Im Grundsatz heißt das – auch das hat Herr Colditz bereits betont –, dass wir Schulen und Schulträgern die Verantwortung für den Bildungserfolg der jungen Menschen in Richtung Organisations- und Schulstrukturen geben möchten. Auf diesem Gebiet sind wir weiterhin in der Diskussion und denken, dass wir dabei ein ganzes Stück vorangekommen sind.
Wenn ich mir den Antrag in den zwei Punkten näher anschaue, muss ich sagen, dass die PDS eindeutig etwas vorgaukelt, was man nicht umsetzen kann. Unverzüglich alle erforderlichen Vorkehrungen zu treffen heißt doch, es wird dieses und nächstes Jahr umgesetzt. Wenn Sie ehrlich damit rechnen und in den Kommunen nachfragen würden, wo immer noch der Sanierungsbedarf besteht und wie groß dieser ist, dann ist ein „unverzüglich“ nicht möglich. Das ist unehrlich.
Unverzüglich die Fördermittel zur Verfügung stellen – natürlich ist manches wünschenswert. Ich denke aber – und das verstehen auch die Kommunen –, wir müssen fair mit ihnen im Gespräch bleiben, alle Möglichkeiten, die
wir haben, ausschöpfen und weiterhin Schwerpunkte setzen. Aus dem Städtebau weiß ich, dass das Innenministerium – neben den Fördermöglichkeiten, die über das Kultusministerium kommen – dort neue Regelungen getroffen hat. Hier sind wir auf gutem Wege.
Wir erleben ja heute ein kleines Déjà-vu, denn erst im letzten Plenum hatten wir äußerst ausführlich auf einen FDP-Antrag hin über das Thema Schulhausbauförderung diskutiert. Nun könnte man meinen, dass es seitdem neue Erkenntnisse in der Sache gibt, die es lohnenswert erscheinen lassen würden, das Thema hier wieder zu diskutieren. Aber diese kann ich nicht wirklich erkennen.
Die Linksfraktion kritisiert, dass die Orientierung der Schulhausbauförderung an den Richtwerten für die Klassenbildung falsch ist. Diese Meinung haben wir vertreten und wir vertreten sie nach wie vor.
Doch wie sieht der Lösungsansatz der Linksfraktion aus? Sie will das Förderverfahren neu aufrollen. Ich weiß nicht, ob diese Forderung wirklich zu Ende gedacht ist. Eine Reihe der jetzt abgelehnten Anträge wird beispielsweise durch die Städtebauförderung gefördert, und dafür ist eine Absage des Kultusministeriums notwendig. Wenn man das jetzige Verfahren neu aufrollte, hieße das, dass genau diese Entscheidung durch eine Neuvergabe unter Umständen gefährdet wäre. Das kann nicht ganz im Sinne des Antragsstellers sein. Deshalb funktioniert der Antrag in der Praxis nicht richtig.
Generell haben wir über das Thema das letzte Mal ausführlich gesprochen. Ich denke, ich habe für meine Fraktion unsere Meinung ausführlich dargelegt. Deshalb werde ich den Rest meiner Rede zu Protokoll geben.
(Beifall bei der FDP, der CDU, der Abg. Margit Weihnert, SPD, und des Staatsministers Steffen Flath)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben bereits am Mittwoch von Frau Henke die Verschwörungstheorie gehört, dass die Oppositionsfraktionen eine konzertierte Aktion
Die FDP beantragte am 19. Mai kleinere Klassenrichtwerte. Die Linksfraktion legte am 16. April den vorliegenden Antrag vor. Bereits am 11. April haben wir GRÜNEN eine Kleine Anfrage zum Thema Fördermittelvergabe und Klassenstärken gestellt. Das heißt, wir GRÜNEN waren die Ersten, die das Thema parlamentarisch bearbeitet haben. Sie können mir glauben, Frau Henke, wenn ich eine Kleine Anfrage stelle, versichere ich mich vorher nicht bei der Linksfraktion und schon gar nicht bei der FDP deren Wohlwollens.
Wir wollten allerdings noch einmal in Ruhe die Zahlen analysieren, die das Kultusministerium jetzt vorgelegt hat, um dann gegebenenfalls das Problem mit einer weiteren parlamentarischen Initiative zu beheben. Hier ist uns die Linksfraktion mit ihrem Antrag zuvorgekommen, der zwar ohne eine tiefgründige Analyse auskommt, aber deshalb nicht weniger wichtig ist.
Das sei nun in die Richtung des neuen Ministerpräsidenten gesagt – leider ist er nicht da –, der am letzten Wochenende auf dem CDU-Parteitag dem Vernehmen nach geäußert hat, er sei „entsetzt, wie oft eine Partei, die noch immer den Namen Bündnis 90 trägt, mit den Altkommunisten gemeinsame Sache macht“.
Diese Äußerung hat mich sehr verärgert. So wird er in der „Morgenpost“ zitiert. Sehr geehrter Herr Tillich, wir beurteilen Anträge nicht nur danach, von wem sie kommen, sondern auch, welchen Inhalts sie sind. Ich glaube nicht, dass jemand, der seit 1987 in der CDU ist, so laut tönen sollte. Es gab in der DDR auch andere Möglichkeiten, in die Opposition zu gehen, als ausgerechnet der Block-CDU beizutreten. Ich würde gern wissen, ob es stimmt, was am 29. Mai in der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ stand, dass Herr Tillich nämlich bis zur Wende war stellvertretender Vorsitzender des Rates des Kreises Kamenz.
