Manchmal frage ich mich, Herr Ministerpräsident, ob Sie es nicht besser wussten. Kann es sein, dass Staatsminister Metz Ihnen nicht alles erzählt, Herr Dr. Thode Ihnen nicht alles berichtet hat? Herr Staatsminister Metz, Sie sitzen in einer Vielzahl von Gremien: Vorsitzender des Verwaltungsrates der SLB, Vorsitzender des Kreditausschusses, Vorsitzender des Präsidialausschusses und Vorsitzender der Anteilseignerversammlung. Da hätten Sie handeln müssen.
Waren Sie mit der Vielzahl von Funktionen überfordert, oder waren Ihnen die Hände gebunden? Wieso haben Sie nicht gleich Herrn Weiss entlassen, als er nicht bereit war, die vom Haushaltsausschuss geforderte eidesstattliche Erklärung abzugeben? Wieso bleibt Herr Weiss im Amt, als er das von Ihnen gesetzte Ultimatum überschritt? War das nicht ein Schuldeingeständnis, und wäre dies nicht Grund genug für ein sofortiges Hausverbot? Denn schließlich müsste das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört sein.
Herr Ministerpräsident, ich möchte nicht in der Vergangenheit wühlen, doch ich glaube, es ist der Mühe wert, kurz über den Mann zu reden, der ein Vorwort zu Ihrem Buch schrieb. Es war von Dr. Thomas de Maizière in seiner damaligen Eigenschaft als Finanzminister, unter Ihnen Justiz- und jetzt Innenminister. Wie ich las, wollte Herr de Maizière einige Veränderungen in der Landesbank. Er hatte den Ehrgeiz, den Stillstand bei der Bank, die „Günstlings- und Mätressenwirtschaft“ zu beenden.
So sollte Frau Braun aus der Vorstandsspitze der Sachsen LB entfernt werden, allerdings nicht an die Spitze der MDL. Nun, im Rückblick, verwundert es mich nicht, dass Sie diesen innerparteilichen Konkurrenten in Ihr Kabinett übernahmen – aus Ihrer Sicht verständlich. Doch warum spielten Sie, Herr de Maizière, mit? Aus reinen machtpolitischen Erwägungen? Ich frage mich weiter, warum Sie, Herr de Maizière, die Ines, die Ihnen unterstand, nicht auf die Sachsen LB ansetzten.
Die einzige Konstante in der Historie der SLB sind Herr Dr. Weiss und Sie, Herr Ministerpräsident, und bis zuletzt haben Sie an ihm festgehalten. Bei allen Skandalen und Skandälchen um seine Person: Bei einem Klima in der Bank, in der streng vertrauliche Unterlagen herrenlos unter das Volk gestreut werden, haben Sie nie Veranlassung gehabt, auch nur über eine Abberufung nachzudenken. Da muss Herr Weiss schon selbst kommen und seinen Rücktritt anbieten.
Bei so viel Zögern ist die Frage nach persönlichen Abhängigkeiten natürlich. Sie selbst haben ja wohl gestern noch gegen die Abberufung von Frau Braun und die Hausverbote gegen die Herren Fuchs und Weiss sowie Frau Braun interveniert. Ich kann Sie nicht verstehen,
Ihnen, Herr Ministerpräsident, wird gern das Attribut eines Fachmannes attestiert. Als Fachmann hätten Sie erkennen müssen, dass die Vorwürfe gegen die Bank diesem Förderinstrument und dem Freistaat nachhaltig schaden. Als Politiker wären Sie aufgefordert gewesen, schnell und umfassend zu handeln. Fachlich wie auch politisch kann man zum Krisenmanagement nur eines sagen: miserabel.
