hen, noch einmal einen kräftigen Schluck aus der Preispulle zu nehmen. Das fossile Zeitalter der Energiepolitik neigt sich rascher dem Ende zu, als wir es alle erwartet haben. Technologie und soziales Augenmaß sind der Schlüssel. Das hat die CDU akzeptiert, und das sollten auch Sie akzeptieren.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Lehmann, das Letztere kann ich nur noch einmal dick unterstreichen.
Frau Dr. Runge, Sie wollen, wenn ich Sie richtig verstanden habe, die staatliche Preisaufsicht wieder einführen und dadurch Steuerungseffekte erreichen, die Sie im Moment so nicht sehen. Dann müssen wir aber fairerweise betrachten: Was haben wir bisher mit der staatlichen Preisaufsicht erreichen können? Ich weiß nicht, ob der Minister noch einmal darauf eingeht. Die Zahlen, die mir bekannt sind, zeigen, dass man maximal um die 10 % eingreifen konnte, und auch dann nur in ausgesuchten und sehr speziellen Fällen. Das sollte man dabei wissen.
Für mich wäre noch interessant gewesen – ich kenne die Zahlen nicht, die Sie genannt haben –, was sich hinter den 800 000 Strom- und Gasabschaltungen in Deutschland verbirgt. Es wäre wichtig gewesen, wenn Sie die Ursachen genannt hätten. Ansonsten ist es für mich eine schlimme Zahl, die Sie hier genannt haben; aber ich kann damit noch nichts anfangen.
Wenn Sie sagen, Marktmonopole brechen, was hier auch kam, dann – ja, Marktmonopole müssen gebrochen werden, aber sie müssen aus meiner Sicht anders gebrochen werden. Wir machen das ja schon mit dem EEG, indem wir über das EEG schrittweise zu einer Dezentralisierung kommen, indem sehr kleine Energieerzeugungsanlagen hier im Lande wachsen und dadurch den Großkonzernen im Strombereich schon in der Größenordnung von 15 % Marktanteile weggenommen haben. Wir als SPD wollen, dass es in dieser Richtung weitergeht.
Jetzt aber zu den eigentlichen Sozialtarifen. Das ist das Thema der Debatte, die Sie heute beantragt haben. Aus unserer Sicht sind Sozialtarife im Strombereich regulär dann sinnvoll, wenn sie als Übergangsmodell so eingesetzt werden können, dass sie den Einspardruck nicht mindern, sondern fördern. Ich nannte das belgische Modell. Da gibt es einen kleinen Bonus am Anfang gratis, aber alles, was darüber hinausgeht, wird dann richtig bezahlt. Langfristig haben Sozialtarife aus unserer Sicht keinen Sinn, da sie ständig angepasst werden müssten. Hier wäre eine Anpassung zum Beispiel über Regelleistungssätze sinnvoller, wobei der eben genannte Grundsatz nicht verletzt werden darf. Es darf auch nicht so sein, dass die Sozialtarife irgendwie wieder an Einkommensgrenzen angesiedelt sind. In unserem Land besteht ein Problem,
worüber wir ganz selten sprechen: nämlich über diejenigen, die gerade so über der Einkommensgrenze liegen und wieder leer ausgehen. Sie zahlen alles voll. Sie bekommen nicht die Vergünstigungen, die andere bekommen, die zufällig zehn oder 20 Euro weniger verdienen.
Die Erhöhung des Wohngeldes, das die Koalition mit Blick auf die höheren Heizkosten gerade umgesetzt hat, ist für mich ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Wichtig für eine wirkliche Kostensenkung ist die konsequente und schnellere Umstellung unserer Energieversorgung auf erneuerbare Energien. Eine wichtige Rolle spielt dabei der morgen zu diskutierende Aktionsplan „Klima und Energie“.
Eine weitere Möglichkeit wäre – aber das will gut überlegt sein –, dass wir uns noch einmal der Diskussion annehmen, Stromtarife ohne Grundpreise zu sichern. Ich weiß, dass das für die Energieversorgungsunternehmen schwierig ist, die dafür sorgen müssen, dass sie einen Grundbeitrag für ihre Leistungen bekommen. Aber das wäre ein gutes Modell.
