Protokoll der Sitzung vom 16.10.2008

Selbst ein Herr Gusenbauer aus Österreich hat das erkannt. Sie haben sogar ein eigenes Konjunkturprogramm aufgelegt und sich im Europarat dafür eingesetzt, dass ein solches europäisches Konjunkturprogramm angestoßen wird. Da können wir nicht so tun, als wäre kein Problem vorhanden. Das ist doch Schönfärberei. Wir brauchen ein solches Konjunkturprogramm. Wir brauchen eine Stärkung der Binnenkaufkraft und wir brauchen mehr Konsum in diesem Land, weil uns die Außenwirtschaft nicht weiterhelfen wird.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Wir verlieren eines aus dem Blickfeld. Die Einnahmenseite des Staates wird sich im nächsten Jahr gravierend ändern. Wir können unseren Haushalt eigentlich schon jetzt beiseite legen und auf die November-Steuerschätzung warten. Mal sehen, was dabei herauskommt.

Aber wenn wir jetzt vergessen, die wichtigen Hausaufgaben zu machen, die bis Ende des Jahres vor uns liegen, dann handeln wir sträflich und fahrlässig. Was dort passiert, dass die Erbschaftssteuer auf die lange Bank geschoben wird, nur weil ein Herr Seehofer noch nicht Ministerpräsident von Bayern ist, ist ja wohl eine Peinlichkeit hoch drei. Ich erwarte auch von der Staatsregierung, dass sie sich dafür einsetzt, dass die Einnahmenseite des Staates, also auch des Freistaates, am Ende gestärkt wird, eben durch eine Reform der Erbschaftsteuer, dass sie überhaupt erst mal kommt und nicht wegfällt. Das wäre der größte GAU. Es geht auch um eine Erhöhung der Erbschaftsteuer. Wir müssen die Einnahmen des Staates stärken, um für die Herausforderungen der Zukunft gewappnet zu sein.

Wir haben heute hier zu debattieren, und es ist am Freitag, also morgen, im Bundestag und im Bundesrat über ein Paket zu entscheiden. Dieses Paket ist ein Hoffnungspaket. Es ist auf jeden Fall notwendig, dass wir festhalten, es geht um Hoffnungen, die wir den Menschen machen sollten. Es geht nicht um Schönfärberei. Wir müssen die Problemlagen definitiv nachhaltig angehen. Das heißt eben auch, uns darüber Gedanken zu machen, welche Krise in Haushalts- und Wirtschaftsfragen im nächsten Jahr auf uns zukommt. Das werden wir in den beiden Aktuellen Debatten noch erörtern können.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Wird weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Aussprache zur Fachregierungserklärung beendet.

Meine Damen und Herren! Wir haben vier Entschließungsanträge vorliegen, die wir noch behandeln müssen. Zunächst rufe ich den Entschließungsantrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 4/13569, auf. Ich bitte um Einbringung.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Entschließungsantrag wird Sie inhaltlich nicht überraschen. Er ist inhaltsähnlich mit dem, was wir schon am Dienstagvormittag als Dringlichen Antrag eingereicht haben. Wir können das jetzt auch in dieser Form hier behandeln.

Es geht aber im Kern immer noch um dieselben Erkenntnisse, die auch am Dienstagmorgen schon zu diesem Thema möglich gewesen sind. Ich habe vorhin auch schon davon gesprochen: Es geht eben darum, dass die Institute, wenn sie den Fonds in Anspruch nehmen, damit rechnen müssen, dass der Staat einsteigt und sich betei

ligt, aber zeitlich begrenzt. Das halte ich für angemessen. Es geht eben darum, dass eine marktgerechte Risikoprämie zu zahlen ist, wenn der Fonds in Anspruch genommen wird. Es geht eben auch darum, dass Vorstände und Aufsichtsräte persönlich zu haften haben, wenn sie gegen die aufsichtsrechtlichen Bestimmungen verstoßen. Es geht auch darum, die Altersvorsorgerückstellung, Pensionsfonds, Tantiemen, Sonderzahlungen, Boni usw. der Vorstände, leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Staat zu verpfänden, so lange das Kreditinstitut der Hilfe des Staates bedarf. Es geht um die Beteiligung des Landes und des Landtages in diesen Diskussionen beim Haushalt und es geht auch darum, Sie, Herr Unland, zu ermutigen, in Diskussionen heute auch dafür zu sorgen, dass die Hintergründe bei den Fällen IKB und Hypo Real Estate gründlich aufgeklärt werden, vielleicht auch bei der Bayern LB und bei der West LB. Das deutet sich an. Es wird sicherlich nötig sein, die Doppelstruktur von Bundesbank und BaFin zu beenden. Das funktioniert meines Erachtens auch nicht. Die BaFin hat sich als Gebissträger erwiesen und nicht als der Akteur, den man eigentlich erwartet.

