Protokoll der Sitzung vom 10.07.2008

Dass die Sächsische Staatsregierung dem Einsatz von Polizeistreifen grundsätzlich positiv gegenübersteht, hört sich erst einmal gut an und klingt angesichts mancher Kilometerstände polizeilicher Dienstwagen, die allein schon zum Umsatteln auf den Drahtesel anraten, sogar glaubwürdig. Doch mit den insgesamt nur neun Fahrrädern, die sich derzeit in ganz Sachsen in Polizeirevieren im Einsatz befinden, möchte man gern das Grundsätzliche genauer erläutert bekommen. Herr Staatsminister Buttolo, vielleicht können Sie sich im Rahmen der Debatte einmal dazu äußern. Die Fahrradstaffel der sächsischen Polizei ist ja so überschaubar, dass Sie vermutlich jeden Polizeibeamten mit Dienstfahrrad persönlich kennen.

Einer der nach Ansicht der NPD-Fraktion sehr wesentlichen Aspekte der Radfahrerfreundlichkeit, der von gro

ßem tourismuspolitischem Interesse wäre, ist mit Blick auf die Tarife die Frage der Mitnahme von Fahrrädern auf ICE-Strecken nach Sachsen.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Hierzu erfährt man aus der Großen Anfrage – wie in manch anderen bahnpolitischen Angelegenheiten – von einer Meinungsverschiedenheit zwischen der Staatsregierung und der Deutschen Bahn AG. Es mag ja löblich sein, dass sich die Staatsregierung im Sinne der Radfahrer mit einem Schreiben an die Deutsche Bahn AG wendet; doch man muss sich nicht wundern, dass dieses seitens der Bahn abschlägig beschieden wurde. Wer erst tüchtig durchprivatisiert, braucht sich hinterher nicht zu wundern, wenn über betriebswirtschaftliche Kapitalinteressen hinaus keine soziale Interessenlage mehr zutage kommt.

Es gibt der Großen Anfrage aber beileibe nicht nur Unerfreuliches zu entnehmen. Erfreulich ist, dass der Elberadweg wiederholt zu Deutschlands beliebtestem Radweg gewählt wurde. Die NPD-Fraktion wird beiden Entschließungsanträgen ihre Zustimmung nicht verwehren.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD und des Abg. Klaus-Jürgen Menzel, fraktionslos)

Für die FDP-Fraktion Herr Abg. Günther, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Während wir debattieren, fahren zeitgleich normalerweise Hunderte von Radfahrern auf dem Elberadweg am Landtagsgebäude vorbei; ich finde, es ist ein schönes Bild. Häufig debattieren wir hier über Straßenbau, Autoverkehr, Schienenverkehr – alles wichtige Themen –; aber wir sollten uns auch einmal die Zeit nehmen, über den nicht motorisierten Verkehr, über das Thema Radverkehr zu sprechen. Deshalb vielen Dank – vielen Dank! – für die Große Anfrage und die Gelegenheit, über dieses Thema hier zu sprechen.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Gern geschehen!)

Das kann man, liebe GRÜNE-Fraktion, aber auch etwas sachorientierter vornehmen. Warum muss es bei Ihnen immer so fatalistisch aufbereitet werden und meist kurz vor der Katastrophe stehen?!

Das ist auch der Punkt, in dem wir uns von Ihnen unterscheiden: Wir sehen die Leistungen der letzten Jahre. Ich bin mir sicher, dass viele Menschen in Sachsen ebenfalls der Meinung sind, dass wir nicht am Anfang, am Nullpunkt stehen, was den Radverkehr in unserem Land betrifft, sondern dass in den vergangenen Jahren einiges geschehen ist und noch geschehen wird. Die Radverkehrskonzeption des Freistaates aus 2005 bildet eine sehr gute Grundlage dafür.

Ich glaube, dass es im Haus unstrittig ist und vor allem als sinnvoll erachtet wird, dass die Hauptzuständigkeiten in der Frage der Verkehrsinfrastruktur bestimmten politi

schen Ebenen zugeordnet werden. Der Radverkehr – einmal abgesehen von den Fernverbindungen, die vor allem touristische Bedeutung haben – gehört in die Zuständigkeit der kommunalen Ebene. Dazu gehören aus unserer Sicht der Radwegebau, die Komplettierung des Radwegenetzes, eine ausreichende Ausschilderung, die Infrastruktur entlang von Radwegen sowie Unterstellmöglichkeiten. Darin müssen wir auch die Kommunen unterstützen.

Sehr geehrte Damen und Herren von den GRÜNEN: Ich zupfe einmal ein paar Fragen aus Ihrem 99-blättrigen Blumenstrauß heraus und wandle sie in die Praxis um. Die Frage 6, die Sie gestellt haben: Inwieweit fördert der Freistaat das Anlegen von Abstellplätzen für Mitarbeiterfahrräder in Unternehmen? Allein die Fragestellung zeigt, dass Sie überhaupt keine Ahnung haben, wie es in der Praxis aussieht. Wenn Sie einen Förderantrag bei der SAB stellen, ist es wurst, ob Sie Parkplätze für Motorräder, Autos oder Fahrräder beantragen oder ob Sie Pflöcke für Pferde wollen. Es kommt auf das Konzept an. Deswegen hätten Sie die Frage gar nicht stellen brauchen, da sie irrelevant ist.

Sie sprachen davon, dass Sie den Fahrradverkehr von 10 auf 20 % erhöhen wollen. Ich habe mal in meiner Firma nachgeschaut. Meine Mitarbeiter fahren zu 10 % mit dem Rad. Die entscheiden aber selbst, ob sie mit dem Fahrrad oder dem Auto zur Arbeit kommen oder laufen. Das ist eine rein private Entscheidung. Darum hat sich die Politik nicht zu kümmern.

