Dort müssen wir hin. Dazu habe ich von der Linksfraktion nichts gehört. Wir werden unseren Lebensstil überdenken müssen, denn auch der Energieeinsatz für die Herstellung bestimmter Dinge wird auf den Prüfstand gestellt werden müssen. Wir müssen uns fragen, ob wir das Zeug, was produziert wird, wirklich alles brauchen. Das wird die Frage der Zukunft sein.
Klar ist, dass sich mit einer besseren Gebäudedämmung und Technik im Altbau zwei Drittel der Energie einsparen lassen. Drei-Liter-Autos brauchen 55 % weniger Sprit als der Durchschnitt. Wenn Frau Merkel auf EU-Ebene weiter die Forcierung von Autos mit weniger Energieverbrauch blockiert, dann ist das eine Blamage! Warum passiert das? An dieser Stelle müssen wir anders agieren.
Ich kann hier nicht alle Maßnahmen vorstellen, die erforderlich wären, aber ich möchte noch ganz kurz auf die Sozialtarife eingehen. Ich würde sie auch nicht Sozial
tarife nennen, sondern sozialökologische Tarife. Es gibt Vorschläge der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, die so aussehen, dass es keinen Grundpreis geben soll und dass der Preisanstieg progressiv ist. Das heißt, wer viel Energie verbraucht, soll auch viel zahlen. Derzeit ist es gerade umgekehrt: Wer wenig Energie verbraucht, bezahlt die Energie von denen, die viel verbrauchen, einfach mit. Davon müssen wir wegkommen. Das ist der richtige Weg.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Situation wurde hinreichend beschrieben. Nicht nur Verbraucherinnen und Verbraucher, sondern auch die Unternehmen und vor allem das Transportgewerbe stöhnen unter den hohen Energiekosten. Die gesamte Volkswirtschaft ist davon betroffen, denn wir haben es dadurch mittlerweile mit einer vierprozentigen Inflationsrate im Euroraum zu tun.
Aber innerhalb eines Jahres seit dem Wegfall der staatlichen Tarifaufsicht der Länder am 1. Juli vergangenen Jahres, was die Schröder-Regierung noch zu verantworten hat, sind die Strompreise in der Spitze um 34 % und die Gaspreise um 25 % gestiegen. In Ostdeutschland legten die Preissteigerungen im Bundesvergleich am kräftigsten zu. Zu den absoluten Spitzenreitern bei Strom und Gas zählen vor allem die Städte Leipzig und Dresden in Sachsen. Unter den 40 bundesweit teuersten befinden sich weitere sächsische Städte: Weißwasser, Eilenburg, Schneeberg, Crimmitschau, Werdau, Zwickau und der Regionalversorger Envia M. Ich gebe zu, Herr Morlok, dass bei einem Teil dieses Preisniveaus in den Städten, in denen Stadtwerke existieren, vielleicht sogar in 100prozentiger Eigentümerschaft der Kommune, die Geschäftspolitik genauer zu hinterfragen ist.
Immer mehr Menschen können ihre Strom- und Gasrechnungen nicht mehr bezahlen, sodass schon jetzt 800 000 Strom- und Gasabschaltungen in privaten Haushalten in der Bundesrepublik jährlich exekutiert werden; Tendenz steigend. Damit müssen die Betroffenen harte Einschnitte in ihrem gesamten Lebensniveau hinnehmen. Und, Frau Herrmann, es geht nicht darum, billiger Energie das Wort zu reden; aber es darf uns nicht gleichgültig lassen, wenn ein so großer Teil unserer Bevölkerung von einer Grundversorgung mit Energie faktisch ausgeschlossen wird.
Es geht um keine geringere Frage als die, wie eine bedarfsgerechte Energieversorgung, an die unser gesamter Lebensstil gebunden ist; wie mit Ökologie bezahlbare Energie und damit Wohlstand für alle garantiert wird.
Was kann die Politik tun? CDU und CSU haben sich etwas besonders Pfiffiges ausgedacht. Die Laufzeiten der Atomkraftwerke sollten verlängert werden. Dadurch würde billig Strom produziert, und das würde zu Preissenkungen bei Strom führen. Das ist aber eine große Irreführung der Bevölkerung, eine perfide Irreführung sogar, weil Frau Merkel und Herr Glos natürlich wissen, dass der Preisbildungsprozess für Strom an der Energiebörse Leipzig gebildet wird. Der Strompreis richtet sich nach dem höchsten Preis aller zugeschalteten Kraftwerke. Das heißt, der höchste Preis, der an der Energiebörse gehandelt wird, ist der Referenzpreis für die Preisbildung. Man müsste überlegen, ob man hier nicht preisregulierend eingreifen könnte.
Was kann man tatsächlich tun? Ich bin überzeugt, Frau Herrmann, dass der Energiepreis – darin hat Guido Westerwelle ausnahmsweise mal recht – der Brotpreis im 21. Jahrhundert wird. Die Linkspartei ist dafür, dass die staatliche Preiskontrolle, so wie sie bis zum vergangenen Jahr bestanden hat, sofort wieder eingeführt wird, und zwar so lange, bis die Anreizregulierung, die ab 1. Januar 2009 in Kraft tritt, verhindert, dass ungerechtfertigte Preiserhöhungen bei Gas und Strom, vor allem für private Haushalte, von den vier großen Konzernen durchgesetzt werden.
Netzentgelte werden mittlerweile durch die Bundesnetzagentur und die Landesregulierungsbehörden herunterreguliert. Wir fordern einen Sozialtarif. Die Finanzierungsquelle hierfür könnte ganz leicht durch die Besteuerung der Windfall Profits an der Energiebörse im Zusammenhang mit dem CO2-Emissionshandel eingebracht werden.