Außerdem müsste es ein Verbot außerbilanzierter Zweckgesellschaften geben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist ganz wichtig. Wir wollen ein internationales Frühwarnsystem beim IWF, und eigentlich wollen wir – und nicht nur wir, wie ich gerade lesen konnte – ein zweites Bretton Woods, damit endlich international verbindliche Kapitalmarktregeln geschaffen werden. Sie sollten vernünftig ausgelegt werden. Es geht nicht um Währungssysteme, wie beim ersten Bretton Woods. Wir wollen ein zweites Bretton Woods; aber in dem neue Finanzmarktregeln, die international gelten sollen, gefunden werden. Es wäre wichtig, wenn Sie sich dort in der Diskussion mit einmischen könnten. Ich weiß, dass sich die Diskussion in der Bundesregierung auch in diese Richtung bewegt. Bisher ging es immer nur um europäische Lösungen. Ich glaube, das greift zu kurz. Wenn wir uns in Europa verständigen, wird es insgesamt nicht helfen. Es muss eine internationale Lösung her. Das können Sie mit vorantreiben. Daran hat sich bisher in der Diskussion nichts geändert. Es gibt bisher auch nur einen Entwurf der Bundesregierung. Ich sage aus der Erfahrung heraus: Im Bundestag hat ganz selten ein Gesetz den Bundestag so verlassen, wie es von der Regierung eingebracht wurde. Das ist etwas anders, als es hier im Landtag ist. Es gibt also die Möglichkeit, noch viel zu verhandeln. Wir haben heute viel über Vorschläge, Fragen und Gefährdungen gesprochen. Sie werden das mitnehmen und wir sehen, woran wir morgen sind.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wird dazu von den Fraktionen das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich um Einbringung des Entschließungsantrages der NPD

in der Drucksache 4/13585. – Er ist schon eingebracht. Dann frage ich, ob dazu das Wort gewünscht wird. – Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich um Einbringung des Entschließungsantrages der Fraktionen CDU und SPD, Drucksache 4/13586. Herr Dr. Rößler, bitte.

Meine Damen und Herren! Ich habe es bereits angekündigt: Es geht beim Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen zum Rettungspaket Finanzmarktkrise um die Stunde der Politik und auch des Staates. Wir stehen ja auch ganz fest in Berlin und Dresden. Wir möchten diesen Fahrplan diese Woche auch realisieren.

Meine Damen und Herren! Wir nehmen viele Dinge auf, die hier von anderen angesagt worden sind. Ich kann Sie nur bitten – wir haben ja von Kollegen Zastrow gehört, das wäre sogar die Stunde der Patrioten –, dass Sie unser gemeinsames Anliegen unterstützen.

In einem Punkt 1 sollten wir die Staatsregierung auffordern, das Rettungspaket des Bundes im Umfang von 500 Milliarden Euro zu unterstützen, um das Vertrauen der Menschen in die Märkte und in unsere Strukturen wiederherzustellen. Das ist die Verantwortung der Sachsen. Das ist eine gesamtnationale Verantwortung; ja, das ist eine europäische Verantwortung, die sich in diesem Punkt 1 bündelt. Dabei sollen natürlich die Probleme einer Regelung zugeführt werden. Das eine ist eigentlich selbstverständlich. Da vertrauen wir auch unserer verhandlungsführenden Staatsregierung. Die finanzielle Beteiligung Sachsens ist auf das Notwendige zu begrenzen.

Wir hoffen natürlich, dass bereits übernommene Bürgschaftsverpflichtungen berücksichtigt werden. Besonders wichtig ist, dass eine Beteiligung der Bundesländer an dem Rettungspaket auch ein entsprechendes Mitspracherecht umfassen soll. Selbstverständlich ist der Landtag – da knüpfe ich an Antje Hermenau an – in die Umsetzung haushaltsrechtlicher Maßnahmen einzubeziehen. Aber diesbezüglich hat sich, denke ich, eine recht gute Praxis eingespielt, und ich bin sicher, dass die Staatsregierung das entsprechend handhaben wird.

Das geht dann im Abschnitt e weiter. Wir wollen die Verluste natürlich nicht sozialisieren wie vielleicht vorher. Das Abwälzen von Lasten und Verlusten aus Bankgeschäften wollen wir ganz ausdrücklich nicht. Das soll verhindert werden. Diese gewaltige Unterstützungsleistung dient der Ingangsetzung der Finanz- und Wirtschaftsmärkte.

Meine Damen und Herren, Hilfe kostet. Sie lesen das in den Abschnitten f und g unter Punkt 1. Wir wollen auch eine ausreichende Mitbestimmung der Fondseinrichter sichern. Wenn Konditionen für die Inanspruchnahme der Fonds ausgehandelt werden, müssen wir natürlich die Risikostruktur für den Steuerzahler angemessen berücksichtigen. Dass die Rettungsaktion temporär, also zeitlich begrenzt, angelegt ist und sich auf die Wiederherstellung

funktionierender Marktstrukturen zu reduzieren hat, ist, glaube ich, wichtig, aber auch selbstverständlich.

