Protokoll der Sitzung vom 10.07.2008

Es kann natürlich auch sein, dass Sie eingesehen haben, dass Ihre vorhergehende Anfrage Unfug war.

(Staatsminister Thomas Jurk: Die sind inzwischen alle emanzipiert!)

Sehr geehrte Damen und Herren! In diesem Sinne habe ich mich gefreut, dass Sie mir zugehört haben. Ich freue mich auf die nächste Anfrage der GRÜNEN zum Thema Laufen.

Vielen Dank.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP – Caren Lay, Linksfraktion: Lustig war’s ja, aber der Inhalt!)

Gibt es noch Diskussionsbedarf vonseiten der Fraktionen? – Das kann ich nicht erkennen. Dann Herr Staatsminister Jurk, bitte.

Es ist schwierig, solche Redebeiträge noch toppen zu wollen.

(Heiterkeit des Abg. Torsten Herbst, FDP)

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin äußerst erfreut über das Interesse an der Umsetzung der Radverkehrskonzeption des Freistaates Sachsen, denn Fahrradfahren ist gesund und umweltfreundlich und es ermöglicht uns, Entfernungen im Zeitalter stetig steigender Rohölpreise sehr kostengünstig zu überwinden.

Gute Rahmenbedingungen sind von grundlegender Bedeutung für die nachhaltige Entwicklung des Alltagsradverkehrs und natürlich auch des Radtourismus in Sachsen. Sie sind wesentliche Voraussetzungen dafür, dass das Fahrrad, mittlerweile ein selbstverständlicher und unverzichtbarer Bestandteil unserer Mobilität, noch stärker genutzt wird. Die Radverkehrskonzeption ist die politische Zielstellung des Freistaates Sachsen zur umfassenden Förderung des Radverkehrs im Alltag und in der Freizeit im Rahmen einer integrierten Verkehrspolitik.

Art und Weise, Umfang und Erfolgschancen der Umsetzung der Radverkehrskonzeption Sachsen, aber auch die Forderung des zweiten Fahrradberichtes der Bundesregierung hängen ganz wesentlich davon ab, wie alle Akteure der Radverkehrsförderung ihre Rolle verstehen. Angesprochen sind dabei nicht nur Akteure auf Landesebene oder aus dem Verkehrssektor, sondern auch die Bereiche Umwelt, Wirtschaftsförderung, Gesundheitsprävention und Finanzen müssen ihren Beitrag leisten.

Seit Verabschiedung der Radverkehrskonzeption haben wir vieles erreicht. Die Popularität des Elberadweges ist bereits ausdrücklich gewürdigt worden. Ich will als Lokalpatriot, da zum Niederschlesischen Oberlausitzkreis oft negative Dinge gebracht werden, daran erinnern, dass wir einen wunderschönen Oder-Neiße-Radweg haben. Ich kann allen nur das Neißetal empfehlen. In Kürze haben wir alle gemeinsam Ferien. Frau Dr. Runge hat einen sehr guten Vorschlag gemacht: Leipzig – Görlitz, eine interessante Tour. Ich möchte alle Abgeordneten aufrufen: Sie müssen nicht den Umweg über Leipzig nehmen, sondern können direkt Görlitz oder das Neißetal ansteuern. Ich würde mich sehr freuen, Sie dort begrüßen zu können. Ich will auch ausdrücklich darauf hinweisen, dass wir einen sehr schönen, eher noch unentdeckten Frosch-Radweg haben. Allen, die irgendwelche Befürchtungen haben, dass sie ständig nach unten schauen müssen, um die kleinen possierlichen Hüpfer nicht zu gefährden, sei gesagt, dass auch dafür Vorsorge getroffen worden ist. Es gibt viele kleine Highlights, die es wert sind, entdeckt zu werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit den vom Freistaat gesetzten gesetzgeberischen und verkehrspolitischen Schwerpunkten bzw. Aktivitäten, wie erweiterten Fördergegenständen und Seminarangeboten für kommunale Radverkehrsverantwortliche, wurde ein wichtiger Schritt geleistet, die kommunale Meinungsbildung zentral zu beeinflussen. Es ist in der Debatte klar geworden: Man erwartet auch ein bisschen mehr Richtlinienkompetenz. Aber es gilt nach wie vor kommunale Selbstverwaltung und kommunale Zuständigkeit.