(Stefan Brangs, SPD: Da ist die Kette zu lang! – Elke Herrmann, GRÜNE, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Es gibt die Bitte, eine Zwischenfrage zu stellen.

Selbstverständlich gern.

Kollege Günther, geben Sie mir recht, dass es sehr wohl davon abhängig ist, ob ich mein Fahrrad in Schönbörnchen bei mir zu Hause sicher abstellen kann oder nicht, wenn ich in den Zug nach Dresden steige? Die Entscheidung liegt also nicht allein bei mir, sondern richtet sich auch danach, welche Strukturen ich vorfinde, zum Beispiel Fahrradständer.

(Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelt Heiterkeit bei der FDP und der CDU)

Liebe Frau Herrmann, ich kenne mich leider in Schönbörnchen nicht aus.

(Schallendes Gelächter bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Ich weiß auch nicht, ob dort ein Ständer ist, aber es ist schön, wenn man sein Fahrrad unterstellen kann.

(Sven Morlok, FDP, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Die Debatte, liebe Fraktion der GRÜNEN, richtet sich – –

Es gibt noch eine Zwischenfrage. Sie gestatten sicher?

Sehr gern.

Sehr geehrter Herr Kollege Günther, geben Sie mir recht, dass es nicht Aufgabe des Arbeitgebers sein kann, den sicheren Fahrradabstellplatz bereitzustellen?

Lieber Kollege Morlok, mit ganz großer Überzeugung gebe ich Ihnen selbstverständlich recht, dass es so nicht geht.

(Heiterkeit bei der FDP)

Ich habe bei der Debatte um den Fahrradverkehr das Gefühl, dass Sie in Sachsen chinesische Verhältnisse haben wollen: dass möglichst viele mit ihren Fahrrädern auf der Straße fahren, um zur Arbeit zu gelangen.

Kommen wir zu Frage 36. Auf deren Beantwortung habe ich mich einerseits gefreut, andererseits gibt es auch etwas zu kritisieren. Die Staatsregierung erwähnt die Craft Bike Trans Germany, die dieses Jahr zum ersten Mal in Seiffen ihre Zielstation hatte. Als Erstes lobe ich die TMGS, weil die Unterstützung für diese Radsportveranstaltung sehr gut war. Ein großes Lob auch dem Sachsenforst, weil dessen Unterstützung zum Gelingen dieser Veranstaltung sehr groß war.

(Staatsminister Thomas Jurk: Sie müssen aber etwas kritisieren!)

Jetzt komme ich zur Kritik. Sehr geehrter Herr Staatsminister Jurk, in Ihrer Antwort sind verschiedene Fehler enthalten. Sie sprechen von Seiffen und Oberwiesenthal. Das heißt, Kurort Seiffen und Kurort Oberwiesenthal.

(Heiterkeit bei der FDP – Staatsminister Thomas Jurk: Da machen wir ein Korrekturblatt!)

Das haben die beiden Orte gemeinsam, genauso wie seit dem 01.08. zwei liberale Bürgermeister.

(Beifall bei der FDP)

Sie schreiben, dass an der Craft Bike Trans Germany circa 500 Radler teilnehmen werden. Diese Sportler trinken Radler, sie sind aber keine Radler.

(Heiterkeit bei der FDP)

Das sind echte Sportler, Wettkämpfer, die es mit ungeheurer Leistung fertiggebracht haben, diese Tour durch Deutschland zu fahren.

(Staatsminister Thomas Jurk: Ganz verkehrt ist es doch nicht!?)

Richtig verkehrt nicht, aber ein bisschen.

Sie schreiben richtig, dass Seiffen der Austragungsort des Erzgebirgs-Bike-Marathons ist und diese Veranstaltung dieses Jahr zum 14. Mal stattfindet. Ich finde es sehr gut,

dass sie rein privat organisiert ist. Den Familien Günter und Albrecht Dietze, die das seit 14 Jahren organisieren, gehört ein ganz großer Dank für diese Top-TenVeranstaltung in Europa. Das ist eine wunderbare Geschichte.

Liebe GRÜNE! Sie sind gar nicht darauf gekommen nachzufragen, was die zukunftsträchtigen Fahrrad-Events betrifft, dass man zum Beispiel bei Grenzüberschreitungen daran denken muss, dass es jetzt das Angebot gibt, mit GPS-gesteuerten Landkarten zu arbeiten.

Elf Fragen beschäftigen sich damit, wie die Polizei in Sachsen mit Fahrrädern ausgestattet ist. Herr Buttolo, das muss Sie doch genervt haben! Elf Fragen! Ich als Oppositionspolitiker bin mir sicher, dass die sächsische Polizei von selbst darauf kommt, dass eine Fahrradstaffel eine gute Sache in Städten sein kann. Warum Sie dafür elf Fragen verschwenden, ist mir vollkommen unerklärlich.

Ich muss Ihnen Inkonsequenz bei der Fragestellung vorwerfen. Bei Ihrer letzten Großen Anfrage haben Sie nachgefragt, wie beim ÖPNV die Geschlechterverteilung ist, ob es für Männer und Frauen etwas Besonderes gibt. Gerade bei der Großen Anfrage zum Thema Fahrräder haben Sie das vergessen, obwohl Sie genau wissen, dass das Fahrrad das einzige Verkehrsmittel ist, das für Männer und Frauen unterschiedlich produziert wird.

(Heiterkeit bei der FDP)

Es kann natürlich auch sein, dass Sie eingesehen haben, dass Ihre vorhergehende Anfrage Unfug war.