Ich will Ihnen ein Letztes vorstellen. Es gibt noch ein Modell, das eine höhere Besteuerung unserer Arbeitskraft durch die deutlich erhöhte Besteuerung von Energie ausgleichen will, wobei ein sogenanntes Energiegeld für alle Familien – man denkt an etwa 1 000 Euro – als sozialer Ausgleich eingeführt werden soll.
Das geht auch in die Richtung eines Sozialtarifs, ist aber ein komplett anderes Modell und würde auch unsere Gesellschaft komplett umstellen. Diese Diskussion heute zu führen würde zu weit führen; sie sollte aber der Vollständigkeit halber wenigstens erwähnt werden.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Einiges, was wir in der heutigen Debatte gehört haben, hat mich veranlasst, ein paar Worte zu sagen.
Lieber Kollege Gerlach, ich finde es ja schön, dass Sie auch der Auffassung sind, dass man Monopole brechen muss, um mehr Wettbewerb zu erreichen. Wenn Sie aber einerseits den Wettbewerb einschränken, indem Sie mit der Ministererlaubnis der SPD eine Fusion genehmigen, dann aber diesen eingeschränkten Wettbewerb durch das EEG mit vielen kleinen dezentralen Energieversorgungsanlagen lösen wollen, dann muss ich Ihnen sagen: Das ist die ordnungspolitische Bankrotterklärung der SPD. So geht es nicht!
Frau Dr. Runge, wenn Sie mit mir der Auffassung sind, dass man einmal über die Preisgestaltung bei den Kommunen nachdenken müsste, weil das letztendlich auch von kommunalen Mandatsträgern entschieden wird, dann würde mich interessieren, ob Sie das zukünftig immer nur hier im Landtag feststellen wollen oder ob die Linken beabsichtigen, in den Kommunalparlamenten und in den Aufsichtsräten, in denen sie vertreten sind, vielleicht mal zu handeln, etwas zu tun und sich dort gegen entsprechende Preissteigerungen einzusetzen.
Ich bin Ihrer Meinung, dass die Energiepreise tendenziell steigen werden. Daran wird auch mehr Wettbewerb nichts ändern. Das wird den Preisanstieg dämpfen, vielleicht auch kurzfristig absenken. Aber wenn es langfristig zu einer Preissteigerung kommt, dann löst ein Sozialtarif das Problem nicht, dann müssen andere Maßnahmen folgen. Bei temporären Dingen kann man über alles Mögliche nachdenken. Aber bei langfristig steigenden Energiepreisen müssen Sie langfristig immer höhere Sozialtarife und Subventionen einführen. Das kann doch nicht zielführend sein. So löst man das Problem nicht.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Dr. Runge, wollen Sie uns wirklich erklären, dass der Anstieg der Energiepreise in den letzten Jahren allein der staatlichen Preisaufsicht oder der nicht mehr vorhandenen staatlichen Preisaufsicht geschuldet ist? Ich glaube, das kann nicht wirklich Ihre Meinung zu diesem Thema sein.
dann haben wir immerhin auch das negative Ergebnis, dass die Menschen den Eindruck haben, der Staat sanktioniere diese Preise, weil er sie kontrolliert hat. Das muss einem einfach bewusst sein.
Ich habe nicht allgemein von Energiepreisen gesprochen, sondern von Strom- und Gaspreisen für private Haushalte – wohl wissend, dass beim Gaspreis das Sonderproblem der Ankopplung an den Ölpreis vorliegt und dass der Staat von hier aus
keinen Einfluss auf die Entwicklung des Ölpreises hat. Insofern bitte ich schon zur Kenntnis zu nehmen, dass zumindest die staatliche Preiskontrolle preisdämpfend gewirkt hat. Das können wir wohl feststellen: innerhalb eines Jahres 34 % Strompreissteigerung, – –
Preisdämpfend hat das möglicherweise gewirkt, aber es hat eben auch das Signal an die Bevölkerung gegeben: Der Staat ist erheblich an der Preisgestaltung beteiligt, weil er sie kontrolliert. – Auch deshalb ist zu fragen, ob diese staatliche Preisaufsicht das geeignete Mittel ist. Ich halte sie für kein geeignetes Mittel. Ich denke, steigende Preise – und auch in Zukunft steigende Preise – müssen zu anderen Überlegungen führen.
