Protokoll der Sitzung vom 09.07.2008

Ich erteile der Fraktion der NPD das Wort; Herr Delle, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Nicht zum ersten Mal debattieren wir heute über Strom- und Gaspreise, wahrscheinlich auch nicht zum letzten Mal. Ich befürchte sogar, dass wir einer Entwicklung entgegensehen, die uns dieses Thema geradezu zur permanenten Behandlung aufdrängen wird.“ So lautete der Anfang einer Rede von mir aus dem Januar-Plenum 2006. So richtig diese Einschätzung war, hätten wir uns doch gern eines Besseren belehren lassen.

Die Sozialtarife beherrschen derzeit die öffentliche Debatte. So wundert es mich nicht, dass sich natürlich auch der Sächsische Landtag damit auseinanderzusetzen hat; wenngleich vermutlich nicht viel dabei herauskommen wird, nachdem man ja auch diesen wichtigen Bereich der Daseinsvorsorge privatisiert hat. So konnte die Bundesnetzagentur als Regulierungsbehörde nur mit kleinen Erfolgen glänzen, die zudem wirkungslos blieben, weil die Marktmacht der Energieerzeuger zu groß war und die Politik auch nicht das Notwendige getan hat. Zudem wurde versäumt, über den 30.06.2007 hinaus eine Verlängerung der Stromtarifaufsicht zu erreichen. Dies ist auch ein Versäumnis dieses Hauses. Die NPD-Fraktion stellte damals einen diesbezüglichen Antrag, der von Ihnen allen allerdings abgelehnt wurde.

Die Preisanstiege im Energiesektor gingen ungehemmt gegen jede politische Initiative weiter. So stiegen die durchschnittlichen Energiekosten für einen Musterhaushalt seit 2004 bis heute um sage und schreibe rund 100 Euro im Monat, und plötzlich wird wieder Betriebsamkeit vorgetäuscht. Siegmar Gabriel von der SPD spricht von Sozialtarifen, DIE LINKE sowieso. Laurenz Meyer von der CDU empfiehlt verbilligte Stromkontingente, ja, selbst der EU-Energiekommissar fordert Sozialtarife, allerdings nur beim Gas. Einzig und allein die FDP vertraut weiter blind auf die sozialen Segnungen der entfesselten Marktkräfte.

Doch, meine Damen und Herren, wie realistisch und sinnvoll sind Sozialtarife in der globalisierten Privatwirtschaft einzuschätzen? Der Städtetagspräsident und Münchner SPD-Oberbürgermeister Ude äußerte jüngst auf der kommunalen Klimaschutzkonferenz dazu nicht zu Unrecht, dass sich ausländische Unternehmen keine nationalen Preisvorschriften machen lassen.

Beim Gas, meine Damen und Herren, kommt im Gegensatz zum Strom noch die erneut aufgeflammte Debatte über die Entkoppelung vom Ölpreis hinzu. Diese Koppelung ist zwar in der Tat insofern unzeitgemäß, als die langfristigen infrastrukturellen Investitionen längst getätigt sind und darüber hinaus mit der Preiskoppelung auch die wesentlich höhere Knappheit des Gutes Öl mit eingepreist wird; aber dennoch sollte man im Zusammenhang mit der Preisentkoppelung vom Öl nicht allzu hohe Erwartungshaltungen erzeugen. Außerdem ist die Gas-ÖlPreiskoppelung kein ordnungspolitisches Konstrukt, sondern basiert auf langfristigen Lieferverträgen zwischen Erzeugern und Abnehmern, weshalb der Einfluss der Politik auch hier zumindest in der öffentlichen Darstellung überschätzt wird.

Meine Damen und Herren, bei den Vorschlägen zu den Billigkontingenten dürfte zumindest keine Koppelung an die Haushalte allein erfolgen, da ein finanziell gut gestellter Singlehaushalt unter Umständen vermutlich weitaus mehr davon profitieren könnte als eine sozial schlechter gestellte kinderreiche Familie. Hier gälte es, die zahlreichen Mitnahmeeffekte auszuschließen; von den administrativen Herausforderungen ganz zu schweigen.

