Protokoll der Sitzung vom 17.10.2008

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in den Redebeiträgen gehört, wie unterschiedlich die einzelnen Fraktionen an das Thema, das wir heute diskutiert haben – die konsequente Bekämpfung unerlaubter Pflanzenschutzmittel – herangegangen sind. Übrigens, Herr Despang – ist er noch da? – ja –, das Wort „verbotene Pflanzenschutzmittel“ steht nicht ein einziges Mal in unserem Antrag. Sagen Sie das einmal Ihrem Redenschreiber oder lesen Sie den Antrag am besten vorher selbst.

Die unterschiedlichen Herangehensweisen an diesen Antrag werden darin deutlich, dass sich die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ausschließlich auf eine Verschärfung der Kontrollen bezieht. Aber wir sehen dies umfassender; denn ich bin der Meinung, wenn ich Fieber feststelle, dann kann ich mich fragen: Funktioniert mein Fieberthermometer richtig? Aber es nützt nichts, wenn ich mir eines zulege, das zwei oder drei Nachkommastellen anzeigt, sondern ich sollte einmal überlegen, wo die Ursachen liegen könnten.

Da deshalb Ihr Antrag nicht umfassend genug ist, werden wir ihn ablehnen. Die Harmonisierung, die wir angesprochen haben, ist für mich eine Grundvoraussetzung, um überhaupt ein praktikables Handeln der Landwirte zu ermöglichen, und wenn wir bei diesem Handeln Verstöße feststellen – Herr Lichdi, Sie haben hier viele festgestellt –, dann zeigt dies doch, dass die Kontrollmechanismen funktionieren, und nicht, dass wir sie verschärfen müssen.

Es ist für mich auch kein sachlicher Umgang mit dem Thema, wenn Sie, wie Sie es wieder getan haben – ich würde es schon als Horrorszenario bezeichnen –, zwar nennen, wie viele und wie oft Rückstände festgestellt wurden. Sie haben aber nicht ein einziges Beispiel gebracht, wo durch einen sächsischen Landwirt ein Richt- oder Grenzwert überschritten worden ist – nicht ein einziges Beispiel. Das ist für mich kein sachliches Herangehen an dieses Thema.

Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Dr. Liane Deicke, SPD)

Das war das Schlusswort der Koalitionsfraktionen. – Herr Lichdi, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Hochverehrter Herr Kollege Schmidt, wahrscheinlich waren Sie bei der Fragestunde nicht anwesend. Da kann ich Ihnen nämlich prompt das Beispiel nachliefern. Die zuständige Staatsministerin Clauß hat auf meine Frage geantwortet, dass 49 Gewürzproben geprüft wurden und bei vier Proben Grenzwertüberschreitungen festgestellt wurden. Das heißt, es fällt uns wirklich sichtlich leicht, Ihnen diese monierten Grenzwertüberschreitungen zu nennen. Ich bin ausführlich auf meine Kleine Anfrage eingegangen, die ich schon in den Jahren 2006, 2007 und fortlaufend gestellt habe. Dort ist das auch so berichtet worden. Also von daher, Herr Schmidt, würde ich Sie bitten, das auch zur Kenntnis zu nehmen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Kollege Lichdi, ich habe nach Grenzwertüberschreitungen bei sächsischen Landwirten gefragt. Ich habe also nicht nach Gewürzen gefragt, die sonstwoher kommen, sondern nach Produkten von sächsischen Landwirten, Obstwirten und Weinbauern. Darum geht es mir.

Okay, das habe ich verstanden. Ich habe – darin gebe ich Ihnen recht – Frau Staatsministerin Clauß nicht gefragt, woher diese Gewürze gekommen sind. Wahrscheinlich sind sie von auswärts gekommen.

(Robert Clemen, CDU: Aha! – Weitere Zurufe von der CDU)

Ja, dann sollen Sie mir das sagen. Ich weiß es nicht. Wenn Sie sich tatsächlich hier hinstellen und sagen wollen, in keinem einzigen sächsischen Produkt seien in den letzten Jahren Grenzwertüberschreitungen gefunden

worden, dann muss ich mich doch sehr wundern. Das können Sie doch nicht allen Ernstes behaupten.

Herr Schmidt, ich wollte eigentlich auf Sie zugehen und sagen, Sie haben natürlich recht, wenn Sie sagen, dass eine Vereinheitlichung der Grenzwerte und der Vorschriften auf europäischer Ebene wünschenswert ist. Es ist klar, dass es sich bei den Fällen, die Sie vorgetragen haben, um Unzuträglichkeiten handelt, und das ist nicht gut. Frau Kollegin Kagelmann ist zu Recht darauf eingegangen und hat gesagt, dass die Angleichung nicht so erfolgen darf, dass man sozusagen den Deckel aufmacht und dann weniger streng vorgeht. – Sie nicken, das finde ich gut.