Die Erfahrungen zeigen aber auch, dass Bedeutung und Potenziale des Radverkehrs häufig noch nicht in den Köpfen aller Entscheidungsträger vor Ort verankert sind. In den Medien spielen sie nach wie vor eine entsprechend geringe Rolle und finden so auch keinen angemessenen Widerhall in der gesellschaftlichen Wertschätzung, was sich dann auch im politischen Stellenwert widerspiegelt.

Auch auf Landesebene bedarf die Umsetzung der radverkehrspolitischen Zielsetzung noch eines weiteren Ausbaus und einer verstärkten Mitwirkung aller Ressorts der Staatsregierung. Um dem wiederum gerecht zu werden, müssen die Weichenstellungen für eine engagierte, effiziente und nachhaltige Radverkehrsförderung jetzt stärker denn je erfolgen. Dafür müssen funktionierende Strukturen und Arbeitsformen geschaffen oder aber bestehende ausgebaut werden.

Zur Verbesserung und Intensivierung dieser notwendigen Abstimmungen werden wir noch in diesem Jahr einen interministeriellen Arbeitskreis Radverkehr initiieren, der kommunale Landesverbände einbezieht. Themenschwerpunkte wären unter anderem: Verstärkte Integration des Radverkehrs in die allgemeine Verkehrspolitik und andere Politikbereiche von Freistaat und Kommunen; die Prüfung und Umsetzung der Handlungsaktion der Radverkehrskonzeption Sachsen und des zweiten Fahrradberichtes der Bundesregierung; die Bildung von Netzwerken unter Einbeziehung möglichst vieler Akteure, die wir dann als Bündnispartner sehen, und Handlungsebenen, wobei es um die Integration der politischen und verwaltungsmäßigen Einheiten geht; die Definition eines Leitmotivs für die Radverkehrsförderung, zum Beispiel Gesundheitsförderung und Klimaschutz, und die stärkere Verankerung des Radverkehrs in Förderprogrammen bei gleichzeitiger Vereinheitlichung und Vereinfachung der Anwendung der Fördermöglichkeiten. Ich habe der Debatte entnommen, dass es dort noch einen gewissen Handlungsbedarf gibt.

Aber nicht nur eine gute Kommunikation und Koordination zwischen Ressorts der Staatsregierung, sondern auch zwischen dem Freistaat und den kommunalen Fachleuten bzw. den dortigen Handlungsträgern sind eine Grundvoraussetzung für den Erfolg unserer sächsischen Radverkehrspolitik.

Der Aufbau einer Arbeitsgemeinschaft sächsischer Städte und Gemeinden unter Mitwirkung der Landesverbände hat bereits begonnen. Ich bin mir sicher, dass mit der Verabschiedung der Radverkehrskonzeption ein wichtiger Schritt in Richtung einer umweltfreundlichen Verkehrspolitik gegangen wurde. An der Umsetzung dieser Konzeption wird der Erfolg der sächsischen Radverkehrspolitik gemessen. Wir werden deshalb weiter bestrebt sein, die Prioritäten zur Umsetzung der Radeverkehrskonzeption auf allen Ebenen zu verstärken.

Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass die Abg. Frau Dr. Raatz bereits darauf eingegangen ist, dass wir uns auch im finanziellen Bereich bemüht haben, weitere Ressourcen freizubekommen. Deshalb bin ich sehr froh darüber, dass wir – der Landtag wird den Entwurf zur weiteren Beratung bekommen – für den Doppelhaushalt der Jahre 2009 und 2010 jeweils 5 Millionen Euro, und zwar aus den unglaublich kostbaren Landesmitteln, für die Förderung des kommunalen Radwegebaus zur Verfügung stellen.

(Beifall bei der SPD und der Linksfraktion)

Frau Dr. Raatz, es ist auch richtig, wir haben natürlich immerhin 11 Millionen Euro im Rahmen der Förderperiode 2007 bis 2013 – ich betone das ausdrücklich – für den nachträglichen Anbau von Radverkehrsanlagen an Staatsstraßen entsprechend unserem Finanzierungsplan eingestellt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir waren erfolgreich, aber es gibt sicher noch viel zu tun. Die Debatte hat aber deutlich gemacht und auch meine Worte tun das: Wir packen es an.

