Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist natürlich Anliegen und Aufgabe sowohl des Parlaments als auch der Staatsregierung, Sorge dafür zu tragen, dass aktuell und künftig ausreichend Personal an unseren Schulen vorhanden ist. Nur muss man meines Erachtens die Diskussion zu diesem Problem wesentlich differenzierter führen und das Problem wesentlich differenzierter analysieren, als es der vorliegende Antrag beabsichtigt.
Kultusministerium weiß offenbar niemand eine Antwort. Das ist reichlich dünn und befriedigt uns nicht.
Genauso wenig hilft im Übrigen dieser planerische Blindflug, um mit dem Wissenschafts- und Finanzministerium über Ausbildungskapazitäten oder Lehrerstellen zu verhandeln.
Fächerspezifische Betrachtungsweisen sind ebenso notwendig zu berücksichtigen wie die schulartbezogene Analyse. Auch sind die Schülerströme aktuell und perspektivisch in diese Betrachtung einzubeziehen. Deshalb ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Unterrichtsversorgung an unseren Schulen aktuell gewährleistet ist. Das gilt insbesondere für unsere Grundschulen, aber auch für die Mittelschulen und Gymnasien, an denen Grund- und Ergänzungsbereich vollständig ausgereicht werden. An Mittelschulen und Gymnasien steht zudem noch ein gewisses Potenzial an pädagogischem Plus zur Verfügung.
Eines muss uns jedoch in Sachsen klar sein: Die Konkurrenz schläft nicht, denn der Wettbewerb um die besten Lehrer zwischen den Bundesländern nimmt zu und andere Bundesländer werben mittlerweile sehr aggressiv mit Beamtenstatus und Vollzeitstellen. Oft genug haben sie damit auch Erfolg. Hier muss sich Sachsen langsam etwas einfallen lassen.
Wir denken, ein verbindlicher Fahrplan zur Rückkehr in die Vollzeit für Lehrer an Mittelschulen und Gymnasien ist überfällig. Wir denken, dass wir eine leistungsgerechte Vergütung brauchen, um die Besten zu locken und Engagement zu belohnen. Wir müssen versuchen, gerade in Mangelfächern abgewanderte Lehrer zurückzuholen, beispielsweise durch eine Stellenbörse und gezielte Anwerbung.
Schwieriger gestaltet sich die Situation an Förderschulen und Berufsschulen. An Förderschulen setzt der prognostizierte Schülerrückgang nicht so ein, wie ursprünglich erwartet. Der Schülerrückgang an beruflichen Schulen wird sich aber in den nächsten fünf Jahren dramatisch fortsetzen. Prognostiziert ist ein Umfang von 40 %. Der Tiefstand wird 2013/2014 erwartet. Danach wird ein Aufwärtstrend bis zum Jahr 2020/2021 zu erwarten sein, ohne aber das ursprüngliche Niveau an Schülerzahlen zu erreichen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einige werden vielleicht einwenden, Schulen sind doch nicht für Lehrer da, sondern vor allem für Schüler. Das stimmt; doch ohne exzellente Lehrer gibt es keine motivierten Schüler und ohne exzellente Lehrer sind Spitzenleistungen an unseren Schulen schlichtweg unmöglich.