Schließlich brauchen wir die strukturelle Entflechtung der vier großen Konzerne, um die Marktmacht zu brechen.
– E.ON zu 700 Millionen Euro Strafzahlung verdonnert. Genau das verhindert die Bundeskanzlerin permanent in Brüssel, nämlich die Entflechtung der vier großen Konzerne in Deutschland. Gehen Sie endlich an die – –
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Linksfraktion fordert, was wir schon erwartet haben, nämlich die Einführung von Sozialtarifen.
Sie fordert immer alles, was das Geld der Steuerzahler kostet. Sozialtarife sind nicht immer gut. Sozialtarife bedeuten eine weitere Steuerentlastung für leistungsschwache Bürger, die bereits jetzt teilweise oder vollständig von Sozialtransfers leben. Das gelingt nur auf Kosten der sonstigen sozialversicherungspflichtig beschäftigten Menschen, die ihrerseits bereits zunehmend unter den steigenden Mehrkosten stöhnen.
Ich würde mir wirklich wünschen, dass die pendelnden Arbeitnehmer ihren Aufwand direkter steuerlich anrechnen könnten. Aber auf der anderen Seite bleibt das Sparproblem. Mit Sprüchen sind die Menschen noch niemals zum Sparen bewegt worden.
Es ist nicht einmal in der agitatorisch geschulten DDR gelungen, Herr Porsch, dies umzusetzen. Es ging nur über den Preis. Klimaschutz und Sozialtarife – das müssen auch Sie anerkennen – sind konkurrierende Prioritäten. Sie müssen uns schon sagen, wofür DIE LINKE wirklich steht.
Ihr Prinzip der politischen Beliebigkeit führt Sie auch in diesem Fall gründlich in die Irre. In der einen Debatte – wir haben es doch heute gesehen – fordert Frau Dr. Runge die Wichtigkeit des Energiesparens für den Klimaschutz ein. Auf der anderen Seite jammert Herr Hahn über ebendiesen Sparzwang, der die Bedürftigen in eine noch schwierigere Lage bringt. Vielleicht – das müssten Sie sich einmal überlegen; das kam ja auch bei mehreren Vorrednern zur Sprache – ist das Hartz-System doch nicht so schlecht, wie es von Ihnen immer gemacht wird. Das Hartz-System muss auf die Mehrbelastungen der bedürftigen Bürger adäquat reagieren. Das kann es auch, das hat die Vergangenheit gezeigt. Der Bund und die Landkreise müssen sich darüber natürlich fair auf eine Finanzierungsbasis verständigen. Lamentieren, liebe Kollegen von der Linksfraktion, ist das falsche Mittel.
Es ist Zeit, sich um technologische Alternativen zu kümmern. Diese Aufgabe ist schwierig, sodass sie eigentlich nur in einer Art nationalem Konsens gelöst werden könnte. Darüber sollten Sie einmal nachdenken. Mit einem Einsehen der ex-sowjetischen Genossen zu rechnen geht ins Leere. Auf diese war ja früher schon kein Verlass.
Auch auf die Ölscheichs, Herr Dr. Hahn, werden Sie mit Ihren Sprüchen keinen Einfluss haben. Sie sind an sinkenden Preisen einfach nicht interessiert. Sparen ist die Herausforderung der Stunde. Über Sozialtarife zu debattieren ist der falsche Weg.
Herr Lehmann, was halten Sie von der Einschätzung der Monopolkommission, die in ihrem Bericht an die Bundesregierung festgestellt hat, dass die Brechung der Marktmacht und der freie Marktzugang, vor allem der diskriminierungsfreie Marktzugang, der entscheidende strukturelle Hebel in Deutschland ist, um langfristig zu niedrigeren Strompreisen zu gelangen?
Frau Dr. Runge, ich schätze Sie als Fachfrau. Ihr Ansatz war der Ansatz der Vergangenheit. Nachdem wir in den letzten Jahren erlebt haben, wie stark die Rohstoffpreise bei Gas und Öl gestiegen sind, zieht das nicht mehr. Strom wird immer an dem Niveau der anderen Energieträger orientiert sein. Deswegen geht am Sparen und an technologischen Alternativen nichts mehr vorbei. Die Umverteilung ist ein Instrument der Vergangenheit. Das müssten inzwischen auch Sie begriffen haben.
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage, Herr Lehmann? – Ich gehe davon aus, dass er Ja gesagt hat.
Wie erklären Sie sich dann, dass die EU-Kommission inklusive des Europaparlaments entgegen der Auffassung Ihrer Bundeskanzlerin und des französischen Präsidenten weiterhin darauf besteht, eine Entflechtung der Konzerne, nämlich durch die Herauslösung der Netze, voranzutreiben?
Entflechtung der Netze und das Aufbrechen von Kartellen gerade im Strombereich ist eine Aufgabe, der wir nachkommen müssen. Das bringt ein bisschen Erleichterung.
Das Grundproblem liegt in den Steigerungen im Rohstoffverkauf, weil wir darauf keinen direkten Einfluss haben. Wir müssen schauen, wie wir auf alternative technologische Lösungen umsteigen können. Das ist der einzige Weg, wie wir aus dem Problem herauskommen.
Selbst das Abschaffen aller Steuern auf Öl und Gas würde nur kurzfristige Erleichterung bringen. Die Förderländer würden eine solche Entscheidung als Einladung verste
hen, noch einmal einen kräftigen Schluck aus der Preispulle zu nehmen. Das fossile Zeitalter der Energiepolitik neigt sich rascher dem Ende zu, als wir es alle erwartet haben. Technologie und soziales Augenmaß sind der Schlüssel. Das hat die CDU akzeptiert, und das sollten auch Sie akzeptieren.