(Beifall bei der SPD, der CDU, der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Damit ist die Aussprache zur Großen Anfrage der Fraktion GRÜNE zum Radverkehr in Sachsen beendet. Nun gibt es noch zwei Entschließungsanträge. Ich bitte zunächst die Fraktionen der CDU und der SPD, den Entschließungsantrag einzubringen. Frau Dr. Raatz für die Koalition.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Ich bringe den Entschließungsantrag der Koalition ein. Mit der Radverkehrskonzeption von 2005, die ja heute schon eine wesentliche Rolle gespielt hat, existiert eine belastbare Grundlage für die ganzheitliche Entwicklung des Radverkehrs in Sachsen. Diese Konzeption muss nun weiter konsequent umgesetzt werden. Sie ist natürlich nichts Statisches. Das wissen wir alle. Sie wird weiter fortgeschrieben und passt sich den sich ändernden Bedingungen und Bedürfnissen der Menschen an. Ebenso sind die weiteren Erkenntnisse der Fortschreibung der Fachberichte der Bundesregierung mit einzuarbeiten. Dieser Zielsetzung widmen sich die Punkte 1 und 2 unseres Entschließungsantrages.

Wir wollen Qualitätsstandards erreichen, die insbesondere im Radtourismus internationales Niveau haben, um noch mehr Sachsen, aber natürlich auch Touristen zum Fahrradfahren zu animieren. Ohne entsprechende förderpolitische Untersetzung geht das nicht. Deshalb hat die Staatsregierung – das wurde eben von Herrn Staatsminister Jurk erwähnt – in der Kabinettsklausur schon erste Schritte in die richtige Richtung vereinbart und eine entsprechende Forderung der Koalitionsfraktionen, nämlich den Punkt 3 des Antrages, in den Haushaltsentwurf aufgenommen. Zu bestehenden Fördermöglichkeiten sollen also nun noch einmal zusätzlich5 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt zur Verfügung gestellt werden. Natürlich ist die verkehrsplanerische Umsetzung und der Bau von Radwegen im jeweiligen Gemeindegebiet in allererster Linie eine kommunale Aufgabe; für überregionale und Fernradrouten und Schließung regionaler Lücken ist aber eine Koordinierung der Arbeiten nötig. Dies wird ab September die neu gegründete Arbeitsgemeinschaft Radverkehr übernehmen. Dies spiegelt sich in Punkt 5 unseres Entschließungsantrages wider.

Der geforderte jährliche Bericht an den Landtag zum Arbeitsstand der Radverkehrskonzeption wird dazu

beitragen, in den Anstrengungen zur Umsetzung der Konzeption nicht nachzulassen. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Jetzt muss ich Sie zunächst fragen: Wollen wir die Anträge erst einbringen und dann gemeinsam diskutieren? – Ja. Herr Lichdi, dann bringen Sie Ihren Entschließungsantrag ein.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wie es bei Entschließungsanträgen so üblich ist, gibt es einen Feststellungs- und einen Forderungsteil. Die Koalition hätte sich auch dem üblichen Schema unterordnen können, dann wäre ich vielleicht noch zufriedener mit dem Entschließungsantrag gewesen, den die Koalition vorgelegt hat. Nichtsdestoweniger ist unserer natürlich besser, da er erstens diese Feststellung trifft und zweitens der Staatsregierung konkrete Ziele abverlangt. Diese Ziellosigkeit und Maßnahmenlosigkeit Ihrer Politik akzeptieren wir nun einmal nicht.

Ganz anders als der Schwerpunkt, den Frau Windisch leider gesetzt hat, befasst sich unser Antrag hauptsächlich mit dem Alltagsradverkehr und seiner Verbesserung. Das bedeutet ausdrücklich nicht, dass wir die Erfolge im touristischen Radverkehr nicht erkennen und wertschätzen würden.

Meine Damen und Herren! Es ist aus unserer Sicht tatsächlich zwingend erforderlich, dass wir uns zum Ziel setzen, zu den radverkehrsfreundlichsten Kommunen und Ländern sowohl im Westen als auch in Europa aufzuschließen. Dieses Ziel können wir uns auch tatsächlich setzen und nicht beim Allgemeinen verbleiben, dass wir besser werden wollen.