Dann hätte er nämlich gewiss so manchen Beschluss von Altkommunisten mitgetragen, und dann hätte er im Entferntesten nicht das Recht, sich ein Urteil über BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu erlauben, in der damals wie heute Bürgerrechtler für eine bessere Politik und auch für einen neuen Politikstil streiten.
Meine Damen und Herren! Die Häufung parlamentarischer Initiativen aus der Opposition zum Thema deutet auf zweierlei hin: Erstens gibt es offenbar in der Schulpolitik ein Problem in Sachsen, und zweitens, anders als die Koalition, ist sich die Opposition in wichtigen bildungspolitischen Fragen zuweilen einig.
Werte Frau Kollegin GüntherSchmidt, glauben Sie wirklich, dass Sie in der Lage sind, Biografien aus dem Ende der DDR-Zeit aus dem sicheren Hafen von Schleswig-Holstein her beurteilen zu können?
Mein lieber Herr Kollege, vielleicht wissen Sie es aus eigenem Erleben nicht zu beurteilen, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass man auch durch Nachdenken zu Erkenntnissen kommen kann.
Zurück zum Thema. In der sächsischen Bildungspolitik gibt es ein Problem. Es läuft nicht gut. Die Fördermittel für die Sanierung von Schulen werden laut Richtlinie nur dann gewährt, wenn die Richtwerte für die Klassenwerte eingehalten werden. Im Umkehrschluss heißt das: Werden die Richtwerte nicht eingehalten, wird die Schule eben nicht saniert und es kommt eine Abwärtsspirale in Gang: keine Sanierung, schlechter baulicher Zustand, möglicherweise dadurch bedingter Unterrichtsausfall, weniger Anmeldungen und schließlich Schulschließung.
Teil zwei des Problems: Die Richtwerte entsprechen schlicht nicht den gesetzlichen Vorgaben. Zwar antwortet der jetzt noch amtierende Kultusminister Flath auf meine Anfrage, für die Schulen im ländlichen Raum würden dabei auch die Mindestschülerzahlen und Mindestzügigkeiten herangezogen. Die Praxis ist jedoch offenbar, dass Schulen, die die Richtwerte zur Klassenbildung nicht einhalten, wirklich schlechte Karten haben oder die geltenden gesetzlichen Bestimmungen unterlaufen werden. Das wiederum wirft die Frage auf, warum man Regelungen erlässt, die dann doch nicht eingehalten werden, wie zum Beispiel bei den Schulsozialarbeitern im Berufsvorbereitungsjahr. Das lohnt sich einfach nicht.
Wie aus der Antwort der Staatsregierung auf meine Kleine Anfrage hervorgeht, halten 1 267 allgemeinbildende Schulen in Sachsen die geltenden Richtwerte nicht ein,
darunter 771 Grundschulen, 291 Mittelschulen, 102 Gymnasien und 103 Förderschulen. Die Mindestschülerzahlen nach § 4a Schulgesetz werden von insgesamt 182 Schulen nicht erfüllt. Von diesen Schulen haben insgesamt 305 einen Antrag nach der Förderrichtlinie für den Schulhausbau gestellt. Die Staatsregierung sagt uns leider nicht, welche von diesen Anträgen bislang positiv beschieden wurden. Wir wissen aus einer Verlautbarung des Kultusministeriums vom 31. März dieses Jahres, dass die Sächsische Staatsregierung sämtliche Landesmittel für Schulsanierung in diesem Jahr in Höhe von 45 Millionen Euro bereits für insgesamt 60 Schulen bewilligt hat. Das heißt, bis dahin sind vier Fünftel der Anträge leer ausgegangen. Heute wird nun vermeldet, dass 145 Schulen 158 Millionen Euro erhalten sollen. Ich finde das gut und richtig.
Ich bin mir sicher, dass vor allem Schulen einen Ablehnungsbescheid erhalten, die die Klassenrichtwerte nicht erreichen. Genau darüber reden wir heute. Es geht mir nicht darum zu fordern, dass in diesem Jahr bereits alle Anträge auf Schulhaussanierung bewilligt werden. Wir wissen alle, dass das Geld dafür wahrscheinlich nicht ausreicht. Worum es mir geht, ist, dass die Kriterien, nach denen Anträge bewilligt werden, transparent und sinnvoll sind. Da ist mir die Aussage, in begründeten Fällen kann von der Einhaltung der Klassenrichtwerte abgesehen werden, eben zu willkürlich. Die Schulträger brauchen verlässliche Aussagen, ob sie Aussichten haben, ihre Schulen auf der Grundlage der geltenden Gesetze zu sanieren und eben nicht auf der Grundlage untergesetzlicher Vorschriften, von denen dann wiederum im Einzelfall abgewichen wird.
Die gegenwärtige Praxis erzeugt Unsicherheiten und birgt nach wie vor die Gefahr eines schleichenden Schulsterbens im ländlichen Raum in sich. Ich hatte es bereits gesagt. Deshalb werden wir dem Antrag zustimmen.