Für uns ist klar: So eklatantes Versagen und Verzögern muss geklärt werden. Es geht nicht darum, jemanden vorab schuldig zu sprechen, es geht darum, Verantwortlichkeiten zu klären. Denn nur wenn diese geklärt sind, kann dafür die Verantwortung – vor allem die politische – übernommen werden. Deshalb muss geklärt werden, wie Mitglieder der Staatsregierung im Rahmen der ihnen obliegenden unmittelbaren Aufgabenverantwortung in der Sachsen LB tätig geworden sind bzw. welchen Einfluss sie genommen haben.
Zudem gibt es eine scheinbar endlose Kette klärungsbedürftiger Fragen. Ich habe 24 Sachverhalte vor mir liegen, die aufgearbeitet werden müssen. Sie haben bei allem, was ich von Ihnen gehört habe, nicht einmal zur Hälfte Aussagen getroffen. Dies alles hätte im Haushaltsund Finanzausschuss geschehen können. Allerdings muss sich die Staatsregierung darüber klar sein, dass dies nur geht, wenn alle Fragen restlos beantwortet werden.
In Ihrem Buch schreiben Sie: „Stillstand ist Rückschritt.“ – Sie haben zugelassen, dass die Sächsische Landesbank weit zurückgeworfen wurde. Wir haben von Ihnen gefordert, sich zur Geschäftspolitik der SLB zu äußern – hier und heute. Das, was wir heute gehört haben, war ein Anfang. Viele Fragen sind noch offen. Tragfähige Lösungen für die aufgeworfenen Probleme wurden nur angedeutet. Die Zukunft der Sachsen LB ist noch ungewiss. Der Zusammenhalt im Sachsen-Finanzverbund ist erschüttert. Mit Stillstand kommen Sie nicht mehr weiter. Abwarten hilft nicht, das wäre das Todesurteil für die SLB und den Sachsen-Finanzverbund – und wahrscheinlich nicht nur für diese.
Herr Ministerpräsident, auf die Frage, ob Sie zu lange gewartet haben, antworteten Sie der „Freien Presse“: „Nein, Herr Weiss hat die politische Verantwortung übernommen, um weiteren Schaden von der Bank abzuwenden.“ – Herr Ministerpräsident, da irren Sie! Sie haben die politische Verantwortung,
die kann Ihnen Herr Weiss nicht abnehmen. Deshalb handeln Sie, sonst wird über Sie verhandelt werden!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einige Aussagen zu dem, was bisher in diesem Hause diskutiert worden ist: Der Haushalts- und Finanzausschuss hat sich mehrfach mit dem Thema Sachsen LB beschäftigt, und zwar nicht erst in den letzten vier Wochen, sondern schon länger zurückliegend. Dabei sind sehr unterschiedliche Aspekte dieses Unternehmens diskutiert und besprochen worden. Alle Fragen, die gestellt worden sind, hat der zuständige Finanzminister beantwortet.
In den Fällen, Herr Hahn, in denen er das nicht konnte – bei 300 Anfragen, die inzwischen im parlamentarischen Umlauf sind, halte ich das für völlig normal –, sind diese Anfragen im Nachgang beantwortet worden.
Über das Verfahren, wie wir damit im Haushalts- und Finanzausschuss umgegangen sind, haben sich die Obleute mit dem Ausschussvorsitzenden verständigt.
Deshalb würde ich ganz gern einige grundsätzliche Bemerkungen machen, die insbesondere auf das Thema Mittelstand abzielen, das in einigen Ausführungen meines Vorredners auch angesprochen wurde.
Landesbank und Sparkassen konnten in den letzten Jahren ihr gemeinsames Kreditvolumen für den sächsischen Mittelstand verfünffachen. Der Ministerpräsident hat dies angesprochen. Für den Wirtschaftsstandort Sachsen ist es daher wichtig, eine Landesbank in Sachsen zu haben, deren Entscheidungskompetenz in Leipzig versammelt ist und die die überwiegende Zahl ihrer Arbeitsplätze im Freistaat hat. Kurz gesagt: Wer eine eigenständige Wirtschaftspolitik betreiben will, braucht dazu auch ein Instrument.
