Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen und hierzu die Mittelschule anführen, um die Praxis der Vergabe deutlich zu machen. Im Schulgesetz, also der gesetzlichen Grundlage, steht, dass in einer Klassenstufe 20 Schülerinnen und Schüler pro Klasse sein müssen, um diese zu bilden. Diese Klassenstufe muss zweizügig sein, also brauche ich
40 Schülerinnen und Schüler, um eine Klassenstufe entsprechend zu bilden. Die Schulnetzplanverordnung sieht 25 Schülerinnen und Schüler pro Klasse als Richtwert vor. Das sind 50 Schülerinnen und Schüler. Die durchschnittliche Klassengröße im Mittelschulbereich beträgt 21 Schülerinnen und Schüler.
Hieraus ergeben sich für uns gravierende Widersprüche zum Schulgesetz und zur durchschnittlichen Klassengröße, die übrigens auch in der Schulnetzplanverordnung als Begriff – auch mit der Erläuterung dazu – verwendet wird.
Besonders freue ich mich über die Äußerung des Herrn Dr. Hähle, der sich einzügige Mittelschulen vorstellen kann, wie wir am Mittwoch gehört haben.
Herr Hähle, dazu möchte ich Sie besonders beglückwünschen, weil es auch einmal schön ist, wenn man seine eigene Meinung vertreten darf.
Der Schulträger kann nach dem Schulgesetz in der Grundschule mit 15 Schülerinnen und Schülern eine Klasse bilden, und das sogar einzügig. Gefördert werden diese Schulgebäude aber nicht, denn sie müssen nach den Richtwerten zweizügig sein.
Die Förderrichtlinie Schulhausbau hat einen wesentlichen Mangel. Ich möchte hierzu ganz besonders innehalten. Die Barrierefreiheit spielt in dieser Richtlinie überhaupt keine Rolle. Die Integration dieser Schülerinnen und Schüler ist nur möglich, wenn die Voraussetzungen an den sächsischen Schulen geschaffen werden. Wir fordern Sie daher auf, Herr Kultusminister – ich spreche Sie jetzt als Kultusminister an, weil Sie zurzeit viele Funktionen haben –, die Barrierefreiheit als festen Bestandteil in die neue Förderrichtlinie hineinzuschreiben.
Es ist übrigens schön, aus der Opposition heraus auch regieren zu können. Es macht Spaß; denn unser Antrag ist in den Geschäftsgang gegangen. Er steht auf der Tagesordnung des Plenums, und in der vergangenen Woche erklärte Herr Flath in der Sitzung der CDU-Fraktion, dass bereits 72,9 Millionen Euro Fördermittel ausgereicht wurden und bis zum Ende des Monats Mai noch 53,6 Millionen Euro ausgereicht werden; und heute lese ich in der Presseerklärung des Kultusministers, dass es sogar 150 Millionen Euro sind.
Klasse, Herr Flath! Das klingt richtig gut. Aber schauen wir doch einmal genauer hin. Nehmen wir das Beispiel Leipzig. In der vergangenen Woche hat die Stadt Leipzig den Fördermittelbescheid für die Jahre 2006 und 2007 bekommen. Gelder, die bereits in 2006 oder 2007 beantragt bzw. benötigt wurden, sind also genehmigt worden. Das relativiert die Zahl wieder. Für das Jahr 2008 – ich hatte erwartet, dass das sozusagen gleich mit gemacht wird – wird die Bereitstellung für das IV. Quartal in Aussicht gestellt. Da sehen die Zahlen aus meiner Sicht natürlich wieder ganz anders aus. Wir begrüßen ausdrücklich, Herr Flath, dass der Fördermittelbescheid für die Stadt Leipzig auch für einzügige Grundschulen erteilt worden ist. Gleichzeitig verstehen wir aber überhaupt nicht, dass in der Stadt Chemnitz genau dies nicht geschieht; denn in der Stadt Chemnitz haben Sie dazu aufgefordert, Grundschulen nach den alten Richtwerten der Klassenstärken mit der Begründung zusammenzulegen, es müssten Lehrer eingespart werden.
Ich weiß nicht, ob das falsch ist. Sie müssen einmal in Ihre Papiere schauen, ob es vielleicht doch richtig ist.
Wir haben am Mittwoch von Klassenstärken gesprochen, und wir waren uns, denke ich, sehr einig, dass man in kleineren Klassen besser lernen kann. Selbst Sie, Herr Flath, haben das gesagt. Wenn wir die Klassen an Grundschulen zusammenlegen und Klassenstärken um die 28 oder 25 haben, ist dies für die pädagogische Arbeit nicht sinnvoll, insbesondere für die 1. und 2. Klassen.
