Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Brangs hatte den dringenden Wunsch, dass ich heute noch ans Mikrofon trete. Dies tue ich jetzt, um eine sachliche Richtigstellung vorzunehmen.
Herr Brangs hat behauptet, die Linksfraktion hätte eine Anzeige geschaltet, in der angekündigt worden sei, dass ich in dieser Debatte zu sprechen beabsichtige. Ich habe die Anzeige hier und möchte richtigstellen, dass dies nicht der Fall ist, und lese zur Richtigstellung den Text der Anzeige vor.
„Aktuell im Landtag: Nein zu neuer Hartz-IV-Zumutung – Fünf Jahre Trauerspiel um Hartz IV. Damals sagte Sachsens CDU-Ministerpräsident Ja zu dieser Verarmung per Gesetz, und der SPD-Fraktionschef fand das gut – Zitat: ‚Bei Hartz IV ist die soziale Balance geschafft.’ Jetzt will die Bundespolitik noch mehr an Hartz-IVEmpfängern sparen und den Bundesanteil an den Kosten
der Unterkunft und Heizung von 28,6 auf 25,4 % senken, zulasten der sächsischen Gemeinden. Wir fordern die Koalition auf, dazu Nein zu sagen. – Ihr Dr. André Hahn, Fraktionsvorsitzender.“
Demzufolge ist nicht angekündigt, dass ich spreche, und ich füge hinzu: Bei uns sprechen zu solchen Debatten in der Regel unsere exzellenten Fachexperten, und sollte sich der Ministerpräsident irgendwann auch einmal der Probleme der Armen und sozial Bedürftigen in Sachsen annehmen, dann wird, wie sich das gehört, auch der Fraktionsvorsitzende darauf reagieren.
Meine Damen und Herren! Ich rufe nun den Änderungsantrag der Linksfraktion auf. Er soll eine Neufassung des Ursprungsantrages sein. Wird dazu noch Einbringung gewünscht? – Es sieht nicht so aus, also können wir sofort zur Abstimmung kommen. Oder möchten Sie sich noch äußern?
(Zurufe von der Linksfraktion – Dr. Johannes Müller, NPD: Ich kann nichts dafür, wenn es nicht umformuliert ist!)
Sie meinen die Pünktchen? Dann rufe ich nun die Pünktchen auf. Ich rufe die Drucksache 4/13814 auf, Punkt 1. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür wurde Punkt 1 mit Mehrheit abgelehnt.
Ich rufe Punkt 2 auf. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Auch hier gleiches Abstimmungsverhalten. Dem Punkt 2 wurde nicht zugestimmt.
Ich rufe Punkt 3 auf. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und Jastimmen ist Punkt 3 mit Mehrheit abgelehnt worden.
Ich rufe Punkt 4 auf. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Stimmenthaltungen und Stimmen dafür, damit ist Punkt 4 mit Mehrheit abgelehnt worden und es erübrigt sich somit eine Gesamtabstimmung.
Ich rufe nun den Ursprungsantrag in der Drucksache 4/10244 auf. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist auch dieser Antrag mit Mehrheit abgelehnt worden. – Meine Damen und Herren, damit schließe ich diesen Tagesordnungspunkt.
Mit dem vorliegenden Antrag fordert die Fraktion DIE LINKE die Staatsregierung auf, im Bundesrat die Zustimmung zum Dritten Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches zu versagen. Damit soll – so DIE LINKE – verhindert werden, dass die Bundesbeteiligung an den Unterkunftskosten abgesenkt wird und von jetzt 28,6 % auf 25,4 %.
Meine Damen und Herren von der Linken, dafür ist es zu spät. Der Gesetzentwurf wurde bereits am 7. November 2008 im ersten Durchgang im Bundesrat behandelt. Es wurden von keinem Land Einwendungen eingebracht.
Warum haben wir als Freistaat Sachsen so abgestimmt? – Das SGB II enthielt in der ursprünglichen Fassung zur Bestimmung der Bundesbeteiligung eine komplizierte Regelung zu der vom Bund zugesagten Entlastung der Kommunen. Diese sah vor, dass sich der Bund im Jahre 2005 nur vorläufig mit 29,1 % beteiligt. Dieser Anteil sollte jedoch zum 1. März 2005 und zum 1. Oktober 2005 überprüft werden.