Aber das passiert dann auch leider. Wenn wir auf europäischer Ebene harmonisieren, dann harmonisieren wir eben leider oft nicht in Richtung auf mehr Gesundheits- und Umweltschutz. Aber ich denke, es ist hier tatsächlich ein öffentliches Interesse da. Dieses öffentliche Interesse geht natürlich dahin, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher in Sachsen sicher sein können, dass sie gesunde Nahrungsmittel erhalten. Das ist das A und O, das ist der Kern. Auch die Bauern müssen verstehen, dass das der Kern ist. Die Verbraucherinnen und Verbraucher wollen nicht eine Debatte hören, wie das mit der EU-rechtlichen Harmonisierung klappt, sondern sie wollen in den Laden gehen und sicher sein, dass sie dort gesunde Lebensmittel erhalten. Deswegen sollten wir uns einvernehmlich darum kümmern und die Debatte nicht, wie Sie von der Koalition es getan haben, in eine Richtung verschieben, in die sie nicht gehört.

Frau Kagelmann, Sie haben natürlich Recht: Unser Antrag ist im April gestellt worden, der Antrag der Koalition im letzten Dezember, glaube ich. Die Koalition hat den Antrag zwei- oder dreimal abgesetzt, und dadurch ist es zu einer Verschiebung der Behandlung gekommen. Der Haushalt ist im Juli oder August dieses Jahres eingereicht worden. Ich freue mich, dass Sie diesen Gaschromatografen auch eingestellt haben, wie der Staatsminister gesagt hat. Ich habe auch nichts dagegen, Herr Staatsminister, wenn er für alle Beprobungen eingesetzt wird. Das ist wohl selbstverständlich.

Wenn Sie unseren Antrag genau gelesen hätten, Frau Kagelmann, wüssten Sie, dass dort auch ein sogenannter Flüssigkeitschromatograf gefordert wird, der offensichtlich nicht eingestellt ist. Daher ist unser Antrag nicht ganz erledigt. Aber sei’s drum, ich betrachte es als Erfolg grüner Politik, dass das jetzt im Haushaltsplan enthalten ist. Darüber freuen wir uns.

Herr Günther, Sie haben tatsächlich einen anderen Grundansatz. Uns geht es tatsächlich um den Schutz der Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher. Darum geht es uns. Dass Sie uns Panikmache oder so etwas vorwerfen, ertragen wir gern. Ich denke, wenn Bürgerinnen und Bürger unserer Debatte zugehört haben, können sie, glaube ich, leicht entscheiden, wem sie in diesen Fragen mehr vertrauen können. Für uns ist tatsächlich der Gesundheitsschutz der Schwerpunkt und nicht der Schutz

irgendwelcher schwarzen Schafe bei den Bauern, der Ihnen offensichtlich am Herzen liegt.

Herr Kupfer, ich habe den Bericht der BVL mit dem Stand 2007 absichtlich so ausführlich zitiert. Sie können doch nicht kleinreden, dass es bei vielen Früchten, die oft gegessen werden, die oft nachgefragt werden, massive Grenzwertüberschreitungen gibt, dass es dort gravierende Probleme gibt, dass es Pestizidrückstände gibt. Das betrifft weit mehr als die Hälfte aller Proben. Das können Sie doch nicht einfach so wegwischen, indem Sie sagen: Wir machen doch viel! – Es ist ja schön, wenn Sie viel machen, aber offensichtlich führt das nicht zu dem gewünschten Ergebnis.

Solange Sie sich nicht dazu bekennen, dass wir da ein Problem haben, so lange bleiben Sie unglaubwürdig mit Ihren durchaus anzuerkennenden verstärkten Anstrengungen im Rahmen der LUA.

Von daher, meine Damen und Herren, darf ich Sie weiterhin um die Zustimmung zu unserem Antrag bitten. Ich denke, er ist nicht erledigt. Zu dem Antrag der Koalition werden wir uns enthalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung.

Zunächst stimmen wir ab über die Drucksache 4/10689. Das ist der Antrag der Fraktionen CDU und SPD. Ich frage nach der Zustimmung. Wer ist dafür? – Gegenstimmen? – Ich sehe keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen ist diesem Antrag mehrheitlich gefolgt worden.

Ich rufe als Zweites die Drucksache 4/11821, Antrag der Fraktion der GRÜNEN, auf. Meine Damen und Herren, wer stimmt zu? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Bei Stimmen dafür ist diesem Antrag dennoch nicht gefolgt worden.

Damit, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 5

Bildungsgipfel für die Umsetzung einer besseren Bildung für alle nutzen

Drucksache 4/13437, Antrag der Linksfraktion

Verbindliche Vereinbarungen für ein modernes Bildungssystem treffen – „Bildungsgipfel“ darf kein Kaffeekränzchen werden

Drucksache 4/13442, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Es beginnt die Linksfraktion, danach folgen GRÜNE, CDU, SPD, NPD, FDP und selbstverständlich die Staatsregierung. – Ich erteile der einreichenden Fraktion das Wort. Frau Abg. Bonk, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestartet als das zentralpolitische Happening Anfang dieses Jahres: der Bildungsgipfel der Kanzlerin, mit Glanz und Gloria verkündet – natürlich auch verbunden mit dem Aufbruchssignal von der Bundeskompetenz und von mehr koordiniertem Handeln in der Bildungspolitik. Ganz schnell wurde diese Nummer zurückgepfiffen. Die Kultusminister der Länder verweigerten nahezu die Teilnahme, die Ministerpräsidenten signalisierten distanzierte Teilnahme. Vom Bildungsgipfel der Kanzlerin bleibt ein Versuch.