Wir fordern Sie auf, die Fördermittelvergabe nicht mehr als Druckmittel für die Schulschließungen im Freistaat Sachsen zu verwenden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Linksfraktion fordert, dass Voraussetzung für die Fördermittelvergabe im Schulhausbau in allen Fällen die Mindestschülerzahl sein soll. In der Begründung zum vorliegenden Antrag wird ausgeführt, dass die Regelung in der neuen Förderrichtlinie die gesetzlichen Bestimmungen des § 4a über Mindestschülerzahlen vollkommen außer Acht lasse und dadurch Schülerinnen und Schülern zugemutet werde, weiterhin in unsanierten Schulgebäuden lernen zu müssen, und die Schließung von weiteren Schulen gefördert werde.
Meine Damen und Herren! Liebe Frau Falken! Ich möchte gleich voranstellen, dass diese Aussagen natürlich falsch sind. Sie sind bestenfalls dazu geeignet, für Sie als Opposition mit dem Problem umzugehen, dass durch die
Staatsregierung und durch die Koalitionsfraktionen gerade in Fragen des Schulhausbaues in den letzten Jahren viel geschehen ist und seit Beginn dieses Jahres mit viel Engagement gerade im Schulhausbau vieles vonstatten gegangen ist. Dass dies natürlich nicht in Ihr Oppositionskonzept passt, ist klar. Nun brauchen Sie irgendeine Konstellation und eine Darstellung, um sich damit auseinanderzusetzen. Das ist der ganze Hintergrund Ihres Antrages.
Es ist sowohl an den seit Jahresbeginn ausgereichten Bewilligungen als auch mit Blick auf die in Aussicht gestellten Fördermittel für den Schulhausbau absehbar, dass wir nach wie vor – und in diesem Jahr in besonderer Weise – der Sanierung von Schulgebäuden eine hohe Priorität einräumen. Es kann also überhaupt nicht davon die Rede sein, dass hier irgendetwas ins Hintertreffen gerät.
Meine Damen und Herren! Um mich mit dem vorliegenden Antrag auseinanderzusetzen, möchte ich zunächst auf die beiden Rechtsgrundlagen eingehen, die von dem Antrag tangiert werden. Dies ist zum einen in der Tat das Schulgesetz und zum anderen – Sie haben es angesprochen, Frau Falken – die Förderrichtlinie „Schulhausbau“ in der Fassung vom 1. Januar 2008. Ich denke, sie liegt Ihnen vor bzw. Sie kennen sie.
Im § 4a des Sächsischen Schulgesetzes ist geregelt, welche Mindestschülerzahlen für die Einrichtung von Klassen notwendig sind. Im Zusammenhang mit dem zur Diskussion stehenden Problem muss man allerdings auch – liebe Frau Falken, das haben Sie nicht getan – den § 23 des Schulgesetzes in die Betrachtung einbeziehen. Darin ist in Abs. 2 geregelt, dass der Schulträger für die schulischen Organisationsmaßnahmen sowie für die Abdeckung des Sachbedarfes der Schulen grundsätzlich zuständig ist. Zum Sachbedarf gehören dabei insbesondere die Errichtung und Unterhaltung von Schulgebäuden, die Ausstattung der Schulräume sowie die Lehr- und Lernmittel. In der vom 1. Januar 2008 an gültigen Förderrichtlinie „Schulhausbau“ ist zudem geregelt, dass eine Zuwendung – neben anderen Voraussetzungen – nur dann gewährt werden kann, wenn an der Schule die in der Anlage zur Schulnetzplanungsverordnung vom 2. Oktober 2001 enthaltenen Richtwerte für die Klassenbildung eingehalten werden. In begründeten Ausnahmefällen kann hiervon abgewichen werden.
Bei Schulen im ländlichen Raum nach Maßgabe der Raumkategorien des Landesentwicklungsplanes Sachsen kann eine Förderung dann erfolgen, wenn die Mindestschülerzahlen gemäß § 4a Abs. 1 des Schulgesetzes und die Mindestzügigkeit gemäß § 4a Abs. 3 eingehalten werden. Diese Voraussetzung gilt neben der Voraussetzung der langfristigen Sicherstellung des Bestandes des jeweiligen Objektes.
