo die meisten Kinder betroffen sind. Ist es denn nicht vernünftiger, an großen Schulen mit vielen Schülern eine Sanierung durchzuführen, statt an Schulen – das wäre ja geradezu paradox –, die gerade so an der Grenze sind und bei denen heute noch nicht abzusehen ist, ob sie wirklich überleben können? Dort einen Neubau – dann wären Sie wahrscheinlich die Ersten, die sich hier herstellen und von Steuerverschwendung sprechen würden. Deshalb geht – das wissen Sie ganz genau, Frau Falken – Ihr Konzept nicht auf und wir waren gut beraten, in Sachsen einen anderen Weg zu gehen, weil wir damit am Ende erfolgreich sind.

Ich wünsche uns noch viele gute Debatten zur Bildungspolitik hier im Hohen Haus. Aber was die CDU-Fraktion bisher in den letzten dreieinhalb Jahren gemeinsam in der Koalition mit der SPD hinbekommen hat, kann sich deutschlandweit sehen lassen. Davon zeugen die Ergebnisse bei PISA, aber auch der inzwischen überwiegend gute Zustand von Schulhäusern im Freistaat Sachsen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Ich bitte das Schlusswort zu halten; Frau Abg. Falken.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Flath, man kann ja Ihrer einfachen Logik folgen,

(Caren Lay, Linksfraktion: Muss man aber nicht!)

aber nicht immer. Ihre CDU – ich hoffe, dass sie dann nicht mehr regiert; aber wenn sie noch regieren sollte in Sachsen – wird ganz allein auf die Erkenntnis kommen, dass wir an Grundschulen kleine Klassen brauchen.

(Beifall bei der Linksfraktion – Zurufe von der CDU: Haben wir doch!)

Wir werden auch in den großen Städten kleine Klassen brauchen. Ich werde nicht müde werden, an diesem Pult und überhaupt in Sachsen dafür zu kämpfen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Der Schulversuch Schuleingangsphase, der durch die Universität Leipzig durchgeführt worden ist, hat ausdrücklich gesagt: Schuleingangsphase mit diesem Kon

zept in Sachsen kann nur funktionieren, wenn wir in den 1. und 2. Klassen nicht mehr als 20 Schüler haben, egal ob in der Stadt oder nicht.

Schauen Sie sich die Zahlen in Leipzig an: Wir haben die meisten Förderschüler in Leipzig. Wo kommt denn das her? Wir haben die meisten Kriminalfälle in den Schulen in Leipzig.

(Thomas Colditz, CDU: In allen Schulen?)

Nicht in allen Schulen. Schauen Sie sich die Zahlen an; das hat doch Ursachen, das hat doch Gründe. Wir haben in Leipzig die größte Anzahl von Schülern ohne Abschluss. Wir haben in Leipzig die größte Anzahl der Schüler mit einem Hauptschulabschluss. Erzählen Sie mir doch hier nicht, dass das nicht auch eine Relevanz hat.

Was wollen wir denn? Wir brauchen und wollen im Freistaat Sachsen Schülerinnen und Schüler mit einer hohen Bildung, und dafür müssen wir etwas tun, Herr Flath. Ihre Logik ist mir zu einfach.

(Beifall des Abg. Horst Wehner, Linksfraktion)

Einen zweiten Punkt möchte ich kurz ansprechen – ich habe leider nicht mehr genug Redezeit für meine vorbereitete Rede. Ich glaube, Herr Flath, auch wenn Sie sich sehr loben, werden Sie an dieser Stelle noch sehr böse einbrechen. Schauen Sie sich die Fakten an, die wir zurzeit für die Berufsbewerbung haben, wenn die Betriebe erklären, die Schüler können nicht das, was sie eigentlich können müssten. Das sind die Resultate, die dabei herauskommen.

Frau Weihnert, ich bin ein bisschen enttäuscht, und zwar deshalb, weil ich davon ausgegangen bin, dass die SPD genau wie wir der Auffassung ist,

(Zuruf von der CDU: Nichts mit Rot-Rot!)

dass die Schulschließungspraxis in Sachsen endlich ein Ende haben muss.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Wenn die bis jetzt existierenden Schulen in Sachsen Bestand haben, dann gehe ich davon aus, dass diese Schulen auch ein Recht auf Fördermittel im Freistaat Sachsen haben und dass diese Schulen die Möglichkeit haben müssen, von den Fördermitteln in Sachsen etwas zu bekommen. Dass das nicht alles sofort geht, ist ganz klar; das sehen wir natürlich auch so.

(Margit Weihnert, SPD: Wo ist Ihr Antrag?)

Es ist doch klar, dass wir das so schnell wie möglich machen wollen; keine Frage. Ihr Fraktionsvorsitzender – nun ist er leider im Moment nicht im Saal – hat Mitte April eine Presseerklärung herausgegeben, in der er das genau unterstützt.