Ein wichtiges Instrument ist die Landesbank, und dass wir im Freistaat Sachsen im Vergleich zu den anderen ostdeutschen Ländern wirtschaftlich weit besser vorangekommen sind, das kann niemand ernsthaft bezweifeln.
Insofern, Herr Scheel, ist es nicht nur richtig, sondern auch gut, dass wir an diesem Punkt allein stehen. Allein stehen deshalb, weil ich die Ansätze, die die anderen ostdeutschen Bundesländer gewählt haben, eben für falsch halte – sowohl im Jahr 1992 als auch jetzt. Es ist vielleicht manchmal sehr wichtig zu betonen, dass man auch für eine richtige Lösung allein stehen muss.
Was ist der Kerngedanke für diese Debatte? Wozu ist eigentlich diese Bank notwendig? – Die Finanzierung
sächsischer Unternehmen ist und bleibt ein Hauptzweck der Sachsen LB. Gerade vor dem Hintergrund sinkender Investitionszuschüsse – ich erinnere an Debatten, die in diesem Hause um die GA und um die Unternehmensfinanzierung geführt worden sind – wird dies an Bedeutung gewinnen. Darauf eingehend, darauf antwortend halte ich für mich und die Fraktion der CDU eines fest: Wir wollen alles tun, damit dieser Wettbewerbsvorteil – wir haben weiß Gott genug Nachteile –, den wir mit dieser Bank haben, auch in Zukunft erhalten bleibt.
Dass nun im Sommer dieses Jahres die Gewährträgerhaftung wegfällt, und zwar nicht nur bei der Sachsen LB, sondern bei allen Landesbanken, dem müssen wir uns stellen, auch wenn es unangenehm ist. Es ist vor allem, Herr Scheel, nicht überraschend – Basel I und Basel II sind keine Geheimpapiere –, sondern wir – „wir“, das ist die Bankenlandschaft der Bundesrepublik allgemein – müssen uns auf diese Situation einstellen.
Weil wir aber, Herr Kollege Porsch, diesen Standortvorteil eines eigenständigen Instituts erhalten wollen, müssen wir alles unternehmen, um auch künftig ein ordentliches A-rating zu erhalten.
Ich würde den Gedanken noch zu Ende bringen wollen. – Ansonsten ist die Sachsen LB schlichtweg nicht mehr konkurrenzfähig. An der strategischen Neuausrichtung der Bank führt also kein Weg vorbei und da ist es nicht besonders hilfreich, wenn die Sachsen LB monatelang in den Schlagzeilen ist. – Ja, bitte.
Herr Kollege Albrecht, eine Zwischenfrage: Sie haben vorhin davon gesprochen, dass der Schwerpunkt der Landesbank Sachsen, des Konzerns, in der Finanzierung des sächsischen Mittelstands liegt. Wie bewerten Sie die Tatsache, dass die Landesbank Sachsen im vergangenen Jahr eine Beteiligungsgesellschaft in Frankfurt gegründet hat, die M Cap, zur Eigenkapitalfinanzierung sächsischer Unternehmen, sie mit 30 Millionen Euro ausgestattet hat und wir hier diskutieren und uns anstrengen, einen Mittelstandsfonds für die Finanzierung von sächsischen Unternehmern auf den Weg zu bringen? Das steht für mich in ganz klarem Widerspruch.
Herr Dr. Schmalfuß, natürlich weiß ich, dass Sie es bei dieser Diskussion besonders schwer haben. Als ehemaliger Mitarbeiter der Bank, über die
Sie kennen ja einige Mitarbeiter, die auch heute noch dort sind. Ich nehme an, Sie schätzen einige davon,
vielleicht auch alle. Sie wissen auch, wohin diese Diskussion, die wir hier führen, strategisch führt.
Andererseits müssen Sie sich hier in Ihrer Rolle als Opposition natürlich profilieren. Das ist schon für sich schwierig.