Im Punkt 2 wird die Staatsregierung weiterhin aufgefordert, für die Neuordnung stabiler und transparenter Finanzmärkte zu sorgen. Meine Damen und Herren, das klingt jetzt wie ein gewaltiger Anspruch. Die Staatsregierung soll sich mit aller Kraft darum bemühen. Das ist uns wichtig.

Es geht unter Punkt 2 natürlich auch darum, dass wir die Krisen der öffentlichen Finanzinstitute analysieren, um Fehler schonungslos aufzudecken und Lehren für die Zukunft zu suchen. Es geht uns um die Neuordnung der Rahmenbedingungen für das gesamte Kreditgewerbe, und zwar auch – das ist ganz wichtig – um die nationalen Vorschriften der verschiedenen aufsichtsrechtlichen Bereiche. Es geht uns um Wirtschaftsprüfung, es geht uns um Ratingagenturen.

Ganz deutlich wird noch einmal im Abschnitt c, dass Finanzmärkte als Dienstleister für Bürger auszugestalten sind. Entsprechend muss es in Zukunft auch neue Überlegungen und vor allem neue Maßnahmen zur Umsetzung einer weitergehenden Haftung von Vorständen und Aufsichtsgremien geben. Spekulative Geschäfte sind deutlich zu begrenzen. Sie sind mit Eigenkapital zu unterlegen. Das sind alles Dinge, die wir hier diskutiert haben.

Zu all diesen Neuordnungen ist eine internationale Verständigung notwendig. Wir in Deutschland leben nicht auf einer Insel, wir sind international vernetzt, wir sind Bestandteil einer sich globalisierenden Gesellschaft. Das ist ganz einfach die Realität, und der muss sich auch die Finanzindustrie stellen. Das fordern wir hier.

Wir bitten Sie, diesen Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen zu unterstützen. Er nimmt weitestgehend viele Anregungen anderer Fraktionen auf.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Das war die Einbringung des Entschließungsantrages der Fraktionen der CDU und der SPD, Drucksache 4/13586.

Ich frage zunächst, ob es Diskussionsbedarf zu diesem Entschließungsantrag gibt. – Die Linksfraktion; bitte, Herr Scheel.

Ich will ein paar Worte zu dem von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Entschließungsantrag sagen.

Zuerst hätte ich ein Dankeswort an die Oppositionsfraktionen erwartet, die in seltener Einigkeit ausnahmslos Dringliche Anträge gestellt haben, um dieses Thema überhaupt in diesen Plenarsitzungen zu platzieren, sodass Ihnen die Möglichkeit gegeben wurde, einen solchen Entschließungsantrag einzubringen. Vielen Dank auch Ihnen, Herr Eggert, dafür, dass Sie das aufnehmen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Es ist aber ein ganz typischer Koalitionsantrag. Ich nehme einfach den Punkt 1: „Die finanzielle Beteiligung Sachsens ist auf das Notwendige zu begrenzen.“ – Ja, was ist denn das Notwendige?

Es wird weiter gesagt, dass Bewertungsabschläge zu berücksichtigen seien. In welcher Höhe denn?

Weiter heißt es, dass Sachsen ein Mitspracherecht haben soll und dass der Landtag irgendwie einzubeziehen ist.

Also, das sind mir zu viele sehr vage Aussagen, die Sie hier treffen, wobei ich nicht genau weiß, ob Sie das auch wirklich ernst meinen. Meinen Sie das wirklich ernst?

(Heinz Eggert, CDU: Wie immer!)

Genau davor fürchte ich mich eben, und genau deshalb werden wir uns diesem Antrag leider nur mit einer Enthaltung nähern können.

Ich möchte wenigstens noch zu Protokoll geben, dass in der Begründung ein bemerkenswerter Satz enthalten ist, wobei Sie sich anscheinend nicht getraut haben, ihn auch in den Antragstext zu schreiben. Begründung, letzter Satz: „Sachsen hält an der Zielstellung der Föderalismuskommission II, die Verschuldung des Bundeshaushalts und der Länderhaushalte zu beenden, fest.“

(Lachen bei der Linksfraktion)

Okay, das nehmen wir als Begründung zur Kenntnis. Was daraus wird, werden wir in der Haushaltsberatung sehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Gibt es weiteren Diskussionsbedarf zu diesem Entschließungsantrag? – Das ist nicht der Fall. Dann wäre jetzt die Einbringung des Antrages der Linksfraktion, Drucksache 4/13588, an der Reihe. Er liegt Ihnen allen vor.

(Caren Lay, Linksfraktion: Ist schon eingebracht!)