Bei Überschreiten oder Unterschreiten des Kompensationsbedarfes wäre eine entsprechende rückwirkende Anpassung zum 1. Januar 2005 durchzuführen gewesen. Nach zwei weiteren Jahren der Berechnungen sollte die Bundesbeteiligung auf Grundlage der Erfahrungen gesetzlich festgelegt werden.
Nach den Ergebnissen der zuletzt vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales vorgelegten Berechnungen im Jahr 2006 ging der Bund davon aus, dass das den Kommunen zugesagte Entlastungsvolumen von 2,5 Milliarden Euro bereits dann erreicht werde, wenn sich der Bund mit 15 % an den Leistungen für Unterkunft und Heizung beteiligt. Die Länder dagegen legten ihren Berechnungen die Kommunaldatenerhebung zugrunde und kamen zu völlig anderen Ergebnissen.
Am 2. November 2006 konnten die Ministerpräsidenten nach zähen Verhandlungen eine Einigung mit dem Bund über das Ausgleichsvolumen und die Quoten für die Jahre 2005 bis 2007 erzielen. Es wurde ab 2008 bis einschließlich 2010 eine Anpassungsregelung vereinbart. Diese Einigung sah vor, dass die Höhe der Bundesbeteiligung ab dem Jahr 2008 von der Entwicklung der Zahl der Bedarfsgemeinschaften abhängen soll.
Bereits im November 2006 hatten die Ministerpräsidenten sich – wie im Antrag der Fraktion DIE LINKE gefordert – dafür ausgesprochen, dass statt der Zahl der Bedarfsgemeinschaften die tatsächlichen Unterkunftskosten zugrunde gelegt werden sollten. Eine derartige Berechnungsformel konnte jedoch in den weiteren Verhandlungen mit dem Bund nicht durchgesetzt werden. Sachsen – wie auch alle anderen Bundesländer – stimmte im Jahr 2006 schließlich der vom Bund vorgeschlagenen Fortschreibungsformel zu.
Unter Berücksichtigung des in Ostdeutschland in den vergangenen Jahren zunächst noch zu verzeichnenden Anstiegs von Leistungsempfängern wirkte sich der Verzicht auf eine Fortschreibung der Entlastungsseite daher positiv für die ostdeutschen Länder bzw. Kommunen aus.
Eine weitere wichtige Regelung betraf die Sonderbundesergänzungszuweisungen, die die ostdeutschen Länder aufgrund der Sonderbelastungen bei der Einführung von Hartz IV erhalten. Teil des Kompromisses im Jahr 2006 war, dass diese Zuweisungen nicht schon im Jahr 2009 auslaufen, sondern bis einschließlich 2010 gestellt werden. Dies stellt sicher, dass der Freistaat Sachsen neben dem Bundesanteil an den Kosten der Unterkunft mindestens bis 2010 jährlich netto 268 Millionen Euro erhält, die ungeschmälert an die Landkreise und kreisfreien Städte weitergeleitet werden.
Das Thema Bundesbeteiligung an den Unterkunftskosten nach dem SGB II wurde in diesem Sommer im Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz zur Novellierung des Wohngeldrechts und zur Änderung anderer wohngeldrechtlicher Vorschriften sowie des Vierten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch aufgegriffen. Dort wurde folgendes Ergebnis im Vermittlungsausschuss am 18. Juni 2008 erzielt:
1. Der Bund beteiligt sich künftig an den Ausgaben der Kommunen für Grundsicherung im Alter nicht mehr nach der bisherigen Festbetragsregelung. Diese wird durch eine Bundesbeteiligung ersetzt. Beginnend ab 2009 steigt diese jährlich um einen Prozentpunkt von 13 % im Jahr 2009 auf 16 % ab dem Jahr 2012.
3. Weiterhin werden die Hartz-IV-Zuweisungen für die ostdeutschen Länder entfristet, die diese an die Kommunen weiterleiten.
All dies, meine Damen und Herren Abgeordneten, ist kein Geheimnis und sollte auch den Kollegen der Linken bekannt sein. Sollte Sachsen jetzt die Berechnungsformel für die Berechnung der Bundesbeteiligung an den Unterkunftskosten (nach § 46 SGB II) infrage stellen, wäre nicht auszuschließen, dass insbesondere von den westdeutschen Ländern die Sonderbundesergänzungszuweisungen zur Disposition gestellt würden. Ganz sicher würden die ostdeutschen Kommunen finanziell bei einer Erhöhung der Quote der Bundesbeteiligung an den Unterkunftskosten wesentlich schlechter stehen, wenn gleichzeitig die 268 Millionen Euro der oben genannten Zuweisungen wegfielen.