Wenn Sie, Herr Lehmann, von „Sparen und Innovativsein“ gesprochen haben, dann bin ich ausnahmsweise mal bei Ihnen. Im zweiten Teil Ihrer Rede hat man einiges gefunden, was man tatsächlich unterstreichen kann, auch wenn ich mir nicht vorzustellen wage, was Sie unter „innovativer Technologie“ verstehen. Das haben Sie an dieser Stelle wohlweislich verschwiegen. Also, sparen und innovativ sein: Dazu können sozialökologische Tarife beitragen, indem sie einen Grundfreibetrag pro Person beinhalten oder es einen Grundpreis und einen progressiven Preisanstieg gibt. Ich hatte das vorhin schon gesagt.
Wir können aber nicht dabei stehen bleiben, wir müssen darüber hinausgehen. Denn wenn Energie gespart werden soll, muss das auch dazu führen, dass die Haushalte mit niedrigem Einkommen in der Lage sind, sich diese Geräte zu kaufen. Da gibt es verschiedene Modelle, wie man das ermöglichen kann, und Vorstellungen, woher man das Geld für einen Fonds nehmen könnte, aus dem das vielleicht finanziert werden könnte.
Man könnte sich auch vorstellen, dass sich die Energieversorger weiterentwickeln und nicht nur daran verdienen, dass sie immer mehr verkaufen, sondern auch daran, dass sie innovative Technik verkaufen.
Frau Kollegin Herrmann, ich möchte gern an das anschließen, was Sie zum Schluss gesagt haben – da bin ich auch zur Frage aufgestanden –, weil Sie sagten: „Sparen und Innovativsein“. Sind Sie mit mir der Meinung, dass Hartz-IVEmpfänger auch künftig eine Waschmaschine brauchen
werden, dass sie auch künftig einen Kühlschrank und bestimmte andere Haushaltsgeräte brauchen werden, und können Sie mir sagen – Sie haben das eben anzudeuten versucht, ohne es auszuführen –, wie finanziert werden soll, dass sie neue, modernere, energieeffiziente Maschinen kaufen können, wenn es nach der geltenden Gesetzeslage keine Einmalbeihilfen mehr gibt? Wie soll das für die Betroffenen finanziert werden?
Sie haben recht – ich habe das gerade angeschnitten und kann deshalb noch etwas dazu sagen –: Es kann tatsächlich nicht sein, dass Menschen, die ein Einkommen im höheren Bereich haben, den ganzen Sonnabendnachmittag über mit dem Rasenmäher draußen herumfahren und Energie verbrauchen, während Familien, die von Hartz-IV-Bezug leben, nicht mehr in der Lage sind, ihre Waschmaschine anzuwerfen. Das können wir uns nicht vorstellen. Deshalb muss Energie ab einem bestimmten Pegel wesentlich teurer werden, als sie es im Moment ist.
Demzufolge kann man mit diesem Anstieg zum Teil auch den unteren Bereich subventionieren. Natürlich muss hinzukommen: Wir müssen eine geeignete Möglichkeit finden, damit sich diese Menschen energiegünstige Geräte leisten können; wir müssen sie über Energiesparen aufklären. Ich denke, das kann eine neue Aufgabe der Energieversorger sein. Es gibt übrigens dazu von uns einen Antrag, der im Mai eingebracht worden ist, mit dem Titel „Energiesparen für alle, Beratungs- und Informationsmöglichkeiten schaffen“. Er orientiert sich an dem Modell der Caritas in Frankfurt am Main und seine Umsetzung wäre ein erster Schritt in diese Richtung.
Eine weitere Möglichkeit könnte sein, dass Energieversorger – wie in anderen Ländern auch – ein Prozent ihres Gewinnes einsetzen, um zum Beispiel energiesparende Maßnahmen in sozialen Brennpunkten oder bei Familien, die sich das selbst nicht leisten können, über einen Fonds, über einen Kredit und dergleichen umzusetzen.