Mehr als intransparent vorbereitet, treffen sich am 22. Oktober in Dresden voraussichtlich also lediglich die Regierungschefs der Länder und nehmen an einer Veranstaltung teil, die neuesten Informationen zufolge nicht mehr als zwei bis drei Stunden dauern soll. Das ist doch kein Bildungsgipfel. Erschreckend, was Angela Merkel da als Bildungsgipfel verkaufen will! Ein Bildungsgipfel ist, wenn Bildungswissenschaftlerinnen, SchulpraktikerInnen,

Schulverwaltung, Politik, Lehrer, Eltern, Schüler zusammenkommen und über Wege und Ziele in der Bildung diskutieren.

Dass sich Angela Merkel aus Angst vor zu viel Öffentlichkeit in die Wälder bei Dresden zurückzieht, ist Zeugnis genug. Sie tagen bei AMD. „Computerchips für die klügsten Köpfe Deutschlands“, das kann ja wohl kein Motto sein.

Dieser Bildungsgipfel ist ein Versuch, CDU-Bildungspolitik von Bund und Ländern als Erfolgsmodell zu verkaufen. Das wird ihnen aber nicht gelingen, denn die Menschen im Land erleben die chronische Unterversorgung des Schulwesens mit Lehrerstellen, sie wissen über zu volle Klassen, steigende Bildungskosten, Ausgrenzung und Entmündigung. Wir stehen hier für Alternativen.

Dieser Bildungsgipfel ist auch ein Versuch, vorzudringen und als Bund mehr Kompetenz und Einheitlichkeit auf den Tisch zu bekommen. Das wäre ja gar nicht so schlecht, denn es kann auch nicht sein, dass Kinder aus Brandenburg bis nach Hoyerswerda in die Schule gehen, weil sie meinen, der eine Abschluss sei mehr wert als der andere.

Gemeinsame Rahmenbedingungen auf Bundesebene und mehr Entscheidungsmöglichkeiten für die einzelne

demokratisch organisierte Schule, das ist ein Modell, für das wir stehen.

Vom Kultusminister erwarte ich mir in dieser Debatte mehr Informationen über den Charakter dieser Veranstaltung und auch seiner Inhalte und seiner Herangehensweise.

Ich möchte wissen, mit welchen Voraussetzungen und Inhalten Sachsen in diesen Bildungsgipfel geht und wie er die Schaffung einer neuen Grundlage für Bildungsfinanzierung in Deutschland erreichen will.

Ich möchte wissen, inwieweit sich der Kultusminister für die Aufhebung des Kooperationsverbotes zwischen Bund und Ländern im Bildungsbereich einsetzen will, um eine Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik erreichen zu können, und auch, wie er den Bildungsgipfel, da er nun schon einmal stattfindet, für die Umsetzung einer besseren Bildung für alle nutzen will.

Denn die Bilanz Ihrer CDU-Bildungspolitik, wenn sie anlässlich dieses Bildungsgipfels auf der Tagesordnung steht, ist – wenn auch nicht oberflächlich, aber grundlegend – verheerend. Die Ungerechtigkeit des deutschen Schulwesens rief bereits die UNO auf den Plan. 25 % der Jugendlichen eines Jahrgangs werden auf niedrigem Bildungsniveau gehalten. Das sind die Risikogruppen aus den PISA-Vergleichen, die ohne oder mit minderen Qualifikationen in ein Leben mit schlechten Perspektiven, in ein Leben am Rand entlassen werden. Die Verkürzung der Bildungszeiten mit der Einführung des Turbo-Abiturs und von Bachelor und Master verändert den Charakter von Bildung und Wissen und schneidet sie mehr auf Wirtschaft und Arbeitsmarkt zu. Steigende Bildungskosten für Lernende sind Zeichen des Rückzugs öffentlicher Verantwortung und verstärken die soziale Selektion.

Es gibt also genügend zu tun und zu ändern. Werfen wir einen Blick in den Bericht, der der am 22. Oktober stattfindenden Veranstaltung zugrunde liegen soll. Der Bildungsbericht des BMBF „Bildung in Deutschland 2008“ beschäftigt sich schwerpunktmäßig in einem Kapitel mit dem Thema „Übergänge“. Da werden gleich als Erstes Probleme bei den Abschlüssen deutlich. Zwar konstatiert das BMBF, dass das durchschnittliche Kompetenzniveau im Schulalter im internationalen Vergleich leicht gestiegen ist, und es sind Verbesserungen bei der Anzahl der Studienberechtigten und den Hochschulabsolventinnen und -absolventen zu verzeichnen. Aber die Abschlussquoten bleiben, gemessen am internationalen Vergleich und den Notwendigkeiten, immer noch zu gering.