So geht die Debatte über Sozialtarife zwar in die richtige Richtung, doch uns als NPD-Fraktion geht sie nicht weit genug. Es besteht eine immens große Notwendigkeit, das Problem der Energiekosten zu lösen; schließlich ließen allein 2007 die Versorger in über einer Million Haushalte Gas und Strom abdrehen. Viele normale Arbeitnehmer – so möchte ich sie bezeichnen – wissen bald nicht mehr, wie sie ihre Strom- und Gasrechnungen bezahlen sollen. Schon jetzt schauen viele Menschen mit Sorgen auf die nächste Heizperiode und wahrscheinlich werden noch mehr Heizungen als im letzten Winter kalt bleiben müssen.

Was macht die etablierte Politik angesichts solcher Zustände? Abgesehen von ein paar beschwichtigenden Floskeln ist nichts zu hören.

Dabei wird eine Möglichkeit der Problemlösung von sämtlichen Bundestagsparteien gänzlich ausgeschlossen: nämlich einen Ansatz bei den Steuern und Abgaben auf Energie zu suchen. Lagen diese 1998 bei 2,2 Milliarden Euro, so belaufen sie sich heute auf horrende 13,7 Milliarden Euro. Dies ist immerhin mehr als eine Versechsfachung innerhalb von zehn Jahren – und dies ohne die Ökosteuer.

Hier, meine Damen und Herren, muss nach Ansicht der NPD-Fraktion unter anderem angesetzt werden. Die Energie muss für alle Beteiligten im Lande billiger werden. Nur das ist sozial gerecht; denn wenn man die

Energie nur für bestimmte Gruppen verbilligt, dann bleibt zum Beispiel eine Familie, die knapp über irgendwelchen festzulegenden Sätzen liegt, trotzdem auf der Strecke, weil sie nicht weiß, wie sie ihre Rechnungen bezahlen soll.

Deshalb fordern wir als NPD-Fraktion an dieser Stelle zum wiederholten Male: Steuern runter bei Strom, Gas und natürlich auch beim Benzin! Das ist im Augenblick der einzige, vor allem schnell machbare Weg.

Meine Damen und Herren, ich habe mit einem eigenen Zitat aus einer Plenarrede aus dem Jahr 2006 begonnen und möchte ebenso enden. Um die heute wiederum diskutierten Probleme nachhaltig in den Griff zu bekommen, sagte ich in der damaligen Rede: „Die Vision muss dabei sein, die zentralistischen privatwirtschaftlichen Strukturen spätestens mittelfristig zugunsten dezentraler kommunalisierter oder genossenschaftlicher Selbstversorgerstrukturen auf ökologischer Basis zu ersetzen.“

(Gitta Schüßler, NPD: Sehr richtig!)

Dies sehe ich heute natürlich immer noch so und im weiteren Verlauf des Tages wird Ihnen die NPD-Fraktion mit ihrem Gesetzentwurf zum Sächsischen Energieversorgergesetz die Möglichkeit bieten, einen ersten Schritt in diese Richtung zu gehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der NPD und des Abg. Klaus-Jürgen Menzel, fraktionslos)

Ich erteile der Fraktion der FDP das Wort; Herr Morlok, bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat ist es richtig: Die Energiepreise sind in den letzten Jahren und insbesondere in den letzten Monaten dramatisch gestiegen. Seit Anfang 2007 haben wir beim Strom eine Preissteigerung von 7,2 %. Aber man muss auch einmal sehen, woher diese Preise eigentlich kommen. Wenn wir nämlich feststellen, dass beim Erdgas 25 % und beim Strom 27 % Steuern Preisbestandteil sind, dann ist das schon eine ganz klare Aussage; und hier wurden die Steuern in den letzten Jahren kräftig erhöht. Die Energiesteuer hatte allein im letzten Jahr ein Aufkommen von 46 Milliarden Euro. Es kommen weitere Abgaben hinzu: KWK-Abgabe, EEG-Abgabe, Konzessionsabgabe – wenn man das alles zusammenzählt, dann stecken im Strompreis 41 % Steuern und Abgaben. Wenn man hier eine Diskussion über zu hohe Preise und mögliche Sozialtarife führt, dann muss man das dazusagen und darf nicht verschweigen, dass staatliche Steuern und Abgaben ein wesentlicher Bestandteil des Strompreises sind.