In der Pressemitteilung des Kultusministeriums vom 9. April 2008 wurde geäußert, dass für die Schulen im ländlichen Raum wie bisher Mindestschülerzahlen und Zügigkeiten herangezogen werden, und bei Schulen
außerhalb des ländlichen Raumes, also in Ballungszentren, wird nach wie vor – und zu Recht; wir haben es am Mittwoch diskutiert – auf die Einhaltung der Klassenrichtwerte, das heißt auf 25 Schüler, geachtet.
Meine Damen und Herren! Wenn man diese geltenden Rahmenvorgaben zugrunde legt, ergeben sich überhaupt keine Unstimmigkeiten bei der Vergabe von Fördermitteln; denn einerseits wirkt der Freistaat nach dem gesetzlichen Auftrag an öffentlichen Schulen mit, indem er Lehrpersonal zur Verfügung stellt, und dafür gibt es, liebe Frau Falken, auch die konkreten Vorgaben, nämlich die Mindestschülerzahlen. Der Freistaat kann sich aus seiner Aufgabe nur dann herausziehen, wenn die Mitwirkung an der Einrichtung der Schule aufgrund von Nichteinhaltung dieser Mindestschülerzahlen entzogen worden ist.
Von dieser Maßgabe ist aber die Gewährung der Zuwendungen für Schulhausbaumittel deutlich zu unterscheiden. Entsprechend dem Sächsischen Schulgesetz sind, wie bereits angemerkt, zunächst einmal die Schulträger und Kommunen dafür zuständig, die sächlichen Kosten für die Schule zu tragen. Gemäß § 24 Abs. 2 des Sächsischen Schulgesetzes sind die Schulgebäude und -räume einzurichten, mit notwendigen Lehr- und Lernmitteln auszustatten und in einem ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten.
An dieser Aufgabe der Kommunen beteiligt sich der Freistaat bereits über den Finanzausgleich entsprechend den Artikeln 85 und 87 unserer Verfassung. Zusätzlich beteiligt er sich auch über sonstige Zuwendungen, wie diejenigen zur Schaffung und Erhaltung des erforderlichen Schulraumes nach den allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen und den verfügbaren Haushaltsmitteln. Hierbei ist auf die Förderrichtlinie „Schulhausbau“ zu verweisen.
Es besteht jedoch keine Rechtspflicht in dem Sinne, wie Sie sie beschrieben haben, Frau Falken, für die Unterstützung in dieser Frage. Es handelt sich um eine grundsätzlich freiwillige Aufgabe des Freistaates für die Schulträger im Rahmen des geltenden Haushaltsplanes. Hinsichtlich Letzterem – freiwillige Zuwendungen zur Erfüllung einer Aufgabe der Kommunen, nach der Förderrichtlinie „Schulhausbau“ also – kann der Freistaat demnach auch andere, höhere sowie differenzierte Maßstäbe für die Bewilligung von Fördermitteln einsetzen.
Neben diesen plausiblen rechtlichen Zusammenhängen will ich die Vorgaben des SMK aber auch gern noch ein Stück weit politisch weiter wichten. Die strengeren Zuwendungsvoraussetzungen gerade für den ländlichen Raum, insbesondere für die Ballungsräume, vor allem für die kreisfreien Städte, in denen Schulwege kurz organisiert werden können bzw. die Einhaltung des Richtwertes im Gegensatz zu den ländlichen Gebieten durch die Schulträger ohne Identitätsverluste und ohne persönliche Nachteile für die Schüler möglich ist, sind ein Fakt. Auch die Behauptung, dass durch die Fördermittelvergabepraxis die Schließung von weiteren Schulen gefördert werde, ist eine unhaltbare Behauptung, das wissen Sie ebenfalls,
Frau Falken. Gerade kreisfreie Städte sind insbesondere einwohnerreich, oft auch reich an Steuereinkommen, und deshalb bei entsprechender Schwerpunktsetzung in der Lage, ein qualitativ gutes Schulnetz zu erhalten.
Voraussetzung dafür ist, dass die kreisfreien Städte die dafür notwendigen Prioritäten in ihren kommunalen Haushalten setzen und insbesondere die Mittel aus dem Finanzausgleich für die Sanierung von Schulen entsprechend verwenden. Das alleinige Warten auf die Fördermittel des Freistaates ist aufgrund der Schulträgeraufgabe, wie ich sie schon beschrieben habe, nicht angemessen.