(Beifall bei der FDP) Insbesondere Mittelschul- und Gymnasiallehrer arbeiten befristet bis 2010 in Teilzeit. Herr Herbst, das hat nichts mit Zwangsteilzeit zu tun, sondern das ist ganz einfach die Reaktion der Staatsregierung und der Tarifparteien auf zurückgehende Schülerzahlen. Für die Grundschullehrer ist eine schrittweise Rückkehr in die Vollzeit vorgesehen. Deshalb wollen wir auch nicht jeden für den Lehrerberuf gewinnen, sondern ausdrücklich die Besten, zum Beispiel bei den Naturwissenschaften. Sachsen sieht sich ja sehr gern als Ingenieurland. Doch wer soll in Zukunft die Schüler für Physik begeistern? Bereits jetzt zeichnen sich da erste Lücken ab; im Fach Latein sieht es nicht besser aus. Meine Damen und Herren! Wenn man sich diese Rahmenbedingungen noch einmal vergegenwärtigt, dann muss man über Neueinstellungen und über den zukünftigen Lehrerbedarf im Rahmen dieser Entwicklungen sprechen. Mit Blick auf die Zukunft müssen wir handeln. Ein höheres Ansehen des Lehrerberufes in Sachsen wäre ein erster, wichtiger Schritt. Aber auch praktische Ideen müssen folgen. Wir begrüßen daher ausdrücklich Vorschläge für Stipendien oder Einstellungszusagen, damit Schulabsolventen für ein Lehramtsstudium gewonnen werden können. Wir müssen heute die Weichen richtig stellen, um zukünftigen Lehrermangel zu verhindern und die Qualität an unseren Schulen zu verbessern. Dass Handlungsbedarf bei der zukünftigen Absicherung des Lehrerbedarfs besteht, ist auch für unsere Fraktion unstrittig. Nur gestaltet sich dieser Prozess vor dem Hintergrund der Schülerzahlenentwicklung, die wir zurzeit erleben, und des aktuell vorhandenen Lehrerbedarfs wesentlich komplizierter, als dass man dem Anliegen mit allgemeinen politischen Forderungen begegnen könnte. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. (Beifall bei der FDP)
Das war die einreichende Fraktion. Es folgt die CDU-Fraktion; völlig überraschend kommt Herr Colditz.
Meine Damen und Herren! Trotz dieser soeben beschriebenen Situation wird in Sachsen schon Vorsorge für den zukünftigen Personalbedarf getroffen. So sind gegenwärtig 1 364 Referendar- und Lehramtsstellen besetzt, 625 wurden zu Beginn des Schuljahres neu besetzt. 330 Lehrer wurden neu eingestellt, darunter 119 an Grundschulen.
Zweifellos hat bundesweit ein Kampf um qualifizierte Lehrer begonnen. Wenn es uns in diesem Zusammenhang schon nicht gelingt, Lehrkräfte im Lehreraustauschverfahren zwischen den Bundesländern zu gewinnen, dann müssen wir wenigstens Sorge dafür tragen, dass gut ausgebildete Lehrkräfte und Anwärter im Land bleiben.
Darin stimmen wir überein, Herr Herbst. Es werden auch vorhandene Barrieren abzubauen sein. Insbesondere denke ich an die Möglichkeit, dass jedem Lehramtsanwärter, der eine erste Staatsprüfung absolviert hat, der Zugang zum Vorbereitungsdienst ermöglicht wird.
Auch eine Steuerung des fächerspezifischen Bedarfs beim Angebot von Lehramtsstudiengängen an unseren Hochschulen muss sicherlich konsequenter angegangen werden. Bei aller Autonomie unserer Hochschulen und Universitäten muss es wohl auch seitens der Staatsregierung so sein, dass steuernd eingegriffen wird, um so die Lehramtsausbildung besser als bisher am tatsächlichen, insbesondere am fächerspezifischen Bedarf zu orientieren. Die seitens des Kultusministeriums anvisierte Verständigung in dieser Frage mit dem Haus SMWK unterstützen wir selbst nachdrücklich.
Schließlich müssen wir auch im tariflichen Gefüge Voraussetzungen schaffen und nutzen, die die Attraktivität des Lehrerberufs in Sachsen erhöhen. Meine Damen und Herren, hier gestehe ich auch selbstkritisch, dass wir teilweise alternativlos vor bestimmten Tatsachen stehen. Wenn wir beispielsweise das Tarifgefälle Ost/West betrachten, stellen wir fest, dass junge Lehramtsabsolventen in den Westen gehen und dort zu den entsprechenden Konditionen beschäftigt werden. Dabei wird dieses Problem sicher mittelfristig lösbar sein.
Nicht lösbar, aber auch Konsens in diesem Haus ist die Nichtverbeamtung der Lehrer. Auch das ist ein Argument, warum Lehrer – gerade junge Lehrer – in den Westen gehen, weil sie meinen, im Beamtenstatus sicherer aufgehoben zu sein, als es im Angestelltenstatus der Fall ist. Das trifft zwar sicher nicht ohne Weiteres zu, aber es ist ganz einfach zu berücksichtigen.
Ich denke auch an den Ausbau der Leistungsprämierung. Gerade junge Kollegen, Absolventen haben oft neue Ideen und entwickeln ein besonderes Engagement, das es auch zu honorieren gilt.