(Beifall bei der FDP)

Herr Gerlach, Sie haben es angesprochen – deswegen setzt sich die FDP auch für Steuersenkungen ein –; weil eben die Steuern zu hoch sind. Wenn Sie sich Benzin und Diesel anschauen, ist der Steuer- und Abgabenanteil noch

höher, und deswegen setzen wir uns zu Recht für die Wiedereinführung der Pendlerpauschale ein, weil genau das die Lösung ist. Man kann doch nicht auf der einen Seite durch staatliche Maßnahmen die Preise nach oben treiben und hinterher beklagen, dass sie von den Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr finanzierbar sind. So geht es nicht!

(Beifall bei der FDP)

Schauen Sie sich einmal in Sachsen die drei großen Städte Chemnitz, Dresden und Leipzig an – ein Viertel der Bevölkerung lebt in diesen Städten und wird nicht von den vier großen Konzernen, sondern von lokalen Stadtwerken versorgt. Schauen wir uns heute einmal bei Verivox Energiepreise an: In Chemnitz zahlt man 7,85, in Dresden 7,91 und in Leipzig 8,56 Cent pro Kilowattstunde; in Chemnitz ist der Preis also am geringsten und in Leipzig am höchsten. Wenn wir uns die Beteiligungsverhältnisse anschauen, dann stellen wir fest: In Chemnitz gehören 51 %, in Dresden 55 % und in Leipzig 100 % der Kommune. Da ist eine ganz klare Korrelation: Je mehr Staatsanteile, je mehr die Politik mitmischt, desto höher ist der Preis. Auch das muss man einmal zur Kenntnis nehmen!

(Beifall bei der FDP)

Laut der heutigen Auswertung bei Verivox liegt die Stadt Leipzig deutschlandweit auf Platz 1 beim Strom und auf Platz 2 beim Gas, und da ist doch ganz deutlich, dass das eben nicht die vier großen Konzerne sind, sondern es sind die kommunalen Mandatsträger, die hier Entscheidungen treffen.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Man kann hier nicht einfach die Schuld den Konzernen geben, wenn doch die Stadträte in den Kommunen letztendlich in den Aufsichtsräten die Preise mitbestimmen.

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Ich habe überhaupt nichts von den Linken gehört, wenn es um Strom- und Gaserhöhungen der kommunalen Energieversorger geht. Wo sind sie da gewesen? In Leipzig höre ich da nie irgendjemanden; da wird im Aufsichtsrat fleißig zugestimmt. Man kann hier nicht Sozialtarife fordern und in den Aufsichtsräten der Kommunen den Preiserhöhungen zustimmen. Das ist doch eine verlogene Politik!

(Beifall bei der FDP)

Letztendlich führt am ehesten ein Wettbewerb zu Preissenkungen. Das haben wir doch beim Telefon gemerkt. Als wir dort Wettbewerb eingeführt haben, sind die Telefontarife drastisch gesunken. Das Ziel müsste deshalb mehr und nicht weniger Wettbewerb sein. In der Vergangenheit hat Rot-Grün durch die Ministererlaubnis bei der großen Fusion eben den Wettbewerb behindert. Man kann doch nicht durch politische Maßnahmen den Wettbewerb behindern und sich hinterher beklagen, dass es nicht

funktioniert. Wir müssen also mehr Wettbewerb schaffen, dann bekommen wir auch deutlich günstigere Preise.

Lassen Sie mich zum Schluss einen Punkt aussprechen: Natürlich müssen steigende Lebenshaltungskosten Eingang in die Regelsätze von Hartz IV finden; dort muss man gegebenenfalls anpassen. Aber wir können nicht jedes Mal, wenn irgendwelche Preise steigen, Sozialtarife fordern. Wir hatten auch bei der Milch eine Preissteigerung – der Streik der Milchbauern ist noch in guter Erinnerung. Was Sie wollen, ist: Sozialtarife für Energie, Hartz-IV-Preise für Milch und Butter, Sozialrabatt beim Brötchen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linksfraktion, das ist nicht sozial, sondern das ist Sozialismus.

(Beifall bei der FDP – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Mir ist richtig bange um die Konzerne!)