Das Risiko, dass im Zuge weiterer Verhandlungen zu der Bundesbeteiligungsquote die Sonderbundesergänzungs
zuweisungen eingestellt werden, ist nicht zu vertreten. Die Änderungen im Bereich Wohngeld werden durch höhere Wohngeldleistungen zu einer Entlastung der Kommunen bei den Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II führen.
Ich denke, mit unseren Verhandlungsergebnissen, vor allem auch der Erhöhung der Bundesbeteiligung an den
Ausgaben der Kommunen für Grundsicherung im Alter, der Entfristung der Bundesbeteiligung an den Unterkunftskosten sowie der Sonderbundesergänzungszuweisungen und der Änderung des Wohngeldgesetzes haben wir Kompromisse erzielt, die besonders die Interessen unserer sächsischen Kommunen wahren!
Es beginnt die CDU-Fraktion, danach folgen SPD, Linksfraktion, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie dies wünscht. – Ich erteile nun Herrn Abg. Heinz das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir möchten mit diesem Antrag noch einmal den Blick auf demnächst anstehende Entscheidungen in Brüssel richten und aufzeigen, welche Gefahren drohen bzw. abzuwenden sind.
Kein Bereich in der EU ist so „vergemeinschaftet“ wie die Landwirtschaft. Dies drückt sich auch im EUGesamthaushalt aus. Circa 41 % dieses Haushaltes befassen sich mit der Landwirtschaft, währenddessen der Rest auf andere Politikbereiche verteilt wird. Äußerungen, die man dann gelegentlich hört – 3 % für die Wissenschaften – oder Gegenüberstellungen – mit 41 % für die Landwirtschaft –, sind nicht ganz richtig. Man vergleicht da in der Regel Äpfel mit Birnen, weil man zu den 3 % für die Wissenschaften die Ausgaben der einzelnen Staaten addieren müsste, um ein gerechtes Bild zu erhalten.
Man kann auch einmal die 50 Milliarden Euro, die die Landwirte als Preisausgleich gezahlt bekommen, mit den Mitteln ins Verhältnis setzen, die aufgewendet werden, um die Banken zu retten. Das sind in Deutschland allein 100 Milliarden Euro; davon könnte man bereits zwei Jahre lang den EU-Landwirtschaftshaushalt finanzieren. Es sind auch Summen von 400 und noch mehr Milliarden im Gespräch. Also, die Landwirtschaft ist mit öffentlichen Mitteln relativ gering bedacht, zumal das Geld als solches nicht in der Landwirtschaft verbleibt, sondern im besten Fall eine Subventionierung des Verbrauchers ist.
Im Gegensatz zu den Banken haften die Landwirte selbst für ihre unternehmerischen Entscheidungen, deshalb werden die Betriebe auch so geführt und es wird so investiert, dass sie möglichst in der nächsten Generation noch Bestand haben und Risiken minimiert werden. Ein wenig von dieser bodenständigen Investitionstätigkeit würde ich mir auch im Bankensektor wünschen.
Diese Beständigkeit wird natürlich auch durch von der Politik gesetzte Rahmenbedingungen beeinflusst. Die
letzten wurden im Jahr 2003 für die Unternehmen mit der EU-Agrarreform gesetzt. Hierbei möchte ich kurz an die Ziele erinnern, die damals beschlossen wurden. Zum einen sollte es eine Entkoppelung geben, das heißt einen Preisausgleich, unabhängig von Produktionsmenge und -art. Dieser Sektor sollte sich generell wieder mehr auf die Bedürfnisse des Marktes ausrichten. Man will natürlich weniger Bürokratie, und ein neues Wort bzw. eine neue Regelung wurde eingeführt: Cross Compliances – dazu wird mein Kollege Thomas Schmidt später noch einiges sagen, was sich dahinter verbirgt.
2003 wurde bereits beschlossen, dass die Regelungen im Jahr 2008 nochmals überprüft werden sollen, ob alles so funktioniert, wie es geplant war.