Insgesamt gibt es ein Maßnahmenbündel zu bedenken und umzusetzen, um dem zu Recht im Antrag beschriebenen Anliegen zu entsprechen. Der Weg zur Umsetzung muss allerdings, wie gesagt, die aktuellen Rahmenbedingungen berücksichtigen, und scheinbar einfache Lösungsansätze sind eben schwieriger zu gestalten, als es zunächst zu vermuten ist.
aus, dass seitens der Staatsregierung diesem Problem bereits weitestgehend entsprochen wird. Im Übrigen werden wir uns im Rahmen der Haushaltsdiskussion tiefgründiger und vielleicht auch zielführender verständigen können.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über den Antrag der FDP-Fraktion haben wir uns in der Fraktion sehr gefreut; allerdings, Herr Herbst, die Unterrichtsversorgung und einen Lehrermangel gibt es im Freistaat Sachsen schon über viele Jahre, erinnern Sie sich! Zumindest so lange, wie ich im Sächsischen Landtag sitze, und ich weiß, dass es davor auch schon so war, gab es doch immer einen Lehrermangel in Förderschulen und Berufsschulen, und zwar so weitgehend, dass der Ergänzungsbereich überhaupt nicht ausgereicht werden konnte.
Nun sind wir im Freistaat Sachsen so weit, dass wir in diesem Schuljahr auch an Grundschulen Probleme mit der Unterrichtsabsicherung, mit dem Ergänzungsbereich, mit der Integration und mit vielem mehr haben. Aber das werden wir morgen in der Aktuellen Debatte noch ausführlich darstellen können.
Wir machen heute aus meiner Sicht den ersten Einstieg im Kultushaushalt und beraten hier schon einmal vorab, was da alles noch so fehlt. Unsere Fraktion hat über viele Jahre hinweg, auch in der letzten Legislaturperiode, ein Personalentwicklungskonzept für Lehrer eingefordert. Wir wissen alle, wie wir hier sitzen, dass das die demokratischen Oppositionsfraktionen in dieser Legislaturperiode schon mehrfach getan haben. Auch die SPD als derzeitige Regierungspartei hat ein Personalentwicklungskonzept für den Lehrerbereich eingefordert. Allerdings war sie damals noch in der Opposition.
Dieses Konzept existiert bis heute nicht. Doch dieses Konzept ist zwingend notwendig. Daher unterstützen wir, Herr Herbst, Ihren Antrag, weil auch wir eine Bedarfsermittlung für den Bedarf an Lehrern im Freistaat Sachsen, und zwar kurz- und langfristig, für notwendig und sinnvoll halten.
Aber was passiert? Lehrerstellen werden eingestellt nach Haushaltslage, nicht nach Bedarf, und wenn die Vertragspartner, die Gewerkschaften, stark genug sind, dann vielleicht noch nach Tarifvertrag, aber sonst eher nicht, sonst immer nach Kassenlage. Das reicht meiner Meinung nach nicht aus, wenn wir in der Bildungspolitik in Sachsen wirklich vorankommen wollen.
Ein Wort zu den Lehramtsanwärtern. Herr Colditz hat es gerade sehr ausführlich und sehr erfreut dargestellt. Die Zahl, die wir jetzt für das laufende Jahr im Haushalt
haben, sieht wirklich gut aus. Aber schauen Sie sich das einmal genau an. Im Jahr 2010 werden in Größenordnungen Haushaltsstellen bei den Lehramtsanwärtern abgebaut. Das ist nach unserer Auffassung überhaupt nicht möglich. Wir werden das in der Haushaltsdiskussion noch einmal intensiv ansprechen.
Fahrplan: Vollbeschäftigung von Mittelschul- und Gymnasiallehrern. Wir brauchen eigentlich nur einen Fahrplan im Haushalt. Der Fahrplan der Vollbeschäftigung der Mittelschul- und Gymnasiallehrer ist im Bezirkstarifvertrag festgeschrieben: Zum 01.08.2010 sind alle Mittelschul- und Gymnasiallehrer wieder in der Vollzeit. Hier haben die Gewerkschaften aus dem alten Teilzeitvertrag der Grundschullehrer gelernt und das gleich festgeschrieben. Nach unseren Berechnungen gibt das aber der Haushalt 2010 nicht her. Es könnte sein, dass man hier über Abfindungsregelungen, die ja als Summe eingestellt sind, etwas machen will. Ich hoffe, Herr Colditz, dass das nicht so ist, sondern dass das eine andere Ursache hatte. Aber das werden wir ja noch in den Diskussionen erfragen können.