Ich erteile der Fraktion GRÜNE das Wort; Frau Herrmann, bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich staune schon, dass hier einige Kollegen ans Pult gehen und den Eindruck erwecken, dass die Zeit der billigen Energie noch nicht vorbei sei. Ich möchte wissen, woher Sie diese Vorhersage nehmen. An allen Ecken und Enden kann man es ablesen und im Übrigen zeigen nicht nur die Preisindizes für Gas und Öl nach oben, sondern auch alle anderen für fossile Energieträger. Alle Wissenschaftler sagen uns, dass der Punkt der höchsten Fördermenge längst erreicht ist. Das heißt, die Nachfrage steigt, die Förderung kann nicht mehr oder nur noch kurzfristig gesteigert werden und die logische Konsequenz ist – das sei vor allem an die FDP gerichtet, die immer von Marktwirtschaft spricht –, dass der Preis nach oben und nicht nach unten gehen wird, egal, welche Regelungsmechanismen Sie einbauen wollen.

Deshalb gibt es dafür nur eine einzige Lösung: Wir müssen den Verbrauch einschränken und die Energieeffizienz erhöhen.

(Beifall des Abg. Peter Wilhelm Patt, CDU)

Alles andere ist Augenwischerei und mit allen anderen von Ihnen hier angepriesenen Verfahren werden wir nur dazu kommen, dass der Staat immer mehr in die Pflicht genommen wird. Dann sagen Sie uns aber bitte auch, wo das Geld herkommen soll.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. Dr. Jürgen Martens, FDP)

Liebe Kollegen, seit der Jahrtausendwende hat sich der Preis für Rohöl verzehnfacht, während der Strom für Privathaushalte um über 50 % und Gas um circa 75 % teurer geworden ist. Sie wissen, dass sich die Preise für ein Barrel Rohöl derzeit bei 140 US-Dollar bewegen, und das wird in den nächsten Monaten zu einer Nachziehung der Gaspreise führen.

Das belastet natürlich in allererster Linie die Haushalte mit niedrigen Einkommen und verstärkt deshalb auch den Trend der wachsenden Armut in Deutschland. Damit werden die Teilhabechancen gerade dieser Familien – damit meine ich nicht nur diejenigen, die unter Hartz-IVBezug leben, sondern auch die anderen mit niedrigen Einkommen – weiter eingeschränkt werden.

Es ist billiger Populismus, wenn hier davon gesprochen wird, dass Steuer- und Mehrwertsteuersenkungen vorgenommen werden sollen, um diesem Preisauftrieb Einhalt zu gebieten; denn das wird einzig und allein als billige Subvention für die Konzerne verstanden werden und mitnichten dazu führen – was Sie uns weiszumachen versuchen –, dass der Preis für den Bezug von Energie sinken wird.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Allein um den Preisanstieg der letzten fünf Jahre abzufedern, wären 60 Milliarden Euro vom Staat notwendig. Ich frage Sie: Woher wollen Sie das Geld nehmen? Die Antwort sind Sie bisher schuldig geblieben. Deshalb kann hier niemand versprechen, dass Energie zukünftig billiger werden wird. Wenn Sie steigende Energie- und Gaspreise ausgleichen wollen, dann können Sie nicht den Energieverbrauch subventionieren. Das ist ein Holzweg.

Der beste Schutz gegen steigende Energiepreise ist ein sinkender Energieverbrauch. Das erreichen wir durch Sparen, Effizienz und erneuerbare Energien. Das sind die wirksamsten Möglichkeiten, um die Energierechnungen der Verbraucher niedrig zu halten. Deshalb müssen wir umsteuern. Wir müssen dahin kommen, dass ein effizienter Umgang mit Energie belohnt wird. Wir brauchen eine Energiesparoffensive. Wenn Sie von einem Sozialtarif sprechen, ist das ganz einfach der falsche Ausdruck – wir brauchen einen Tarif, der nicht nur sozial, sondern auch ökologisch ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dort müssen wir hin. Dazu habe ich von der Linksfraktion nichts gehört. Wir werden unseren Lebensstil überdenken müssen, denn auch der Energieeinsatz für die Herstellung bestimmter Dinge wird auf den Prüfstand gestellt werden müssen. Wir müssen uns fragen, ob wir das Zeug, was produziert wird, wirklich alles brauchen. Das wird die Frage der Zukunft sein.