Ich gehe noch auf unsere Forderung in II. Punkt 5 ein. Darin geht es um die Fahrradstationen und dieses Fahrradstationsprogramm in Nordrhein-Westfalen. In der Debatte wurde die Frage 22 unserer Großen Anfrage angeführt und dazu ausgeführt, dass es ja schon 84 solcher Verleihstationen gebe. Ich glaube, hier liegt ein Missverständnis vor, Herr Staatsminister. Es gibt drei solcher Anlagen und nicht 84. Das, was Sie dort gemeint haben, Frau Windisch, ist eben nicht eine Fahrradstation in dem hier gemeinten Sinn und Zweck. Ansonsten bitte ich Sie, tatsächlich im Einzelnen zu lesen.

Frau Präsidentin, ich würde doch jetzt der Einfachheit halber auf den Antrag der Koalition eingehen. Wir werden ihm deswegen nicht zustimmen, sondern wir werden uns enthalten. Ich hebe positiv hervor, dass ich mich freue, dass Sie die personellen Ressourcen angesprochen haben. Das ist ein wesentlicher Grund, warum es vielleicht noch nicht so vorwärtsgeht, wie wir uns das alle wünschen. Wo Sie tatsächlich etwas Neues gefunden haben – dazu gratuliere ich Ihnen –, ist dieser jährliche Bericht, den Sie in Ihren Entschließungsantrag aufgenommen haben. Das nehmen wir sehr wohlwollend zur Kenntnis. Ich darf Sie

aber trotzdem bitten, unserem Antrag zuzustimmen. Dann können Sie auch dem Antrag der Koalition zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. – Die Diskussion ist freigegeben. Wer möchte sich noch zu den Entschließungsanträgen äußern? – Frau Dr. Runge, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich mache das gleich vom Platz aus. Ich denke, der Worte sind genug gewechselt, deshalb nur ganz kurz zum Entschließungsantrag der Koalition.

Sicherlich ist dieser Entschließungsantrag, was die Zielstellung angeht, verwaschen und weich formuliert und mit allgemeinen Worten wie „verbessern“ und „ausreichende finanzielle Ausstattung“ verbunden. Er zielt aber dennoch in die richtige Richtung. Insofern können wir auch diesem Antrag zustimmen.

Nichtsdestotrotz ist der Entschließungsantrag der GRÜNEN-Fraktion weitgehender und hat klarer definierte Zielvorgaben. Insofern würden wir natürlich auch gern dem GRÜNEN-Entschließungsantrag zustimmen.

(„Oho“ bei den GRÜNEN – Zuruf von der Linksfraktion: Damit ihr nicht so einsam seid!)

Gibt es weiteren Redebedarf? – Herr Günther für die FDP.

Also, sehr geehrte Damen und Herren! Die FDP-Fraktion wird dem Antrag der GRÜNEN nicht zustimmen. Sie schießen wieder einmal vollkommen über das Ziel hinaus. Dem Antrag der Koalition werden wir zustimmen. – Vielen Dank.

Frau Dr. Raatz noch einmal für die SPD, bitte.

Ja, ich möchte auch noch ganz kurz etwas zum Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sagen.

Ich denke, in der Zielstellung sind wir, die Koalition, uns mit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einig. Das Wesentliche befindet sich daher ja auch in unserem Entschließungsantrag. Aber die Forderungen, die hier im Entschließungsantrag der GRÜNEN aufgemacht werden, sind zum Teil sehr pauschal und auch nicht immer unbedingt an die Staatsregierung zu richten.

Ich will daher, weil sich der Punkt I nur aufs Feststellen bezieht, kurz auf den Punkt II eingehen. Dort ist im Punkt 1 erwähnt, dass sich die Staatsregierung ein Ziel setzen soll, nämlich den Radverkehr von derzeit 9 % auf mittelfristig 20 % zu steigern. Dazu muss man sagen: Das kann die Staatsregierung nicht allein bewältigen, denn sie ist nicht der alleinige Akteur. Herr Lichdi, Sie haben es vorhin selbst gesagt, dass hier die kommunalen Entscheidungsträger eine ganz wesentliche Rolle spielen.

Im Punkt 3 geht es um die Abwägung von Baumaßnahmen. Es ist klar, so ein Abwägungsprozess wird nicht zentral gesteuert. Das geht also etwas am Ziel vorbei.