Zudem muss man bedenken, dass sich eine vergleichsweise geringe Anzahl von Schulen in Ballungsgebieten und im kreisfreien Raum befindet. Bezogen auf den Regierungsbezirk Chemnitz sind das 298 Grundschulen und 115 Mittelschulen, denen lediglich 61 Grundschulen und 25 Mittelschulen im kreisfreien Raum entgegenstehen. Das heißt, dass die Mehrheit der Schulen bei der Vergabe durchaus von den Mindestschülerzahlen ausgehen kann.
Benachteiligungen von Schulen und Schulträgern im Ballungsgebiet ist vor dem Hintergrund dessen, was ich ausgeführt habe, so nicht zutreffend. Insofern ist der Antrag nicht zustimmungsfähig.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man sich den Antrag als solchen anschaut, könnte man dem Grundanliegen zustimmen. Wenn man herausfiltert, dass bestandssichere Schulen bei der Fördermittelvergabe entsprechend berücksichtigt werden sollen, ist das sicher nicht verkehrt.
Bevor ich in die Details und Tiefen des Antrages hineingehe – Herr Colditz hat dies bereits getan –, möchte ich eines klarstellen: Kommunen, Landkreise und auch der Freistaat haben in den letzten Jahren immense Summen an Geld ausgegeben, um Schulgebäude zu sanieren. Ich selbst hatte 1990 die Aufgabe, mir die Schulen von Leipzig anzusehen, die wir übernommen haben. Ich verrate nichts Neues – insbesondere den Kollegen, die damals mit dabei waren –, wenn ich sage, dass uns in manchen Schulen die Ratten entgegengekommen sind. Es waren wahnsinnig schlimme Rahmenbedingungen. Dem haben Kommunen – ich betone es noch einmal –, Landkreise und auch der Freistaat entsprechend entgegengewirkt; sie haben Prioritäten gesetzt und viel Geld dafür aufgewendet.
Dass das immer noch nicht reicht, ist völlig d’accord. Aber natürlich muss, wenn wir Sanierungsbedarf haben – und er ist immer noch in Größenordnungen gegeben –, eingeräumt werden, dass wir bei der Sanierung der Schulen Prioritäten setzen. Diese Prioritäten sind natür
lich im Einklang mit den Kommunen zu setzen. Dabei sollten möglichst Schulen saniert werden, die die meisten Schüler und damit Bestandssicherheit haben.
Darüber haben wir noch einmal diskutiert, denn das würde den ländlichen Raum sehr hart treffen. Wir hätten dann keine Sanierungsmöglichkeit mehr für kleinere Schulen. Das heißt, die Förderrichtlinie, wie wir sie momentan haben, wird – das haben Gespräche der Koalition mit dem Ministerium ergeben – schon so moderat angewendet, dass auch die Schulen im ländlichen Raum eine Chance haben, Finanzen zu bekommen. Ich denke, auch dort muss es möglich sein, Schulen zu sanieren. Auch dort sind uns die Kinder nicht weniger wert.
Verständlicherweise haben dann in manchen Bereichen, in unterschiedlichen Kommunen oder Landkreisen, die Schulträger in der Zeit, als es noch relativ unsicher war, ob die Schule im Bestand bleibt, nur notdürftig investiert. Aber auch eine notdürftige Investition in den einzelnen Bereichen und Kommunen ging meist nicht unter 3 bis 4 Millionen ab. Auch das sind wichtige Gelder, die wir insgesamt brauchen. Ich sage Ihnen nichts Neues: Wenn Sie eine grundhafte Sanierung oder nach den neuen Standards die CO2-Sanierung durchführen, kommen Sie mit weniger als 10 bis 15 Millionen nicht aus.
Ich habe bereits darauf verwiesen, dass an bekannten Beispielen die Vergabepraxis nachweislich moderat getätigt wird. Gleichzeitig brauchen wir viel Geld. Richtig ist, dass wir über die dem Grunde nach falschen Klassenrichtwerte – darüber haben wir allerdings im März bereits diskutiert – noch Gesprächsbedarf haben. Diese Gespräche führen wir fort. Das heißt, wir diskutieren darüber mit dem Koalitionspartner und den Ministerien. Wir wissen allerdings, dass dies nicht länger als Druckmittel gegen die Schulen eingesetzt werden darf.
Im Grundsatz heißt das – auch das hat Herr Colditz bereits betont –, dass wir Schulen und Schulträgern die Verantwortung für den Bildungserfolg der jungen Menschen in Richtung Organisations- und Schulstrukturen geben möchten. Auf diesem Gebiet sind wir weiterhin in der Diskussion und denken, dass wir dabei ein ganzes Stück vorangekommen sind.