Wir sind der Auffassung, dass die Altersteilzeit im Lehrerbereich weitergeführt werden muss. Wir brauchen im Lehrerbereich weiterhin auch eine Form von Altersteilzeit,
weil dies auch eine Möglichkeit bietet, junge Kollegen für alte Kollegen mit in den Schuldienst hineinzunehmen. Es fällt mir nicht leicht, das zu sagen, aber eine Stellenbörse für Lehrer wird nicht viel bringen, liebe Kollegen aus der FDP; ganz einfach deshalb, weil die Arbeitsbedingungen, die Lehrer hier in Sachsen haben, verändert und verbessert werden müssen;
denn wir haben im Freistaat Sachsen im vergangenen Jahr Lehrer eingestellt, Grundschullehrer, die dringend notwendig sind. Es haben in diesem Jahr im Grundschulbereich relativ viele Lehrer gekündigt, und zwar von sich aus, ein Jahr im Dienst, jung, in Sachsen ausgebildet. Sie sind in andere Bundesländer gegangen, weil dort die Bedingungen besser sind. Wir stellen befristet Lehrer ein. Wo sehen denn da die jungen Lehrer die Perspektive, wenn sie nach einem Jahr nicht genau wissen, ob sie bleiben dürfen oder ob sie nicht bleiben dürfen? Das bezieht sich auf die Grundschul- und auch auf die Berufsschullehrer.
Berufsschullehrer – total katastrophal. Wenn man dort befristete Lehrer eingestellt hat und sie nicht mehr entfristet, obwohl ein Bedarf besteht, nur weil der Lehrerstellenabbau im Haushalt so festgeschrieben ist, dann ist das eine Kassenlage für die Lehrer, aber nicht ein Bedarf für Bildung und Erziehung an unseren Schulen.
Wir unterstützen daher Ihren Antrag, auch wenn wir nicht mit jedem Punkt Ihres Antrages zu 100 % übereinstim
men. Wir freuen uns und hoffen auf die Haushaltsdiskussion, dass aus der FDP genau zu diesen Fragen und Punkten auch Anträge kommen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es zeigt sich wieder einmal, dass Populismus für Politiker eine süße Verlockung ist; denn er verfängt leider bei vielen Menschen, zum einen, weil er durchaus aktuelle Probleme aufgreift, zum anderen, weil er dem Laien akzeptabel erscheinende einfache Lösungen präsentiert.
Populistische Anträge kann man deshalb auch nicht einfach zurückweisen. Das würden die Bürger nicht verstehen. Aber genau darauf baut ja der Populismus auf: sich anzupreisen, sich so darzustellen, als hätte man alle Lösungen parat. Ein Glück nur, dass man die Suppe nicht auslöffeln muss. Ein Glück nur, liebe Abgeordnete der FDP, dass man nie an der Praxis zu messen sein wird.
Nun ernsthaft. Wir müssen selbstverständlich etwas tun, um den künftigen Bedarf an Lehrern zu sichern, aber doch nicht – da geht die Oberflächlichkeit ja schon los –, um vordergründig die Unterrichtsversorgung zu sichern. Es geht doch vielmehr um die Sicherung der besten Bildung unserer jungen Menschen. Das ist ein grundsätzlich anderer Blick. Ja, wir nehmen das Ziel in den Blick, nicht nur einen speziellen Aspekt. Wenn Sie meinen, das sei spitzfindig, nein, wir verstellen uns nämlich nicht den Blick auf andere Möglichkeiten und Wege.
Aber sei der Titel Ihres Antrages, wie er sei – Sie, meine Damen und Herren von der FDP, machen eine Reihe wohlfeiler Vorschläge, die jeder im Antrag nachlesen kann und auf den ersten Blick ganz vernünftig finden wird, aber eben nur auf den ersten Blick. Populismus baut darauf, dass es keinen zweiten Blick gibt – eine clevere Taktik. Aber riskieren wir ruhig einen zweiten oder dritten Blick, analysieren wir einmal Ihr Papier.